Patent- und Markenrecht

Patenteinspruchsbeschwerdeverfahren – “Verfahren zur Strukturierung und chemischen Modifikation einer Oberfläche eines Werkstücks” – zur Beurteilung der Patentfähigkeit – Formel als Berechnungsvorschrift – Formel beschreibt keinen Verfahrensschritt – keine Berücksichtigung

Aktenzeichen  8 W (pat) 1/19

Datum:
4.6.2019
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2019:040619B8Wpat1.19.0
Normen:
§ 21 Abs 1 Nr 1 PatG
§ 4 S 1 PatG
Spruchkörper:
8. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 10 2011 121 545.3


hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juni 2019 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. phil. nat. Zehendner sowie den Richter Dipl.-Ing. Rippel, die Richterin Uhlmann und den Richter Dipl.-Ing. Brunn
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Auf die am 20. Dezember 2011 durch die Beschwerdeführerin (damals firmierend unter E… GmbH) beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist das Streitpatent 10 2011 121 545 mit der Bezeichnung „Verfahren zur Strukturierung und chemischen Modifikation einer Oberfläche eines Werkstücks“ erteilt und die Erteilung am 11. Juli 2013 veröffentlicht worden.
2
Gegen die Patenterteilung haben die Beschwerdegegnerinnen mit Schriftsätzen vom 10. Oktober 2013, die Beschwerdegegnerin zu 1 am 10. Oktober 2013 und die Beschwerdegegnerin zu 2 am 11. Oktober 2013 jeweils Einspruch erhoben. Sie haben vorgetragen, der Gegenstand des Patents sei nicht ausführbar offenbart, er sei nicht patentfähig und beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
3
Die Einsprechenden verweisen dazu unter anderem auf die folgenden Entgegenhaltungen:
4
D20 Balchev, I. [u.a.]: Composition and structure characterization of aluminum after laser ablation. Science & Engineering B, Vol. 135, 2006, S. 108-112.
5
D18 US 5 473 138 A
6
D2 E. György, A. Perez del Pino, P. Serra, J.L. Morenza, „Influence ofthe ambient gas in laser structuring of the titanium surface”, Surface & Coatings Technology 187 (May 2004) 245-249
7
Die Patentinhaberin hat das Patent in der erteilten Fassung und mit drei Hilfsanträgen vom 25. Juli 2014 verteidigt.
8
Mit Beschluss vom 25. Juli 2014 hat die Patentabteilung 34 des Deutschen Patent- und Markenamtes das Streitpatent im vollen Umfang widerrufen.
9
Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die Lehre des erteilten Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag sowie nach Hilfsantrag 1, 2 und 3 gegenüber dem Stand der Technik nach der D1 nicht neu sei. Das Verfahren gemäß der erteilten Fassung unterscheide sich von den der Druckschrift D1 entnehmbaren Merkmalen nur durch die Formel, mittels derer der Wert als eine von 11 Parametern abhängige Größe berechnet werde. Allerdings handele es sich bei dieser Formel um eine reine Berechnungsvorschrift für, die jedoch für das Verfahren selbst nicht von Belang sei. Nicht die im Patentanspruch 1 angegebene Formel selbst, sondern der unter Zuhilfenahme der Berechnungsvorschrift berechenbare Wertebereich für , wirke auf das Verfahren beschränkend. Die Formel stelle lediglich einen gedanklichen Zusammenhang zwischen den real für das Verfahren verwendeten Parametern und dem beanspruchten Wertebereich für die daraus berechnete Größe her. Ihr falle damit der Charakter eines nicht-technischen Merkmals zu. Diese seien aber für die Prüfung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit außer Acht zu lassen. Die Beschränkungen der Bereichsgrenzen in den Hilfsanträgen 1 bis 3 seien zulässig, das Verfahren nach dem jeweiligen Anspruch 1 jedoch nicht neu.
10
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin und Beschwerdeführerin vom 28. August 2014. Sie hat einen geänderten Hauptantrag sowie 11 Hilfsanträge mit jeweils angepassten Beschreibungsseiten vorgelegt, wegen deren Inhalts im Einzelnen auf die Anlagen zu den Schriftsätzen vom 12. Juli 2018 (Bl. 110 – 356 d. A.) und 29. Mai 2019 (Bl. 460 – 550R d. A.) verwiesen wird. Sie trägt vor, die Gegenstände von Haupt- und Hilfsansprüchen seien zulässig und enthielten keine unzulässige Erweiterung, da der beanspruchte Bereich bereits ursprungsoffenbart sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH GRUR 2000, 591-597 – Inkrustierungsinhibitoren) stelle die Nennung eines Wertebereichs eine vereinfachte Schreibweise der zahlreichen möglichen, zwischen dem unteren und dem oberen Grenzwert liegenden Zwischenwerte dar, sodass mit der Offenbarung der Grenzen des Wertebereichs für den Fachmann auch sämtliche Individuen des Wertebereichs mitoffenbart seien. Die Formel für stelle nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein technisches Merkmal dar, das bei der Beurteilung der Patentfähigkeit zu berücksichtigen sei, da durch sie die Konfiguration des verwendeten Lasers beeinflusst werde, um den erfindungsgemäßen Erfolg, nämlich die Erzeugung einer Metallfläche mit einer bestimmten Oberflächenstruktur, zu erzielen. Der Gegenstand des Hauptantrags sei neu und beruhe auch auf erfinderischer Tätigkeit. Die D1 gehöre nicht zum Stand der Technik, da nicht feststehe, dass sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sei. Ungeachtet dessen offenbare sie nicht die Anspruchsmerkmale M 10 und M 11. Die Lehre der D1 gebe nach dem Verständnis des Fachmanns zu erkennen, dass eine Verfahrgeschwindigkeit von 1715 mm/s bzw. 3000 mm/s gewählt werden solle. Demgegenüber seien mit dem streitpatentgemäßen Verfahren – für den Fachmann von vorn herein nicht erwartbar – deutlich anders ausgestaltete Oberflächenstrukturen erzeugbar. Ähnlich verhalte es sich mit der Lehre gemäß der D20. Der Fachmann habe auch keine Veranlassung, eine Zusammenschau der Druckschriften D1 und D20 in Betracht zu ziehen. Die Gegenstände der Hilfsansprüche seien neu und beruhten auf erfinderischer Tätigkeit. Keine der Druckschriften zum Stand der Technik offenbare irgendeine der beanspruchten Parameterkombinationen. Auch die beanspruchten Nanostrukturen seien aus dem Stand der Technik nicht bekannt.
11
Die Patentinhaberin und Beschwerdeführerin stellt die Anträge,
12
den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 34 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 25. Juli 2014 aufzuheben und das Patent 10 2011 121 545 mit Ansprüchen 1 bis 12 gemäß Hauptantrag vom 12. Juli 2018, eingereicht am gleichen Tag, beschränkt aufrechtzuerhalten;
13
hilfsweise, das Patent 10 2011 121 545 gemäß einem der Hilfsanträge 1 bis 6, eingereicht am 12. Juli 2018, beschränkt aufrechtzuerhalten,
14
hilfsweise das Patent 10 2011 121 545 gemäß einem der Hilfsanträge 7 bis 11, eingereicht am 29. Mai 2019, beschränkt aufrechtzuerhalten.
15
Die Einsprechenden und Beschwerdegegnerinnen stellen den Antrag,
16
die Beschwerde zurückzuweisen.
17
Sie tragen vor, die Beschwerde sei schon deshalb zurückzuweisen, weil der Gegenstand der Ansprüche nach Hauptantrag und Hilfsanträgen unzulässig erweitert sei. Die Einschränkung der Merkmale M10 betreffend die Abtastgeschwindigkeit auf 30 bis 19.000 mm und M11 betreffend den Durchmesser auf 20 bis 4.500 μm stellten eine Auswahl in Unterbereichen im Prozentbereich der ursprünglichen Bereiche dar. Letztere seien geradezu allumfassend gewesen. Denn der zentrale Parameter erstrecke sich ursprünglich über fünf Größenordnungen und auch die meisten zu seiner Berechnung herangezogenen Größen hätten ursprünglich keine Beschränkung enthalten. Selbst die ursprünglich vereinzelt genannten Grenzwerte etwa hinsichtlich der Wellenlänge und der Impulswelle stellten keine praktisch relevante Beschränkung dar, da sie jede denkbare und technisch sinnvolle Wellenlänge und Impulswelle umfassten. Die nun vorgenommenen Beschränkungen seien für den Fachmann daher in dieser Kombination ursprünglich nicht als zur Erfindung gehörend erkennbar gewesen. Auch aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs „Inkrustierungsinhibitoren“ ergebe sich zum Offenbarungsgehalt eines Mengenbereichs nur, dass „im Regelfall“ sämtliche Zwischenwerte als offenbart anzusehen seien, mithin, dass sich die Offenbarung nicht von selbst ergebe, sondern vom Einzelfall abhängig sei. Zudem sei diese Rechtsprechung durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs BGHZ 179, 168-186 – Olanzapin überholt. Die dortigen Ausführungen, wonach mit der Offenbarung einer chemischen Strukturformel die darunter fallenden Einzelverbindungen grundsätzlich noch nicht offenbart seien, seien auf den vorliegenden Fall übertragbar. Die mit dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Hauptantrags beanspruchte Erfindung sei zudem nicht ausführbar offenbart. Der angebliche technische Effekt der Oberflächenstrukturierung sei nicht im gesamten Bereich erzielbar und dem Fachmann keine technische Anleitung an die Hand gegeben, wie er im gesamten Bereich zum Erfolg komme. Dem Gegenstand der Erfindung fehle die Neuheit gegenüber der Entgegenhaltung D20, oder jedenfalls beruhe die gewählte Abtastgeschwindigkeit gegenüber dieser Entgegenhaltung nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Entsprechendes gelte für die Gegenstände der Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen. Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerinnen regen die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof an.
18
Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
19
Der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet (Gliederung entsprechend der Beschwerdebegründung der Beschwerdeführerin, Änderungen ggü. dem erteilten Anspruch 1 markiert):
20
M1 Verfahren zur Strukturierung einer Oberfläche eines Werkstücks,
21
M2 bei dem Oberflächenstrukturen mit Abmessungen im Sub-Mikrometer-bereich erzeugt werden,
22
M3 wobei die Oberfläche des Werkstücks ein Metall oder eine Metalllegierungoder eine auf einer Metall- oder Metalllegierungsoberfläche befindliche Metalloxid- oder Metalllegierungsoxidschicht umfasst,
23
M4 und bei dem die gesamte Oberfläche des Metalls oder der Metalllegierung, die für eine Laserbestrahlung zugänglich ist und auf der die Strukturen zu erzeugen sind, mit einem gepulsten Laserstrahl ein- oder mehrmals auf solche Weise abgetastet wird, dass benachbarte Lichtflecke des Laserstrahls lückenlos aneinander stoßen oder sich überlappen,
24
M5.1 wobei die folgenden Bedingungen eingehalten werden:
25
etwa 0,07 ≤ ε ≤ etwa 2300 ≤
26
M5.2mit
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27
worin:
28
M6 Pp: Impulsspitzenleistung der austretenden Laserstrahlung [kW]
29
M7 Pm: Mittlere Leistung der austretenden Laserstrahlung [W]
30
M8 t: Impulslänge der Laserimpulse [ns], wobei t etwa 0,1 ns bis etwa 2000 ns ist,
31
M9 f: Repetitionsrate der Laserimpulse [kHz]
32
M10 v: Abtastgeschwindigkeit an der Werkstückoberfläche [mm/s], wobei die Abtastgeschwindigkeit an der Werkstückoberfläche v 400
mm/s bis 1600 mm/s beträgt.
33
M11 d: Durchmesser des Laserstrahls am Werkstück [μm], wobei der Durchmesser des Laserstrahls am Werkstück d 50
μ
m bis 200
μ
m beträgt,
34
M12 α: Absorption der Laserstrahlung des bestrahlten Material [%] bei Normalbedingungen
35
M13λ: Wellenlänge der Laserstrahlung [nm], wobei λ = etwa 100 nm bis etwa 11000 nm beträgt,
36
M14 Tv: Siedepunkt des Materials [K] bei Normaldruck
37
M15 Cp: Spezifische Wärmekapazität [J/kg K] bei Normalbedingungen
38
M16 K: Spezifische Wärmeleitfähigkeit [W/m K] bei Normalbedingungen, 17 wobei das Verfahren in einer Atmosphäre durchgeführt wird und wobei die Atmosphäre ein mit der Oberfläche des Metalls oder der Metalllegierung oder der Metall- oder der Metalllegierungsoxidschicht auf dem Metall oder der Metalllegierung reagierendes Gas oder Gasgemisch ist.
39
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hauptantrag durch die zusätzlich konkretisierten Merkmale 6 und 7:
40
M6 Pp: Impulsspitzenleistung der austretenden Laserstrahlung [kW], wobei die Impulsspitzenleistung der austretenden Laserstrahlung P
p
20 kW bis 200 kW beträgt,
41
M7 Pm: Mittlere Leistung der austretenden Laserstrahlung [W], wobei die mittlere Leistung der austretenden Laserstrahlung P
m
5 W bis 50W beträgt,
42
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 durch das zusätzlich nach Merkmal 2 eingefügte Merkmal 2.1:
43
M2.1so dass die Oberfläche des Werkstücks dendritische, offenporige, zerklüftete und/oder fraktalartige Berg- und Tal-Strukturen und/oder hinterschnittene und/oder blumenkohlartige oder knollenartige Strukturen aufweist, bei denen mindestens 80% der Erhebungen eine Größe von 10 nm bis 200 nm aufweisen und bei denen mindestens 80% der Zwischenräume Breiten von 10 nm bis 50 nm aufweisen,
44
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hauptantrag durch das verallgemeinerte Merkmal
45
M8 t: Impulslänge der Laserimpulse [ns], wobei t 0,1 ns bis 2000 ns ist,
46
und sieben zusätzliche nach Merkmal 17 angefügte Merkmale
47
M18.1 wobei 0,1 ns bis 5 ns ist und die Impulsspitzenleistung der austretenden Laserstrahlung Pp 120 kW bis 150 kW beträgt; oder
48
M18.2 wobei t 5 ns bis 10 ns ist und die Impulsspitzenleistung der austretenden Laserstrahlung Pp 80 kW bis 120 kW beträgt: oder
49
M18.3 wobei t 10 ns bis 15 ns ist und die Impulsspitzenleistung der austretenden Laserstrahlung Pp 60 kW bis 120 kW beträgt; oder
50
M18.4 wobei t 15 ns bis 20 ns ist und die Impulsspitzenleistung der austretenden Laserstrahlung Pp 55 kW bis 90 kW beträgt; oder
51
M18.5 wobei t 20 ns bis 25 ns ist und die Impulsspitzenleistung der austretenden Laserstrahlung Pp 50 kW bis 85 kW beträgt; oder
52
M18.6 wobei t 25 ns bis 30 ns ist und die Impulsspitzenleistung der austretenden Laserstrahlung Pp 45 kW bis 75 kW beträgt; oder
53
M18.7 wobei t 80 ns bis 120 ns ist und die Impulsspitzenleistung der austretenden Laserstrahlung Pp 15 kW bis 20 kW beträgt.
54
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 unterscheidet sich von Patentanspruch 1 nach Hauptantrag durch ein gegenüber dem Merkmal M2.1 nach Hilfsantrag 2 geringfügig modifiziertes Merkmal M2.1A
55
M2.1A so dass die Oberfläche des Werkstücks dendritische, offenporige, zerklüftete und/oder fraktalartige Berg- und Tal-Strukturen und/oder hinterschnittene und/oder blumenkohl-artige oder knollenartige Strukturen aufweist, bei denen mindestens 80% der Erhebungen eine Größe von 10 nm bis 200 nm aufweisen und bei denen mindestens 80% der Zwischenräume Breiten von 10 nm bis 50 nm aufweisen,
56
sowie die Hinzufügung der Merkmale M18.1 bis M18.7 entsprechend Hilfsantrag 3.
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57
Damit enthalten die Merkmale M19.1 und M19.2 zwei durch den Begriff „oder“ verknüpfte alternative Bereichsangaben für die Bedingung ε, die jede für sich durch die Kombination von jeweils willkürlich festgelegten Bereichen der sechs Parameter Pp, Pm, t, f, v, und d erreicht werden sollen. Wie die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, sind die nicht geänderten Merkmale M10 und M11 nach Hilfsantrag 5 in vorliegender Form offensichtlich falsch, da sie im Widerspruch zu den beiden Varianten des neuen Merkmals M19 stehen. Gelten soll nach Aussage der Beschwerdeführerin in der Verhandlung die Variante des Hilfsantrags 5 entsprechend den Seiten 43 bis 45 der Beschwerdebegründung vom 12.07.2018, in der die Merkmale M10 und M11 betreffend die Parameter v und D verallgemeinert ohne die Bereichsangaben für V von 400 bis 1600 mm/s und für d von 50 bis 200 µm aufgeführt werden.
58
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 6 weist gegenüber dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 5 noch das Merkmal M2.1A gemäß Hilfsantrag 4 auf.
59
M2.1A so dass die Oberfläche des Werkstücks offenporige, zerklüftete und/oder fraktalartige Berg- und Tal-Strukturen und/oder hinterschnittene und/oder blumenkohl- oder knollenartige Strukturen aufweist, bei denen mindestens 80% der Erhebungen eine Größe von 10 nm bis 200 nm aufweisen und bei denen mindestens 80% der Zwischenräume Breiten von 10 nm bis 50nm aufweisen,
60
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 7 lautet wie folgt (Veränderungen gegenüber dem geltenden Hauptantrag unterstrichen):
61
M1 Verfahren zur Strukturierung einer Oberfläche eines Werkstücks,
62
M2 bei dem Oberflächenstrukturen mit Abmessungen im Sub-Mikrometerbereich erzeugt werden,
63
M2.1 so dass die Oberfläche des Werkstücks offenporige, zerklüftete und/oder fraktalartige Berg- und Tal-Strukturen und/oder hinterschnittene und/oder blumenkohl- oder knollenartige Strukturen aufweist, bei denen mindestens 80% der Erhebungen eine Größe von 10 nm bis 200 nm aufweisen und bei denen mindestens 80% der Zwischenräume Breiten von 10 nm bis 50 nm aufweisen,
64
M3 wobei die Oberfläche des Werkstücks ein Metall oder eine Metalllegierung oder eine auf einer Metall- oder Metalllegierungsoberfläche befindliche Metalloxid- oder Metalllegierungsoxidschicht umfasst,
65
M3.1 wobei die Metalloberfläche vor dem Bestrahlen mit dem Laserstrahl nicht vorbehandelt oder gereinigt wird,
66
M4 und bei dem die gesamte Oberfläche des Metalls oder der Metalllegierung, die für eine Laserbestrahlung zugänglich ist und auf der die Strukturen zu erzeugen sind, mit einem gepulsten Laserstrahl ein- oder mehrmals auf solche Weise abgetastet wird, dass benachbarte Lichtflecke des Laserstrahls lückenlos aneinander stoßen oder sich überlappen,
67
M5.1 wobei die folgenden Bedingungen eingehalten werden:
68
0,07 ≤
ε
≤ 2300
69
M5.2 mit
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70
worin:
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71
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 8 unterscheidet sich von Hilfsantrag 7 in M17 durch die Hinzufügung des Wortes „anorganisches“ vor „Gas oder Gasgemisch ist“.
72
M17 wobei das Verfahren in einer Atmosphäre durchgeführt wird und wobei die Atmosphäre ein mit der Oberfläche des Metalls oder der Metalllegierung oder der Metall- oder der Metalllegierungsoxidschicht auf dem Metall oder der Metalllegierung reagierendes anorganisches Gas oder Gasgemisch ist,
73
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 9 unterscheidet sich von Hilfsantrag 8 durch die Streichung der Worte „oder mehrmals“ in Merkmal M4.
74
M4 und bei dem die gesamte Oberfläche des Metalls oder der Metalllegierung, die für eine Laserbestrahlung zugänglich ist und auf der die Strukturen zu erzeugen sind, mit einem gepulsten Laserstrahl einmal
– oder mehrmals auf solche Weise abgetastet wird, dass benachbarte Lichtflecke des Laserstrahls lückenlos aneinander stoßen oder sich überlappen,
75
In Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 10 ist Merkmal M3 abweichend von Hilfsantrag 9 wie folgt formuliert:
76
M3A wobei die Oberfläche des Werkstücks Titan oder eine Titanlegierung oder eine auf der Titan- oder Titanlegierungsoberfläche befindliche Titanoxid- oder Titanlegierungsoxidschicht umfasst,
77
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 11 unterscheidet sich von den Hilfsanträgen 9 bzw. 10 durch die Umformulierung des Merkmals M3 bzw. M3A:
78
M3B wobei die Oberfläche des Werkstücks Titan oder eine auf der Titanoberfläche befindliche Titanoxidschicht umfasst,
79
Wegen des Wortlautes der Unteransprüche und der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
80
1. Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet, denn die Gegenstände des jeweiligen Anspruchs 1 nach Hauptantrag sowie nach den Hilfsanträgen 1 bis 11 stellen keine patentfähige Erfindung im Sinne der §§ 1 bis 5 PatG dar.
81
Das Streitpatent betrifft gemäß der Patentschrift ein Verfahren zur Erzeugung einer Metall- oder Metalllegierungsoberfläche oder Metalloxid- oder Metalllegierungsoxidoberfläche, die Oberflächenstrukturen mit Abmessungen im Sub-Mikrometerbereich aufweist.
82
Nach Angaben der Streitpatentschrift hängt die Benetzbarkeit mit und Haftung von flüssigen, halbfesten und festen Substanzen auf Metallen und Metalloxiden stark von der Oberflächenbeschaffenheit ab. Entfettung und anderweitige weitere Reinigung sowie Beizen erhöhen die Benetzbarkeit und Haftung bis zu einem gewissen Grad. Mit zunehmender Rauigkeit der Oberfläche, d. h. größerer und strukturierterer Oberfläche und dadurch erhöhter chemischer/mechanischer Verankerung aufzubringender Materialien, verbessern sich diese Eigenschaften aber noch wesentlich.
83
Aus dem Stand der Technik sind Anodisierprozesse bekannt, mit denen eine zufriedenstellende Rauigkeit der Oberfläche erreicht werden kann, jedoch sind die Verfahren technisch relativ aufwändig und beinhalten teilweise gesundheitsgefährdende Chemikalien und müssen auf ein bestimmtes Metall abgestimmt werden. Anodisierprozesse bestehen auch aus mehreren einzelnen Prozessschritten wie einem vorherigen Reinigen und Beizen vor dem eigentlichen Anodisierprozess.
84
Weiterhin ist aus dem Stand der Technik die chemische Modifikation von Metall- oder Metalloxidoberflächen durch Einbau von Atomen oder Molekülen, die in der Ausgangsoberfläche nicht vorhanden waren, oder durch Entfernung von Atomen oder Molekülen, die in der Ausgangsoberfläche vorhanden waren, bekannt. Die chemische Modifikation kann vielfältigen Zwecken dienen, z. B. der Aktivierung oder Passivierung, der Reibungsverringerung oder der Hydrophobierung der Oberfläche, wodurch z. B. ein erhöhter Korrosionsschutz und Verschleißschutz, eine erhöhte Benetzbarkeit beim Kleben oder eine Vereisungsverhütung erreicht werden kann.
85
Entsprechend der Streitpatentschrift liegt der vorliegenden Erfindung die Problemstellung zugrunde, ein einfaches Verfahren zur Erzeugung einer guten Rauigkeit auf einer Metall(legierungs-)oberfläche mit den Merkmalen des Anspruchs 1 bereitzustellen, bei dem die Oberfläche gleichzeitig gezielt chemisch modifiziert wird.
86
Als Fachmann ist in Übereinstimmung mit der Patentabteilung ein Diplomingenieur der Materialwissenschaften oder ein Diplom-Physiker mit mehrjähriger praktischer Erfahrung auf dem Gebiet der Laserbearbeitung von Metalloberflächen anzusehen.
87
Einige Merkmale bedürfen einer Auslegung.
88
Nach Merkmal M2 werden durch das beanspruchte Verfahren Oberflächenstrukturen mit Abmessungen im Sub-Mikrometerbereich erzeugt. Der Begriff „Sub-Mikrometerbereich“ kann dabei auch mit dem Begriff „Nanobereich“ gleichgesetzt werden.
89
Nach Merkmal M4 wird dabei die gesamte Oberfläche des Werkstücks, die für eine Laserbestrahlung zugänglich ist und auf der die Strukturen zu erzeugen sind, mit einem gepulsten Laserstrahl ein- oder mehrmals auf solche Weise abgetastet, dass benachbarte Lichtflecke des Laserstrahls lückenlos aneinander stoßen oder sich überlappen. Dementsprechend werden alle praktisch denkbaren Varianten einer Oberflächenbearbeitung mittels eines gepulsten Lasers (ein- oder mehrmals, aneinander stoßen oder überlappen) beansprucht.
90
Der Wertebereich für ε nach Merkmal M5.1 soll den Bereich für ε angeben, der sich aus den Parametern der im Merkmal M5.2 angegebenen Gleichung ergeben muss, damit die erfindungsgemäß angestrebte Oberflächenstrukturierung erzeugt wird (vgl. Absatz [0032]). Entsprechend den Ausführungsbeispielen ist der Wert ε dimensionslos und stellt demnach keine physikalische Größe mit einer Maßeinheit dar, sondern wird nur als eine von 11 Parametern abhängige Größe durch Einsetzen der 11 verschiedenen Parameter in den in den Merkmalen 6 bis 16 definierten Maßeinheiten bzw. Dimensionen berechnet. Die Formel nach M5.2 stellt dabei nur eine reine Berechnungsvorschrift für ε dar, die jedoch für den Verfahrensablauf selbst nicht von Belang ist, da sie keinen Verfahrensschritt beschreibt. Nur der unter Zuhilfenahme dieser Berechnungsvorschrift berechenbare Wertebereich für ε wirkt beschränkend für das beanspruchte Verfahren, nicht jedoch die in Patentanspruch 1 angegebene Formel selbst. Entsprechend Absatz [0033] des Streitpatents können alle Parameter unabhängig voneinander variiert werden. Es gibt somit keine Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Parametern, die eine irgendwie geartete verfahrenstechnische Besonderheit darstellen könnten. Damit ist die Formel ausschließlich dafür geeignet, den Schutzbereich des Streitpatents zu beschränken, weil mit ihrer Hilfe ermittelt werden kann, welche Paramterkombinationen unter den Schutzbereich des Patents fallen und welche nicht. Bei der Beurteilung der Patentfähigkeit des beanspruchten Verfahrens ist die Formel für sich daher nicht zu berücksichtigen.
91
Von den 11 Parametern sind vier Parameter materialabhängig (M12, M14, M15, M16). Die Wellenlänge des Lasers (M13) ist abhängig vom verwendeten Gerät, wobei mit dem Bereich von 100 – 11.000 nm ein Bereich beansprucht wird, der sich von UV im Vakuum (100 nm) bis zu mittleren Infrarot (11.000 nm) erstreckt und somit alle für den Fachmann vorstellbaren Laseranwendungen umfasst.
92
Nach Merkmal M17 wird das Verfahren in einer Atmosphäre durchgeführt, wobei die Atmosphäre ein mit der Oberfläche des Metalls oder der Metalllegierung oder der Metall- oder der Metalllegierungsoxidschicht auf dem Metall oder der Metalllegierung reagierendes Gas oder Gasgemisch ist.
93
Damit betrifft der Anspruch nur Verfahren, in denen es zwischen der Atmosphäre und dem zu bearbeitenden Metall, Metalllegierung oder Metalllegierungsoxidschicht zu chemischen Reaktionen kommt. Nach Absatz [0025] bis [0027] des Streitpatents kann es sich bei dem Gas oder Gasgemisch im Prinzip um jedes Gas oder Gasgemisch mit Ausnahme der Edelgase handeln, wobei natürlich das Ausmaß der Reaktion von dem jeweiligen Gas und der jeweiligen Oberfläche abhängt. Zu den reagierenden Gasen gehören beispielsweise anorganische Gase oder Gasgemische, wie z. B. Wasserstoff, Luft, Sauerstoff, Stickstoff, als auch organische Gase oder Gase mit organischen Gruppen wie z.B. halogenierte Alkane, Alkene und Alkine.
94
2. Die Frage, ob die Gegenstände des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag sowie nach den Hilfsanträgen 1 bis 11, wie von den Einsprechenden vorgetragen, wegen unzulässiger Erweiterung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG oder wegen fehlender Ausführbarkeit gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG unzulässig sind, kann dahingestellt bleiben, weil sie nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhen und das Patent deshalb gemäß §§ 21 Abs. 1 Nr. 1, 4 Satz 1 PatG nicht patentfähig und zu Recht widerrufen worden ist.
95
2.1. Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag beruht nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
96
Den nächstliegenden Stand der Technik und einen geeigneten Ausgangspunkt bildet die im Jahr 2006 veröffentlichte D20. Sie offenbart ein Verfahren zur Strukturierung einer Oberfläche eines Werkstücks aus Aluminium (abstract – Merkmale M1, M3), bei dem Oberflächenstrukturen mit Abmessungen im Sub-Mikrometerbereich erzeugt werden (Fig. 3e und 3f; S.112, Abschnitt 3.2, Absatz 4 – M2). Bei dem im Abschnitt 2 „Experimental details“ beschriebenen Verfahren wird die gesamte Oberfläche des Metalls, die für eine Laserbestrahlung zugänglich ist und auf der die Strukturen zu erzeugen sind, mit einem gepulsten Laserstrahl (S.109, Abschnitt 2, Satz 1) auf solche Weise abgetastet, dass benachbarte Lichtflecke des Laserstrahls lückenlos aneinander stoßen oder sich überlappen (S.110, linke Spalte, vorletzter Absatz – M4). Die Impulslänge beträgt 30 ns, die Repetitionsrate der Laserimpulse 19 kHz und die Wellenlänge der Laserstrahlung 511 bis 578 nm (S.110, linke Spalte – M8, M9, M13). Die Materialparameter M12 sowie M14 bis M16 werden durch die Materialangabe Aluminium implizit offenbart. Das offenbarte Verfahren wird sowohl in Luft als auch in einer Argonatmosphäre durchgeführt (S.110, linke Spalte, Absatz 6), womit Luft als Atmosphäre ein mit der Oberfläche des Aluminiums reagierendes Gasgemisch darstellt (M17). In Abweichung von den Parametern des Verfahrens nach Anspruch 1 werden bei dem in der D20 offenbarten Verfahren für die Abtastgeschwindigkeit an der Werkstückoberfläche die Werte 20, 50 und 100 mm/s und für den Durchmesser des Laserstrahls am Werkstück 40 µm angegeben (M10, M11).
97
In der D20 und im Patentanspruch werden unterschiedliche Parameter zur Beschreibung der Leistung des eingesetzten Lasers benutzt:
98
Im Patentanspruch werden die Parameter Impulsspitzenleistung Pp und mittlere Leistung Pm der austretenden Laserstrahlung entsprechend den Merkmalen M6 und M7 verwendet. In der D20 wird dagegen die auf die Oberfläche auftreffende Impulsspitzenleistung je cm2 („maximum output average power“ 10W, „laser fluence“ von 5,3, 8,1 und 11,1 J/cm² „laser intensite“ von 2·108 bis 4·108 W/cm²) angegeben.
99
Um das Verfahren nach dem Patentanspruch gegenüber D20 beurteilen zu können, müssen die Parameterwerte daher umgerechnet und vergleichbar gemacht werden.
100
Bei der Herstellung von Mikrostrukturen auf einer Metalloberfläche mittels Laserstrahlung sind die relevanten, den Energieeintrag in die Oberfläche beschreibenden Parameter die Intensität der Laserstrahlung, mit der ein bestimmter Flächenbereich der Oberfläche bestrahlt wird (lp=4·Pp/(π·d²) – Impulsspitzenleistung je Flächeneinheit und lm=4·Pm/(π·d²) – mittlere Laserleistung je Flächeneinheit in W/cm²) sowie die Anzahl N der Laserpulse, von denen der Flächenbereich getroffen wird (N=f·d/v). Dies gehört zum Fachwissen des Fachmanns und entspricht im Übrigen auch der Darstellung des Streitpatents in Absatz [0025], wonach das Verdampfen des Metalls an jeder einzelnen Stelle der Oberfläche letztlich von der Intensität des auftreffenden Lichtes abhängt.
101
In D20 sind diese für die Strukturierung der Oberfläche relevanten Parameter angegeben bzw. lassen sich einfach berechnen. Die D20 beschreibt auf Seite 110 die Durchführung eines entsprechenden Verfahrens mit u.a. folgenden Parametern
102
Intensität Ip: 2,0·108 bis 4,0·108 W/cm²
103
Repetitionsrate f: 19 kHz
104
Impulslänge t: 30 ns
105
Durchmesser Laserstrahl d: 40 µm,
106
Abtastgeschwindigkeit v: 20, 50, 100 mm/s
107
Damit ergibt sich für den Fachmann unter der Berücksichtigung der Zusammenhänge Im = Ip·f·t und Nmin = dmin·fmin/vmax bzw. Nmax = dmax·fmax/vmin aus der D20 ein Verfahren mit folgenden Parametern:
108
Intensität Ip: 2,0·108 bis 4,0·108 W/cm²
109
Intensität Im: 1,14·105 bis 2,28·105 W/cm²
110
Anzahl der Laserpulse N: 7,6 bis 38
111
Für das Verfahren nach Patentanspruch 1 lassen sich die entsprechenden Werte nicht unmittelbar aus den Angaben in Anspruch 1 nicht berechnen, da im geltenden Anspruch gemäß Hauptantrag die Parameter Pp, Pm und f der austretenden Laserstrahlung nicht zahlenmäßig angegeben sind und daher beliebige Werte annehmen können, solange der aus allen Parametern errechnete Wert für e innerhalb der angegebenen weiten Grenzen liegt.
112
Die in der Streitpatentschrift entsprechend Absatz [0029] bis [0031] als bevorzugte Bereiche genannten Werte
113
Impulsspitzenleistung Pp 1 bis 1800 kW
114
Mittlere Leistung Pm 5 bis 28000 W
115
Repetitionsrate f: 10 bis 3000 kW
116
stellen eine Ausgestaltung des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag dar und fallen daher unter den Anspruch 1, in dem für diese Parameter keine Werte ausdrücklich genannt sind. Mit diesen Werten und den weiteren im Patentanspruch 1 angegebenen Werten:
117
Impulslänge t: 0,1 bis 2000 ns
118
Durchmesser Laserstrahl d: 50 bis 200 µm
119
Abtastgeschwindigkeit v: 40 bis 1600 mm/s
120
errechnet sich anhand der Zusammenhänge lp=4·Pp/(π·d²); lm=4·Pm/(π·d²) und N=f·d/v somit ein Verfahren mit folgenden Parametern:
121
IP zwischen 3,18·106 und 9,17·1010
122
Im zwischen 1,59·104 und 1,43·109
123
N zwischen 0,3125 und 1500
124
Die Werte aus D20 liegen somit sogar unter Berücksichtigung der nur bevorzugten Parametergrenzen in den im Patentanspruch 1 angegebenen Bereichen. Die Größe des Energieeintrags in die Werkstoffoberfläche entsprechend dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist also aus D20 bekannt.
125
Es ist für den Fachmann ausgehend von D20 auch naheliegend, in Abhängigkeit von dem gewünschten Energieeintrag in die Werkstoffoberfläche und den Parametern des Lasers (Pp, Pm, d) die weiteren Parameter t, f und v nach Bedarf festzulegen. Der Fachmann weiß, wie die Parameter Impulsspitzenleistung, mittlere Laserleistung und Anzahl N der Laserpulse von den anderen Verfahrensparametern wie Impulsspitzenleistung Pp, mittlere Leistung der Laserstrahlung Pm, Impulslänge der Laserimpulse t, Durchmesser des Laserstrahls auf der Oberfläche d, Repetitionsrate der Laserpulse f, Scangeschwindigkeit v abhängen. Daher können diese verfahrenstechnischen Parameter durch den Fachmann im Rahmen einer fachmännisch Tätigkeit unter Berücksichtigung der physikalischen Abhängigkeiten – z.B. ermöglicht bei gleicher Laserintensität eine höhere Repetitionsrate auch eine höhere Abtastgeschwindigkeit, während ein kleiner Spotdurchmesser eine hohe Repetitionsrate oder eine langsame Abtastgeschwindigkeit erfordert – festgelegt werden, um den gewünschten Energieeintrag in die Werkstückoberfläche sicherzustellen. Es gehört zur standardmäßigen Vorgehensweise eines Durchschnittsfachmanns, Versuchsreihen durchzuführen und dabei die Werte der relevanten Verfahrensparameter systematisch mit dem Ziel zu variieren, diejenigen Werte von d und v zu bestimmen, die zum Herstellen der gewünschten Oberflächenstrukturierung optimal sind.
126
Um den Scanprozess möglichst zeitsparend durchzuführen, ist der Fachmann bestrebt, die in D20 offenbarten Werte von d=40 µm und von v(max) =100 mm/s jeweils zu erhöhen. Er verwendet dabei auf diese Weise zwangsläufig auch solche Werte von d und v, die in den Schutzbereich des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag fallen. Und zwar umso mehr, als in D20 bereits offenbart ist, dass bei Laserbearbeitungsverfahren der vorliegend beanspruchten Art allgemein Spotdurchmesser d mit Werten im Bereich von 10µm bis 105 µm verwendet werden (siehe D20, S. 108, Spalte 2, Absatz 1).
127
Daher gelangt der Fachmann, ausgehend von D20 unter Berücksichtigung seines Fachwissens und Fachkönnens in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag.
128
2.2 Auch der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
129
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hauptantrag durch die zusätzlich konkretisierten Merkmale 1.6 und 1.7, wonach für den Parameter Impulsspitzenleistung der austretenden Laserstrahlung Pp ein Bereich von 20 kW bis 200 kW und für den Parameter mittlere Leistung der austretenden Laserstrahlung Pm ein Bereich von 5 W bis 50 W beansprucht wird.
130
Entsprechend den Ausführungen zum Hauptantrag wird im Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 nun ein Verfahren beansprucht, bei dem die drei relevanten Parameter Intensität Ip bzw. Im der Laserstrahlung sowie die Anzahl N der Laserpulse in folgenden Bereichen liegen:
131
Intensität Ip: 6,4·107 bis 1,0·1010 W/cm²
132
Intensität Im: 1,6·104 bis 2,6·106 W/cm²
133
Anzahl der Laserpulse N: 0,3 bis 1.500
134
Damit liegen die sich für den Fachmann aus der D20 ergebenden Parameter:
135
Intensität Ip: 2,0·108 bis 4,0·1008 W/cm²
136
Intensität Im: 1,1·105 bis 2,5·105 W/cm²
137
Anzahl der Laserpulse N: 7,6 bis 38
138
auch in den jeweils im Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 beanspruchten Bereichen.
139
Daher gelangt der Fachmann, ausgehend von D20 unter Berücksichtigung seines Fachwissens und Fachkönnens, in naheliegender Weise auch zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1.
140
2.3 Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
141
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 durch das zusätzlich nach Merkmal 2 eingefügte Merkmal 2.1, wonach durch das Verfahren auf der Oberfläche des Werkstücks „dendritische offenporige, zerklüftete und/oder fraktalartige Berg- und Tal-Strukturen und/oder hinterschnittene und/oder blumenkohlartige oder knollenartige Strukturen“ erzeugt werden, „bei denen mindestens 80% der Erhebungen eine Größe von 10 nm bis 200 nm aufweisen und bei denen mindestens 80% der Zwischenräume Breiten von 10 nm bis 50 nm aufweisen.“
142
Der D20 ist zu entnehmen, dass das bekannte Verfahren ähnliche Strukturen erzeugt. Dort wird in Abschnitt 3.2 auf Seite 112 ausgeführt, dass mit dem beschriebenen Verfahren eine poröse Oberfläche erzeugt wird, deren Poren in den Figuren 3(c) und 3(d) als dunkle Flecken erscheinen. Die gebildete Struktur unter Luft ist körnig (Korngröße von ca. µm 5-10, Fig. 3(c), unter Argon-Atmosphäre noch kleiner (1-5 µm, Fig. 3d). In den Fig. 3(e) und 3(f) sind bei höherer Vergrößerung viele nanoskalige Partikel (200-500 nm) sichtbar. Damit offenbart die D20 Oberflächen mit einer kornartigen bzw. blumenkohlartigen oder knollenartigen Struktur, deren Größe laut der Beschreibung im Bereich von 200 bis 10.000 nm und damit zumindest teilweise im Bereich der im Merkmal 2.1 beanspruchten Strukturen liegt.
143
Über die Maße der Erhebungen und Zwischenräume ist der Beschreibung der D20 explizit nichts zu entnehmen. Allerdings zeigen die Figuren 3(e) und 3(f) mit ihrem Maßstab von 10 µm (10.000 nm) Strukturen, deren knollenartige Ausbildung darauf schließen lässt, dass sowohl die Erhebungen als auch die dunklen Zwischenräume ebenfalls zumindest teilweise im Bereich der im Merkmal 2.1 beanspruchten Strukturen liegen.
144
Dem Fachmann ist aufgrund seines Fachwissens bekannt, dass die genaue Beschaffenheit der Oberfläche von den Materialparametern und den den Energieeintrag auf die Oberfläche beschreibenden Parametern abhängt. Wenn für bestimmte Anwendungen Oberflächen benötigt werden, bei denen ein bestimmter Anteil der Nanostrukturen hinsichtlich ihrer Erhebungen und Zwischenräume innerhalb vorgegebener Grenzen liegen soll, liegt es für den Fachmann daher nahe, die Verfahrensparameter entsprechend anzupassen. Gegebenenfalls führt er hierzu in fachüblicher Weise Versuchsreihen durch, bei denen er auf einfache Weise am Steuergerät des Lasers andere Strahlungswerte einstellt und ggfs. auch das Material für die Werkstückoberfläche modifiziert.
145
Daher gelangt der Fachmann, ausgehend von D20 unter Berücksichtigung seines Fachwissens und Fachkönnens, in naheliegender Weise auch zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2.
146
2.4 Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
147
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hauptantrag durch sieben zusätzliche Merkmale M18.1 bis M18.7, in denen alternativ sieben beschränkte Bereiche des Parameters Repetitionsrate t jeweils mit sieben ebenfalls beschränkten Bereichen des Parameters Impulsspitzenleistung Pp kombiniert werden.
148
Entsprechend den Ausführungen zum Hauptantrag werden im Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 damit unter Berücksichtigung der Bereichsangaben der Merkmale 18.1 bis 18.7 sieben alternative Verfahren beansprucht, bei denen bezüglich des Energieeintrags in die Werkstückoberfläche die drei berechneten relevanten Parameter Intensität Ip bzw. Im der Laserstrahlung sowie die Anzahl N der Laserpulse in folgenden Bereichen liegen:
149
        
Intensität Ip W/cm2
Intensität Im W/cm2
Anzahl Pulse N
M 18.1
3,8108 – 7,61009
1,6104 – 1,4-1009
0,3 – 1.500
M 18.2
2,6108 – 6,1 -1009
1,6104 – 1,4-1009
0,3 – 1.500
M 18.3
1,9108 – 6,1 -1009
1,6104 – 1,41009
0,3 – 1.500
M 18.4
1,8-10® – 4,61009
1,6-104 – 1,4-1009
0,3 – 1.500
M 18.5
1,6-10® – 4,31009
1,6-104 – 1,4-1009
0,3 – 1.500
M 18.6
1,4108 – 3,8-10°9
1,6-104 – 1,4-1009
0,3 – 1.500
M 18.7
4,8107 – 1,0-1009
1,6-104 – 1,4-1009
0,3 – 1.500
150
Damit liegen die sich für den Fachmann aus der D20 für den Energieeintrag in die Werkstückoberfläche ergebenden wesentlichen Parametern:
151
Intensität Ip: 2,0·108 bis 4,0·108 W/cm²
152
Intensität Im: 1,1·105 bis 2,5·105 W/cm²
153
Anzahl der Laserpulse N: 7,6 bis 38
154
auch in dem jeweils im Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 beanspruchten Bereichen.
155
Dem Fachmann ist bekannt, wie die Parameter Impulsspitzenleistung, mittlere Laserleistung und Anzahl N der Laserpulse neben der Impulsspitzenleistung Pp und der mittleren Leistung der Laserstrahlung Pm von den anderen Verfahrensparametern t, d, f und v abhängen. Daher können diese verfahrenstechnischen Parameter durch den Fachmann im Rahmen einer fachmännischen Tätigkeit unter Berücksichtigung der physikalischen Abhängigkeiten festgelegt werden, um den gewünschten Energieeintrag in die Werkstückoberfläche sicherzustellen. Es gehört zur standardmäßigen Vorgehensweise eines Durchschnittsfachmanns, Versuchsreihen durchzuführen und dabei die Werte der relevanten Verfahrensparameter systematisch mit dem Ziel zu variieren, diejenigen Werte von t, d f, und v zu bestimmen, die zum Herstellen der gewünschten Oberflächenstrukturierung optimal sind.
156
Daher gelangt der Fachmann, ausgehend von D20 unter Berücksichtigung seines Fachwissens und Fachkönnens, in naheliegender Weise auch zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3.
157
2.5 Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
158
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 nur durch das zusätzlich nach Merkmal 2 eingefügte Merkmal 2.1A bezüglich der zu erzielenden Oberflächenstruktur, nachdem durch das Verfahren auf der Oberfläche des Werkstücks „offenporige, zerklüftete und/oder fraktalartige Berg- und Tal-Strukturen und/oder hinterschnittene und/oder blumenkohl- oder knollenartige Strukturen“ erzeugt werden, „bei denen mindestens 80% der Erhebungen eine Größe von 10 nm bis 200 nm aufweisen und bei denen mindestens 80% der Zwischenräume Breiten von 10 nm bis 50 nm aufweisen.“ Gegenüber dem Merkmal M2.1 des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 unterscheidet sich das Merkmal 2.1A nur durch die Streichung des ohnehin nicht ursprünglich offenbarten Begriffs „dendritisch“.
159
Daher wird hinsichtlich der Patentfähigkeit des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 auf die Ausführungen zu den Hilfsanträgen 2 und 3 verwiesen. Dementsprechend gelangt der Fachmann, ausgehend von D20 unter Berücksichtigung seines Fachwissens und Fachkönnens, in naheliegender Weise auch zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 4.
160
2.6. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 5 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen
161
Im Anspruch 1 nach Hilfsantrag 5 werden nun zwei alternative Verfahren beansprucht, bei denen die drei entsprechend den Ausführungen zum Hauptantrag und Hilfsantrag 3 relevanten Parameter Intensität Ip bzw. Im der Laserstrahlung sowie die Anzahl N der Laserpulse in folgenden Bereichen liegen:
162
        
Intensität Ip W/cm2
Intensität Im W/cm2
Anzahl Pulse N
HiA 5.1
5,5108 – 1,21009
7,9104 – 1,81005
0,8 – 1,5
HiA 5.2
8,7108 – 2,1 -1009
1,0-106 – 2,31006
5,8 – 33,8
163
Bei beiden Verfahren nach Hilfsantrag 5 überschneiden sich die drei sich für den Fachmann aus der D20 ergebenden Parameterbereiche für Ip, Im bzw. N
164
Intensität Ip: 2,0·108 bis 4,0·108 W/cm²
165
Intensität Im: 1,1·105 bis 2,5·105 W/cm²
166
Anzahl der Laserpulse N: 7,6 bis 38
167
in keinem der drei Bereiche mit den relevanten Parameter der im Anspruch 1 nach Hilfsantrag 5 jeweils beanspruchten Verfahren, nur bei Hilfsantrag 5.2 kommt es zu einer teilweisen Überschneidung der Bereiche für den Parameter N.
168
Daher ergeben sich die beiden beanspruchten alternativen Verfahren nach Hilfsantrag 5 für den Fachmann nicht direkt aus dem in Abschnitt 2 der D20 offenbarten experimentellen Verfahren.
169
Die D20 offenbart dem Fachmann jedoch im einleitenden Teil in Abschnitt 1, dass der Einsatz von Laserstrahlung eine Möglichkeit zur Verbesserung der physikalischen und mechanischen Eigenschaften von Metalloberflächen darstellt, da Laserstrahlung einzigartige Eigenschaften für die Erhitzung der Oberflächen aufweist. Danach wird die elektromagnetische Strahlung eines Laserstrahls in den Oberflächenschichten der behandelten Materialien absorbiert, wodurch die Laserstrahlen auf den Metalloberflächen zu Phasentransformationen und strukturellen Veränderungen als Folge physischer und chemischer Prozesse führen können.
170
Weiter offenbart die D20 im einleitenden Teil, dass die für die Oberflächenbehandlung benutzten gepulsten Laser Leistungsdichten im Bereich von 108 bis 109 W/cm2, eine Impulslänge im Bereich von 10-6 bis 10-9s (1 bis 1.000 ns) und einen Durchmesser des Laserspots im Bereich von 10-3 bis 100 cm (10 bis 10.000 µm) aufweisen. Das Ergebnis der Oberflächenbearbeitung hänge dabei weiter neben den Laserstrahlparametern wie Leistungsdichte, Intensität – entspricht den Parametern Ip, Im bzw. N – von weiteren Parametern wie Wellenlänge, Strahldivergenz, Strahldurchmesser, Einfallswinkel und Bearbeitungszeit sowie den materialspezifischen Parametern ab (D20, S. 108).
171
Damit liegen beide im Hilfsantrag beanspruchten Verfahren mit den relevanten Parametern Laserstrahlintensität Ip Impulslänge t und Spotdurchmesser d im Wesentlichen in dem Bereich, der in der D20 schon als allgemein bekannter Bereich angegeben wird.
172
Auch wenn dem in der D20 offenbarten experimentellen Verfahren selbst keine Anregung zu entnehmen ist, dieses Verfahren hinsichtlich seiner Parameter abzuändern, bestand für den Fachmann ausgehend von dem einleitenden Teil der D20 der Anlass, das Verfahren zur Oberflächenbehandlung weiter zu optimieren, um unter Berücksichtigung der bekannten Abhängigkeiten der Parameter untereinander eine feiner strukturierte Oberfläche zu erreichen und/oder das Verfahren zu beschleunigen. Daher war der Fachmann ausgehend von der D20 veranlasst gewesen, Versuchsreihen durchzuführen und dabei durch eine systematische Variation der Parameter Impulsspitzenleistung, Leistung der Laserstrahlung, Impulslänge, Repetitionsrate, Abtastgeschwindigkeit und Spotdurchmesser die verfahrensrelevanten Parameter Intensität Ip bzw. Im der Laserstrahlung sowie die Anzahl N der Laserpulse zu optimieren, da es zum Wissen des Fachmanns gehört, dass diese Parameter für die Oberflächenveränderung die Wesentlichen sind.
173
Daher gelangt der Fachmann, ausgehend von D20 unter Berücksichtigung seines Fachwissens und Fachkönnens, in naheliegender Weise auch zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 5.
174
2.7. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 6 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
175
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 6 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 5 nur durch das zusätzlich nach Merkmal 2 eingefügte Merkmal 2.1A bezüglich der zu erzielenden Oberflächenstruktur gemäß Hilfsantrag 4.
176
Daher wird hinsichtlich der Patentfähigkeit des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 6 auf die Ausführungen zu den Hilfsanträgen 5 und 2 verwiesen. Dementsprechend gelangt der Fachmann, ausgehend von D20 unter Berücksichtigung seines Fachwissens und Fachkönnens, in naheliegender Weise auch zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 6.
177
2.8. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 7 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
178
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 7 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 6 nur durch das zusätzlich nach Merkmal 3 eingefügte Merkmal 3.1, wonach „die Metalloberfläche vor dem Bestrahlen mit dem Laserstrahl nicht vorbehandelt oder gereinigt wurde.“
179
Ein derartiges Vorgehen, Oberflächen von verschiedenen Werkstoffen ohne eine Vorbehandlung mit Laserstrahlen zu strukturieren, gehört jedoch zum Fachwissen des Fachmanns. So offenbart die D18 (US 5 473 138) ein Verfahren zur Vergrößerung der Oberfläche und Rauheit von Metallen, Keramiken und Verbundwerkstoffen mit einem Laserstrahl, wobei Oberflächenstrukturen mit einer Größe im Nano- und Mikrometerbereich erzielt werden und entsprechend den Ausführungsbeispielen Gegenstände aus verschiedenen Werkstoffen, nach Beispiel 3 in Spalte 4 auch Alumininumoxid bearbeitet werden. Entsprechend der detaillierten Beschreibung in Spalte 3 der D18 ist dabei keine spezielle Vorbehandlung erforderlich, damit das Material mit der in der D18 offenbarten Technik bestrahlt werden kann, (…“ No specific pre-treatment is required for the material to be irradiated by this technique…“).
180
Dementsprechend gelangt der Fachmann, ausgehend von D20 unter Berücksichtigung seines Fachwissens und Fachkönnens, in naheliegender Weise auch zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 7.
181
2.9. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 8 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
182
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 8 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 7 nur durch das präzisierte Merkmal 17, wonach die Atmosphäre, in der das Verfahren durchgeführt wird, ein mit der Oberfläche des zu bearbeitenden Materials reagierendes anorganisches Gas oder Gasgemisch ist.
183
Dieses Merkmal ist jedoch aus der D20 schon bekannt. Das in der D20 offenbarte Verfahren wird sowohl in Luft als auch in einer Argonatmosphäre durchgeführt (S.110, linke Spalte, Absatz 6), wobei Luft als Atmosphäre ein mit der Oberfläche des Aluminiums reagierendes anorganisches Gasgemisch darstellt (vgl. Absatz [0026] des Streitpatents).
184
Daher gelangt der Fachmann, ausgehend von D20 unter Berücksichtigung seines Fachwissens und Fachkönnens, in naheliegender Weise auch zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 8.
185
2.10. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 9 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
186
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 9 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 8 durch die Streichung der Worte „oder mehrmals“ in Merkmal M4, wonach nun die gesamte Oberfläche des Metalls oder der Metalllegierung, die für eine Laserbestrahlung zugänglich ist und auf der die Strukturen zu erzeugen sind, mit einem gepulsten Laserstrahl nur noch einmal auf solche Weise abgetastet wird, dass benachbarte Lichtflecke des Laserstrahls lückenlos aneinander stoßen oder sich überlappen,
187
In der D20 wird diesbezüglich nur ausgeführt, dass der Laserstrahl in Linien mit einem Abstand über die Oberfläche geführt wird, der gleich der Hälfte des der Laserpunktgröße ist, womit sich die benachbarten Lichtflecke des Laserstrahls überlappen würden. Ob bei der D20 die Oberfläche ein- oder mehrfach abgetastet wird, lässt die die D20 dabei offen.
188
Entsprechend Absatz [0018] des Streitpatents kann das Abtasten der Oberfläche mit dem Laserstrahl einmal oder mehrmals hintereinander durchgeführt werden. Durch mehrmaliges Abtasten könne unter Umständen eine noch feinere Struktur erzeugt werden. Ein einmaliges Abtasten der Oberfläche bedeutet aber nicht, das ein beliebiger Punkt der Oberfläche nur einmal vom Laserstrahl beaufschlagt wird, da auch bei einem nur einmaligen Abtasten der Oberfläche durch den Laser jeder Punkt der Oberfläche in Abhängigkeit der gewählten Parameter Spotdurchmesser, Repetitionsrate, Impulslänge und Abtastgeschwindigkeit in der Regel wie bei der D20 mehrfach vom Laserstrahl beaufschlagt werden kann.
189
Daher ist in der Maßnahme, die Oberfläche des Werkstücks nur einmal oder mehrfach mit dem Laserstrahl abzutasten, nur eine einfache Auswahlentscheidung des Fachmanns zu sehen. Der Fachmann ist analog zu den Ausführungen zum Hauptantrag immer dazu veranlasst, Versuchsreihen durchzuführen und dabei durch eine systematische Variation aller das Verfahren bestimmenden Parameter die verfahrensrelevanten Parameter Intensität Ip bzw. Im der Laserstrahlung sowie die Anzahl N der Laserpulse zu optimieren, um gezielt eine strukturierte Oberfläche zu erreichen und/oder das Verfahren zu beschleunigen. Die Entscheidung, die Oberfläche des Werkstücks ein- oder mehrfach abzutasten, stellt ebenso wie die anderen beanspruchten Parameter (Impulsspitzenleistung, Leistung der Laserstrahlung, Impulslänge, Repetitionsrate, Abtastgeschwindigkeit und Spotdurchmesser) eine Einflussgröße dar, die für die Intensität des Energieeintrags in die Oberfläche entscheidend ist. Da ein nur einmaliges Abtasten der Oberfläche dazu geeignet ist, das Verfahren zu beschleunigen bzw. Zeit bei der Bearbeitung der Oberfläche zu sparen, entscheidet sich der Fachmann daher für diese Verfahrensvariante und wählt bei den Versuchsreihen die weiteren Parameter so aus, dass er auch mit einem nur einmaligen Abtasten der Oberfläche die gewünschte strukturierte Oberfläche erzielt.
190
Daher gelangt der Fachmann, ausgehend von D20 unter Berücksichtigung seines Fachwissens und Fachkönnens, in naheliegender Weise auch zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 9.
191
2.11. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 10 und der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 11 beruhen jeweils nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
192
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 10 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 9 durch ein präzisiertes Merkmal 3A, indem gegenüber dem Merkmal 3 das Material des zu bearbeitenden Werkstücks auf den Werkstoff Titan, Titanlegierung oder Titanoxid beschränkt wird.
193
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 11 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 10 durch das weiter präzisiertes Merkmal 3B, indem gegenüber dem Merkmal 3A die Oberfläche des Werkstücks nur noch Titan oder eine auf der Titanoberfläche befindliche Titanoxidschicht umfasst.
194
Die Bearbeitung von Oberflächen aus Titan, Titanlegierungen oder Titanoxid mit Laserstrahlen gehört jedoch ebenfalls zum Fachwissen des Durchschnittsfachmanns. Diesbezüglich wird z.B. auf die Offenbarung der D20 verwiesen. In der D20 wird Titan zwar explizit nicht erwähnt, die D20 beschäftigt sich jedoch nicht nur mit Aluminium, sondern auch mit der Verbesserung der physikalischen und mechanischen Eigenschaften von Metalloberflächen allgemein. Der Fachmann, der den jeweilig zu verwendenden Werkstoff immer anhand der jeweils spezifischen Anforderungen auswählt und sich die Aufgabe stellt, die Oberfläche eines Werkstücks aus Titan, Titanlegierungen oder Titanoxid mittels eines gepulsten Laserstrahls zu strukturieren, zieht daher auch die D20 zu Rate und überträgt gegebenenfalls bei den durchzuführenden Versuchsreihen die Angaben der D20 zur Bearbeitung von Aluminium auf die Bearbeitung von Titan, um dabei durch eine systematische Variation der Parameter die verfahrensrelevanten Parameter Intensität Ip bzw. Im der Laserstrahlung sowie die Anzahl N der Laserpulse zu optimieren.
195
Daher gelangt der Fachmann, ausgehend von D20 unter Berücksichtigung seines Fachwissens und Fachkönnens, in naheliegender Weise auch zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 10 bzw. nach Hilfsantrag 11.
196
Mit dem jeweiligen Anspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 bis 11 fallen aufgrund der Antragsbindung auch die antragsgemäß jeweils rückbezogenen Unteransprüche nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 bis 11.
197
Die Beschwerde der Patentinhaberin war daher zurückzuweisen.
198
Die Rechtsbeschwerde war nicht wie von den Beteiligten angeregt zuzulassen, da die in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Rechtsfragen zur unzulässigen Erweiterung von Patentansprüchen nicht entscheidungsrelevant waren, § 100 Abs. 2 PatG.

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