Aktenzeichen 10 Ni 16/11
Tenor
In der Patentnichtigkeitssache
…
betreffend das deutsche Patent 10 2006 052 017
hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 6. Juni 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Rauch, der Richter Dipl.-Ing. Küest, Dr.-Ing. Großmann, Dipl.-Ing. Univ. Richter und Prof. Dr. Dr. Ensthaler
für Recht erkannt:
1. Das deutsche Patent 10 2006 052 017 wird dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass sein Anspruch 1 gestrichen wird und sein Anspruch 2 folgende Fassung erhält:
„2. Bearbeitungsmaschine nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass mindestens ein Kontaktsensor (8) und mindestens ein kontaktlos arbeitender Sensor (10) an einer verfahrbaren Maschineneinheit vorgesehen ist.“
2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
I.
1
Die Beklagte ist Inhaberin des am 3. November 2006 angemeldeten deutschen Patents 10 2006 052 017, das eine Bearbeitungsmaschine betrifft und sieben Patentansprüche umfasst, die alle mit der vorliegenden Klage angegriffen werden. Anspruch 1 und die darauf rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 6 schützen eine Bearbeitungsmaschine zum Bearbeiten von Werkstücken, die bevorzugt zumindest teilweise aus Holz, Holzwerkstoffen oder dergleichen bestehen; Anspruch 7 betrifft ein Verfahren zum sicheren Betreiben einer derartigen Bearbeitungsmaschine.
2
Die Ansprüche 1, 2 und 7 haben folgenden Wortlaut:
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1. Bearbeitungsmaschine (1) zum Bearbeiten von Werkstücken (2), die bevorzugt zumindest teilweise aus Holz, Holzwerkstoffen oder dergleichen bestehen, mit:
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einer Mehrzahl von Maschineneinheiten einschließlich mindestens einer Bearbeitungseinheit (4) und mindestens einer Werkstückspanneinheit (6), von denen mindestens eine verfahrbar ist, und mindestens einem Kontaktsensor (8), der an mindestens einer Maschineneinheit angeordnet ist, die Bearbeitungsmaschine ferner mindestens einen kontaktlos arbeitenden Sensor (10) aufweist, der eingerichtet ist, in einen vorbestimmten Bereich (12) eindringende Gegenstände zu erfassen,
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dadurch gekennzeichnet, dass
6
sie ferner eine Steuereinrichtung (14) aufweist, die eingerichtet ist, eine Geschwindigkeit einer Verfahrbewegung der mindestens einen bewegten Maschineneinheit auf eine niedrigere, positive Geschwindigkeit einer Verfahrbewegung zu vermindern, wenn der mindestens eine kontaktlos arbeitende Sensor (10) einen in den vorbestimmten Bereich (12) eindringenden Gegenstand erfasst.
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2. Bearbeitungsmaschine nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass mindestens ein Kontaktsensor (8) und/oder mindestens ein kontaktlos arbeitenden Sensor (10) an einer verfahrbaren Maschineneinheit vorgesehen ist.
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7. Verfahren zum sicheren Betreiben einer Bearbeitungsmaschine (1) nach einem der vorhergehenden Ansprüche, mit den Schritten:
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Verfahren mindestens einer Maschineneinheit mit einer vorbestimmten Bewegungsgeschwindigkeit, und Vermindern der Geschwindigkeit einer Verfahrbewegung auf eine niedrigere, positive Geschwindigkeit einer Verfahrbewegung, wenn der mindestens eine kontaktlos arbeitende Sensor (10) einen in den vorbestimmten Bereich eindringenden Gegenstand erfasst.
10
Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 3 bis 6 wird auf die Streitpatentschrift DE 10 2006 052 017 B4 verwiesen.
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Die Klägerin macht den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG) geltend. Sie bezieht sich hierfür auf folgenden druckschriftlichen Stand der Technik:
12
Ni2 DE 600 23 938 T2 (Übersetzung von EP 1 240 456 B1)
13
Ni3 EP 1 514 656 A1
14
Ni5 WO 2006/024431 A1
15
Ni6 EP 1 482 238 A2
16
Ni7 GB 1 212 855
17
Ni8 US 2002/0020263 A1
18
Ni9 EP 1 323 503 A2
19
Ni12 englischer “Abstract” eines Artikels in japanischer Sprache von Ikeda, Sugimoto, Shimizu und Lu: Development of the Safety Control System for Construction Robots – Inherently Safe Manipulator and Hierarchized Sensing System (Specific Research Reports of the National Institute of Industrial Safety, NIIS-SRR-NO.21, S. 53 – 65, 2000)
20
Ni13 Aufsatz von Ikeda, Shimizu, Saito und Onishi: Risk Reduction Process and Safety Design for Mobile Human-Symbiotic Robots (Proceedings of the 33rd International Symposium on Robotics, October 7-11, 2002)
21
Ni14 Aufsatz von Saito und Ikeda: Stratified Safety Control System of Cooperative Working Robot with Human Worker, gemäß Anlage 15 veröffentlicht am 13. Oktober 2003 auf der 3. internationalen Konferenz SIAS in Nancy, Frankreich)
22
Ni16 DE 103 24 628 A1
23
Ni17 DE 28 54 459 A1
24
Ni18 DE 695 01 292 T2 (Übersetzung von EP 0 689 903 B1)
25
Ni19 DE 20 2004 001 623 U1
26
In ihrer Klageschrift hat die Klägerin außerdem eine angebliche offenkundige Vorbenutzung gemäß Anlagenkonvolut Ni10.1 bis Ni 10.8 geltend gemacht. Da ihr der Nachweis dieser Vorbenutzung nicht möglich war, hat sie sich in der mündlichen Verhandlung auf diesen Stand der Technik jedoch nicht mehr berufen.
27
Die Klägerin macht geltend, der Gegenstand des Anspruchs 1 sei nicht neu gegenüber der Entgegenhaltung Ni5. Zumindest beruhe er – ausgehend von Ni2, in Kombination mit Ni5 oder Ni12 bis Ni14, bzw. ausgehend von Ni5, Ni6 oder Ni16 – nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Auch die Gegenstände der Ansprüche 2 bis 7 seien durch den Stand der Technik vorweggenommen oder nahegelegt.
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Die Klägerin stellt den Antrag,
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das deutsche Patent 10 2006 052 017 für nichtig zu erklären.
30
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
32
Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Gegenstände des Streitpatents durch den vorliegenden Stand der Technik weder vorweg genommen noch nahe gelegt seien.
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Der Senat hat den Parteien mit Schreiben vom 13. Februar 2013 einen frühen gerichtlichen Hinweis gemäß § 83 Abs. 1 PatG übersandt.
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Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung sowie auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere auf die Schriftsätze der Parteien mit sämtlichen Anlagen, Bezug genommen.