Sozialrecht

Anspruch auf ergänzende Leistungen für Auszubildende

Aktenzeichen  L 15 AS 686/16

Datum:
18.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 17655
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
BAföG a.F. § 13
SGB II § 7 Abs. 5, Abs. 6
SGB II a.F. § 27 Abs. 3, Abs. 4

 

Leitsatz

1. Mit Blick auf den Gesetzeszweck von § 7 Abs. 5 SGB II, nämlich die Vermeidung einer versteckten Ausbildungsförderung im System des SGB II, kommt es nicht in Betracht, von den engen Voraussetzungen für die Annahme eines Härtefalls im Sinne von § 27 Abs. 4 (hier: in der Fassung vom 20.12.2011), die vom BSG aufgestellt worden sind, abzuweichen und eine weitere Fallgruppe – wie etwa die Berücksichtigung anerkennenswerten Engagements und solidarischer Hilfeleistung im Familienkreis – anzuerkennen. (Rn. 48)
2. Zu den Voraussetzungen für die Annahme eines Härtefalls im Sinne von § 27 Abs. 4 SGB II a.F. (Rn. 31 ff.)

Verfahrensgang

S 14 AS 540/16 2016-08-30 GeB SGAUGSBURG SG Augsburg

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 30. August 2016 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden, § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG.
Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht begründet.
Wie das SG zu Recht entschieden hat, hat der Kläger im Zeitraum vom 15.05.2015 bis 31.03.2016 keinen Anspruch auf einen Zuschuss zu den angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung seiner Wohnung in A-Stadt gemäß § 27 Abs. 3 SGB II a.F. und auch keinen Anspruch auf ein Darlehen für diesen Bedarf gemäß § 27 Abs. 4 SGB II a.F. Der Bescheid vom 05.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.04.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Streitgegenstand des Rechtsstreits ist nur noch ein Zuschuss zu den ungedeckten angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 27 Abs. 3 SGB II bzw. – wie sich aus dem Vorbringen des Klägers ergibt – hilfsweise ein Darlehen gemäß § 27 Abs. 4 SGB II a.F., begrenzt auf den Zeitraum vom 15.05.2015 bis 31.03.2016.
Die Begrenzung des Streitgegenstands auf den Zuschuss bzw. ein Darlehen zu den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung ist zulässig. So hat das BSG (Urteil vom 15.06.2016 – B 4 AS 27/15 R) die Rechtsprechung zur Abtrennbarkeit des Anspruchs auf Leistungen für Unterkunft und Heizung, die als Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld geltend gemacht werden, auf den Zuschuss nach § 27 Abs. 3 SGB II übertragen, denn dieser ist als dem Anspruch auf Kosten der Unterkunft vergleichbare eigenständige Leistung ausgestaltet; Entsprechendes kann auch für das Darlehen nach Abs. 4 der Vorschrift gelten. Weiter begrenzt der vom Kläger gestellte neue Antrag (vom 20.03.2016) auf Leistungen für den Zeitraum ab April 2016 den hier streitigen Zeitraum. Zudem ist es dem Kläger unbenommen, den Streitgegenstand nur auf einen Zeitraum zu beschränken.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf einen Zuschuss gemäß § 27 Abs. 3 SGB II a.F. Er ist gemäß § 7 Abs. 5 SGB II von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen, soweit diese über Leistungen nach § 27 SGB II hinausgehen. Eine Rückausnahme nach § 7 Abs. 6 SGB II liegt nicht vor. Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 27 Abs. 3 SGB II sind nicht gegeben, da sich der Bedarf des Klägers als Studierender nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 BAföG bemisst und nicht, wie in § 27 Abs. 3 SGB II gefordert, nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 BAföG, da der Kläger in A-Stadt gerade nicht bei seiner Mutter gewohnt hat. Im Übrigen kann im Einzelnen auf die zutreffenden Ausführungen im Beschluss des SG vom 22.03.2016 im Eilrechtsschutzverfahren S 15 AS 102/16 ER verwiesen werden.
2. Der Kläger kann für die Bedarfe für Unterkunft und Heizung bzgl. seiner Wohnung in A-Stadt kein Darlehen gemäß § 27 Abs. 4 SGB II a.F. beanspruchen.
Zwar können sich in dem Fall, dass sich Ausbildungsförderleistungen im Einzelfall als nicht bedarfsdeckend erweisen, jedenfalls dann, wenn nicht ausbildungsgeprägte Bedarfe – wie hier für Unterkunft und Heizung – betroffen sind, ausnahmsweise ergänzende Leistungsansprüche nach dem SGB II ergeben (vgl. z.B. Urteil des BSG vom 17.02.2016 – B 4 AS 2/15 R).
Darlehensleistungen, auch für Bedarfe für Unterkunft und Heizung, kommen in Betracht, wenn der Leistungsausschluss gem. § 7 Abs. 5 SGB II a.F. eine besondere Härte bedeutet, § 27 Abs. 4 SGB II a.F. Vorliegend ist jedoch nach Überzeugung des Senats eine solche besondere Härte nicht gegeben. Soweit für den Kläger eine Bedarfsunterdeckung im streitgegenständlichen Zeitraum bestanden hat, ist dies eine Folge der Ausgestaltung der Ausbildungsförderleistungen und keine das Leistungssystem des SGB II berührende Frage (vgl. z.B. Urteil des BSG vom 17.02.2016 – B 4 AS 2/15 R, mit Verweis auf Bundesverfassungsgericht vom 03.09.2014 – 1 BvR 1768/11). Dabei ist im Übrigen auch zu berücksichtigen, dass sich aus der Bedarfsunterdeckung für den Kläger nicht der Zwang ergeben hat, die Ausbildung aufgeben zu müssen; vielmehr wohnt der Kläger nach wie vor in der Wohnung.
Es kommt somit gar nicht auf die Frage der Ermessensausübung des Beklagten an.
Der Begriff der besonderen Härte in § 27 Abs. 4 Satz 1 SGB II a.F. ist gerichtlich voll überprüfbar (vgl. z.B. BSG vom 01.07.2009 – B 4 AS 67/08 R). Mit Blick auf den Wortlaut der Norm – die Härte muss eine besondere sein – geht die Rechtsprechung davon aus, dass die normale, also die allein durch den Ausschluss von den Leistungen entstehende Härte nicht ausreicht (vgl. die Entscheidungen des BSG vom 01.07.2009 und 06.09.2007, a.a.O.). Ein besonderer Härtefall liegt nach der Rechtsprechung des BSG nur vor, wenn der Leistungsausschluss auch unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks des § 7 Abs. 5 SGB II, die Grundsicherung davon frei zu halten, eine versteckte Ausbildungsförderung außerhalb des BAföG (und der BAB) zu ermöglichen, übermäßig hart, d.h. als unzumutbar oder in hohem Maße unbillig erscheint. Keine besondere Härte ist es deshalb nach der Rechtsprechung vor allem, dass eine Ausbildung wegen allgemein fehlender Mittel nicht absolviert werden kann. Das BSG hat postuliert, dass auch im Rahmen der Härtefallregelung der Erwerbsbetontheit der Grundsicherung hinreichend Rechnung getragen werden muss, was von der Literatur gestützt wird (vgl. z.B. Münder, Sozialgesetzbuch II § 27, Rdnr. 9). Deshalb sind es vor allem arbeitsmarktbezogene Gründe, die einen besonderen Härtefall ausmachen können (vgl. BSG vom 30.09.2008 – B 4 AS 28/07 R). Nach der Rechtsprechung des BSG sind drei Konstellationen (vgl. BSG vom 01.07.2009 – B 4 AS 67/08 R), worauf die Beteiligten im Verfahren zu Recht hingewiesen haben, maßgeblich:
„(1.) Es besteht begründeter Anlass zu der Annahme, dass eine vor dem Abschluss stehende Ausbildung nicht beendet werden kann und damit das Risiko zukünftiger Erwerbslosigkeit droht, weil in einer Ausbildungssituation Hilfebedarf entsteht, der nicht (mehr) durch BAföG, BAB oder andere Einnahmequellen (Unterstützung der Eltern, eigenes Einkommen, aber auch bisher zu Unrecht gewährte Hilfen zum Lebensunterhalt, sofern sie wegen Vertrauensschutzes nicht nach §§ 45, 48 SGB X zurückgefordert werden können) gedeckt werden kann. Hier muss eine durch objektive Gründe (z.B. den Nachweis der Anmeldung zur Prüfung, wenn alle Voraussetzungen für diese Prüfung erfüllt sind) belegbare Aussicht bestehen, dass die Ausbildung mit den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in absehbarer Zeit durch einen Abschluss zu Ende gebracht wird (BSG 6.9.2007 – B 14/7 b AS 36/06 R, SozR 4-4200 § 7 Nr. 6).
(2.) Eine bereits weit fortgeschrittene und bisher kontinuierlich betriebene (!) Ausbildung ist aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls wegen einer Behinderung oder Krankheit gefährdet, wird aber in absehbarer Zeit zu Ende gebracht; hier kann die Behinderung oder Krankheit nur in Bezug auf die Verzögerung der Ausbildung angeführt werden (auch hierzu erstmals BSG 6.9.2007 – B 14/7 b AS 36/06 R, SozR 4-4200 § 7 Nr. 6).
(3.) Eine durch BAföG oder BAföG förderungsfähige Ausbildung stellt objektiv belegbar – weil besondere soziale und/oder persönlichkeitsbedingte Problemlagen nachweisbar sind, die eine Ausbildung für den Zugang zum Erwerbsleben eine so herausragende Bedeutung erlangen lassen, dass es unzumutbar wird, sie aus finanziellen Gründen abzubrechen – die einzige Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt dar und der Berufsabschluss ist nicht auf andere Weise (z.B. durch eine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung, […]) erreichbar (s. BSG 6.9.2007 – B 14/7 b AS 28/06 R, SozR 4-4200 § 7 Nr. 8 und 30.9.2008 – B 4 AS 28/07 R, SozR 4-4200 § 7 Nr. 9). Konstellation „3“ ist die einzige Möglichkeit für Auszubildende, deren Ausbildungsende noch in weiterer Ferne liegt, sich auf einen „besonderen Härtefall“ berufen zu können (s. – noch vor den Entscheidungen des BSG – für einen Medizinstudenten im Physikum LSG Hmb 31.8.2005 – L 5 B 185/05 ER AS, FEVS 57, 150)” (a.a.O.).
Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger jedoch nicht vor.
Mit der h.M. geht der Senat davon aus, dass die Beweisanforderungen in allen drei Fällen hoch sind (vgl. z.B. BeckOK SozR/Breitkreuz, 42. Ed. 1.4.2016, SGB II § 27 Rn. 11). Der Kläger kann diese vorliegend nicht erfüllen.
Abgesehen davon, dass die Fallgruppe 3 bereits offensichtlich ausscheidet, wovon auch die Beteiligten ausgehen, sind die weiteren oben genannten Konstellationen beim Kläger nicht gegeben und seine Situation auch nicht vergleichbar. Denn beim Kläger ist es gerade nicht so, dass der Lebensunterhalt während der Ausbildung durch Förderung aufgrund von BAföG, Elternunterhalt oder Einkommen aus eigener Erwerbstätigkeit gesichert gewesen wäre, die nun kurz vor Abschluss der Ausbildung entfallen wären (vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2007 – B 14/7b AS 36/06 R). Auch liegt nicht der Fall vor, dass das bereits weit fortgeschrittene und bisher kontinuierlich betriebene Studium aufgrund der Umstände beim Kläger wegen einer Behinderung oder Erkrankung unterbrochen worden wäre (BSG a.a.O.). Vielmehr waren das Studium des Klägers und der Lebensunterhalt bereits von Anfang an nicht durch Elternunterhalt oder Einkommen aus eigener Erwerbstätigkeit gesichert, sondern durch BAföG-Leistungen, die auch nicht plötzlich weggefallen sind. Bereits zu einem frühen Zeitpunkt – zu Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums – war der Lebensunterhalt dann auch durch diese nicht mehr ausreichend gesichert. Es fehlt zudem sowohl an einem weiten Fortschritt des Studiums als auch an einer Unterbrechung aufgrund gesundheitlicher Umstände beim Kläger.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht für den Senat zu seiner Überzeugung fest, dass ein besonderer, außergewöhnlicher Fall beim Kläger nicht gegeben ist. Der Senat stimmt vielmehr dem Beklagten in der Einschätzung zu, dass hier der typische Fall vorliegt, dass sich BAföG-Leistungen im Hinblick auf den Lebensunterhalt eben als nicht ausreichend darstellen. Die Voraussetzungen für eine der vom BSG anerkannten Ausnahmen, so dass trotz der der vom Gesetzgeber gewollten Abgrenzung der Systeme Ausbildungsförderung und Grundsicherung ergänzende SGB II-Leistungen zu zahlen sind, liegen nicht vor.
Es kann im Hinblick auf den streitgegenständlichen Zeitraum nicht davon gesprochen werden, dass der Kläger damals kurz vor dem Ende des Studiums gestanden wäre oder dass es sich um ein zumindest weit fortgeschrittenes Studium gehandelt hätte. Wie der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen hat, stehen auch gar keine entsprechenden näheren Darlegungen im Raum noch sprechen die objektiven Umstände dafür. Festzustellen ist ohne Weiteres, dass der Kläger zu Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums gerade am Beginn des vierten Fachsemesters gestanden war. Selbst wenn man also zugunsten des Klägers von nur sechs relevanten Semestern ausgehen würde, war ein weiter Fortschritt im oben genannten Sinn damals klar nicht gegeben, nachdem der Kläger damals gerade erst in etwa die Hälfte des Studiums absolviert hatte. Dass von einem weiten Fortschritt nicht die Rede sein kann, zeigt im Übrigen auch die Tatsache, dass der Kläger zum Zeitpunkt der oben genannten gerichtlichen Erörterung sein Studium immer noch nicht beendet hatte.
Schließlich ist der Kläger auch nicht wegen seiner Erkrankungen gezwungen gewesen, das Studium zu unterbrechen, auch wenn er während seines Studiums durchaus beeinträchtigt gewesen sein dürfte, einem Umstand, dem die Universität A-Stadt durch Verlängerung des Studiums Rechnung getragen hat. Nicht nachgewiesen ist jedoch, dass die gesundheitlichen Probleme so intensiv gewesen wären, dass der Kläger das Studium hätte unterbrechen müssen. Erst recht ist nicht nachgewiesen, dass die gesundheitlichen Störungen gerade im streitgegenständlichen Zeitraum stark gewesen wären. Schließlich ist auch der Zusammenhang zwischen den gesundheitlichen Beeinträchtigungen und der Bedarfsunterdeckung nicht nachgewiesen.
Wie aus dem Attest des Orthopäden Dr. W. vom 07.04.2016 ausdrücklich hervorgeht, hat das im Oktober 2014 erlittene Sturzgeschehen des Klägers ausschließlich zu sich verschlimmernden Verspannungen der Schulter und der Nackenmuskulatur geführt, was lediglich die Konzentrationsfähigkeit „negativ beeinflussen“ hat können. Zudem hat der Facharzt ausdrücklich festgestellt, dass der Kläger das Schmerzsyndrom nur bis März 2015 beklagt habe; es hat im streitgegenständlichen Zeitraum also gar nicht mehr bestanden. Weitere Feststellungen auf orthopädischem Fachgebiet hinsichtlich einer relevanten gesundheitlichen Einschränkung des Klägers wurden von dem Facharzt nicht getroffen. Auch die festgestellte Gesundheitssituation auf internistisch-gastroenterologischem Fachgebiet, insbesondere die ärztlichen Berichte von Dr. H. vom 23.05. und 13.09.2017 sind weit davon entfernt, dass sie Anlass zu der Feststellung geben könnten, der Kläger wäre in der maßgeblichen Zeit gesundheitlich schwerer beeinträchtigt gewesen. Gerade die nun festgestellte lymphofolikuläre Hyperplasie, aber auch die in den ärztlichen Berichten wiedergegebenen Beschwerdeschilderungen des Klägers (Druck im Oberbauch etc.) und die bisher durchgeführten Behandlungsmaßnahmen (nur Einnahme von Buscopan etc.), können nicht erklären, weshalb der Kläger das Studium, wie im Verfahren vorgetragen, nicht im notwendigen Umfang hätte bestreiten können. Dass der Kläger diese Beschwerden gegebenenfalls subjektiv stärker empfunden haben könnte, will der Senat nicht in Abrede stellen; eine psychiatrische Erkrankung steht jedoch nicht im Raum, so das eine besondere Berücksichtigung dieser – nur möglicherweise bestehenden – subjektiven Komponente nicht zu erfolgen hat.
Der Senat bestreitet nicht, dass sich die Familie des Klägers durch die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der weiteren Mitglieder – gegebenenfalls auch im streitgegenständlichen Zeitraum – in einer schwierigen Situation befunden und zusätzlicher Hilfe bedurft und dass der Kläger Unterstützung auch geleistet hat. Damit hat sich jedoch nur ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht, dem nicht durch Bejahung eines Härtefalls im Sinne von § 27 Abs. 4 SGB II Rechnung getragen werden kann, da kein Zusammenhang mit der Erwerbsbetontheit der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II besteht. Letztlich kann also offenbleiben, ob die Erkrankung Dritter überhaupt berücksichtigungsfähig im Sinne des § 27 Abs. 4 SGB II a.F. ist, was der Beklagte verneint hat und wogegen auch aus Sicht des Senats gute Gründe sprechen.
Schließlich ist ein (auch vorübergehender) intensiverer Bedarf an Hilfe bzw. eine Pflegebedürftigkeit der Mutter des Klägers und erst recht seines Bruders nicht nachgewiesen. Auch insoweit sind die Darlegungen der Klägerseite, trotz gerichtlicher Aufforderung bzw. Nachfrage im Erörterungstermin, nur allgemein geblieben.
Für die im Verfahren vorgetragene Behauptung, die Mutter des Klägers sei „schwer leidend“ gewesen, findet sich anhand der medizinischen Unterlagen kein Beleg. Zwar ist unbestritten, dass die Mutter des Klägers an einer hämatologischen Systemerkrankung, einer Autoimmuneutrozytopenie leidet. Aus dieser Diagnose geht aber bereits nicht hervor, dass hierbei zwingend von einem großen Hilfebedarf ausgegangen werden müsste. Vor allem aber hat der die Mutter des Klägers behandelnde Hausarzt Dr. B., obwohl er ausdrücklich zu dieser Frage um Stellungnahme gebeten worden war, lediglich pauschal bestätigt, dass die Mutter des Klägers (wegen der Erkrankung) auf Hilfe angewiesen gewesen sei. Dies entspricht den auch im Erörterungstermin des Senats von dieser lediglich gemachten allgemeinen Angaben zum Hilfebedarf. Im Übrigen hat Dr. B. ausdrücklich einen Hilfebedarf erst ab September 2015 bestätigt, sodass bereits aus diesem Grund der Vortrag der Klägerseite als unschlüssig und letztlich nicht überzeugend zu werten ist.
Im Übrigen erschließt sich dem Senat auch nicht, weshalb der Kläger, wenn er sich denn regelmäßig in B-Stadt aufgehalten hat, um seiner Mutter und seinem Bruder Hilfe zu leisten, die Wohnung in A-Stadt beibehalten hat müssen. Er kann sich auch dem Argument des Beklagten nicht verschließen, dass dann doch ein Urlaubssemester viel näher gelegen hätte. Dass der Kläger an der gesamten Studien- bzw. Wohnsituation jedoch nichts geändert hat, spricht aus Sicht des Senats sehr stark dafür, dass der Hilfebedarf nicht so groß gewesen ist und nun nur hilfsweise als Argument, um die begehrten Leistungen zu erlangen, angeführt wird.
Schließlich ergibt sich dies auch hinsichtlich des behaupteten Unterstützungsbedarfs des Bruders des Klägers. Insoweit ist bereits nach dem klägerischen Vortrag davon auszugehen, dass die Notwendigkeit, hier unterstützend tätig zu werden, nur in einem überschaubaren Zeitraum bestanden hat, der nicht einen der in der BSG-Rechtsprechung anerkannten Ausnahmefälle begründen kann.
Der Senat sieht im Übrigen keinen Anlass, hinsichtlich der engen Voraussetzungen für die Annahme eines Härtefalls, die vom BSG aufgestellt worden sind, abzuweichen und eine weitere Fallgruppe anzuerkennen, wie hier etwa die Berücksichtigung anerkennenswerten Engagements und solidarischer Hilfeleistung im Familienkreis durch den Betreffenden. Denn dies würde nicht dem oben genannten Gesetzeszweck von § 7 Abs. 5 SGB II, der Vermeidung einer versteckten Ausbildungsförderung im System des SGB II, entsprechen (s. im Einzelnen oben; vgl. hierzu z.B. auch Söhngen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 27, Rn. 19, m.w.N.).
Auf die Angemessenheit der geltend gemachten Bedarfe für Unterkunft und Heizung kommt es somit nicht an.
Die Berufung kann damit keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).

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