Aktenzeichen 6 Ni 67/16 (EP), verb. mit 6 Ni 11/17 (EP)
Art 138 Abs 1 Buchst c EuPatÜbk
Tenor
In der Patentnichtigkeitssache
…
…
betreffend das europäische Patent 0 991 054
(DE 697 08 693)
hat der 6. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 5. Dezember 2018 durch die Vorsitzende Richterin Friehe sowie die Richter Schwarz, Dipl.-Phys. Univ. Dipl.-Wirtsch.-Phys. Arnoldi, Dipl.-Ing. Matter und Dipl.-Phys. Univ. Dr. Haupt
für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 0 991 054 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland teilweise für nichtig erklärt, soweit es über folgende Fassung hinausgeht:
II. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:
Jede der Klägerinnen trägt die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Beklagten jeweils zu 1/4.
Die Beklagte trägt jeweils die Hälfte der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen.
Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Beklagte war eingetragene Inhaberin des aufgrund der aus der früheren Patentanmeldung 97911460.0 mit der Veröffentlichungsnummer 0 883 107 vom 6. November 1997 (Stammanmeldung; im Folgenden: NK2a) stammenden Teilanmeldung vom 29. Dezember 1999 (im Folgenden: NK2) unter Inanspruchnahme der Prioritäten aus den japanischen Anmeldungen JP 29473896 vom 7. November 1996, JP 31032496 vom 21. November 1996, JP 3458297 vom 19. Februar 1997 und JP 3458397 vom 19. Februar 1997 auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland zugunsten der ursprünglichen Anmelderin Firma M… Co. Ltd. erteilten und durch Zeitablauf seit 6. November 2016 erloschenen europäischen Patents 0 991 054 (Streitpatent).
2
Das beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen 697 08 693 geführte Streitpatent trug die Bezeichnung
3
„A CELP Speech Coder or Decoder,
4
and a Method for CELP Speech Coding or Decoding“
5
(in Deutsch laut Streitpatentschrift:
6
„Verfahren und Vorrichtung für CELP Sprachcodierung oder -decodierung“
7
und umfasste in der erteilten Fassung 16 Patentansprüche, die mit den am 8. September 2016 von der Klägerin zu 1) und am 30. Januar 2017 von der Klägerin zu 2) eingereichten Nichtigkeitsklagen jeweils in vollem Umfang angegriffen werden. Hintergrund beider Nichtigkeitsklagen sind die beim Landgericht Mannheim bei Einreichung dieser Klagen anhängigen Klagen wegen angeblicher Verletzung des Streitpatents durch die Nichtigkeitsklägerinnen (Az. 2 O 98/16 und 7 O 20/17), die sich mittlerweile im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe befinden (Az. 6 U 88/17 und 6 U 21/18).
8
Die angegriffenen unabhängigen Patentansprüche 1 und 9 lauten in der Verfahrenssprache Englisch wie folgt:
9
1. A CELP speech coder or decoder, comprising:
10
an adaptive codebook (223) for generating an adaptive code vector;
11
a random codebook (221, 211), for generating a random code vector;
12
a synthesis filter (215) for receiving a random code vector generated from the random codebook (221, 211) so as to perform LPC synthesis;
13
means (225) for determining a voiced/unvoiced characteristic of the input speech;
14
characterized in that
15
said random codebook (221, 211) is formed by an excitation vector generator comprising fixed waveform arranging means (182) for arranging one or more fixed waveforms (v1, v2, v3) stored in a fixed waveform storage means (181) in accordance with the positions (P1, P2, P3) and polarities of an input impulse vector, and in that
16
the random codebook generates the random code vector in accordance with the determined voiced/unvoiced characteristic.
17
9. A CELP speech coding or decoding method, comprising the steps of:
18
generating an adaptive code vector:
19
determining a voiced/unvoiced characteristic of the input speech;
20
generating a random code vector in accordance with said determined voiced/unvoiced characteristic by arranging one or more fixed waveforms in accordance with the positions (P1, P2, P3) and polarities of an input impulse vector;
21
outputting the random code vector to a synthesis filter to perform LPC synthesis.
22
In der Fassung der Streitpatentschrift lauten sie in deutscher Sprache:
23
1. CELP-Sprachcodierer oder -decodierer, der umfasst:
24
ein adaptives Codebuch (223) zum Erzeugen eines adaptiven Codevektors;
25
ein Zufalls-Codebuch (221, 211) zum Erzeugen eines Zufalls-Codevektors;
26
ein Synthesefilter (215), das einen Zufalls-Codevektor empfängt, der anhand des Zufalls-Codebuchs (221, 211) erzeugt wird, um LPC-Synthese auszuführen;
27
eine Einrichtung (225), die eine Stimmhaft/Stimmlos-Kennlinie der Eingangssprache bestimmt;
28
dadurch gekennzeichnet, dass:
29
das Zufalls-Codebuch (221, 211) von einem Anregungs-Vektor-Generator gebildet wird, der eine Anordnungseinrichtung (182) für festgelegte Wellenformen zum Anordnen einer oder mehrerer festgelegter Wellenformen (v1, v2, v3), die in einer Speichereinrichtung (181) für festgelegte Wellenformen gemäß den Positionen (P1, P2, P3) und den Polaritäten eines Eingangs-Impuls-Vektors gespeichert sind, umfasst, und dadurch, dass:
30
das Zufalls-Codebuch den Zufalls-Codevektor gemäß der bestimmten Stimmhaft/ Stimmlos-Kennlinie erzeugt.
31
9. CELP-Sprachcodier- oder -decodierverfahren, das die folgenden Schritte umfasst:
32
Erzeugen eines adaptiven Codevektors;
33
Bestimmen einer Stimmhaft/Stimmlos-Kennlinie der Eingangssprache;
34
Erzeugen eines Zufalls-Codevektors gemäß der bestimmten Stimmhaft/Stimmlos-Kennlinie durch Anordnen einer oder mehrerer festgelegten Wellenformen gemäß den Positionen (P1, P2, P3) und den Polaritäten eines Eingangs-Impuls-Vektors;
35
Ausgeben des Zufalls-Codevektors an ein Synthesefilter, um LPC-Synthese auszuführen.
36
Die ebenfalls angegriffenen Patentansprüche 2 bis 8 sind auf Patentanspruch 1, die Ansprüche 10 bis 16 auf Patentanspruch 9 unmittelbar oder mittelbar rückbezogen.
37
Die Klägerinnen sind der Ansicht, dass das Streitpatent wegen unzulässiger Erweiterung und fehlender Patentfähigkeit für nichtig zu erklären sei. Darüber hinaus macht die Klägerin zu 1) auch eine mangelnde Ausführbarkeit als Nichtigkeitsgrund geltend.
38
Dies stützen sie auf die Druckschriften (Nummerierung und Kurzzeichen vom Senat):
39
D1
40
EP 0 680 032 A
41
D2
42
US 5 293 449 A
43
D3
44
Kim, S. J. et al.: A complexity reduction method for VSELP coding using overlapped sparse basis vectors, In: Proceedings of the International Conference on Signal Processing – Applications and Technology, 18. October 1994
45
D4 JP 05-281999 A
46
D5 EP 0 515 138 A2
47
D6 US 5 488 704 A
48
D7 EP 0 590 155 A1
49
D8 US 5 060 269 A
50
D10 ITU-T G.729 (03/96); CODING OF SPEECH AT 8 kbit/s USING CONJUGATE-STRUCTURE ALGEBRAIC-CODE-EXCITED LINEAR-PREDICTION (CS-ACELP), ITU-T Recommendation G.729, März 1996
51
D11 EP 0 747 883 A2
52
D12 EP 0 654 909 A1
53
D13 EP 0 714 089 A2
54
D14 US 5 396 576 A
55
D15 US 5 495 555 A
56
D16 WO 96/29696 A1
57
Daneben haben sie folgende Druckschrift als Beleg für das Fachwissen des Fachmanns benannt:
58
D9 GERSCHO, A.: Advances in Speech and Audio Compression, In: Proceedings of the IEEE, Vol. 82, No. 6, Juni 1994, S. 900 bis 918.
59
Die Klägerinnen beantragen,
60
das europäische Patent EP 0 991 054 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
61
Die Beklagte beantragt,
62
die Klage abzuweisen,
63
hilfsweise, die Klage abzuweisen, soweit sie das Patent mit folgenden Hilfsanträgen in der angegebenen Reihenfolge verteidigt: 1, 2, 3, 4, 4A, 5, 5A, 6, 6A und 7 bis 29.
64
Wegen des Wortlauts der Ansprüche gemäß Hilfsantrag 13 wird auf den Urteilstenor und gemäß der übrigen Hilfsanträge auf die Anlagen zu den Schriftsätzen der Beklagten vom 10. Oktober 2018 (Bl. 750 ff. d. A.) sowie vom 29. November 2018 (Bl. 1112 d. A.) verwiesen.
65
Die Beklagte tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen und hält den Gegenstand des Streitpatents in wenigstens einer der verteidigten Fassungen für schutzfähig.
66
Mit Beschluss vom 16. August 2018 hat der Senat beide Klagen zum Zwecke der gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.
67
Der Senat hat den Parteien zudem einen qualifizierten Hinweis vom 17. August 2018, den Parteien übersandt mit Schreiben vom 24. August 2018, zukommen lassen.
Entscheidungsgründe
A.
68
Die infolge der Verbindung nunmehr als einheitlich geltende Klage der beiden Klägerinnen ist zulässig. Das nach Ablauf der Schutzdauer erforderliche Rechtsschutzbedürfnis der Klägerinnen ist infolge der gegen sie weiterhin anhängigen Verletzungsklagen hinsichtlich beider nebengeordneter Ansprüche, auf die sich die Verletzungsklagen stützen, gegeben (vgl. BGH GRUR 1995, 342 – Tafelförmige Elemente; BGH GRUR 2005, 749 – Aufzeichnungsträger).
69
Die Klage ist allerdings nur teilweise begründet. Das Streitpatent ist hinsichtlich der erteilten Fassung für nichtig zu erklären, da insoweit der Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung gemäß Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. c) EPÜ besteht. Aus demselben Grund kann die Beklagte ihr Patent auch nicht mit den Anspruchsfassungen nach den Hilfsanträgen 1, 2, 3, 4, 4A, 5, 5A, 6, 6A und 7 bis 12 erfolgreich verteidigen. Demgegenüber sind die Klagen teilweise abzuweisen, soweit sie sich auch gegen die von der Beklagten hilfsweise verteidigte Anspruchsfassung nach Hilfsantrag 13 richten, da diese Anspruchsfassung zulässig ist und ihr keine Nichtigkeitsgründe nach Art. II § 6 Abs. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 EPÜ entgegen stehen.
70
I. Zum Gegenstand des Streitpatents
71
1. Gegenstand und Aufgabe
72
Das Streitpatent betrifft einen Anregungs-Vektor-Generator, der geeignet sein soll, eine hoch qualitative, synthetisierte Sprache zu erhalten, sowie einen Sprach-Codierer und einen Sprach-Decodierer, die ein hoch qualitatives Sprachsignal bei einer niedrigen Bit-Rate codieren und decodieren können sollen (Absatz 0001 der Streitpatenschrift).
73
Zum technischen Hintergrund ist in der Streitpatentschrift erläutert, dass ein Sprach-Codierer vom CELP (= Code Excited Linear Prediction)-Typ eine lineare Vorhersage für jeden der Rahmen ausführt, die durch Segmentieren einer Sprache zu einem gegebenen Zeitpunkt erhalten wurden. Der CELP-Codierer kodiert prädiktive Restbestandteile (Anregungs-Signale), die aus einer linearen Rahmen-für-Rahmen-Vorhersage resultieren, unter Verwendung eines adaptiven Codebuchs, in dem alte Anregungs-Vektoren gespeichert sind, und eines Zufalls-Codebuchs, in dem eine Vielzahl von Zufalls-Codevektoren gespeichert sind (Absatz 0003).
74
Die schematische Struktur eines herkömmlichen Sprach-Codierers vom CELP-Typ, die Suche im Zufalls-Codebuch und die prinzipielle Struktur eines bekannten Sprach-Decodierers wird anhand von Figuren 1 und 2A bis 2C dargestellt und in den Absätzen 0004 bis 0012 erläutert.
75
Weiterhin beschreibt das Streitpatent die Grenzen der Verwendung eines CELP-Zufalls-Codebuchs und die Möglichkeit der Komplexitätsreduktion durch die sogenannte algebraische Anregung (algebraic excitation). Derartige ACELP (Algebraic Code Exited Linear Prediction) und CS-ACELP (Conjugate Structure Algebraic Code Exited Linear Prediction)-Codierer/Decodierer, welche die algebraische Anregung verwenden, seien jeweils als G.729 und G.723.1 von dem ITU-T (International Telecommunication Union-Telecommunication Standardization Sector) empfohlen worden (Absätze 0013 bis 0016).
76
Das Streitpatent stellt sich zum einen die Aufgabe, einen Anregungs-Vektor-Generator, einen Sprach-Codierer und einen Sprach-Decodierer zu schaffen und dabei den Speicherbedarf zu reduzieren gegenüber dem Fall, bei dem Zufalls-Codevektoren direkt in einem Zufalls-Codebuch gespeichert werden, und zum anderen komplexere Zufalls-Codevektoren ‒ verglichen mit der bekannten algebraischen Anregung ‒ zu erzeugen, welche die Sprachqualität verbessern können (Absätze 0017 und 0018).
77
2. Ansprüche
78
Das Streitpatent beansprucht in Anspruch 1 der Streitpatentschrift einen Codierer sowie einen Decodierer und in Anspruch 9 ein Codier- sowie ein Decodier-Verfahren, die mit den übrigen Ansprüchen jeweils weiter ausgestaltet sind. Die Merkmale der Ansprüche 1 und 9 lassen sich dabei wie folgt gliedern:
79
1 A CELP speech coder or decoder, comprising:
80
1.1 an adaptive codebook (223) for generating an adaptive code vector;
81
1.2 a random codebook (221, 211) for generating a random code vector;
82
1.3 a synthesis filter (215) for receiving a random code vector generated from the random codebook (221, 211) so as to perform LPC synthesis;
83
1.4 means (225) for determining a voiced/unvoiced characteristic of the input speech;
84
characterized in that
85
1.5 said random codebook (221, 211) is formed by an excitation vector generator comprising fixed waveform arranging means (182)
86
1.5.1 for arranging one or more fixed waveforms (v1, v2, v3) stored in a fixed waveform storage means (181)
87
1.5.2 in accordance with the positions (P1, P2, P3) and polarities of an input impulse vector, and
88
in that
89
1.6 the random codebook generates the random code vector in accordance with the determined voiced/unvoiced characteristic.
90
9 A CELP speech coding or decoding method, comprising the steps of:
91
9.1 generating an adaptive code vector;
92
9.2 determining a voiced/unvoiced characteristic of the input speech;
93
9.3 generating a random code vector in accordance with said determined voiced/unvoiced characteristic by arranging one or more fixed waveforms in accordance with the positions (P1, P2, P3) and polarities of an input impulse vector;
94
9.4 outputting the random code vector to a synthesis filter to perform LPC synthesis.
95
3. Fachmann und
Auslegung des Streitpatents
96
Zuständiger Fachmann ist ein Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik, insbesondere der Nachrichtentechnik, mit Universitätsabschluss und mehrjähriger Berufserfahrung sowie Kenntnissen auf dem Gebiet der akustischen Signalverarbeitung insbesondere von digitalen Sprachcodecs. Einem solchen Fachmann waren zum Prioritätszeitpunkt bereits Verfahren zur Sprachcodierung, wie CELP und ACELP, sowie ihre Vorteile und Grenzen, geläufig.
97
3.1
Allgemeiner technischer Hintergrund
98
Der Fachmann wird die für das Verständnis des Gegenstands der Patentansprüche wesentlichen Grundlagen und Prinzipien aufgrund seines allgemeinen Fachwissens und aufgrund der Ausführungen in der Streitpatentschrift wie folgt verstehen.
99
3.1.1 CELP-Grundprinzip
100
Bei der Übertragung von Sprache in Mobilfunknetzen wird das Sprachsignal üblicherweise im Sender (Coder, Encoder, Codierer) codiert und im Empfänger (Decoder, Decodierer) wieder decodiert. Bei einem solchen, als Codec bezeichneten System stellen sich als wichtigste Randbedingungen die gegenläufigen Anforderungen nach möglichst guter Sprachqualität einerseits und möglichst geringer zu übertragender Datenmenge andererseits.
101
Beispielsweise beim UMTS-Standard wird dabei ein sogenannter Adaptive Multi-Rate (AMR) Codec verwendet, der auf mehrere verschiedene Arten betrieben werden kann, die jedoch alle auf dem Audiokompressionsverfahren CELP (Code (-book) Excited Linear Prediction) beruhen. Es handelt sich dabei um ein hybrides Verfahren, welches die Vorteile der Signalformkodierung mittels Vektorquantisierung einerseits und der parametrischen Audiokodierung andererseits vereint.
102
Bei der Vektorquantisierung werden die aus den Sprachsignalen gewonnenen Datensätze in Merkmalsvektoren zusammengefasst und es wird eine Tabelle, das sog. Codebuch, mit häufig vorkommenden Merkmalsvektoren erstellt. Bei der Codierung wird dann jeweils der Codebuchvektor mit der geringsten Abweichung zum zu codierenden Teil des Sprachsignals bestimmt. Zur Datenübertragung wird nicht der Vektor selbst, sondern nur der Index des Codebuchvektors benötigt, da der korrespondierende Decodierer über das gleiche Codebuch verfügt und damit aus dem Index der Vektor ermittelt und letztendlich eine Approximation des ursprünglichen Sprachsignals rekonstruiert werden kann.
103
Bei der parametrischen Audiokodierung wird die Sprachentstehung beim Menschen durch das sog. Quelle-Filter-Modell nachgebildet. Die Signalquelle entspricht dabei den menschlichen Stimmbändern und die parametrische Codierung beruht auf der Annahme, dass sich alle Sprachsignale aus stimmhaften (Laute mit hoher Periodizität, Sonoranten bzw. Sonanten und einige Obstruenten, z. B. a, e, i, b, d, g, o) und stimmlosen (niedrige Periodizität, rauschähnlich, viele Frikative und Plosive, z. B. f, k, p, s, t) Anteilen synthetisieren lassen. Das sich daran anschließende Synthesefilter entspricht dem menschlichen Vokaltrakt (zwischen Kehlkopf und Mundöffnung), in dem insbesondere die sog. Formanten aufgeprägt werden. Aufgrund der Resonanz- bzw. Interferenzeigenschaften des Artikulationsraums wird aus dem Spektrum ein Teil der Harmonischen gedämpft, ein anderer Teil durch Resonanz gegenüber der Grundfrequenz und gegenüber anderen Obertönen verstärkt; die Bereiche, bei denen eine maximale relative Verstärkung stattfindet, nennt man Formanten.
104
Um Sprache nach dem Quelle-Filter-Modell kodieren zu können, wird sie zunächst digitalisiert und in kurze Zeitabschnitte (Sprachrahmen mit ca. 20 ms) unterteilt. Für jeden Zeitabschnitt werden dann Parameter für das Synthesefilter bestimmt, die sogenannten LPC(linear prediction coding)-Koeffizienten. In einem zweiten Schritt werden mit der Signalquelle (typischerweise Codebücher) verschiedene Anregungssignale erzeugt, die dann jeweils durch das mit den Koeffizienten eingestellte LPC-Synthesefilter verarbeitet werden. Das jeweilige Ergebnis wird mit dem zu kodierenden Sprachsignalabschnitt verglichen und der Grad der Abweichung bestimmt. In dieser Weise werden verschiedene Anregungssignale durchprobiert, bis eines gefunden ist, das einen synthetisierten Sprachsignalabschnitt hervorbringt, der dem zu kodierenden maximal ähnlich ist. Durch dieses als Analyse-durch-Synthese (Analysis-By-Synthesis Coding, AbS-Codec, Closed-Loop-Codecs) bezeichnete Verfahren werden Parameter für das Synthesefilter und ein Anregungssignal bestimmt, die nach Übertragung zum Empfänger einen synthetisierten Sprachsignalabschnitt erzeugen, der dem zu sendenden Sprachsignalabschnitt möglichst nahe kommt.
105
Das Streitpatent veranschaulicht das Grundprinzip der Sprachcodierung mittels CELP in der folgenden Figur 1 in einem Blockdiagramm, in dem die wesentlichen CELP-Komponenten sowie die Funktionsweise eines Codierers erkennbar sind:
106
CELP-Codierer nach Figur 1 der Streitpatentschrift
107
Das eingegebene Sprachsignal (10) wird in Abschnitt (11) analysiert, um die LPC-Koeffizienten für das Synthesefilter (13) zu bestimmen. Der Indexwert für die so bestimmten Koeffizienten wird in Abschnitt (12) quantisiert und dem Abschnitt (17) zum Senden bereitgestellt. Die von den beiden Codebüchern (14, 15) als Signalquelle entnommenen Signale werden, nach jeweiliger Verstärkung (ga, gc) summiert und das Summensignal als Anregungssignal durch das Synthesefilter (13) geschickt. Das entstehende synthetische Sprachsignal wird in Abschnitt (16) mit der Eingangssprache (10) verglichen, bis das Anregungssignal gefunden ist, das die größte Übereinstimmung zwischen dem synthetischen Sprachsignal und der eingegebenen Sprache erzeugt. In mehreren Schleifendurchläufen werden unterschiedliche Anregungssignale ausprobiert, vgl. Absatz 0004 der Streitpatentschrift.
108
Das adaptive Codebuch (14) (adaptive codebook, pitch codebook) enthält eine Anzahl verschieden stark verzögerter Ausschnitte des bis zu diesem Zeitpunkt verwendeten Anregungssignals. Dies ist in der vorstehenden Abbildung durch den Abgriff des Anregungssignals vor dem Synthesefilter (13) und dessen Rückführung ins adaptive Codebuch (14) graphisch dargestellt. Der Anteil aus dem adaptiven Codebuch (14) ist maßgeblich für die stimmhaften Anteile des rekonstruierten Signals, weil die stimmhaften Anteile im Wesentlichen periodisch sind und durch Verzögerung des verwendeten Anregungssignals entsprechend der Frequenz beispielsweise der Stimmbänderschwingung dem adaptiven Codebuch (14) ein aktuelles stimmhaftes Anregungssignal bereitgestellt wird.
109
Das Random-Codebuch (15) stellt demgegenüber Anregungssignale bereit, die insbesondere für die Bildung stimmloser Laute benötigt werden. Statt “Random Codebuch” wird im Folgenden der aus der deutschen Übersetzung der Streitpatentschrift stammende Begriff „Zufalls-Codebuch” verwendet, wobei beide Namen ausdrücken, dass es zufällige Zahlenfolgen, z. B. nach einer gaußschen Zufallsverteilung enthält. In der Literatur, im Patentbereich und auch in den einschlägigen technischen Standards sind eine Mehrzahl synonymer Begriffe und Übersetzungen gebräuchlich, neben random codebook (stochastisches Codebuch), auch fixed codebook (festes Codebuch) oder innovative codebook (innovatives Codebuch). Anschaulich ausgedrückt speichert das adaptive Codebuch Informationen aus der unmittelbaren „Vergangenheit”, während das Zufalls-Codebuch keinen derartigen Vergangenheitsbezug hat, sondern „feste“, nicht veränderliche Codevektoren enthält, die einen „neuen” Beitrag zum Anregungssignal liefern können; so erklärt sich die Bezeichnung „innovatives Codebuch“.
110
In der vorstehenden Figur 1 des Streitpatents ist weiterhin gezeigt, dass die aus den jeweiligen Codebüchern (14, 15) stammenden Signale mit Verstärkungsfaktoren (im Streitpatent mit ga und gc bezeichnet) skaliert werden, bevor sie dem LP-Synthesefilter (13) zugeleitet werden. Diese Verstärkungsfaktoren berücksichtigen die stimmhaft/stimmlos Charakteristik der zu synthetisierenden Sprache. Während bei stimmhaften Lauten der Verstärkungsfaktor des adaptiven Codebuchs ga (adaptive code gain, pitch gain) große Werte annimmt, ist der Verstärkungsfaktor des Zufalls-Codebuchs gc (random code gain) klein, bei stimmlosen Lauten verhält es sich umgekehrt.
111
Da Codierer und Decodierer die gleichen Maßnahmen und dieselben Parameter verwenden, führen die Parameter, die im Codierer zur größten Übereinstimmung zwischen der synthetisierten und der eingegebenen natürlichen Sprache geführt haben, bei der Sprachsynthese im Decodierer ebenfalls zu dem nach diesem Prinzip bestmöglichen Syntheseergebnis.
112
3.1.2 ACELP-Codebuch
113
Das Akronym ACELP steht für ein weiterentwickeltes Verfahren des CELP-Grundprinzips, bei dem das Zufalls-Codebuch als sogenanntes
A
lgebraisches Codebuch gestaltet ist.
114
Allgemein enthalten Zufalls-Codebücher Codevektoren der Länge N, die entweder einem großen Codebuch entnommen werden oder durch eine Kombination aus mehreren Zufallsvektoren aus einer kleineren Nachschlagtabelle erzeugt werden. Algebraische Codebücher enthalten ebenfalls Codevektoren der Länge N, jedoch mit nur wenigen Pulsen (üblicherweise, je nach Modus, zwischen zwei und fünf Pulsen), deren Amplituden +1 oder -1 sein können. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass die algebraischen Codevektoren aus N orthonormalen, linear unabhängigen Basisvektoren erzeugt werden, die einen Vektorraum der Dimension N aufspannen, so dass sich durch Linearkombination dieser Basisvektoren, d. h. nach algebraischen Regeln, alle beliebigen Zufalls-Codevektoren erzeugen lassen. Unter Berücksichtigung des Vorzeichens ergeben sich für N
P
Basisvektoren der Länge N insgesamt Kombinationsmöglichkeiten. Da bei typischen Subrahmenlängen N und Impulsanzahlen N
P
die Anzahl Z der zu prüfenden Kombinationen pro Subrahmendauer die Rechenleistung im Codierer übersteigen würde, wird durch verschiedene Maßnahmen, vor allem Reduktion der Kombinationsvielfalt mittels Aufteilung der Basisvektoren in Gruppen, die Suchkomplexität reduziert.
115
Das Streitpatent beschreibt dazu im 10. Modus eine typische Aufteilung der möglichen Positionen der Pulse, bezeichnet als Start-Positions-Kandidaten in verschiedenen Kanälen, wie in der Tabelle 8 (S. 28, Absatz 0159) gezeigt wird (Channel number, start position candidate information).
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116
Tabelle 8 der Streitpatentschrift
117
Wie beispielsweise dem von der Beklagten mit ihrem Schriftsatz vom 10. Oktober 2018 eingereichten Gutachten von Prof. Dr. F… entnommen werden kann – dessen Ausführungen, soweit sie nachfolgend wiedergegeben werden, die Klägerinnen nicht entgegengetreten sind – kann aus dieser Tabelle ein Codevektor mit drei unterschiedlichen Positionen P1, P2, P3 und mit +/- Vorzeichen für die entsprechenden drei Kanäle erhalten werden. In Vektordarstellung ist dies ein Vektor mit insgesamt 80 Einträgen, der in drei Einträgen +1 oder -1 aufweist und in 77 Einträgen Nullen. Die Positionen der Vektoreinträge sind in Tabelle 8 mit den Zahlen 0, 1, 2, 3, … 78, 79 bezeichnet. Solche Codevektoren mit Zahlenwerten 0, -1, +1 sind dem Fachmann als ACELP-Codevektoren bekannt.
118
Insgesamt bietet ACELP den Vorteil, dass die zu übertragende Datenmenge gering ist, sowohl beim Sender als auch beim Empfänger im Zufalls-Codebuch keine komplexen Anregungssignale gespeichert werden müssen, aufgrund des geringeren Speicheraufwands eine größere Auswahl an Anregungssignalen verwendet werden kann und außerdem die Berechnung des besten Anregungssignals durch Ausprobieren der zur Verfügung stehenden Vektoren im oben erläuterten Analyse-durch-Synthese-Verfahren beschleunigt wird, was sich in geringerer Latenz (Verzögerungszeit) bemerkbar macht (vgl. auch Absätze 0014 und 0015).
119
Der Nachteil von ACELP-Codecs ist jedoch, dass aufgrund der nur „spärlich“ mit wenigen +1 und -1 Pulsen besetzten Codevektoren (aus sog. „sparse codebooks“) die Sprachqualität, insbesondere bei stimmlosen Sprachabschnitten, niedrig ist, bzw. der Verbesserung der Sprachqualität im ACELP-Modell, insbesondere in Bezug auf stimmlose Sprachabschnitte, enge Grenzen gesetzt sind (vgl. Absatz 0016).
120
Deshalb sieht es der Senat als objektive Aufgabe des Streitpatents an, ausgehend vom ACELP-Prinzip, die Sprachqualität, insbesondere für stimmlose Sprachsignale zu verbessern, ohne die Anforderung an die Speicherkapazität zu erhöhen bzw. sie gegenüber herkömmlichen stochastischen Codevektoren deutlich zu reduzieren (vgl. Absätze 0017 und 0018).
121
3.2 Zum Verständnis von Ausführungsbeispielen
122
Die in diesem Abschnitt beschriebenen Vorrichtungen und technischen Details erläutern im Wesentlichen den sogenannten „tenth mode“ (Absätze 0157 bis 0165) und den „fourteenth mode“ (Absätze 0224 bis 0245) des Streitpatents und die dazu gehörigen Figuren 18 und 22, die für das Verständnis der beanspruchten Gegenstände wichtig sind, den jeweiligen Gegenstand der erteilten Ansprüche 1 und 9 jedoch nicht beschränken.
123
Das Streitpatent schlägt als Verbesserung von ACELP-Codecs vor, den Zufalls-Codevektor, der bei ACELP aus nur wenigen Pulsen besteht, unter Verwendung festgelegter Wellenformen so anzureichern, dass durch den berechneten komplexeren Codevektor ein weniger spärliches Anregungssignal am Eingang des Synthesefilters bereitgestellt werden kann, um insbesondere die Qualität der stimmlosen Sprache zu verbessern, vgl. Absatz 0024 der Streitpatentschrift.
124
Figur 18 zeigt schematisch das Prinzip eines Ausführungsbeispiels nach dem 10. Modus der Streitpatentschrift, bei dem der sogenannte Anregungs-Vektor-Generator (excitation vector generator) von einem speziellen, erfindungsgemäß modifizierten Zufalls-Codebuch gebildet wird.
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125
Fig. 18 des Streitpatents: Anregungs-Vektor-Generator gemäß dem 10. Modus
126
Der Anregungs-Vektor-Generator enthält eine Speichereinrichtung 181 zum Speichern festgelegter Wellenformen v1, v2, v3 für die Kanäle CH1, CH2, CH3, eine Anordnungseinrichtung 182 zum Anordnen (insbesondere Verschieben) der gespeicherten festgelegten Wellenformen v1, v2, v3 aus der Speichereinrichtung an Positionen P1, P2, P3 und eine Addiereinrichtung 183 zum Superponieren der verschobenen Wellenformen, um so einen Anregungsvektor zu bilden. Die Positionen P1 bis P3 für die jeweiligen Kanäle CH1 bis CH3 werden im Codierer aus den vorgegebenen Kandidaten für Startpositionen der verschobenen Wellenformen ausgewählt (siehe Tabelle 8), um einen passenden Anregungsvektor zu finden. Das Anordnen der Wellenformen an den Pulspositionen entspricht einer (diskreten) Faltung der Wellenformen mit den Pulsen, skaliert mit den Amplitudenwerten, und die Kombination im Addierer einer Superposition. Eine Codenummer, welche die Kombination der ausgewählten Startpositionen P1, P2, P3 für die einzelnen Kanäle repräsentiert, wird an den Decoder übertragen, um dort mittels eines auf entsprechende Weise erzeugten Anregungsvektors ein Sprachsignal zu synthetisieren.
127
Die eben beschriebene Modifikation des ACELP-Codecs durch Verwendung des erfindungsgemäßen Anregungs-Vektor-Generators ist relevant für das Verständnis der kennzeichnenden Merkmale 1.5 bis 1.5.2 und 9.3 der Ansprüche 1 bzw. 9.
128
Weiterhin schlägt das Streitpatent als Verbesserung vor, den Sprach-Codierer/Decodierer mit einer Mehrzahl von Zufalls-Codebüchern und einer Umschalteinrichtung zum Auswählen eines der Zufalls-Codebücher auszustatten. Dabei kann mindestens eines der Zufalls-Codebücher durch den oben dargestellten Anregungs-Vektor-Generator repräsentiert sein und ein weiteres, insbesondere herkömmliches Zufalls-Codebuch mit einer gespeicherten Impuls-Sequenz genutzt werden, wobei die Umschalteinrichtung adaptiv eines der Zufalls-Codebücher gemäß dem Ergebnis einer Analyse von Sprachsegmenten auswählt (vgl. Absatz 0025 der Streitpatentschrift).
129
Die Figur 22 nach dem 14. Modus des Streitpatents zeigt einen, gegenüber dem CELP-Grundprinzip modifizierten Sprachcodierer. Zusätzlich zu den üblichen, dem Fachmann bekannten und oben anhand der Figur 1 beschriebenen CELP-typischen Komponenten, „Adaptives Codebuch 223“, „Multiplier 214“ und „Multiplier 224“ (Skalierung der Vektoren mit Verstärkungsfaktoren) und dem „Synthese-Filter 215“ (die Komponenten mit den Bezugszeichen 216 und 225 sind hier nicht relevant) enthält dieser Codierer zwei Random-Codebücher, „Random-Codebuch A, 211“ und „Random-Codebuch B, 221“, wobei das Random-Codebuch A wiederum aus drei Komponenten besteht, dem „Speicherabschnitt für festgelegte Wellenformen 181“, dem „Anordnungsabschnitt für festgelegte Wellenformen 182“ und dem „Addier-Abschnitt 183“, die im vorherigen Abschnitt als Bestandteile des Anregungs-Vektor-Generators der Figur 18 erläutert wurden.
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130
Fig. 22 des Streitpatents: Blockdiagramm eines Sprach-Codierers gemäß dem 14. Modus
131
Das „Random-Codebuch B, 221“ speichert im Impuls-Sequenz-Speicherabschnitt 222 eine Vielzahl von Pulsfolgen. Abhängig vom quantisierten Verstärkungsfaktor („pitch gain”) des adaptiven Codebuchs wird mittels eines Schalters 213´ eines der beiden Zufalls-Codebüchern ausgewählt und gegebenenfalls umgeschaltet. Hierzu wird der Verstärkungsfaktor des adaptiven Codebuchs in einem Quantisierer 225 quantitativ als klein beziehungsweise groß bewertet (quantisiert). Im Falle eines kleinen Verstärkungsfaktors wird das Codebuch A gemäß dem 10. Modus ausgewählt und im Falle eines großen Verstärkungsfaktors wird das Pulsfolgen-Codebuch B gewählt. Das Streitpatent erläutert hierzu, dass bei einem kleinen Verstärkungsfaktor des adaptiven Codebuchs von einer stimmlosen Sprache und bei einem großen Verstärkungsfaktor von einer stimmhaften Sprache ausgegangen wird, vgl. Absätze 0229 und 0239.
132
Diese Modifikation des ACELP-Codecs durch Verwendung von zwei verschiedenen Zufalls-Codebüchern, mit angereicherten bzw. nicht-angereicherten Codevektoren, zwischen denen in Abhängigkeit vom Verstärkungsfaktor des adaptiven Codebuchs („pitch gain”) und damit in Abhängigkeit von der Stimmhaft/Stimmlos-Charakteristik der Eingangssprache ausgewählt wird, ist relevant für das Verständnis der kennzeichnenden Merkmale 1.6 und 9.3.
133
3.3 Verständnis einzelner Anspruchsmerkmale
134
Die Angaben in den angegriffenen erteilten nebengeordneten Ansprüchen 1 und 9 sind vor diesem Hintergrund wie folgt auszulegen:
135
3.3.1
adaptive codebook, adaptive code vector
(adaptives Codebuch, adaptiver Codevektor); Merkmale 1.1 und 9.1
136
Dem Fachmann auf dem Gebiet der Sprachcodierung sind der Begriff „adaptive codebook“ bzw. „adaptive codevector“, seine Synonyme, Übersetzungen und vor allem der Aufbau und die Funktionsweise dieser Codebücher und -vektoren als notwendige Bestandteile jedes CELP-Codierers und -Decodierers vertraut, wie auch die Beklagte in der Streitpatentschrift angibt, vgl. Absatz 0004 und Figur 1, Bezugszeichen 14. Ebenso weiß er, dass es für das adaptive Codebuch verschiedene funktionell und mathematisch gleichwertige Darstellungen gibt, sowie, dass es im Wesentlichen stimmhafte Laute codiert.
137
3.3.2
random codebook, random code vector
(Zufalls-Codebuch, Zufalls-Codevektor); Merkmale 1.2, 1.3, 1.5, 1.6; 9.3 und 9.4
138
Ebenso sind das Zufalls-Codebuch und der Zufalls-Codevektor dem Fachmann, mit allen ihren synonymen Bezeichnungen und Übersetzungen (z. B. stochastischer Codevektor, fester Codevektor, fixed codevector, innovative codevector) als notwendige CELP-Komponenten vertraut, wie auch in der Streitpatentschrift angegeben, vgl. Absatz 0004 und Figur 1, Bezugszeichen 15, und er kennt ihren Aufbau und ihre Eigenschaften, vor allem, dass sie im Allgemeinen stimmlose Laute codieren.
139
3.3.3
synthesis filter, LPC synthesis
(Synthesefilter, LPC-Synthese); Merkmale 1.3 und 9.4
140
Schließlich sind auch die in jedem CELP-Codec vorhandenen Signalsynthetisierungsfilter dem Fachmann geläufig, wie auch die Beklagte in der Streitpatentschrift angibt, vgl. Absatz 0004 und Figur 1, Bezugszeichen 13, und er versteht darunter das Filter, dem das aus dem adaptiven Codebuch und dem Zufalls-Codebuch jeweils erzeugte, verstärkte und addierte Signal, das Anregungssignal, zugeleitet wird und welches daraus direkt oder indirekt das rekonstruierte Audiosignal generiert, meist bezeichnet als LP- oder LPC(linear predictive coefficients)-Synthesefilter oder auch Kurzzeitfilter.
141
3.3.4
voiced/unvoiced characteristic
(
Stimmhaft/Stimmlos-Charakteristik
); Merkmale 1.4, 1.6; 9.2 und 9.3
142
Die Übersetzung des Begriffs „voiced/unvoiced characteristic“ als „Stimmhaft/Stimmlos-
Kennlinie
“ sowohl in den deutschen Ansprüchen der europäischen Streitpatentschrift als auch in der Übersetzung der europäischen Streitpatentschrift (DE 697 08 693 T2) ist nach Überzeugung des Senats, in Übereinstimmung mit der Klägerin zu 2) und der Beklagten unzutreffend. Obwohl „characteristic“ im Deutschen auch die Bedeutung einer „Kennlinie“ haben kann, entnimmt der Fachmann aus dem Kontext des Begriffs in der Streitpatentschrift, dass es sich hier um die Charakteristik im Sinne einer Eigenschaft handelt, die die Stimmhaftigkeit bzw. Stimmlosigkeit des Eingangssprachsignals beschreibt und deren Grad durch einen einzelnen, meist skalaren Wert angegeben wird. Dieses Merkmal wird ‒ allerdings in einer, die Ansprüche 1 und 9 nicht beschränkenden Weise ‒, in den Ansprüchen 4 bis 6 und 12 bis 14 sowie in der Beschreibung des 14. Modus auch jeweils als mit dem adaptiven Codevektor in Beziehung stehender Wert konkretisiert (Ansprüche 4 und 12: „value of a quantized pitch gain“, Ansprüche 5 und 13: „value of an adaptive codebook gain“ und Ansprüche 6 und 14: „value of a pitch period computed from the adaptive code vector“).
143
3.3.5
excitation vector generator
(Anregungs-Vektor-Generator); Merkmal 1.5
144
Das Zufalls-Codebuch wird erfindungsgemäß durch einen Anregungs-Vektor-Generator realisiert, der entsprechend den Anweisungen in der Merkmalsgruppe 1.5 (Merkmale 1.5, 1.5.1 und 1.5.2) des Anspruchs 1 ausgebildet ist, vgl. dazu die Abschnitte 3.3.7 und 3.3.8.
145
3.3.6
waveform
(Wellenform); Merkmale 1.5, 1.5.1 und 9.3
146
Unter einer Wellenform versteht der Fachmann die Gestalt oder die charakteristischen Eigenschaften einer Variation oder Schwingung einer zeitabhängigen physikalischen Größe. Die Variation der physikalischen Größe innerhalb der Wellenform kann dabei mehr oder weniger periodisch ausgebildet sein und beliebig verschiedene Periodendauern und Tastverhältnisse aufweisen, beispielsweise Sinusschwingungen, Rechteckschwingungen oder auch bestimmte Impulsfolgen.
147
3.3.7
fixed waveform storage means
(Speichereinrichtung für festgelegte Wellenformen); Merkmal 1.5.1
148
Die erste Komponente des Anregungs-Vektor-Generators ist ein beliebiges Speichermittel, welches die festgelegten Wellenformen zum Auslesen und für die Weiterverarbeitung bereithält.
149
3.3.8
fixed waveform arranging means
(Anordnungseinrichtung für festgelegte Wellenformen); Merkmal 1.5
150
Dabei handelt es sich um die zweite Komponente des Anregungs-Vektor-Generators, welche nur durch ihre Funktion definiert ist, nämlich die festgelegten Wellenformen aus der Speichereinrichtung für festgelegte Wellenformen zu entnehmen und gemäß einem Eingangs-Impuls-Vektor an den von diesem vorgegebenen Positionen und mit den ebenfalls vorgegebenen Polaritäten anzuordnen. In einer die Ansprüche 1 und 9 nicht beschränkenden Weise wird das Anordnen in den erteilten Ansprüchen 2, 3, 7, 8, 10, 11, 15 und 16 konkretisiert als Verschieben, Falten oder Anordnen anhand eines algebraischen Codebuchs.
151
3.3.9
input impulse vector
(Eingangs-Impuls-Vektor); Merkmale 1.5.2 und 9.3
152
Der Eingangs-Impuls-Vektor stellt eine zentrale Entität der kennzeichnenden Merkmale des Patentgegenstands gemäß den unabhängigen Ansprüchen 1 und 9 dar, wird aber in der Beschreibung des Streitpatents nicht verwendet und ist somit nicht definiert. Durch die Weiterbildung der Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 und 9 in den Unteransprüchen 2, 3, 10 und 11, nach denen der Eingangs-Impuls-Vektor als Eigenschaften Positionen und Polaritäten besitzt, nach denen eine oder mehrere festgelegte Wellenformen angeordnet, verschoben oder mit ihm gefaltet werden können, und durch die Beschreibungseinleitung und vor allem durch die Beschreibung des 10. Modus und die Tabelle 8 im Absatz 0159 wird der Fachmann über die Beschaffenheit des Eingangs-Impuls-Vektors informiert:
153
Nach Absatz 0018 der Streitpatentschrift wird es zur zweiten Aufgabe erklärt, Sprachcodierer und -decodierer zu schaffen, die, verglichen mit algebraischer Anregung, also im Unterschied zu ACELP-Codebüchern, kompliziertere Zufalls-Codevektoren erzeugen können,. Der Fachmann erkennt in der Tabelle 8 im Absatz 0159 als Ausgangspunkt für die vom Streitpatent angestrebte Anreicherung des Zufalls-Codevektors auch die typische Struktur, welche die Positionen und die Polaritäten, mithin die Bestandteile eines algebraischen Zufalls-Codevektors zeigt, die er insbesondere aus den einschlägigen Standards kennt, vgl. dazu beispielsweise im Dokument D10 auf der Seite 20 die Tabelle 7 (TABLE 7/G.729, Structure of fixed codebook C) oder die entsprechende Tabelle 7 auf Seite 29 in der Druckschrift D11. Der Zusammenhang mit den Kanalnummern CH1 bis CH3 in der Tabelle 8 wird außerdem im 12. Modus des Streitpatents verdeutlicht, vgl. beispielsweise den Absatz 0187 und die Definition des in den Absätzen 0189 und 0190 eingeführten Vektors di als „di: impulse (vector) for each channel” in diesem Modus. Danach setzt der Fachmann den Eingangs-Impuls-Vektor der Patentansprüche mit einem algebraischen Zufalls-Codevektor gleich, der die spärlich verteilten Impulse als Einträge bzw. Positionen enthält und als Ausgangspunkt und somit als Eingangsvektor bzw. Input-Vektor für die Anreicherung im Anregungs-Vektor-Generator dient.
154
3.3.10
positions (P1, P2, P3) and polarities of an input impulse vector
(Positionen (P1, P2, P3) und Polaritäten des Eingangs-Impuls-Vektors); Merkmale 1.5.2 und 9.3
155
Nach der Auslegung des Eingangs-Impuls-Vektors als algebraisches Codebuch und als Ausgangspunkt für die Anreicherung im Anregungs-Vektor-Generator, – vgl. vorhergehenden Abschnitt 3.3.9 -, kann der Fachmann ohne Weiteres die Positionen mit den beispielhaft dargestellten Start-Positions-Kandidaten des Ausführungsbeispiels nach dem 10. Modus in der rechten Spalte der Tabelle 8 im Absatz 0159 und die Polaritäten mit den Vorzeichen „Sign“ ±1 der mittleren Spalte identifizieren.
156
II. Zur erteilten Fassung (Hauptantrag)
157
In der erteilten Fassung ist das Streitpatent nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. c) EPÜ für nichtig zu erklären, weil es gegenüber der ursprünglichen Offenbarung der früheren Anmeldung (Stammanmeldung NK2a) unzulässig erweitert wurde. Denn aus dieser Offenbarung lässt sich die in Anspruch 1 der erteilten Fassung beanspruchte erfindungsgemäße Lehre mit nur einem einzigen Zufalls-Codebuch „random codebook“, wie dies in den Merkmalen 1.2 und 1.6 zum Ausdruck kommt, nicht entnehmen; vielmehr ergibt sich für den Fachmann aus den ursprünglichen Offenbarungen gerade umgekehrt, dass die Erfindung eine Ausgestaltung mit mindestens zwei Zufalls-Codebüchern „random codebooks“ zwingend erfordert.
158
1. Zu Anspruch 1
159
Für die Beurteilung, ob der Patentanspruch über die ursprünglichen Anmeldungsunterlagen hinausgeht, gelten nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts die Grundsätze der Neuheitsprüfung. Danach ist erforderlich, dass der Fachmann die im Anspruch bezeichnete technische Lehre den Ursprungsunterlagen unmittelbar und eindeutig als mögliche Ausführungsform der Erfindung entnehmen kann (st. Rspr., vgl. z. B. BGH, Urteil vom 19. Juli 2016 – X ZR 36/14, juris, Rn. 27 – m. w. N.).
160
Das Merkmal 1.6 des Patentanspruchs 1, wonach das Zufalls-Codebuch den Zufalls-Codevektor gemäß der bestimmten Stimmhaft/Stimmlos-Charakteristik erzeugt („the random codebook generates the random code vector in accordance with the determined voiced/unvoiced characteristic”) ist für den Fachmann in der beanspruchten Allgemeinheit nicht aus den Anmeldeunterlagen der früheren Anmeldung zu entnehmen, was eine unzulässige Erweiterung im Sinne eines Aliuds gegenüber der ursprünglichen Anmeldung darstellt.
161
Ursprungsoffenbart ist in der Beschreibung der früheren Anmeldung NK2a in den Teilen, welche sich mit dem 14. Modus befassen („Fourteenth Mode“, Seiten 97, Zeile 15 bis Seite 103, Zeilen 26 und der darin beschriebenen Figur 22) ein Sprachcodierer vom CELP-Typ, der zwei Zufalls-Codebücher besitzt („random codebook A, random codebook B”). Die quantisierte Pitch-Verstärkung, die vom Pitch-Verstärkungs-Quantisierer 225 bestimmt wird und ein Maß für die Stimmhaft/Stimmlos-Charakteristik der zu übertragenden Sprache darstellt, wird dem Schalter 213´ zugeleitet, welcher in Anhängigkeit davon auf eines der beiden Zufalls-Codebücher umschaltet und damit bestimmt, welcher Zufalls-Codevektor erzeugt und dem Synthesefilter 215 zugeleitet wird.
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162
Fig. 22 der NK2a mit Ergänzungen des Senats: Sprach-Codierer gemäß dem 14. Modus
163
Entgegen der Einlassung der Beklagten ist keiner Stelle der Anmeldeunterlagen ein CELP-Sprachcodierer oder -decodierer entnehmbar, bei dem ein Zufalls-Codevektor gemäß einer bestimmten Stimmhaft/Stimmlos-Charakteristik aus einem einzelnen Zufalls-Codebuch erzeugt wird. Zwar wird im letzten Absatz der Beschreibung des 14. Modus (Seite 103, Zeilen 22 bis 26) festgestellt, dass statt der in dem beschriebenen Ausführungsbeispiel verwendeten zwei Arten von Zufalls-Codebüchern auch drei oder mehr Arten von Zufalls-Codebüchern eingesetzt werden können. Die Verwendung nur eines Zufalls-Codebuchs bei der Erzeugung von Zufalls-Codevektoren gemäß der bestimmten Stimmhaft/Stimmlos-Charakteristik, die von der Lehre des Anspruchs 1 nach Merkmal 1.6 umfasst ist, kann auch dieser Stelle nicht entnommen werden, so dass aus fachmännischer Sicht aufgrund der ursprünglichen Offenbarung in NK2a nicht zu erkennen ist, dass ein einzelnes Zufalls-Codebusch von vornherein von dem Schutzbegehren umfasst sein sollte.
164
Eine Anmelderin darf nicht nach Belieben einzelne Elemente eines Ausführungsbeispiels in einem Patentanspruch kombinieren ‒ so wie vorliegend das Erzeugen eines Zufalls-Codevektors gemäß einer bestimmten Stimmhaft/Stimmlos-Charakteristik (der quantisierten Pitch-Verstärkung) mit einem von zwei Zufalls-Codebüchern ‒, vielmehr muss die Kombination in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre darstellen, die aus der Sicht des Fachmanns den ursprünglichen Unterlagen als mögliche Ausgestaltung der Erfindung zu entnehmen ist; andernfalls wird etwas beansprucht, von dem aufgrund der ursprünglichen Offenbarung nicht erkennbar ist, dass es von vornherein von dem Schutzbegehren umfasst sein soll, und das daher gegenüber der angemeldeten Erfindung ein Aliud darstellt (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2007 – X ZR 226/02 – Sammelhefter II).
165
Die Auffassung der Beklagten, wonach es einer Anmelderin beispielsweise nach der BGH-Entscheidung „Antriebseinheit für Trommelwaschmaschine“ (BGH, Urteil vom 30. August 2011 – X ZR 12/10) freistehen würde, nicht sämtliche Merkmale eines ursprünglich offenbarten Ausführungsbeispiels in den Anspruch übernehmen zu müssen, greift hier nicht. Voraussetzung dafür, nur einzelne Merkmale aufnehmen zu können, ist, dass die entstehende Kombination in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre darstellt, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen kann (BGH, a. a. O. Rn. 30). Eine solche Konstellation ist vorliegend nicht gegeben. Vorliegend wurde in den erteilten Anspruch 1 ein Merkmal (Merkmal 1.6: „… generates the random code vector in accordance with the determined voiced/unvoiced characteristic“) aufgenommen, das in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nicht in isolierter Form, sondern nur in Verbindung mit der Konstellation einer Mehrzahl von Zufalls-Codebüchern offenbart ist und deshalb mit dieser in untrennbarem Zusammenhang steht (vgl. BGH, Beschluss vom 11. September 2001 – X ZB 18/00, GRUR 2002, 49, 51 – Drehmomentübertragungseinrichtung; BGH, Urteil vom 17. Februar 2015 – X ZR 161/12, GRUR 2015, 573, Leitsatz und Abs. 31 – Wundbehandlungsvorrichtung).
166
Dem stehen die Einwände der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Diese hat für ihre Auffassung, dass das Merkmal 1.6 zulässig sei, vorgetragen, der Fachmann erhalte auf Seite 102, Zeilen 17 bis 22 der Fassung der Stammanmeldung die Lehre, dass die Struktur dieses in der Figur 22 (bei der Angabe „… structure in FIG.
2
of the conventional CELP type speech coder,“ handele es sich nach Auffassung der Beklagten um einen offensichtlichen Fehler) dargestellten Modus eines Sprach-Codierer/Decodierer vom CELP-Typ sich unter Beibehaltung der Funktionen und Vorteile auf die in den Figuren 19A und 19B oder Fig. 20 gezeigten Strukturen anpassen lasse. Er würde dadurch zu einem CELP-Codec gelangen, der das erfindungsgemäße Merkmal 1.6 realisiere.
167
Dieser Beurteilung kann nicht zugestimmt werden. Selbst unter der Annahme, dass die Angabe „… structure in FIG.
2
” tatsächlich auf die Struktur der Figur 22 und nicht auf die der Figur 2 verweise (was aufgrund der näheren Bestimmung als „of the conventional CELP type speech coder,“ fraglich erscheint, da die Figuren 2A bis 2C tatsächlich, beispielsweise gemäß Figurenkurzbeschreibung, herkömmliche Sprachcodierer zeigen, Figur 22 dagegen einen erfindungsgemäßen Sprachcodierer), könnte dies nicht als Beleg für eine unmittelbare und eindeutige Offenbarung eines CELP-Sprachcodierers gelten, bei dem ein Zufalls-Codevektor gemäß einer bestimmten Stimmhaft/Stimmlos-Charakteristik aus einem einzelnen Zufalls-Codebuch erzeugt wird. Denn zum einen führt eine in der Beschreibung nicht konkret angegebene Übertragung des 14. Modus auf die Strukturen in den Figuren 19A, 19B oder 20 nicht unmittelbar und eindeutig zu einem CELP-Codec mit einem einzelnen Zufalls-Codebuch, vielmehr wird der Fachmann die Anregungs-Vektor-Generatoren bestehend aus einer Speichereinrichtung für festgelegte Wellenformen und einer Anordnungseinrichtung für festgelegte Wellenformen (fixed waveform storage section 181A, 181B, 200; fixed waveform arranging section 182A, 182B, 201) in eines der beiden durch den 14. Modus vorgeschlagenen Zufalls-Codebüchern integrieren und die sich an die Zufalls-Codebücher der Ausführungsbeispiele der Figuren 19A und 19B anschließenden Komponenten unverändert belassen.
168
Zum anderen wird der Fachmann gerade durch die abschließende Angabe im letzten Absatz der Beschreibung des 14. Modus auf Seite 103, Zeilen 22 bis 26 darauf aufmerksam gemacht, dass sich bei Anordnungen mit zwei, drei oder mehr, d. h. einer Mehrzahl von Zufalls-Codebüchern („CELP type speech coder/decoder having three or more kinds of random codebooks.“) ähnliche Funktionen und Vorteile erreichen lassen. Das die technische Lehre auch nur ein einzelnes Codebuch zu verwenden beinhaltet, wird er danach nicht mehr in Erwägung ziehen.
169
Somit ist die Erzeugung eines Zufalls-Codevektors gemäß der bestimmten Stimmhaft/Stimmlos-Charakteristik nur in Verbindung mit einer Mehrzahl von Zufalls-Codebüchern ursprungsoffenbart. Die Erzeugung eines Zufalls-Codevektors aus nur einem Zufalls-Codebuch ist dagegen den ursprünglichen Unterlagen gemäß NK2a nicht als zur Erfindung gehörig zu entnehmen.
170
Die weiteren, von den Klägerinnen als unzulässig erweitert geltend gemachten Merkmale im erteilten Anspruch 1 gehen in zulässiger Weise auf die Patentanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung zurück. Der Senat folgt insoweit dem Vortrag der Beklagten.
171
Da der erteilte Patentanspruch 1 mangels ursprünglicher Offenbarung keinen Bestand hat, kann dahingestellt bleiben, ob die weiteren von den Klägerinnen vor-getragenen Nichtigkeitsgründe ebenfalls Erfolg gehabt hätten.
172
2. Zu den weiteren Ansprüchen
173
Da die Beklagte mit ihrer Antragstellung und ihrem schriftsätzlichen und mündlichen Vortrag zu erkennen gegeben hat, dass sie die erteilte Fassung als geschlossenen Anspruchssatz versteht und das Streitpatent nur in der Reihenfolge des Hauptantrags und der Hilfsanträge jeweils als Ganzes verteidigt, bedarf es keiner Entscheidung, ob die übrigen Ansprüche für sich genommen etwas Erfinderisches enthalten (vgl. BGHZ 173, 47 – Informationsvermittlungsverfahren II; GRUR 1997, 120 – Elektrisches Speicherheizgerät; GRUR 2017, 57 – Datengenerator).
174
III. Zu den Hilfsanträgen 1, 2, 3, 4, 4A, 5, 5A, 6, 6A und 7 bis 12
175
Da diese Hilfsanträge die vorstehend zur erteilten Fassung festgestellte unzulässige Erweiterung ebenfalls enthalten, so dass ihnen gegenüber schon aus diesem Grund derselbe Nichtigkeitsgrund wie beim Hauptantrag besteht, kann die Beklagte ihr Patent mit diesen Anspruchsfassungen nicht erfolgreich verteidigen.
176
IV. Zum Hilfsantrag 13
177
Demgegenüber erweist sich die Anspruchsfassung nach Hilfsantrag 13 als zulässig und schutzfähig, so dass die Beklagte ihr Patent mit dieser Fassung erfolgreich verteidigen kann.
178
1. Ansprüche
179
Die folgenden mit einer Gliederung versehenen einander nebengeordneten Ansprüche 1 und 6 gemäß Hilfsantrag 13 unterscheiden sich von den Ansprüchen 1 und 9 des Hauptantrags durch die mittels Unterstreichung gekennzeichneten Ergänzungen:
180
1 A CELP speech coder or decoder, comprising:
181
1.1 an adaptive codebook (223) for generating an adaptive code vector;
182
1.2 a random codebook (221, 211) for generating a random code vector;
183
1.3 a synthesis filter (215) for receiving a random code vector generated from the random codebook (221, 211) so as to perform LPC synthesis;
184
1.4 means (225) for determining a voiced/unvoiced characteristic of the input speech;
185
1.4A a second random codebook for generating random code vectors; and
186
1.4B selecting means for selecting one of said random codebook and said second random codebook;
187
characterized in that
188
1.5 said random codebook (221, 211) is formed by an excitation vector generator comprising fixed waveform arranging means (182)
189
1.5.1 for arranging one or more fixed waveforms (v1, v2, v3) stored in a fixed waveform storage means (181)
190
1.5.2 in accordance with the positions (P1, P2, P3) and polarities of an input impulse vector, and
191
in that
192
1.6 the random codebook generates the random code vector in accordance with the determined voiced/unvoiced characteristic;
193
1.7 wherein the determination of the voiced/unvoiced characteristic of the input speech is based on a value of a quantized pitch gain, and
194
1.8 if the value of the quantized pitch gain is small, by which it is considered that the input speech is unvoiced, said selecting means selects said random codebook.
195
6 A CELP speech coding or decoding method, comprising the steps of:
196
6.1 generating an adaptive code vector;
197
6.2 determining a voiced/unvoiced characteristic of the input speech;
198
6.3 generating a random code vector in accordance with said determined voiced/unvoiced characteristic by arranging one or more fixed waveforms in accordance with the positions (P1, P2, P3) and polarities of an input impulse vector;
199
6.3A wherein one of a random code vector generated by said arranging and a random code vector not modified by said arranging is selected;
200
6.4 outputting the random code vector to a synthesis filter to perform LPC synthesis.
,
201
6.5 wherein the determination of the voiced/unvoiced characteristic of the input speech is based on a value of a quantized pitch gain, and,
202
6.6 if the value of the quantized pitch gain is small, by which it is considered that the input speech is unvoiced, the random code vector generated by the arranging is selected.
203
2. Unzulässige Erweiterung
204
Diese mittels Unterstreichung gekennzeichneten Änderungen sind ebenso wie die sonstigen Änderungen gegenüber der ursprünglichen Offenbarung zulässig, insbesondere steht ihnen, anders als beim Hauptantrag und den vorgenannten Hilfsanträgen 1 bis 12, nicht der Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung entgegen.
205
2.1 Eine europäische Teilanmeldung bzw. ein europäisches Patent auf eine solche Teilanmeldung darf weder gemäß Art. 76 Abs. 1 EPÜ über die frühere Anmeldung noch gemäß Art. 123 Abs. 2 EPÜ über ihren eigenen ursprünglichen Inhalt hinausgehen (vgl. beispielsweise Schulte PatG, 10. Auflage, § 39 Rdn 42 „Unzulässige Erweiterung“).
206
Entgegen der Auffassung der Klägerinnen gehen die Gegenstände nach den Ansprüchen gemäß Hilfsantrag 13 weder über den Inhalt der früheren Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung (Stammanmeldung NK2a), noch über den Inhalt der eigenen Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung (Anmeldung NK2) hinaus, so dass dieser Verteidigung der Beklagten nicht der Nichtigkeitsgrund nach Art. Il § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. c) EPÜ entgegensteht.
207
Vielmehr gehen die Anweisungen in den einzelnen Merkmalen des Anspruchs 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 13 in zulässiger Weise auf folgende Stellen der ursprünglichen Fassungen der Anmeldung NK2 und der Stammanmeldung NK2a zurück:
208
NK2
NK2a
1
Anspruch 1;
Ansprüche 24 (coder) und 64 (decoder);
1.1
Anspruch 1;
Ansprüche 24 und 64, Figur 22, Bezugszeichen 223 und „ADAPTIVE CODE VECTOR“;
1.2
Anspruch 1;
Ansprüche 24 und 64;
1.3
Anspruch 1;
Ansprüche 24 und 64;
1.4
Anspruch 4;
Seite 98, Zeile 25 bis zur Seite 99, Zeile 9
1.4A, 1.4B
Seite 97, Zeile 15 bis Seite 99, Zeile 16,Figur 22, BZ 213´, 221
Ansprüche 27 und 65;
1.5, 1.5.1
Anspruch 1;
Ansprüche 24 und 64
1.5.2
Anspruch 1;
Seite 76, Zeile 20 bis zur Seite 79, Zeile 3 und vor allem die Tabelle 8
1.6
Anspruch 4;
Seite 98, Zeile 25 bis zur Seite 99, Zeile 9
1.7
Anspruch 5;
Seite 99, Zeilen 1 bis 9, Seite 102, Zeilen 2 bis 7
1.8
Seite 99, Zeilen 4 bis 6
Seite 99, Zeilen 4 bis 6
209
Die Merkmale des Verfahrens gemäß dem nebengeordneten Anspruch 6 nach Hilfsantrag 13 sind in den ursprünglich eingereichten Fassungen der eigenen Anmeldung NK2 und der der Stammanmeldung NK2a wie folgt offenbart:
210
NK2
NK2a
6
Anspruch 11;
Ansprüche 24 (coder) und 64 (decoder);
6.1
Anspruch 11;
Ansprüche 24 und 64, Figur 22, Bezugszeichen 223 und „ADAPTIVE CODE VECTOR“;
6.2
Anspruch 14;
Seite 98, Zeile 25 bis zur Seite 99, Zeile 9;
6.3
Ansprüche 11 und 14;
Ansprüche 24 und 64;Seite 76, Zeile 20 bis zur Seite 79, Zeile 3 und vor allem die Tabelle 8
6.3A
Seite 99, Zeilen 4 bis 20; Seite 100, Zeilen 20 bis 25
Seite 99, Zeilen 4 bis 20Seite 100, Zeilen 20 bis 25
6.4
Anspruch 11;
Ansprüche 24 und 64; Seite 99, Zeilen 18 bis 20
6.5
Anspruch 15;
Seite 99, Zeilen 1 bis 9, Seite 102, Zeilen 2 bis 7
6.6
Seite 99, Zeilen 4 bis 16
Seite 99, Zeilen 4 bis 16
211
Die untergeordneten Patentansprüche 2 bis 5 und 7 bis 10 des Hilfsantrags 13 sind bis auf die angepassten Rückbezüge mit den erteilten Ansprüchen 2, 3, 7, 8, 10, 11, 15 und 16 identisch.
212
Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Merkmale 1.4 und 1.5.2 der ursprünglich eingereichten Fassung der Stammanmeldung NK2a entnommen werden können oder nicht. Abweichend von der Einschätzung des Senats im Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG vom 17. August 2018 ist dieser aufgrund der ausführlichen Erörterungen dieser Fragen in der mündlichen Verhandlung nunmehr davon überzeugt, dass dies bei beiden Merkmalen der Fall ist. Bezüglich der von der Klägerin zu 1) geltend gemachten fehlenden Offenbarung der Codevektoren ohne Codebücher in den Merkmalen 9.1 und 9.3 – die ebenso in Hilfsantrag 13 in den Merkmale 6.1 und 6.3 beansprucht werden -, ist der Senat, wie bereits im Hinweis ausgeführt, weiterhin davon überzeugt, dass auch diese der Anmeldung NK2 zu entnehmen sind. Schließlich wurde die unzulässige Erweiterung durch das Merkmal 1.6, welches zur Nichtigerklärung der erteilten Fassung nach Hauptantrag führt, durch Aufnahme der Merkmale 1.4A, 1.4B und 1.8 auf die ursprüngliche Offenbarung zurückgeführt.
213
2.2
Merkmal 1.4 i. V. m. Merkmal 1
214
Entgegen der Auffassung der Klägerinnen ist die Anspruchsfassung nicht deshalb gegenüber der ursprünglichen Anmeldung unzulässig erweitert, als sich die Mittel zur „Bestimmung“ der Stimmhaft-/Stimmlos-Charakteristik der Eingangssprache gemäß Merkmal 1.4 auch auf den Decodierer beziehen.
215
Die Klägerinnen machen sinngemäß geltend, dass das Streitpatent im Anspruch 1 durch die Formulierung „coder or decoder“ zwei verschiedene (alternative) Gegenstände beansprucht, nämlich einen Codierer und einen Decodierer (im Gegensatz zum Anspruchssatz der Stammanmeldung NK2a, in der diese beiden Gegenstände getrennt in den Ansprüchen 24 und 64 beansprucht wurden). Der Stammanmeldung sind zwar „means (225) for determining a voiced/unvoiced characteristic of the input speech” für einen “coder” entnehmbar (Seite 98, Zeile 25 bis zur Seite 99, Zeile 9), nicht jedoch für einen “decoder”. Dies sei auch gar nicht möglich, da die Eingangssprache dem Decodierer nicht vorliegt, sondern nur im Codierer vorhanden ist.
216
Nach der Überzeugung des Senats versteht der Fachmann die Funktionsangabe „for determining a voiced/unvoiced characteristic of the input speech” so, dass die Bestimmung der Stimmhaft/Stimmlos-Charakteristik durch das Mittel 225 nicht direkt aus der Eingangssprache erfolgen muss, sondern direkt aus der Eingangssprache beispielsweise durch den „pitch gain quantizer 225“ ein quantisierter Wert bestimmt wird (vgl. dazu auch den erteilten Anspruch 4, wonach die Bestimmung der Stimmhaft/Stimmlos-Charakteristik auf einem Wert einer quantisierten Pitch-Verstärkung beruht), aus dem in einem weiteren Schritt die Stimmhaft/Stimmlos-Charakteristik bestimmt wird. Dieser zweite Schritt kann sowohl direkt anschließend im Codierer erfolgen, es kann aber auch nach der Übertragung des Wertes im Decodierer daraus die Bestimmung der Stimmhaft/Stimmlos-Charakteristik vorgenommen werden, ohne dass dort die Eingangssprache selbst vorliegen muss. Da es für den Fachmann selbstverständlich ist, dass die Eingangssprache im Decodierer nicht vorliegt, wird er in seinem Bestreben, „einem Patent einen sinnvollen Gehalt zu entnehmen” (BGH, Beschluss vom 8. Juli 2008 – X ZB 13/06 –, juris, Rn. 21), davon ausgehen, dass einer der Parameter, welche die Stimmhaft/Stimmlos-Charakteristik repräsentieren und in jedem CELP-Codec vom Codierer zum Decodierer übertragen werden – so, wie sie im Streitpatent in den Unteransprüchen 4 bis 6 und 12 bis 16 explizit genannt sind – sowohl im Codierer als auch im Decodierer zur Bestimmung der Stimmhaft/Stimmlos-Charakteristik verwendet werden.
217
2.3 Merkmal 1.5.2
218
Auch die Auffassung der Klägerinnen, die in Merkmal 1.5.2 vorgesehene Bildung des Zufalls-Codebuchs von einem Anregungs-Vektor-Generator insbesondere unter Berücksichtigung der Polaritäten eines Eingangs-Impuls-Vektors („polarities of an input impulse vector“) sei in der Stammanmeldung NK2a nicht „unmittelbar und eindeutig“ urspungsoffenbart, vermag der Senat – auch unter Berücksichtigung der Entscheidung Fälschungssicheres Dokument (BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 – Xa ZR 124/07 –, BPatGE 51, 309), auf die sich die Klägerinnen berufen – nicht zu teilen.
219
Zwar trifft es zu, dass in der Stammanmeldung NK2a ein Eingangs-Impuls-Vektor überhaupt nicht und Polaritäten nicht in diesem Zusammenhang verwendet werden. Der Fachmann erfährt in der Beschreibungseinleitung, dass sich das vorliegende Streitpatent mit der Verbesserung der Sprachqualität, ausgehend von einem ACELP-Codec, durch Modifikation des Zufalls-Codebuchs befasst und erkennt in der Tabelle 8 des 10. Modus die typische Struktur eines algebraischen Codebuchs (vgl. beispielsweise das Dokument D10, Seite 20, Tabelle 7). Ihm ist jedoch dreierlei klar: erstens, dass es sich beim „input impulse vector“ um den algebraischen Codevektor handelt, dessen von Null verschiedene Einträge die Positionen sind, die in der letzten Spalte der Tabelle 8 angegeben sind; zweitens, dass die Polaritäten dort durch die mit „Sign“ bezeichneten Werte ±1 der mittleren Spalte repräsentiert werden; und drittens, dass die so dargestellten Vektoren als „input“-Startwerte für die Anordnung der festen Wellenformen innerhalb des “excitation vector generator” dienen. Zusätzlich liefert ihm die Berechnungsvorschrift für den „di: impulse (vector) for each channel“ im 12. Modus des Streitpatents ebenfalls den Zusammenhang mit den Startpositionskandidaten der jeweiligen Kanäle. Der Fachmann kann damit alle Komponenten des Merkmals 1.5.2 unmittelbar und eindeutig aus der Stammanmeldung NK2a entnehmen.
220
2.4 Merkmale 1.6 i. V. m. Merkmal 1.2
221
Den in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen, wie zum Hauptantrag bereits ausgeführt, geforderten mindestens zwei Zufalls-Codebüchern ist nunmehr durch die zusätzlich zum Merkmal 1.6 aufgenommenen Merkmale 1.4A, 1.4B und 1.8 Rechnung getragen, denen zufolge nach Merkmal 1.4A (mindestens) zwei Zufalls-Codebücher vorgesehen sind, zwischen denen nach Merkmal 1.4B eine Auswahl getroffen wird, wobei diese nach Merkmal 1.8 zwingend zugunsten des ersten Zufalls-Codebuchs erfolgt, wenn der Wert der quantisierten Pitch-Verstärkung klein ist. Mit dieser Änderung gegenüber der erteilten Fassung durch Aufnahme der Merkmale 1.4A, 1.4B und 1.8 wird dieses Merkmal auf die ursprüngliche Offenbarung zurückgeführt und damit der dort bestehende Mangel beseitigt.
222
2.5 Merkmale 6.1 und 6.3
223
Wie der Senat bereits in seinem Hinweis vom 17. August 2018 unter Nr. 5.1 (Seite 9) zum Ausdruck gebracht hatte, stehen auch die Einwände der Klägerin zu 1) in Bezug auf diese Merkmale der Zulässigkeit der beschränkten Verteidigung des Streitpatents nach Hilfsantrag 13 nicht entgegen.
224
Die Klägerin zu 1) hat hierzu sinngemäß ausgeführt, dem Anspruch 9 nach Hauptantrag, und damit auch dem Anspruch 6 nach Hilfsantrag 13, fehle es auch gegenüber der Anmeldung NK2 an der erforderlichen ursprünglichen Offenbarung, da das Erzeugen eines adaptiven Codevektors (Merkmal 6.1) und das Erzeugen eines Zufalls-Codevektors (Merkmal 6.3) bei allen Varianten der Ausführungsformen des Streitpatents (und auch der ursprünglichen Anmeldung) ausschließlich in Verbindung mit einem adaptiven Codebuch bzw. einem Zufalls-Codebuch offenbart sei, wohingegen im Anspruch 6 nach Hilfsantrag 13 die Erzeugung des adaptiven Codevektors und des Zufalls-Codevektors ohne die Nennung eines Zufalls-Codebuchs beansprucht werde. Da insbesondere die Erzeugung eines Zufalls-Codevektors auch ohne Zufalls-Codebuch, beispielsweise unter Verwendung eines Zufallsgenerators möglich sei, stelle die von einem Zufalls-Codebuch losgelöste Erzeugung eine unzulässige Verallgemeinerung dar (Merkmal 6.3).
225
Dieser Auffassung steht aber entgegen, dass durch einen Zufallsgenerator lediglich jeweils einzelne Zufallszahlen generiert werden, so dass, um aus den Zufallszahlen einen Zufalls-Codevektor zu erzeugen, eine weitere Komponente nötig wäre, die der Fachmann dann aber wiederum als Zufalls-„Codebuch“ bezeichnen würde. Der Fachmann hat insoweit jedenfalls keine Veranlassung zu einem anderen Verständnis als die Verwendung eines Zufallszahlengenerators im Decoder im Stand der Technik, wie etwa nach Druckschrift D11, Figur 1, Bezugszeichen 10 und 45 und Seite 6, Zeilen 10 bis 15: „In order to synthesize a fixed codebook index and sign index from which a codebook vector, c(n), could be determined, a random number generator 45 is used. The output of the random number-generator 45 is coupled to the fixed codebook 10 through switch 40.“
226
Daher sind für den Fachmann auch die Merkmale des Verfahrens nach Anspruch 6 gemäß Hilfsantrag 13 aus der ursprünglichen Anmeldung (NK2) unmittelbar und eindeutig zu entnehmen und das Streitpatent ist deshalb auch dieser gegenüber nicht unzulässig erweitert.
227
In Bezug auf die übrigen Ansprüche gemäß Hilfsantrag 13 hat der Senat keine Anhaltspunkte dafür, dass die darin enthaltenen Merkmale in unzulässiger Weise über den Inhalt der früheren (NK2a) oder der eigenen Anmeldung (NK2) in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehen. Entsprechendes haben die Klägerinnen auch nicht geltend gemacht.
228
2.6 Schutzbereichserweiterung
229
Ebenso bestehen gegen die Änderungen der Patentansprüche in der beschränkten Fassung nach Hilfsantrag 13 keine Bedenken hinsichtlich des Nichtigkeitsgrundes nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 4 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. d) EPÜ. Denn gegenüber der erteilten Fassung betrifft die Fassung des Patents nach Hilfsantrag 13 nunmehr lediglich noch eine Teilmenge von Möglichkeiten, da statt einer beliebigen Anzahl von Zufalls-Codebüchern mindestens ein zweites Zufalls-Codebuch vorhanden sein muss und die Bestimmung der Stimmhaft/Stimmlos-Charakteristik auf die Verwendung der quantisierten Pitch-Verstärkung eingeschränkt ist. Der Schutzbereich des Patents ist damit gegenüber der erteilten Fassung nicht erweitert.
230
3. Ausführbarkeit
231
Auch der von der Klägerin zu 1) bereits gegenüber dem Hauptantrag geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der mangelnden Ausführbarkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. b) EPÜ) besteht nicht.
232
Maßgeblich für die Beurteilung der Ausführbarkeit ist der gesamte Offenbarungsgehalt des Patents und das Fachwissen und Fachkönnen des – wie vorstehend definierten – Fachmanns.
233
Die Klägerin zu 1) hat die Ausführbarkeit des Streitpatents im Hinblick auf Merkmal 1.4 mit der Begründung bestritten, bei einem vom Anspruch ebenfalls umfassten Decodierer sei eine Bestimmung („determining“) der Stimmhaft-/Stimmlos-Charakteristik der Eingangssprache schon deshalb ausgeschlossen, weil Letztere dem Decodierer systembedingt gar nicht vorliegen könne. Daher sei eine entsprechende Ausgestaltung des Decodierers für den Fachmann nicht möglich.
234
Dem hat die Beklagte entgegen gehalten, gerade weil es ausgeschlossen sei, dass die Eingangssprache dem Decodierer vorliege, verstehe der Fachmann dieses Merkmal und den in ihm enthaltenen Begriff der „Bestimmung“, die nach dem Anspruchswortlaut sowohl im Codierer als auch im Decodierer erfolgen solle, nicht als den nur im Codierer möglichen Vorgang der Ermittlung der geforderten Charakteristik anhand der Eingangssprache, sondern allein als die durch Analysieren der quantisierten Pitch-Verstärkung getroffene Entscheidung, ob die Eingangssprache eher stimmhaft (= großer Pitch-Verstärkungs-Wert) oder eher stimmlos (= kleiner Pitch-Verstärkungs-Wert) sei, wobei eine Grenze zwischen stimmhaften und stimmlosen Signalen vorhanden sein müsse, um eine binäre Auswahl zu treffen (vgl. Schriftsatz vom 8. Mai 2018, Seite 5, Rn. 15 ff. (= Bl. 241 f. d. A.). Eine solche Entscheidung, auf welche sich der Begriff „determining“ nach dem Verständnis des Fachmanns ausschließlich beziehen könne, werde aber nicht nur im Codierer, sondern auch im Decodierer vorgenommen, weil für diesen hiervon die Auswahl des Codebuchs abhänge. Letzterem ist aus Sicht des Senats zuzustimmen, insbesondere unter Berücksichtigung der Auslegung der Stimmhaft/Stimmlos-Charakteristik unter Punkt 3.3.4 und den Ausführungen zum geltend gemachten Nichtigkeitsgrund der vermeintlichen unzulässigen Erweiterung von Merkmal 1.4 i. V. m. Merkmal 1 unter Abschnitt 2.2, auf die hierzu verwiesen wird.
235
Eine mangelnde Ausführbarkeit ergibt sich auch nicht aus den weiteren Ausführungen der Klägerin zu 1) im Klageschriftsatz vom 8. September 2016 (vgl. dort Seite 13, Rn. 56 bis 61 = Bl. 18 d. A.) sowie in der Replik vom 24. April 2017 (vgl. dort Seite 7, Rn. 28 bis 34 = Bl. 149 d. A.). Die Klägerin zu 1) hat hierzu vorgetragen, gemäß Merkmal 1.4 sei eine Einrichtung vorgesehen, die eine Stimmhaft/Stimmlos-Kennlinie der Eingangssprache bestimme, gemäß der das Zufalls-Codebuch den Zufalls-Codevektor erzeuge, was laut den Merkmalen 1.7 und 6.5 der Ansprüche 1 bzw. 6 nach Hilfsantrag 13 auf Basis eines Wertes einer quantisierten Pitch-Verstärkung beruhe. Dieser Quantisierer 225 sei jedoch, wie der Name vermuten lasse, zum Quantisieren der Pitch-Verstärkung geeignet und vorgesehen, nicht jedoch zum Erzeugen irgendeiner Kennlinie (vgl. Absatz 0228 der Beschreibung des Streitpatents). Somit könne der Fachmann auch mit dem Merkmal 1.6 nichts anfangen. Da er bereits keine Angaben dazu erhalte, wie er im Sinne des Merkmals 1.4 eine Stimmhaft/Stimmlos-Kennlinie der Eingangssprache bestimmen solle oder überhaupt könne, sei es ihm erst recht unmöglich, einen Zufalls-Codevektor ausgehend von der (unbekannten) Kennlinie zu erzeugen.
236
Dieser Argumentation kann sich der Senat nicht anschließen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es nicht erforderlich, dass ein Patentanspruch alle zur Ausführung der Erfindung notwendigen Angaben enthält. Vielmehr genügt es, wenn dem Fachmann mit dem Anspruch ein generelles Lösungsschema an die Hand gegeben wird und er insoweit notwendige Einzelangaben der allgemeinen Beschreibung oder den Ausführungsbeispielen entnehmen kann (BGH, Urteil vom 8. Juni 2010 – X ZR 71/08, Rn. 39und Orientierungssatz 2, mit weiteren Nachweisen).
237
Wie der Senat bereits in seinem qualifizierten Hinweis vom 17. August 2018 unter Nr. 6 (Seite 11 f.) ausgeführt hat, bestehen insoweit keine Zweifel an der Ausführbarkeit der angegriffenen Lehre in Bezug auf den Hauptantrag. Dies gilt umso mehr für den Hilfsantrag 13, da die in die nebengeordneten Ansprüche 1 und 6 nach Hilfsantrag 13 zusätzlich aufgenommenen Merkmale 1.7 und 6.5 den Fachmann nun konkret anweisen, dass er von der Vielzahl der in der Streitpatentschrift vorgeschlagenen Parameter zur Bestimmung der Stimmhaft/Stimmlos-Charakteristik den Wert der quantisierten Pitch-Verstärkung nutzen soll. Dem Fachmann ist dieser Parameter nicht nur geläufig, sondern er weiß auch, wie dieser Wert erzeugt wird, da er in jedem herkömmlichen CELP-Codec bestimmt werden muss, und ihm ist auch klar, dass er ein Maß für die Stimmhaftigkeit bzw. Stimmlosigkeit eines Sprachsignals darstellt. Somit ist dem Fachmann bereits in den nebengeordneten Ansprüchen diesbezüglich ein konkreter Weg zur Ausführung der beanspruchten Erfindung aufgezeigt, was dem Gebot hinreichend deutlicher und vollständiger Offenbarung in Bezug auf den Einwand der Klägerin zu 1) genügt. Zur Übersetzung des Begriffs „voiced/unvoiced characteristic“ und zur Stimmhaft/Stimmlos-Charakteristik im Decoder wird noch auf die Abschnitte A. I. 3.3.4 bzw. A. IV. 2.2 verwiesen.
238
4. Patentfähigkeit
239
Schließlich erweist sich die beschränkte Anspruchsfassung nach Hilfsantrag 13 gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik auch als schutzfähig, so dass auch der Nichtigkeitsgrund mangelnder Patentfähigkeit nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ i. V. m. Art. 52 bis 56 EPÜ nicht gegeben ist.
240
4.1 Neuheit (Anspruch 1)
241
In der Fassung des Hilfsantrags 13 erweist sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik als neu. Denn keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften D1 bis D16 offenbart alle Merkmale 1 bis 1.8 dieses Gegenstandes, insbesondere zeigt keine der Entgegenhaltungen
242
· eine Auswahleinrichtung zum Auswählen entweder eines ersten oder eines zweiten Zufalls-Codebuchs (Merkmal 1.4B),
243
oder
244
· dass, falls der Wert der quantisierten Pitch-Verstärkung klein ist, was bedeutet, dass die Eingangssprache stimmlos ist, die Auswahleinrichtung das eine Zufalls-Codebuch wählt (Merkmal 1.8).
245
4.1.1 Druckschrift D14 (US 5 396 576 A = K13)
246
Die Vorrichtung gemäß Anspruch 1 und das Verfahren gemäß Anspruch 6 nach Hilfsantrag 13 sind neu gegenüber der Druckschrift D14.
247
Die am 7. März 1995 veröffentlichte US-Patentschrift D14 betrifft eine CELP-Sprachcodierung und eine Variante davon, welche als VSELP-(vector sum excited linear prediction)-Codierung bezeichnet wird (vgl. dazu auch D9, Seite 903, rechte Spalte, letzter Absatz und Seite 905, linke Spalte, letzter Absatz). Eine Verbesserung der Sprachqualität wird hierbei in den Ausführungsbeispielen 1, 2, 4, 5 und 8 u. a. dadurch erreicht, dass jeweils ein Vektorsegment der Länge L von Zufalls-Codevektoren so oft wiederholt wird, bis der jeweilige Rahmen aufgefüllt ist (analog der adaptiven-Codevektor-Suche, der auch der Parameter L, nämlich die Pitch-Verzögerung entnommen wird) und vor der Superposition in sogenannten Multiplikatoren mit ±1 multipliziert wird.
248
Aus der Entgegenhaltung D14 ist in Worten des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 13 ausgedrückt Folgendes bekannt:
249
1 A CELP speech coder or decoder, comprising:
250
Spalte 1, Zeilen 6 bis 11: ”The present invention relates to a high efficiency speech coding method … is applied to Code-Excited Linear Prediction (CELP) coding or Vector Sum Excited Linear Prediction (VSELP) coding”.
251
1.1 an adaptive codebook for generating an adaptive code vector;
252
Figuren 7, 10, 16 bis 19, 27 und 28, darin das Bezugszeichen 16, sowie Spalte 1, Zeile 52: “adaptive codebook 16“ und Zeilen 64 bis 66: “In the following description the codevector which is output from the adaptive codebook will be referred to as an adaptive codevector.“ und Spalte 6, Zeilen 5 bis 8: “the adaptive codebook 16 … a codevector of the adaptive codebook.”.
253
1.2 a random codebook for generating a random code vector;
254
Figuren 7 bis 12 und 16 bis 19, darin die Bezugszeichen 17, 171, 172, 17A, 17B bzw. 25 sowie z. B. Spalte 7, Zeilen 39 bis 53: “random codebooks 17
1
, 17
2
”, Spalte 8, Zeilen 33 und 34: “basis vectors in the basis vector table 25”, Spalte 12, Zeilen 29 bis 31: “… random codebook 17 is searched. In this embodiment stored vectors of the random codebook 17 …” und Spalte 22, Zeilen 15 bis 17: “sub-random codebooks 17A and 17B”.
255
1.3 a synthesis filter for receiving a random code vector generated from the random codebook so as to perform LPC synthesis;
256
Figuren 7, 10, 16 bis 19 und 28, darin das Bezugszeichen 15 sowie z. B. Spalte 10, Zeile 43 bis 51: “the weighted repetitious random codevector is added to the weighted adaptive codevector, and the added output is applied to the LPC synthesis filter to excite it”.
257
1.4 means for determining a voiced/unvoiced characteristic of the input speech
258
Spalte 14, Zeilen 15 bis 17: “in the encoder shown in FIG. 1, by which the periodicity of the current frame of the input speech is evaluated.“, Zeilen 34 bis 38: “the pitch gain g
0
is used as the evaluation of the periodicity” und Spalte 15, Zeilen 59 bis 67: “in the frame of a speech of a high pitch periodicity, that is, in the frame of a voiced sound, … and in the frame of a speech of a low pitch periodicity, that is, in the frame of an unvoiced sound”.
259
1.4.A a second random codebook for generating random code vectors; and
260
Figur 7 und darin die Bezugszeichen 171 und 172 sowie Spalte 7, Zeile 49 bis 53: “In this instance, the 50 random codebook 17
1
outputs repetitious codevectors, whereas the random codebook 17
2
outputs its stored vectors intact as codevectors.”.
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261
Figur 7 der Druckschrift D14
262
1.5 said random codebook is formed by an excitation vector generator comprising fixed waveform arranging means
263
Der Anregungs-Vektor-Generator und damit auch das Zufalls-Codebuch im Sinne des Streitpatents besteht bei den Ausführungsbeispielen der Druckschrift D14 jeweils aus dem eigentlichen ”random codebook”, in dem festgelegte Wellenformen gespeichert sind (siehe Merkmal 1.5.1), und einem Mittel, welches einen Abschnitt aus einer der festgelegten Wellenformen ausschneidet und anordnet. Letzteres ist beispielsweise in der Figur 6 durch das Schaltersymbol, den Abschnitt 36 der Länge L und die drei miteinander verbundenen Pfeile auf der rechten Seite unten angedeutet. Jeder Abschnitt 36 aus einer der durch das Zufalls-Codebuch 17 festgelegten Wellenform stellt selbst eine festgelegte Wellenform dar.
264
Das in Figur 6 dargestellte Grundprinzip des Anordnens der festgelegten Wellenform wird in Spalte 6, Zeilen 26 bis 38 erläutert: “In step S6, as indicated by a in FIG. 6, a vector segment 36 of the length of the period L determined as mentioned above is cut out from the read out vector and the vector segment 36 thus cut out is repeatedly concatenated until one frame length is reached, by which is generated a codevector provided with periodicity (hereinafter referred to as a repetitious random vector or repetitious codevector). The vector segment 36 is cut out from the codevector by the length L backwardly of its beginning or forwardly of its terminating end.”.
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265
Figur 6 der Druckschrift D14
266
1.5.1 for arranging one or more fixed waveforms stored in a fixed waveform storage means
267
Die festgelegten Wellenformen, welche wie eben beschrieben angeordnet werden, sind in den als Speichereinrichtungen für festgelegte Wellenformen wirkenden Komponenten des Anregungs-Vektor-Generators, nämlich den Zufalls-Codebüchern gespeichert, wie in den Figuren 6 bis 12, 16 und 17 und den Bezugszeichen 17, 171, 172, 17A, 17B und 25 sowie beispielsweise in Spalte 6, Zeilen 24 und 25 erkennbar ist: “In step S5 one
stored
vector is selected, i.e. read out from the random codebook 17
1
.”, Spalte 7, Zeilen 64 bis 68: “shown in FIG. 8,
stored
vectors 1 to N
S
in the random codebook 17” und Spalte 8, Zeile 34: “basis vectors in the basis vector table 25” beschrieben wird.
268
1.5.2 in accordance with the positions and polarities of an input impulse vector, and
269
Wie beispielsweise in der die zweite Ausführungsform darstellenden Figur 9 für eine VSELP-Codierung zu erkennen ist, werden verschiedenen Basisvektoren der Basisvektortabelle Abschnitte der Länge L entnommen und jeweils periodisch mit der Periode L wiederholt, d. h. an Positionen 0, L, 2L, 3L, … angeordnet und in den Multiplikatoren 341, 342, 343, mit ± 1, d. h. Polaritäten multipliziert, vgl. Spalte 8, Zeilen 15 bis 41: “The repetitious basis vectors … are each multiplied by a sign value +1 or -1,” und Spalte 21, Zeilen 64 und 65: “including positive and negative
polarities
”.
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270
Figur 9 der Druckschrift D14
271
In dem vierten Ausführungsbeispiel gemäß den Figuren 16 bis 18 der Druckschrift D14 kann die Aneinanderreihung der Vektorsegmente sowohl mit der Periode L als auch der Periode L/2 erfolgen. Somit ordnet der Anregungs-Vektor-Generator die festgelegten Wellenformen einerseits gemäß Positionswerten aus der Menge der genannten Positionswerte 0, L/2, L, 3-L/2, 2L, 5-L/2, 3L, … und andererseits gemäß der beiden Polaritäten +1 und -1 an, die als n-Tupel zusammengefasst einen Vektor bilden, der auch mit dem Eingangs-Impuls-Vektor der Streitpatentschrift in der Auslegung des Senats gleichgesetzt werden kann.
272
1.6 the random codebook generates the random code vector in accordance with the determined voiced/unvoiced characteristic
273
Spalte 14, Zeilen 17 bis 38: “the number Ns of
random codevectors
in the random codebook 17 to be rendered repetitious is determined
in accordance with the periodicity of the input speech
. For instance, when the periodicity of the speech frame is evaluated high, the number Ns of random codevectors to be made repetitious with the pitch period L is selected large as shown in FIG. 20A, whereas when the evaluated periodicity is low, the number Ns of random codevector to be made repetitious is selected small as depicted in FIG. 21B. … the pitch gain g
0
is used as the evaluation of the periodicity” und Spalte 15, Zeilen 59 bis 67: “in the frame of a
speech of a high pitch periodicity
, that is, in the frame of a
voiced
sound, … and in the frame of a speech of a
low pitch periodicity
, that is, in the frame of an
unvoiced
sound …”.
274
1.7 wherein the determination of the voiced/unvoiced characteristic of the input speech is based on a value of a quantized pitch gain, and
275
Spalte 14, Zeilen 15 bis 17: “in the encoder shown in FIG. 1, by which the periodicity of the current frame of the input speech is evaluated.“, Zeilen 34 bis 38: “the pitch gain g
0
is used as the evaluation of the periodicity” und Spalte 15, Zeilen 59 bis 67: “in the frame of a speech of a high pitch periodicity, that is, in the frame of a voiced sound, … and in the frame of a speech of a low pitch periodicity, that is, in the frame of an unvoiced sound”.
276
Nicht
entnehmbar sind der Druckschrift D14 die Merkmale 1.4B und 1.8, wonach der beanspruchte CELP-Codierer oder Decodierer Mittel zur Auswahl eines der beiden Zufalls-Codebücher umfasst, wobei, falls der Wert der quantisierten Pitch-Verstärkung klein ist, weshalb angenommen wird, dass die Eingangssprache stimmlos ist, die Auswahleinrichtung das erste Zufalls-Codebuch wählt. Vielmehr wird bei den Codecs der Druckschrift D14, wie insbesondere die Figur 7 zeigt, durch die Schalter nicht zwischen den verschiedenen Zufalls-Codebüchern 171 und 172 ausgewählt, sondern innerhalb eines Zufalls-Codebuchs zur Auswahl jeweils eines der gespeicherten Codevektoren 1 bis N1 bzw. 1 bis N2 geschaltet.
277
4.1.2 Druckschrift D5 (EP 0 515 138 A2 = NK11 = K17)
278
Die Vorrichtung gemäß Anspruch 1 und das Verfahren gemäß Anspruch 6 nach Hilfsantrag 13 sind auch neu gegenüber der Druckschrift D5.
279
Die europäische Offenlegungsschrift D5 wurde am 25. November 1992 veröffentlicht und zeigt einen auf dem CELP-Prinzip basierenden Codec, welcher ein leicht betreibbares Codebuch bzw. einen Such- und Nachschlageablauf beschreibt, der eine Berechnungsfunktion liefert, die weniger Rechnerleistung und weniger Speicher benötigt, wobei gleichzeitig eine gute Sprachqualität erhalten bleibt. Aus der Entgegenhaltung D5 ist in Worten des Anspruchs 1 ausgedrückt Folgendes bekannt:
280
1 A CELP speech coder or decoder, comprising:
281
Seite 3, Zeilen 23 und 24: “figure 1a shows a block diagram of a CELP-type
coder
, in which the PPELP method is implemented.” und Zeile 10: “Figure 1b shows a corresponding
decoder
”.
282
1.1 an adaptive codebook for generating an adaptive code vector;
283
Figur 2, Bezugszeichen 42 und Seite 5, Zeilen 11 und 12: “The closed loop search for the LTP parameters may be construed as using an adaptive codebook, where the time-lag M specifies the position in the codebook of the excitation vector selected from the codebook 42”.
284
1.2 a random codebook for generating a random code vector;
285
Das Zufalls-Codebuch, vgl. Seite 2, Zeilen 19 und 20: “a random code book of 1024 random vectors is required”, wird durch die beiden Komponenten Impulsmuster-Codebuch ”pulse pattern codebook” und Impulsmuster-Erregungsgenerator ”pulse pattern excitation generator” gebildet, vgl. dazu die Figuren 1a bis 4 und darin die Bezugszeichen 3, 10, 12, 13, 27, 31, 50, 51, 64 und 69 sowie z. B. Seite 4, Zeile 25: “pulse patterns stored in a pulse pattern codebook 27” und Seite 5, Zeilen 39 bis 44: “Figure 3 shows the excitation generator 51 according to the invention, which corresponds to the generator 3 in figure 1a, the generator 12 of figure 1b and the excitation generator 31 of figure 2. In a PPELP coder each excitation vector is formed by selecting a total of K pulse patterns from a codebook 50 containing a set of P pulse patterns p
j
(n), where 1 ≤ j ≤ P. The pulse patterns selected by the pulse pattern selection block 52 are employed in the delay block 53 and the orientation block 54 to produce the excitation vectors v
i
(n) in the adder 55, where i is the consecutive number of the excitation vector.”.
286
1.3 a synthesis filter for receiving a random code vector generated from the random codebook so as to perform LPC synthesis;
287
Figuren 1a bis 2 und darin die Bezugszeichen 4, 16, 29 und 39 sowie z. B. Seite 3, Zeile 28 “short term synthesizer filter 4 in the generation of a synthesized speech signal ss(n).”
288
1.4 means for determining a voiced/unvoiced characteristic of the input speech
289
Die Charakterisierung der Eingangssprachsignale als stimmhaft bzw. stimmlos wird in einem CELP-Codierer standardmäßig vorgenommen, wie z. B. der als Beleg für das Hintergrundwissen des Fachmanns dienenden Druckschrift D9 in dem die Seiten 906 und 907 übergreifenden Absatz zu entnehmen ist: “Identifying the voiced or unvoiced character of subframes is usually the starting point of such methods.“. In der Druckschrift D5 wird beispielsweise der Skalierungsfaktor g
C
von der Codebuch-Suchsteuerung 6 geliefert (Seite 3, Zeilen 50 und 51: ”scaling factor g
c
, … is supplied from the codebook search controller 6“), die somit eine Einrichtung zur Bestimmung der Stimmhaft/Stimmlos-Charakteristik der Eingangssprache darstellt, vgl. dazu auch den Abschnitt 3.3.4 zur Auslegung.
290
1.5 said random codebook is formed by an excitation vector generator comprising fixed waveform arranging means
291
Das erfindungsgemäße Zufalls-Codebuch ‒ gleichzusetzen mit dem Anregungs-Vektor-Generator ‒ entspricht in der Druckschrift D5 der in Figur 3 gezeigten Kombination von Impulsmuster-Codebuch 50 (“pulse pattern codebook 50”) und dem Impulsmuster-Erregungsgenerator 51 (“pulse pattern excitation generator 51”) und die Anordnungseinrichtung für festgelegte Wellenformen dem Impulsmuster-Erregungsgenerator 51 (“pulse pattern excitation generator 51”) alleine.
Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen
292
Figur 3 der Druckschrift D5
293
1.5.1 for arranging one or more fixed waveforms stored in a fixed waveform storage means
294
Die anzuordnenden festgelegten Wellenformen werden in dem der Speichereinrichtung für festgelegte Wellenformen entsprechenden Impulsmuster-Codebuch 50 gespeichert (Figur 3: “pulse pattern codebook 50” und Seite 5, Zeilen 41 und 42: “a codebook 50 containing a set of P pulse patterns pj(n)”).
295
1.5.2 in accordance with the positions and polarities of an input impulse vector, and
296
Die im Impulsmuster-Auswahlblock 52 (vgl. Figur 3) ausgewählten Wellenformen werden in den Blöcken 53, 54 gemäß den Positionen (Verzögerungsblock 53) und den Polaritäten (Ausrichtungsblock 54) eines Eingangs-Impuls-Vektors (u
j
, d
j
, o
j
) angeordnet, Seite 5, Zeilen 42 bis 44: “The pulse patterns selected by the pulse pattern selection block 52 are employed in the delay block 53 and the orientation block 54 to produce the excitation vectors“ und Seite 3, Zeilen 44 bis 47: “A codebook search controller 6 is used to form control parameters u
j
(position of the pulse pattern in the pulse pattern codebook), d
j
(
position
of the pulse pattern in the excitation vector, i.e. the delay of the pulse pattern with respect to the starting point of the block), o
j
(
orientation
of the pulse pattern) controlling the excitation generator 3 …”.
297
Nicht
entnehmbar sind der Druckschrift D5 somit die Merkmale 1.4A und 1.4B, die das zweite Zufalls-Codebuch und die Mittel zur Auswahl aus den beiden Zufalls-Codebüchern betreffen. Ebenso ist das Merkmal 1.6, wonach das Zufalls-Codebuch den Zufalls-Codevektor gemäß der bestimmten Stimmhaft/Stimmlos-Charakteristik erzeugt und gemäß Merkmal 1.8 im Falle eines kleinen Pitch-Verstärkungs-Wertes eines der beiden Zufalls-Codebüchern auswählt, nicht bekannt. Schließlich ist auch das Merkmal 1.7, wonach die Bestimmung der Eingangssprachsignale als stimmhaft bzw. stimmlos basierend auf der quantisierten Pitch-Verstärkung erfolgt, der Druckschrift D5 nicht explizit entnehmbar.
298
4.1.3 Druckschrift D6 (US 5 488 704 A = NK12 = K14)
299
Die Vorrichtung gemäß Anspruch 1 und das Verfahren gemäß Anspruch 6 nach Hilfsantrag 13 sind auch neu gegenüber der Druckschrift D6.
300
Die am 30. Januar 1996 veröffentlichte US-Patentschrift D6 zeigt einen typischen CELP-Codec, jedoch mit einer modifizierten, komplexeren Codebuch-Architektur und gemäß ihrer ersten Ausführungsform mit einem Schaltkreis zur Bestimmung der Eingangssprache als stimmhaft bzw. stimmlos, so dass auch mit niedrigen Bit-Raten semi-periodische Pulse zufriedenstellend reproduziert werden können. Aus der Entgegenhaltung D6 ist in Worten des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 13 ausgedrückt Folgendes bekannt:
301
1 A CELP speech coder or decoder, comprising:
302
Spalte 1, Zeilen 6 bis 9: ”the present invention relates to a speech codec of a CELP system in which a speech signal is compressed and
coded
.” und Spalte 7, Zeilen 1 bis 3: “FIG. 4 is a block diagram showing a speech decoding unit for
decoding
multiplexed data that is coded by the speech codec shown in FIG. 1 to FIG. 3.”.
303
1.1 an adaptive codebook for generating an adaptive code vector;
304
Figuren 2 bis 4 und darin die Bezugszeichen 7b, 8a, 21b, 22a sowie Spalte 5, Zeile 15: “a voiced sound adaptive code book 7b”, Spalte 5, Zeile 59: ”an unvoiced sound adaptive code book 8a”, Spalte 6, Zeilen 56 bis 60: “the voiced sound adaptive code book 7b, the unvoiced sound adaptive code book 8a, … are basically the same as that used in the conventional CELP speech codec system” und Spalte 9, Zeilen 63 bis 65: “voiced sound adaptive code book 21b and the unvoiced sound adaptive code book 22a”.
305
1.2 a random codebook for generating a random code vector;
306
Figuren 2 bis 4 und darin die Bezugszeichen 7c, 8b, 21c, 22b sowie Spalte 5, Zeilen 15 und 16: “voiced sound noise code book 7c”, Spalte 6, Zeilen 56 bis 60: “the voiced sound noise code book 7c and the unvoiced sound noise code book 8b are basically the same as that used in the conventional CELP speech codec system” und Spalte 9, Zeilen 59 bis 65: “voiced sound noise code book 21c and the unvoiced sound noise code book 22b”.
307
1.3 a synthesis filter for receiving a random code vector generated from the random codebook so as to perform LPC synthesis;
308
Figuren 2 bis 4 und darin die Bezugszeichen 9 und 23 sowie Spalte 4, Zeilen 53 und 54: “… an unvoiced sound synthesized speech is produced by a second weighted synthesizing filter 9.” und Spalte 7, Zeile 15: “a synthesizing filter 23”.
309
1.4 means for determining a voiced/unvoiced characteristic of the input speech
310
Figuren 1 bis 3 und darin das Bezugszeichen 5 sowie Spalte 1, Zeilen 53 bis 57: „… it is determined whether the inputted speech signal is a voiced sound or an unvoiced sound on the basis of the pitch-scale.“ und Spalte 4, Zeilen 26 bis 34: “a voiced sound/unvoiced sound determinating circuit 5. … for determinating whether the inputted speech is a voiced sound or an unvoiced sound”.
311
1.4.A a second random codebook for generating random code vectors; and
312
Figur 4 und darin die Bezugszeichen 21c, 22b sowie Spalte 9, Zeilen 59 bis 65: “voiced sound noise code book 21c and the unvoiced sound noise code book 22b”.
313
1.6 the random codebook generates the random code vector in accordance with the determined voiced/unvoiced characteristic.
314
Die Zufalls-Codebücher erzeugen die Zufalls-Codevektoren gemäß einer bestimmten Stimmhaft/Stimmlos-Charakteristik, indem jeweils ein Schalter SW1 (im Codierer) und SW2 (im Decodierer) in Reaktion auf das Signal des Stimmhaft/Stimmlos-Bestimmungs-Schaltkreises zwischen verschiedenen Teil-Codebüchern hin- und her schaltet, vgl. dazu die Figuren 1 bis 4 sowie die Spalte 7, Zeilen 48 bis 57: “in a case where it is determined that the speech which is inputted to the speech input circuit 1 is the voiced sound by the voiced sound/unvoiced sound determinating circuit 5 … the switch SW1 shown in FIG. 2 is switched to a side of the drive voiced sound source generating circuit 7, and in a case where it is determined that the speech inputted to the speech input circuit 1 is the unvoiced sound, the switch SW1 is switched to a side of the drive unvoiced sound generating circuit 8.” und Spalte 9, Zeilen 49 bis 58: “switching the switch SW2 to a side of the drive voiced sound source reproducing circuit 21 in response to the voiced sound/unvoiced sound determinating data”.
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315
Figur 4 der Druckschrift D6 mit Ergänzungen des Senats
316
1.7 wherein the determination of the voiced/unvoiced characteristic of the input speech is based on a value of a quantized pitch gain, and
317
(Spalte 1, Zeilen 53 bis 57: „a pitch-scale of a speech is extracted from an inputted speech signal, and it is determined whether the inputted speech signal is a voiced sound or an unvoiced sound on the basis of the pitch-scale.“ und Spalte 4, Zeilen 28 bis 35: “The voiced sound/unvoiced sound determinating circuit 5 includes a pitch-scale calculating portion for calculating a pitch-scale of the speech … and a voiced sound/unvoiced sound determinating portion for determinating whether the inputted speech is a voiced sound or an unvoiced sound”).
318
Nicht entnehmbar ist der Druckschrift D6 die Merkmalsgruppe 1.5 bis 1.5.2, wonach das Zufalls-Codebuch von einem Anregungs-Vektor-Generator gebildet wird, der eine Speichereinrichtung und eine Anordnungseinrichtung für festgelegte Wellenformen enthält und das Anordnen einer oder mehrerer festgelegter Wellenformen gemäß den Positionen und den Polaritäten eines Eingangs-Impuls-Vektors geschieht. Ebenso sind der Druckschrift D6 keine Mittel zu entnehmen, die eine Auswahl zwischen den beiden Zufalls-Codebüchern ermöglichen würden (Merkmal 1.4B), da die Auswahl gemäß der Druckschrift D6, wie beispielsweise in Figur 4 gezeigt, durch den Schalter SW 2 nicht zwischen den Zufalls-Codebüchern auswählt, sondern jeweils das vollständig erzeugte Anregungssignal, d. h. die Superposition der gewichteten Signale aus stimmhaften (Spalte 10, Zeilen 4 bis 8: “pulse pattern generating portion 21a, the voiced sound noise code book 21b, and the voiced sound noise code book 21c“) einerseits und stimmlosen Codebüchern (Spalte 9, Zeilen 59 bis 65: “ unvoiced sound noise code book 22b … unvoiced sound adaptive code book 22a,“) andererseits, selektiert. Somit ist in der Druckschrift D6 auch keine Auswahl eines der Zufalls-Codebücher möglich, wenn der Wert der quantisierten Pitch-Verstärkung niedrig ist (Merkmal 1.8).
319
4.1.4 D11 (EP 0 747 883 A2 = K10)
320
Die Vorrichtung gemäß Anspruch 1 und das Verfahren gemäß Anspruch 6 nach Hilfsantrag 13 sind auch neu gegenüber der Druckschrift D11.
321
Die D11 beschreibt eine Ergänzung des G.729-Standards für den Umgang mit während der Übertragung an den Decodierer verlorengegangenen Sprachrahmen und enthält eine Kopie des Standarddokuments in der Fassung vom 7. Juni 1995, welche im Wesentlichen inhaltsgleich ist zu der endgültigen verabschiedeten Version. Die D11 lehrt, einen Ersatz-Anregungsvektor des Synthesefilters bei verlorenen Sprachrahmen zu verwenden, abhängig davon, ob der verlorene Sprachrahmen als stimmhaft (periodisch) oder stimmlos (aperiodisch) klassifiziert wurde. Im Falle eines fehlenden Sprachrahmens für stimmhafte/periodische Sprache wird vorgeschlagen, den Beitrag des Zufalls-Codebuchs auf null zu setzen und im Falle eines fehlenden Sprachrahmens für stimmlose/aperiodische Sprache das Zufalls-Codebuch wie üblich zu verwenden. Aus der Entgegenhaltung D11 ist in Worten des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 13 ausgedrückt Folgendes bekannt:
322
1 A CELP speech coder or decoder, comprising:
323
Seite 3, Zeilen 26 und 27: “The description which follows concerns … CELP speech coding system proposed to the ITU for adoption as its international standard G.729” und Seite 2, Zeile 38: “The d
ecoder
contains codebooks identical to those of the CELP
coder
”.
324
1.1 an adaptive codebook for generating an adaptive code vector;
325
Seite 3, Zeilen 3 und 4: “a speech decoder includes a first portion comprising an adaptive codebook” sowie Figur 1 und darin das Bezugszeichen 50: “adaptive codebook (ACB) portion”.
326
1.2 a random codebook for generating a random code vector;
327
Seite 3, Zeilen 3 und 4: “a speech decoder includes … a second portion comprising a fixed codebook” sowie Figur 1 und darin das Bezugszeichen 10: “fixed codebook (FCB) portion”.
328
1.3 a synthesis filter for receiving a random code vector generated from the random codebook so as to perform LPC synthesis;
329
Figur 1, Bezugszeichen 90: “LP synthesis filter” und Seite 5, Zeilen 15 und 16: “The excitation signal, u(n), is applied to an LPC synthesis filter 90 which synthesizes a speech signal based on LPC coefficients, a
i
, received over the channel.”.
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330
Figur 1 der Druckschrift D11
331
1.4 means for determining a voiced/unvoiced characteristic of the input speech
332
Seite 3, Zeilen 6 und 7: “The decoder does this by classifying the speech signal to be generated as periodic or non-periodic and then generating an excitation signal based on this classification.” und Seite 5, Zeilen 27 bis 29: “… whether the erased frame is classified as voiced (periodic) or unvoiced (aperiodic). An indication of periodicity for the erased frame is obtained from the post processor 100, which classifies each properly received frame as periodic or aperiodic.”
333
1.6 the random codebook generates the random code vector in accordance with the determined voiced/unvoiced characteristic;
334
Im Falle eines verlorenen Sprachrahmens wird in Abhängigkeit davon, ob der verlorene Sprachrahmen als stimmhaft (periodisch) oder stimmlos (aperiodisch) klassifiziert wurde (Seite 5, Zeilen 27 bis 29: “The generation of a substitute excitation signal during periods of frame erasure is dependent on whether the erased frame is classified as voiced (periodic) or unvoiced (aperiodic). An indication of periodicity for the erased frame is obtained from the post processor 100, which classifies each properly received frame as periodic or aperiodic.“) der Beitrag des Zufalls-Codebuchs auf null gesetzt (Seite 5, Zeilen 37 und 38: “For an erased frame (e = 1) which is thought to have represented speech which is periodic (v = 1), the contribution of the fixed codebook is set to zero“) bzw. das Zufalls-Codebuch wie üblich verwendet (Seite 6, Zeilen 8 und 9: “On the other hand, the contribution of the fixed codebook is maintained in its normal operating position by switch 42 (since e = 1 but v = 0)).“, wobei wegen der Löschung des Rahmens weder der Zufalls-Codebuchindex noch das entsprechende Vorzeichen zur Verfügung stehen und deshalb ein Zufallszahlengenerator zur Auswahl des Zufalls-Codevektors verwendet wird.
335
Nicht entnehmbar ist der Druckschrift D11 die Merkmalsgruppe 1.5 bis 1.5.2, wonach ein Anregungs-Vektor-Generator vorhanden ist und das Anordnen einer oder mehrerer festgelegter Wellenformen gemäß den Positionen und den Polaritäten eines Eingangs-Impuls-Vektors geschieht. Zudem ist aus der Druckschrift D11 weder ein zweites Zufalls-Codebuch bekannt (Merkmal 1.4A) und somit auch nicht die Merkmale 1.4B und 1.8, welche die Auswahl eines der beiden Zufalls-Codebücher betreffen, noch die Verwendung des Pitch-Verstärkungswertes zur Stimmhaft/Stimmlos-Charakterisierung der Eingangssprache (Merkmal 1.7).
336
4.1.5 D15 (US 5 495 555 A = K15)
337
Die Vorrichtung gemäß Anspruch 1 und das Verfahren gemäß Anspruch 6 nach Hilfsantrag 13 sind auch neu gegenüber der Druckschrift D15.
338
Das am 27. Februar 1996 veröffentlichte US-Patent D15 beschreibt ein CELP-Codiersystem für hohe Sprachqualität bei niedrigen Bit-Raten mit einer verbesserten CELP-Anregungs-Analyse für stimmhafte Sprache, bei dem die Eingangssprache in einen Modus A für stimmhafte Sprache oder einen Modus B für stimmlose Sprache klassifiziert wird. Aus der Entgegenhaltung D15 ist in Worten des geltenden Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 13 ausgedrückt Folgendes bekannt:
339
1 A CELP speech coder or decoder, comprising:
340
Bezeichnung: ”HIGH QUALITY LOW BIT RATE CELP-BASED SPEECH CODEC”.
341
1.1 an adaptive codebook for generating an adaptive code vector;
342
Figur 16 und Spalte 15, Zeile 46: “adaptive codebook 103”.
343
1.2 a random codebook for generating a random code vector;
344
Figur 16 und Spalte 15, Zeile 37: “fixed codebook 101”.
345
1.3 a synthesis filter for receiving a random code vector generated from the random codebook so as to perform LPC synthesis;
346
Figur 16: “synthesis filter 107”.
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347
Figur 16 der Druckschrift D15
348
1.4 means for determining a voiced/unvoiced characteristic of the input speech
349
Spalte 2, Zeilen 23 bis 33: “… CELP coders but
determining
and updating these parameters differently in
two distinct modes (A and B)
corresponding to stationary
voiced
speech segments and non-stationary
unvoiced
speech segments.” und Zeilen 47 bis 59: “Based on the two loop pitch estimates and the two sets of quantized filter coefficients, the speech frame is classified into two modes.“.
350
1.5 said random codebook is formed by an excitation vector generator comprising fixed waveform arranging means
351
Das Zufalls-Codebuch wird in jedem der beiden Moden A (stimmhaft) und B (stimmlos) durch einen Anregungs-Vektor-Generator gebildet, der jeweils eine Anordnungseinrichtung für festgelegte Wellenformen enthält, vgl. die Spalte 11, Zeilen 44 bis 49: “In mode A, a 6-bit glottal pulse codebook is employed as the fixed codebook. The glottal pulse codebook vectors are generated as time-shifted sequences of a basic glottal pulse characterized by parameters such as position” und Spalte 14, Zeile 28 bis zur Spalte 15, Zeile 12 („mode B”): “The fixed codebook is a 9-bit multi-innovation codebook consisting of two sections. One is a Hadamard vector sum section and other is a single pulse section. … The second component of the multi-innovation codebook is the single pulse code sequences consisting of the time shifted delta impulse as well as the more general excitation pulse shapes constructed from the discrete sinc and cosc functions.”
352
1.5.1 for arranging one or more fixed waveforms stored in a fixed waveform storage means
353
Die anzuordnenden festgelegten Wellenformen sind zumindest im Falle des Modus A in Speichereinrichtungen für festgelegte Wellenformen gespeichert, vgl. die Spalte 11, Zeilen 44 bis 49: “In mode A, a 6-bit glottal pulse codebook is employed as the fixed codebook. The glottal pulse codebook vectors are generated as time-shifted sequences of a basic glottal pulse characterized by parameters such as position”.
354
1.6 the random codebook generates the random code vector in accordance with the determined voiced/unvoiced characteristic.
355
Da die Umschaltung zwischen dem stimmhaften und dem stimmlosen Modus A bzw. B bewirkt, dass auf verschiedene Arten verschiedene Codevektoren erzeugt werden, wird auch der jeweilige Zufalls-Codevektor gemäß der bestimmten Stimmhaft/Stimmlos-Charakteristik der Sprache erzeugt.
356
Nicht entnehmbar ist der Druckschrift D15 das Merkmal 1.5.2, wonach das Anordnen einer oder mehrerer festgelegter Wellenformen gemäß den Positionen und den Polaritäten eines Eingangs-Impuls-Vektors geschieht. Zudem ist der D15 weder ein zweites Zufalls-Codebuch zu entnehmen, noch Mittel zum Umschalten zwischen verschiedenen Zufalls-Codebüchern und somit auch nicht in Abhängigkeit von einem Pitch-Verstärkungswert (Merkmale 1.4A, 1.4B, 1.7 und 1.8).
357
4.1.6 Neuheit von Anspruch 1 gegenüber dem übrigen Stand der Technik
358
Die Vorrichtung gemäß Anspruch 1 und das Verfahren gemäß Anspruch 6 nach Hilfsantrag 13 sind auch neu gegenüber dem übrigen im Verfahren befindlichen Stand der Technik. Denn wie der Senat bereits in seinem Hinweis vom 17. August 2018 unter Nr. 7.2.6 (Seite 33) zum Ausdruck gebracht hatte, liegen die weiteren Entgegenhaltungen vom Gegenstand des Streitpatents weiter ab oder wurden nur eingeführt, um das allgemeine Fachwissen oder einzelne Aspekte zu belegen. Hiergegen haben die Klägerinnen keine Einwände erhoben, so dass eine detaillierte Auseinandersetzung mit diesen Druckschriften nicht erforderlich ist.
359
4.2 Erfinderische Tätigkeit (Anspruch 1)
360
Ausgehend vom Stand der Technik nach den bereits im qualifizierten Hinweis vom 17. August 2018 als dem Streitpatentgegenstand nächstliegend behandelten Entgegenhaltungen D5, D6, D11, D14 und D15 kommt der Fachmann nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 13.
361
Der Fachmann erhält keinerlei Anregungen, die Gegenstände einer dieser Druckschriften in Richtung des Streitgegenstandes gemäß Hilfsantrag 13 weiterzubilden, wie anhand der folgenden Ausführungen festgestellt werden kann:
362
4.2.1 Druckschrift D14 (US 5 396 576 A = K13)
363
Ausgehend vom Stand der Technik nach der Druckschrift D14 beruht der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 13 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
364
Wie oben bereits ausgeführt, sind der Druckschrift D14 die Merkmale 1.4B und 1.8 nicht entnehmbar, wonach der beanspruchte CELP-Codierer oder Decodierer Mittel zur Auswahl eines der beiden Zufalls-Codebücher umfasst, wobei, falls der Wert der quantisierten Pitch-Verstärkung klein ist, weshalb angenommen wird, dass die Eingangssprache stimmlos ist, die Auswahleinrichtung das erste Zufalls-Codebuch wählt. Vielmehr wird bei den Codecs der Druckschrift D14, wie insbesondere die Figur 7 zeigt, dort durch die Schalter nicht zwischen den verschiedenen Zufalls-Codebüchern 171 und 172 ausgewählt, sondern innerhalb eines Zufalls-Codebuchs zur Auswahl jeweils eines der gespeicherten Codevektoren 1 bis N1 bzw. 1 bis N2 geschaltet.
365
Es ist bereits fraglich, ob der Fachmann, der die Verbesserung stimmloser Sprachsignale verfolgt, die Druckschrift D14 in seine Überlegungen einbeziehen würde, da deren Zielsetzung nichts mit einer Anreicherung insbesondere eines algebraischen Codevektors zur Verbesserung stimmloser Sprache zu tun hat. Vielmehr werden in der Druckschrift D14 Vektorsegmente eines Zufalls-Codevektors der Länge L, die der Pitch-Verzögerung entspricht, periodisch wiederholt und damit zur Verbesserung der stimmhaften Sprache verwendet.
366
Der Fachmann hat aber zumindest keine Veranlassung, von der Lehre der Druckschrift D14 abzuweichen und die dort beschriebenen Methode auch auf stimmlose Sprache anzuwenden, da er in der Beschreibung explizit darauf hingewiesen wird, dies nur im Falle von stimmhaften Signalen zu tun (z. B. Spalte 15, Zeile 59 bis 66: „in the frame of a
voiced sound, codevectors of the random codebook are made repetitious
in a manner to emphasize the periodic component of the pitch to the maximum, and in the frame of a speech of a low pitch periodicity, that is, in the frame of an
unvoiced sound
,
no codevector of the random codebook is rendered
repetitious
.“).
367
Eine Anregung für eine entsprechende Änderung kann er der Druckschrift D14 jedenfalls nicht entnehmen.
368
4.2.2 Druckschrift D5 (EP 0 515 138 A2 = NK11 = K17)
369
Auch ausgehend vom Stand der Technik nach der Druckschrift D5 beruht der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 13 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
370
Wie oben bereits ausgeführt, sind der Druckschrift D5 die Merkmale 1.4A und 1.4B nicht entnehmbar, die das zweite Zufalls-Codebuch und die Mittel zur Auswahl aus den beiden Zufalls-Codebüchern betreffen. Ebenso ist das Merkmal 1.6, wonach das Zufalls-Codebuch den Zufalls-Codevektor gemäß der bestimmten Stimmhaft/Stimmlos-Charakteristik erzeugt und gemäß Merkmal 1.8 im Falle eines kleinen Pitch-Verstärkungs-Wertes eines der beiden Zufalls-Codebüchern auswählt, nicht bekannt. Schließlich ist auch das Merkmal 1.7, wonach die Bestimmung der Eingangssprachsignale als stimmhaft bzw. stimmlos basierend auf der quantisierten Pitch-Verstärkung erfolgt, der Druckschrift D5 nicht explizit entnehmbar.
371
Da sich die Druckschrift D5 die Aufgabe gestellt hat, bei einem CELP-Codec eine effiziente Codebuch-Speicherung und Codebuch-Suche mit geringer Rechenleistung und möglichst wenig Einbußen in der Sprachqualität zu ermöglichen (siehe Seite 2, Zeilen 34 bis 38) ist es bereits fraglich, ob der Fachmann, der es sich zum Ziel gemacht hat, die Sprachqualität von stimmlosen Signalen bei einem ACELP-Codec zu verbessern, die Druckschrift D5 als Ausgangspunkt wählen würde.
372
Doch selbst in diesem Fall wäre es für den Fachmann zwar möglicherweise noch naheliegend, die Bestimmung der Eingangssprachsignale als stimmhaft bzw. stimmlos ausgehend von der Druckschrift D5 aus der quantisierten Pitch-Verstärkung abzuleiten (Merkmal 1.7). Es ist aber keine Veranlassung zu erkennen, warum der Fachmann, von der Lehre der Druckschrift D5 ausgehend, die Anweisungen nach den Merkmalen 1.4A und 1.4B verwirklichen und der Vorrichtung ein zweites Zufalls-Codebuch hinzufügen sollte, um dann zwischen diesen mit ebenfalls zusätzlichen Mitteln hin- und herschalten zu können. Damit kann er auch nicht die Merkmale 1.6 und 1.8 verwirklichen, denn die Idee, ausgehend von der Lehre der Druckschrift D5, in Abhängigkeit von der Größe des Wertes der quantisierten Pitch-Verstärkung, eines von mehreren Zufalls-Codebüchern auszuwählen, geht über fachübliches Vorgehen hinaus.
373
4.2.3 Druckschrift D6 (US 5 488 704 A = NK12 = K14)
374
Auch ausgehend vom Stand der Technik nach der Druckschrift D6 beruht der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 13 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
375
Wie bereits ausgeführt, ist der Druckschrift D6 die Merkmalsgruppe 1.5 bis 1.5.2 nicht entnehmbar, wonach das Zufalls-Codebuch von einem Anregungs-Vektor-Generator gebildet wird, der eine Speichereinrichtung und eine Anordnungseinrichtung für festgelegte Wellenformen enthält und das Anordnen einer oder mehrerer festgelegter Wellenformen gemäß den Positionen und den Polaritäten eines Eingangs-Impuls-Vektors geschieht. Ebenso sind der Druckschrift D6 keine Mittel zu entnehmen, die eine Auswahl zwischen den beiden Zufalls-Codebüchern ermöglichen würden (Merkmal 1.4B), da die Auswahl gemäß der Druckschrift D6, wie beispielsweise in Figur 4 gezeigt, durch den Schalter SW 2 nicht zwischen den Zufalls-Codebüchern auswählt, sondern jeweils das vollständig erzeugte Anregungssignal, d. h. die Superposition der gewichteten Signale aus stimmhaften (Spalte 10, Zeilen 4 bis 8: “pulse pattern generating portion 21a, the voiced sound noise code book 21b, and the voiced sound noise code book 21c“) einerseits und stimmlosen Codebüchern (Spalte 9, Zeilen 59 bis 65: “ unvoiced sound noise code book 22b … unvoiced sound adaptive code book 22a,“) andererseits, selektiert. Somit ist in der Druckschrift D6 auch keine Auswahl eines der Zufalls-Codebücher möglich, wenn der Wert der quantisierten Pitch-Verstärkung niedrig ist (Merkmal 1.8).
376
Ausgehend von der Druckschrift D6 mag es auf den ersten Blick naheliegend erscheinen, statt der Auswahl des Gesamt-Anregungssignals der jeweils gewichteten Signale aus stimmhaften oder stimmlosen Codebüchern, bestehend jeweils aus Zufalls-Codebüchern und anderen Codebüchern, eine Auswahl zwischen den Zufalls-Codebüchern alleine zu treffen, bevor deren Signale zu denen der anderen Codebücher addiert werden (Merkmal 1.4B). Einen Hinweis dazu bekommt der Fachmann aus der Druckschrift D6 jedoch nicht, zumal dies dort auch nicht mit den Vorteilen verknüpft wäre wie beim Codec nach dem Streitpatent, nämlich Auswahl zwischen Zufalls-Codebüchern mit festgelegten Wellenfunktionen und herkömmlichen Zufalls-Codebüchern, sondern nur zu einer noch deutlich komplexeren und damit nachteiligeren Codebuch-Architektur führen würde.
377
Der Fachmann hat jedoch keinerlei Veranlassung, die zusätzlichen Maßnahmen nach der Merkmalsgruppe 1.5 bis 1.5.2 vorzusehen und eines der Zufalls-Codebüchern als Anregungs-Vektor-Generator auszugestalten mit der Anordnung von festgelegten Wellenformen gemäß Positionen und Polaritäten eines Eingangs-Impuls-Vektors. Die Auswahl dieses speziellen Zufalls-Codebuchs bei niedrigem Wert der quantisierten Pitch-Verstärkung ist beim Codec der Druckschrift D6 folglich ebenfalls nicht möglich (Merkmal 1.8).
378
4.2.4 D11 (EP 0 747 883 A2 = K10)
379
Auch ausgehend vom Stand der Technik nach der Druckschrift D11 beruht der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 13 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
380
Wie bereits ausgeführt, ist der Druckschrift D11 die Merkmalsgruppe 1.5 bis 1.5.2 nicht entnehmbar, wonach ein Anregungs-Vektor-Generator vorhanden ist und das Anordnen einer oder mehrerer festgelegter Wellenformen gemäß den Positionen und den Polaritäten eines Eingangs-Impuls-Vektors geschieht. Zudem ist aus der Druckschrift D11 weder ein zweites Zufalls-Codebuch bekannt (Merkmal 1.4A) und somit auch nicht die Merkmale 1.4B und 1.8, welche die Auswahl eines der beiden Zufalls-Codebücher betreffen, noch die Verwendung des Pitch-Verstärkungswertes zur Stimmhaft/Stimmlos-Charakterisierung der Eingangssprache (Merkmal 1.7).
381
Von dem Stand der Technik nach der Entgegenhaltung D11 ausgehend kommt der Fachmann nicht in nahe liegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 13. Zum einen wird der Fachmann, der sich mit der Verbesserung von stimmlosen Sprachsignalen befasst, nicht die Druckschrift D11 heranziehen, welche eine Lösung für das technische Problem des Umgangs mit verlorenen Sprachrahmen anbietet. Zum anderen hätte er weder eine Veranlassung das Zufalls-Codebuch durch einen Anregungs-Vektor-Generator zu ersetzen, der eine Anordnungseinrichtung für festgelegte Wellenformen enthält (Merkmalsgruppe 1.5 bis 1.5.2), die durch Anreicherung der spärlichen Signale eines ACELP-Codevektors die Sprachqualität verbessert, noch erhält er in der D11 einen Hinweis, einen solchen als zweites Zufalls-Codebuch vorzusehen. Vielmehr würde er an der als vorteilhaft beschriebenen Struktur festhalten und, je nachdem, ob der verlorene Sprachrahmen als stimmhaft (periodisch) oder stimmlos (aperiodisch) klassifiziert wurde, den Beitrag des Zufalls-Codebuchs auf null setzen bzw. wegen des gelöschten Sprachrahmens unter Einsatz des Zufallszahlengenerators (vgl. Figur 1: „random number-generators 45“) den Zufalls-Codevektor wie üblich verwenden.
382
4.2.5 D15 (US 5 495 555 A = K15)
383
Auch ausgehend vom Stand der Technik nach der Druckschrift D15 beruht der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 13 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
384
Wie bereits ausgeführt, ist der Druckschrift D15 das Merkmal 1.5.2 nicht entnehmbar, wonach das Anordnen einer oder mehrerer festgelegter Wellenformen gemäß den Positionen und den Polaritäten eines Eingangs-Impuls-Vektors geschieht. Zudem ist der D15 weder ein zweites Zufalls-Codebuch zu entnehmen, noch Mittel zum Umschalten zwischen verschiedenen Zufalls-Codebüchern und somit auch nicht in Abhängigkeit von einem Pitch-Verstärkungswert (Merkmale 1.4A, 1.4B, 1.7 und 1.8).
385
Auch ausgehend vom Stand der Technik nach Druckschrift D15 kommt der Fachmann nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 13.
386
Entgegen der Auffassung der Klägerinnen hat der Fachmann insbesondere keine Veranlassung die Druckschrift D15 als Ausgangspunkt für seine Bemühungen zur Verbesserung der Übertragung von stimmlosen Sprachsignalen zu berücksichtigen, da die Druckschrift D15 nur eine Verbesserung von stimmhafter Sprache bei geringer Bitrate anstrebt (Spalte 1, Zeilen 51 bis 53: „It is known that the main source of the quality degradation lies in the reproduction of “voiced” speech.“ und Spalte 2, Zeilen 8 bis 14: „The present invention provides a technique for high quality low bit-rate speech codec employing improved-CELP excitation analysis for voiced speech“).
387
Doch selbst wenn ein Fachmann von der Druckschrift D15 ausgehen würde, könnte es für ihn zwar noch naheliegend sein, angeregt durch die beiden Modi A und B zwei separate Zufalls-Codebücher zu verwenden; es ist jedoch nicht ersichtlich, aus welchem Grund der Fachmann es in Betracht ziehen sollte, die Lehre der D15 auf einen ACELP-Codec zu übertragen, die festgelegten Wellenformen gemäß den Positionen und den Polaritäten eines Eingangs-Impuls-Vektors anzuordnen, damit das Merkmal 1.5.2 zu verwirklichen, zusätzlich noch die Bestimmung der Stimmhaft/Stimmlos-Charakteristik basierend auf der quantisierten Pitch-Verstärkung vorzusehen und gemäß dieser umzuschalten, so wie es die Merkmale 1.4B, 1.7 und 1.8 des Gegenstandes des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 13 fordern.
388
Eine Anregung für eine entsprechende Änderung kann er der Druckschrift D15 jedenfalls nicht entnehmen. Es ist zur Überzeugung des Senats auch nicht ersichtlich, dass sich aus dem präsenten Wissen des Fachmanns diesbezüglich Anregungen ergeben würden.
389
4.2.6 Patentfähigkeit von Anspruch 1 gegenüber dem übrigen Stand der Technik
390
Da, wie bereits ausgeführt, die weiteren Entgegenhaltungen vom Gegenstand des Streitpatents weiter abliegen oder nur eingeführt wurden, um das allgemeine Fachwissen oder einzelne Aspekte zu belegen, bedarf es keiner weiteren Auseinandersetzung mit diesen Druckschriften im Hinblick auf die erfinderische Tätigkeit. Hiergegen haben auch die Klägerinnen keine Einwände erhoben.
391
4.2.7 Zusammenschau der Druckschriften D5, D6, D11, D14 und D15
392
Auch gegenüber einer Zusammenschau des gesamten im Verfahren genannten Standes der Technik beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 13 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
393
Entgegen der Ansicht der Klägerinnen vermag der Fachmann auch nicht, ausgehend von einer der vorgenannten Druckschriften in Kombination mit einer oder mehreren der anderen vorgenannten Druckschriften zum erfindungsgemäßen Gegenstand nach der Anspruchsfassung gemäß Hilfsantrag 13 zu gelangen.
394
Dabei spielt es keine Rolle, ob bei der erfinderischen Tätigkeit – wie von den Klägerinnen schriftsätzlich vorgetragen wurde – als Ausgangspunkt die D5 oder – wie von ihnen in der mündlichen Verhandlung nunmehr als angeblich noch näherliegend vorgebracht wurde – die D6 genommen und diese mit einer der anderen Druckschriften kombiniert wird.
395
Denn da keine der Druckschriften des gesamten im Verfahren genannten Standes der Technik die Merkmale aufweist oder zumindest nahelegen kann, wonach der beanspruchte CELP-Codierer oder Decodierer Mittel zur Auswahl eines der beiden Zufallscodebücher umfasst (Merkmal 1.4B), wobei, falls der Wert der quantisierten Pitch-Verstärkung klein ist, weshalb angenommen wird, dass die Eingangssprache stimmlos ist, die Auswahleinrichtung das erste stochastische Codebuch wählt (Merkmal 1.8), kann auch eine Zusammenschau des Standes der Technik dies nicht leisten.
396
Da sich mithin der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 13 für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt, gilt er insofern ebenfalls als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.
397
4.3 Patentfähigkeit von Anspruch 6 und der Unteransprüche
398
Die vorstehenden Ausführungen zu Anspruch 1 nach Hilfsantrag 13 gelten entsprechend auch für den nebengeordneten Verfahrensanspruch 6.
399
Hinsichtlich der Unteransprüche sind Einwände gegen ihre Patentfähigkeit weder seitens der Klägerinnen geltend gemacht worden noch anderweitig für den Senat erkennbar.
400
5. Schutzfähigkeit nach Hilfsantrag 13
401
Da sich somit das Streitpatent in der von der Beklagten hilfsweise verteidigten Fassung nach Hilfsantrag 13 als schutzfähig erweist, war die Klage insoweit teilweise abzuweisen.
B.
402
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei ist der Senat davon ausgegangen, dass der wirtschaftliche Wert, welcher dem Streitpatent aufgrund des nach Hilfsantrag 13 als schutzfähig verbleibenden Patentgegenstand gegenüber der erteilten weiteren Fassung noch zukommt, um etwa die Hälfte reduziert ist, so dass die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten zwischen den beiden Klageparteien, die insoweit jeweils nach Kopfteilen haften (§ 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO) auf der einen Seite und der Beklagten auf der anderen Seite entsprechend aufzuteilen sind.
403
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.