Aktenzeichen L 4 KR 526/16
SGB V § 13 Abs. 3a
SGB X § 26 Abs. 1, § 39 Abs. 2, § 45
BGB § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2
Leitsatz
1. Zu den Voraussetzungen des Eintritts der Genehmigungsfiktion. (Rn. 41 – 48)
2. Eine Gynäkomastie Grad 2 bis 3 der Brust stellt eine Krankheit dar. Der Kläger durfte eine Liposuktion und Mastektomie sowie Straffung der Brust aufgrund der fachlichen Befürwortung durch die ihn behandelnden Ärzte für erforderlich halten. (Rn. 44)
3. Hinsichtlich der Voraussetzungen der Rücknahme einer fingierten Genehmigung folgt der Senat der Rechtsprechung des 1. Senats des Bundessozialgerichts. (Rn. 49 – 55)
Verfahrensgang
S 29 KR 1786/15 2016-10-10 GeB SGMUENCHEN SG München
Tenor
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 10. Oktober 2016 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.
III. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Die Berufung ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das SG die Leistungsablehnung und die Rücknahme der Genehmigung aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Kläger mit einer Liposuktion und Mastektomie sowie Straffung der Brust links zu versorgen.
Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat aufgrund fingierter Genehmigung seines Antrags einen Naturalleistungsanspruch auf Versorgung mit der beantragten Operation. Dass die Beteiligten erst im Klageverfahren den Eintritt der Genehmigungsfiktion erkannt haben, spielt hierbei keine Rolle. Die fingierte Genehmigung ist nicht erloschen. Insbesondere ist ihre Rücknahme rechtswidrig. Auch die Ablehnung der beantragten Leistung verletzt den Kläger wegen der ihr entgegenstehenden fiktiven Genehmigung in seinen Rechten. Gegenstand des Rechtsstreits sind in einer Klage im Wege der objektiven Klagehäufung, § 56 SGG, zusammen verfolgte drei zulässige Klagebegehren: Die allgemeine Leistungsklage auf Versorgung mit einer Liposuktion und Mastektomie sowie Straffung der Brust links, die Anfechtungsklage gegen die Ablehnungsentscheidung und die Anfechtungsklage gegen die während des erstinstanzlichen Verfahrens zum Gegenstand des Rechtsstreits gewordene Rücknahmeentscheidung.
Die vom Kläger erhobene allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG ist zulässig. Die kraft Fiktion erfolgte Genehmigung einer beantragten Leistung steht einer Bewilligung durch Leistungsbescheid gleich, dem Versicherten steht unmittelbar aus der fingierten Genehmigung ein Anspruch auf Versorgung mit der Leistung zu. Die daneben im Wege der objektiven Klagehäufung erhobene isolierte Anfechtungsklage gegen die Ablehnungsentscheidung, mit der die Beklagte eine neue Sachentscheidung getroffen hat, ist zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 11.07.2017, B 1 KR 1/17 R).
Das SG musste weiter auf Klage über die Rücknahme der fingierten Genehmigung entscheiden. Sie ist zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden, § 96 Abs. 1 SGG. Danach wird nach Klageerhebung ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Die Rücknahme der fingierten Genehmigung änderte in diesem Sinne die Ablehnungsentscheidung. Ein späterer Verwaltungsakt ändert oder ersetzt dann einen früheren, angefochtenen, wenn er den Verfügungssatz des Ursprungsbescheides ersetzt, abändert oder unter Aufrechterhaltung des Rechtsfolgenausspruchs dessen Begründung so modifiziert, dass sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt ändert. Es genügt auch, wenn der spätere in die Regelung des früheren Verwaltungsakts eingreift und damit die Beschwer des Betroffenen vermehrt oder vermindert. In diesem Sinne änderte die Rücknahme der fingierten Genehmigung die angefochtene Ablehnungsentscheidung. Die Rücknahmeentscheidung hob die fingierte Genehmigung auf. Die Rücknahmeentscheidung änderte mit der darin liegenden und der mit gleichem Bescheid ausdrücklich ausgesprochenen Leistungsablehnung für die Zukunft zugleich die ursprünglich ergangene Ablehnungsentscheidung (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2017, B 1 KR 15/17 R).
Der bei der Beklagten gegen Krankheit versicherte und damit leistungsberechtigte Kläger hat einen Anspruch auf die Übernahme der Kosten für die von ihm beantragten Leistungen. Die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V ist eingetreten, die Leistung gilt als genehmigt, die Beklagte ist zur Übernahme der Kosten verpflichtet.
Der Antrag der Klägerin betraf eine Leistung, die der Kläger für erforderlich halten durfte und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskataloges der GKV lag. Die Gesetzesregelung ordnet diese Einschränkungen für die Genehmigungsfiktion zwar nicht ausdrücklich, aber sinngemäß nach dem Regelungszusammenhang und -zweck an.
Die Begrenzung auf erforderliche Leistungen bewirkt eine Beschränkung auf subjektiv für den Berechtigten erforderliche Leistungen, die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liegen. Einerseits soll die Regelung es dem Berechtigten erleichtern, sich die ihm zustehende Leistung zeitnah zu beschaffen. Andererseits soll sie ihn nicht zu Rechtsmissbrauch einladen, indem sie Leistungsgrenzen des GKV-Leistungskatalogs überwindet, die jedem Versicherten klar sein müssen. Dieser Auslegung steht weder das Qualitätsgebot (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) noch das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs. 1 SGB V) entgegen. § 13 Abs. 3a SGB V weicht gerade als Sanktionsnorm von deren Anforderungen ab, indem er in seinem Satz 6 selbst in den Fällen, in denen eine Krankenkasse einen im oben dargestellten Sinn fiktionsfähigen Antrag völlig übergeht, die Fiktion der Genehmigung anordnet und damit bewusst in Kauf nimmt, dass die Rechtsauffassung des Antragstellers nur „zufällig“ rechtmäßig ist, mithin die Leistung auch dann als genehmigt gilt, wenn der Antragsteller auf diese ohne die Genehmigungsfiktion keinen materiell-rechtlichen Anspruch hat. Wären nur die auf sonstige materiell-rechtlich bestehende Leistungsansprüche außerhalb von § 13 Abs. 3a SGB V gerichteten Anträge fiktionsfähig, wäre die Regelung des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V obsolet (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2017, B 1 KR 15/17 R).
Die von dem Kläger begehrte Liposuktion und Mastektomie sowie Straffung der Brust links liegt nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV. Der Kläger durfte die beantragte Liposuktion und Mastektomie sowie Straffung der Brust links aufgrund der fachlichen Befürwortung durch die ihn behandelnden Ärzte der Klinik und Poliklinik für plastische Chirurgie des Klinikums I. für erforderlich halten. Die ihn behandelnden Ärzte des Klinikums I. diagnostizierten bei dem Kläger eine druckschmerzhafte Gynäkomastie Grad 2 bis 3 der linken Brust – somit eine Krankheit im Sinne des § 27 SGB V – und rieten aufgrund dieser Diagnose zur Durchführung der Liposuktion, Mastektomie sowie Straffung links. Der Kläger durfte daher die Leistung subjektiv für erforderlich halten, eine Krebserkrankung musste hierfür offensichtlich nicht vorliegen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass dem Kläger nach Eintritt der Genehmigungsfiktion die ablehnende Entscheidung der Beklagten zugegangen ist. Der Kläger musste bei seiner subjektiven Einschätzung auch nicht berücksichtigen, dass der MDK und der Sachverständige nach § 106 SGG eine OP-Indikation verneint haben. Denn hiervon hat er jeweils erst deutlich nach Ablauf der nach § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V maßgeblichen Frist erfahren. Der Ablauf dieser Frist ist der späteste mögliche Zeitpunkt, auf den bei der Prüfung der Frage, ob der Kläger die streitgegenständlichen Eingriffe für erforderlich halten durfte, abzustellen ist (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 12.01.2017, L 4 KR 37/15). Denn mit Ablauf der Frist ist – soweit die übrigen Voraussetzungen vorliegen – die Genehmigungsfiktion eingetreten. Spätere Erkenntnisse des Klägers bleiben für die maßgebliche subjektive Einschätzung außer Betracht.
Die Beklagte beschied den Antrag nicht innerhalb der maßgeblichen Fünf-Wochen-Frist. Die Frist des § 13 Abs. 3a SGB V ist abgelaufen. Gemäß § 13 Abs. 3a SGB V hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.
Vorliegend stand der Beklagten eine Frist von fünf Wochen ab Antragseingang zur Verfügung, weil sie eine Stellungnahme des MDK für erforderlich hielt und den Kläger darüber unterrichtet hat.
Maßgeblich für den Fristbeginn war der Eingang des Antrags bei der Beklagten. Die Frist begann am 25.07.2015 zu laufen, denn der maßgebliche Antrag des Klägers ging der Beklagten am 24.07.2015 zu (vgl. § 26 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB). Die Frist endete am 29.08.2015 (§ 26 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 188 Abs. 2 BGB). Maßgeblich ist – wie im Falle der Entscheidung durch einen bekanntzugebenden Verwaltungsakt – der Zeitpunkt der Bekanntgabe gegenüber dem Antragsteller, nicht jener der behördeninternen Entscheidung. Die Beklagte beschied den Antrag nicht bis zum Fristablauf am 29.08.2015, sondern erst später mit Erlass des Bescheides vom 09.10.2015.
Die entstandene Genehmigung ist auch nicht später erloschen. Auch eine fingierte Genehmigung – wie jene des Klägers – bleibt wirksam, solange und soweit sie nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. In diesem Sinne ist eine Krankenkasse nach Fristablauf nicht mit allen Einwendungen gegen die fingierte Genehmigung ausgeschlossen. Die Voraussetzungen eines Erlöschenstatbestands sind nicht erfüllt. Die Beklagte regelte mit der Ablehnung der Leistung (Bescheid vom 09.10.2015, Widerspruchsbescheid vom 01.12.2015) weder ausdrücklich noch sinngemäß, weder förmlich noch inhaltlich eine Rücknahme, eine Aufhebung oder einen Widerruf. Das SG hat die Rücknahme der Genehmigung (Bescheid vom 11.08.2016) zutreffend aufgehoben, denn sie ist rechtswidrig. Die Genehmigung hat sich auch nicht auf andere Weise erledigt.
Die Rücknahme der fingierten Genehmigung nach § 45 SGB X verletzt den Kläger in seinem Anspruch auf Versorgung mit einer Liposuktion und Mastektomie sowie Straffung der Brust links. Die Rücknahmevoraussetzungen sind nicht erfüllt, weil die Genehmigung rechtmäßig ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Voraussetzung der Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts ist nach der klaren Gesetzesregelung, dass der begünstigende Verwaltungsakt rechtswidrig ist. Daran fehlt es.
Maßstab der Rechtmäßigkeit der Genehmigung ist § 13 Abs. 3a SGB V. Nach dem Regelungssystem soll die Genehmigungsfiktion die Berechtigten vom Risiko entlasten, dass eine beantragte Leistung nicht in den Leistungskatalog der GKV fällt. § 13 Abs. 3a SGB V begründet einen eigenen Anspruch der Berechtigten, den ihnen das Gesetz kraft Genehmigungsfiktion durch fingierten Verwaltungsakt zuerkennt. Mit der Regelung des § 13 Abs. 3a SGB V wird der nicht zeitgerechten Entscheidung der Krankenkasse über einen Leistungsantrag begegnet. Der berechtigte Antragsteller soll schnell Gewissheit erlangen, ob ihm die beantragte Leistung zusteht. Die Krankenkasse ist nach Eintritt der Genehmigungsfiktion zur Erstattung der Kosten verpflichtet, die dem Berechtigten durch Selbstbeschaffung einer erforderlichen Leistung entstanden sind, § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V. Gleichen Schutz wie bei Selbstverschaffung gewährt der Eintritt der Genehmigungsfiktion für Versicherte, die Erfüllung ihres kraft Genehmigungsfiktion entstandenen Anspruchs als Sachleistung von ihrer Krankenkasse verlangen. Unter Wahrung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) wird damit sichergestellt, dass Versicherte ihren Sozialleistungsanspruch nicht nur dann realisieren können, wenn sie die sofortige Selbstbeschaffung vorfinanzieren können. Eine Genehmigung ist rechtmäßig, wenn die Voraussetzungen – wie vorliegend – erfüllt sind (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2017, B 1 KR 15/17 R).
Die dagegen erhobenen Einwendungen der Beklagten greifen nicht durch. Wie dargelegt sind nach der Gesetzeskonzeption die Voraussetzungen des mit dem ursprünglichen Leistungsantrag geltend gemachten Naturalleistungsanspruchs für die Rechtmäßigkeit des Eintritts der Genehmigungsfiktion grundsätzlich ohne Belang (vgl. BSG, Urteil vom 11.07.2017, B 1 KR 26/16 R). Unerheblich ist, ob die fingierte Genehmigung im Widerspruch zum materiellen Recht hinsichtlich der Voraussetzungen des mit dem ursprünglichen Leistungsantrag Begehrten steht. Auch die Regelung des § 13 Abs. 3a SGB V gehört zum materiellen Recht. Sie hat nämlich materiell-rechtliche genehmigte Leistungsansprüche zum Gegenstand. Eine Abkehr von der Regelung des § 45 Abs. 1 SGB X ist damit nicht zu rechtfertigen (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2017, B 1 KR 15/17 R).
Soweit die Beklagte auf die Entscheidung des 3. Senats des BSG vom 11.05.2017 (B 3 KR 30/15 R) Bezug genommen hat, ergibt sich auch hieraus keine andere Beurteilung. Zwar hat der 3. Senat in der zitierten Entscheidung ausgeführt, er neige im Unterschied zum Urteil des 1. Senats des BSG vom 08.03.2016 zu der Auffassung, dass die durch § 13 Abs. 3a S.7 SGB V gesetzlich fingierte Genehmigung grundsätzlich nach Maßgabe der allgemeinen Vorschriften der §§ 44 ff. SGB X aufgehoben werden könne, wobei deren Voraussetzungen an dem materiell-rechtlich genehmigten Leistungsanspruch zu bemessen seien. Sei die – nach den Feststellungen des LSG vorliegend möglicherweise eingreifende – fingierte Genehmigung auf eine Leistung gerichtet, auf die der Versicherte keinen Sachleistungsanspruch nach dem Recht der GKV habe, könne sie daher nach dem Verständnis des Senats unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X jedenfalls zurückgenommen werden, solange der Versicherte noch keinen Gebrauch von ihr gemacht, d.h. solange er sich die Leistung noch nicht selbst beschafft und noch keine Kosten veranlasst habe (vgl. BSG, Urteil vom 11.05.2017, B 3 KR 30/15 R).
Der Senat teilt bezüglich der Voraussetzungen der Rücknahme einer fingierten Genehmigung die dargestellte Rechtsauffassung des 1. Senats des BSG. Ausschlaggebend hierfür ist, dass auf diese Weise die Gleichbehandlung von Versicherten, die eine fiktiv bewilligte Leistung nicht vorfinanzieren können, mit finanziell besser gestellten Versicherten gewährleistet wird.
Das gilt nun auch vor dem Hintergrund, dass der 3. Senat nach Urteilsverkündung im dortigen Verfahren in seiner Sitzung vom 15.03.2018 über die Rechtmäßigkeit der Rücknahme von fiktiven Genehmigungen mit der Begründung nicht entschieden hat, der Anwendungsbereich der Genehmigungsfiktion für die Ansprüche der dortigen Kläger auf Versorgung mit Hilfsmitteln sei nicht eröffnet und die Bescheide, mit denen die beklagten Krankenkassen in den Fällen die vermeintlich nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V eingetretene fiktive Genehmigung zurückgenommen hätten, seien damit ins Leere gegangen.
Die Genehmigung der Liposuktion und Mastektomie sowie Straffung der Brust links hat sich auch nicht auf andere Weise erledigt, § 39 Abs. 2 SGB X. Sind Bestand oder Rechtswirkungen einer Genehmigung für den Adressaten erkennbar von vornherein an den Fortbestand einer bestimmten Situation gebunden, so wird sie gegenstandslos, wenn die betreffende Situation nicht mehr besteht. Umstände, die die Genehmigung entfallen lassen könnten, wurden weder vorgetragen noch sind sie sonst ersichtlich. Jedenfalls genügt es hierfür nicht, dass die Stellungnahme des MDK und das vom SG nach § 106 SGG eingeholte Gutachten, dem das nach § 109 SGG eingeholte Gutachten widerspricht, eine behandlungsbedürftige Erkrankung verneint haben. Die Durchführung der Liposuktion und Mastektomie sowie Straffung der Brust links ist nach den tatsächlichen Verhältnissen durchführbar. Die Leistung ist auch aus rechtlichen Gründen nicht unmöglich geworden.
Die Ablehnungsentscheidung verletzt den Kläger in seinem sich aus der Genehmigung seines Antrags ergebenden Leistungsanspruch.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen. Bei Verkündung des vorliegenden Urteils stand noch nicht fest, ob der 3. Senat des BSG in seiner Sitzung am 15.03.2018 bezüglich der Frage der Zurücknahme fingierter Genehmigungen den Großen Senat des BSG (§ 41 SGG) anrufen würde.