Aktenzeichen 12 C 18.1894
SGB X § 33, § 35 Abs. 1 S. 3, § 45 Abs. 1, Abs. 2 S. 1-3, § 48 Abs. 1 S. 1, S. 2, § 50 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, S. 2
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1
Leitsatz
Der Begründungspflicht nach § 35 Abs. 1 SGB X wird nicht genügt, wenn nicht deutlich wird, aufgrund welcher Rechtsgrundlage der Bewilligungsbescheid überhaupt zurückgenommen werden soll und ab welchem Zeitpunkt. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
RO 4 K 17.980 2018-08-02 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg
Tenor
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 2. August 2018 (Az.: RO 4 K 17.980) wird aufgehoben und der Klägerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt S. bewilligt.
Gründe
Die Klägerin verfolgt mit ihrer Beschwerde die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung für ihre auf Aufhebung von Ziffer 1. des Bescheids vom 3. Januar 2017 (Rücknahme der Bewilligung von Unterhaltsvorschussleistungen, Leistungseinstellung) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Mai 2017 gerichtete Klage weiter.
I.
1. Mit Antrag vom 5. September 2013 beantragte die Mutter der am … Mai 2013 geborenen Klägerin als ihre gesetzliche Vertreterin beim Beklagten Unterhaltsvorschussleistungen. Sie benannte dabei ihren seit ca. einem Jahr von ihr getrennt lebenden Ehegatten als Vater der Klägerin. Zugleich war dem Antrag eine Geburtsurkunde der Klägerin, die ebenfalls den Ehegatten ihrer Mutter als Vater ausweist (Bl. 4 der Behördenakte), beigefügt. Der Ehegatte der Mutter leistete zum Antragszeitpunkt (und auch später) für die Klägerin keinen Unterhalt. Mit an die Mutter der Klägerin (nicht explizit als gesetzliche Vertreterin ihrer Tochter) adressiertem Bescheid vom 14. November 2013 bewilligte der Beklagte ab 1. Juli 2013 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in Höhe von monatlich 133,- €, die sich ab 1. Juli 2015 auf monatlich 144,- €, ab 1. Januar 2016 auf monatlich 145,- € und ab dem 1. Januar 2017 auf monatlich 150,- € erhöhten. In der Folge machte der Beklagte gegenüber dem (getrennt lebenden) Ehemann der Mutter der Klägerin wiederholt die Erstattung des geleisteten Unterhaltsvorschusses geltend. Ferner übermittelte er am 2. Juni 2014 und 30. März 2015 der Mutter der Klägerin jeweils einen sog. „Überprüfungsfragebogen“, in dem sie als Unterhaltspflichtigen und Elternteil, bei dem die Klägerin nicht lebt, wiederum ihren (von ihr getrennt lebenden bzw. seit Januar 2015 geschiedenen) Ehemann angab.
2. Mit Email vom 18. August 2015 teilte der Bevollmächtigte des mittlerweile geschiedenen Ehegatten der Mutter der Klägerin mit, dass sich aus einem im Rahmen einer Vaterschaftsanfechtung erstellten Gutachten des rechtsmedizinischen Instituts der Universität E.-N. ergebe, dass der geschiedene Ehegatte als Vater der Klägerin nicht in Betracht komme. Mit Beschluss vom 3. September 2015, rechtskräftig seit 13. Oktober 2015, stellte das Amtsgericht S. daraufhin fest, dass der geschiedene Ehegatte der Mutter der Klägerin nicht ihr Vater sei.
3. In der Folge hörte der Beklagte die Mutter der Klägerin mit Schreiben vom 21. August 2015 nach § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zur beabsichtigten Einstellung der Unterhaltsvorschussleistungen sowie zur Rückforderung zu Unrecht ausbezahlter UVG-Leistungen in Höhe von 3.480,- € an. Die Mutter der Klägerin sei im Merkblatt zur Beantragung der UVG-Leistungen, bei Erhalt des Bewilligungsbescheids sowie mit den jährlichen Überprüfungsfragebögen auf ihre Mitteilungspflichten gegenüber dem Beklagten sowie die Folgen unvollständiger oder falscher Angaben hingewiesen worden. Durch die unterbliebene Mitteilung der Vaterschaftsanfechtung habe der Beklagte den Eindruck gewonnen, dass die Mutter der Klägerin vorhandenes Wissen und/oder Erkenntnisse zur Person des Kindsvaters sowie über die näheren Umstände ihrer Bekanntschaft und Beziehung zum Kindsvater zurückhalte. Ein Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen bestehe nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) dann nicht, wenn der Elternteil, bei dem das Kind lebe, sich weigere, die zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes notwendigen Auskünfte zu erteilen oder bei der Feststellung der Vaterschaft bzw. des Aufenthalts des anderen Elternteils mitzuwirken. Eine Weigerung sei hier gegeben, da die Mutter der Klägerin es unterlassen habe, im Zusammenwirken mit dem Kreisjugendamt des Beklagten das ihr Mögliche und Zumutbare zu tun, um zur Feststellung der Vaterschaft und des Aufenthalts des Kindsvaters nach Kräften beizutragen, indem sie etwa Einzelheiten verschwiegen habe, die bei Mitteilung zu einer Vaterschaftsfeststellung hätten führen können. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 UVG habe der Elternteil, bei dem der Berechtigte lebe, die zu Unrecht erbrachten Leistungen zurückzuzahlen, wenn er gewusst oder fahrlässigerweise nicht gewusst habe, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen nicht vorgelegen hätten. Im vorliegenden Fall werde gegen die Mutter der Klägerin ein Strafverfahren wegen Betrugs und missbräuchlicher Inanspruchnahme von Sozialleistungen eingeleitet; ferner müsse ein weiteres Vaterschaftsfeststellungsverfahren durchgeführt werden. Hierzu werde Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
4. Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 22. September 2015 entgegnete die Mutter der Klägerin, dass die Unkenntnis des Kreisjugendamts vom Anfechtungsprozess keinen maßgeblichen Gesichtspunkt darstelle, da auch bei einer Kenntnis hiervon sich keine andere Situation ergeben hätte. Weiter könne es im vorliegenden Fall auf den „Eindruck“, den der Beklagte gewonnen habe, nicht maßgeblich ankommen. Die Mutter der Klägerin habe sich auch nicht im Sinne von § 1 Abs. 3 UVG geweigert, an der Feststellung der Vaterschaft mitzuwirken. Sie sei vielmehr davon überzeugt gewesen, dass ihr geschiedener Ehegatte der Vater der Klägerin gewesen sei. Den tatsächlichen Vater kenne sie nicht und könne ihn auch nicht identifizieren.
Daraufhin lud das Kreisjugendamt des Beklagten mit Schreiben vom 18. November 2015 die Mutter der Klägerin unter Hinweis auf § 1 Abs. 3 UVG zu einem persönlichen Gespräch und drohte zugleich die Einstellung der UVG-Leistungen an. Weiter forderte es die Mutter der Klägerin mit Schreiben vom 19. Januar 2016 auf, detaillierte Angaben zum mutmaßlichen Kindsvater zu machen, darunter Angaben über Ort, Datum und Art der Begegnung, ferner namentlich Zeugen zu benennen, damit ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren eingeleitet werden könne. Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 3. März 2016 erklärte die Mutter der Klägerin, dass sie den Familiennamen des möglichen Kindsvaters nicht kenne bzw. sich nicht daran erinnern könne, dass er einen solchen genannt habe. Nach ihrer Erinnerung habe sein Vorname „Kaistas“ gelautet und er sei zwischen 1,75 und 1,80m groß gewesen. Besondere Auffälligkeiten seien ihr nicht erinnerlich; er sei „dunkelfarbig“ gewesen, habe eine bräunliche Augenfarbe besessen und ein Gemisch aus Serbisch und Albanisch gesprochen. Zusammengetroffen sei sie mit ihm in Butwar in Montenegro anlässlich einer Urlaubsreise. Es habe sich dabei um einen sog. „one-night-stand“ gehandelt. Während des Geschlechtsverkehrs sei die Mutter der Klägerin stark betrunken gewesen. Weitere Angaben könne sie nicht machen. Daraufhin forderte der Beklagte die Mutter der Klägerin mit mehreren Schreiben, zuletzt vom 31. Oktober 2016, gleichwohl auf, weitere Angaben zu ihrem Aufenthalt in Montenegro bzw. dem Treffen mit dem möglichen Kindsvater zu machen, ferner die Entscheidung im Vaterschaftsanfechtungsverfahren, ihren Muttersowie ihren Reisepass vorzulegen. Letzterer Aufforderung kam die Klägerin nicht nach.
5. Mit (wiederum) allein an die Mutter der Klägerin (nicht in ihrer Eigenschaft als gesetzliche Vertreterin der Klägerin) adressiertem Bescheid vom 3. Januar 2017 hob der Beklagte seinen Bescheid vom 14. November 2013 „über die Gewährung von Leistungen nach dem UVG für das Kind B. M.“ mit Wirkung ab 1. Juli 2013 auf und stellte die laufenden Zahlungen ab 1. Februar 2017 ein (Ziffer 1.), verfügte gegenüber der Mutter der Klägerin die Erstattung von für den Zeitraum vom 1. Juli 2013 bis 31. Januar 2017 erbrachten Unterhaltsvorschussleistungen in Höhe von 5.946,- € (Ziffer 2.) mit Fälligkeit zum 28. Februar 2017 (Ziffer 3.) und ordnete die sofortige Vollziehung von Ziffer 1. des Bescheids (Aufhebung und Zahlungseinstellung) an (Ziffer 4.).
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass hinsichtlich der Leistungsvoraussetzungen Änderungen eingetreten seien. Während die Mutter der Klägerin bei der Antragstellung am 5. September 2013 angegeben habe, dass ihr geschiedener Ehemann der Vater der Klägerin sei, sei dies nach dem DNA-Gutachten vom 16. Juni 2015 nunmehr auszuschließen. Letzteren Umstand habe nicht die Mutter der Klägerin, obwohl sie mehrfach auf ihre Mitteilungspflichten hingewiesen worden sei, sondern der Bevollmächtigte des geschiedenen Ehemannes dem Beklagten mitgeteilt. Folglich habe sie bei der Beantragung der UVG-Leistungen nicht alle als mögliche Väter in Betracht kommenden Personen benannt. Nach Nr. 1.10.4 Abs. 1b Satz 2 der Richtlinien zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes reiche es, wenn mehrere Männer als Vater in Betracht kommen, nicht aus, nur denjenigen zu benennen, den die Kindsmutter für den Vater halte. Folglich habe sich die Mutter der Klägerin bereits bei der Antragstellung geweigert, bei der Feststellung der Vaterschaft mitzuwirken, sodass nach § 1 Abs. 3 UVG ein Anspruch auf Leistungen nach dem UVG von vornherein nicht bestanden habe. Für weitere Angaben zur Feststellung der Vaterschaft sei der Mutter der Klägerin wiederholt, zuletzt mit Schreiben vom 31. Oktober 2016, Gelegenheit gegeben worden. Nach § 5 Abs. 1 UVG habe der Elternteil, bei dem der Berechtigte lebe, die geleisteten Beträge insoweit zu ersetzen, als die Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhaltsleistung in den Kalendermonaten, für die sie gezahlt worden sind, nicht oder nicht durchgehend vorgelegen haben, wobei der Elternteil entweder die Zahlungen dadurch herbeigeführt haben müsse, dass er vorsätzlich oder fahrlässig falsche oder unvollständige Angaben gemacht oder eine Anzeige nach § 6 UVG unterlassen habe oder dass er gewusst oder infolge Fahrlässigkeit nicht gewusst habe, dass die Voraussetzungen für die Zahlung von Unterhaltsleistungen nicht erfüllt waren. Daher habe die Mutter der Klägerin Schadensersatz in Höhe von 5.946,- € für die im Zeitraum vom 1. Juli 2013 bis 31. Januar 2017 erfolgten UVG-Leistungen zu zahlen.
Der Bescheid vom 14. November 2013, mit dem der Klägerin, die von ihrer Mutter gesetzlich vertreten werde, Unterhaltsvorschussleistungen bewilligt worden seien, werde zum 1. Februar 2017 aufgehoben. Unterhaltsvorschussleistungen, die aufgrund eines unwirksamen Verwaltungsakts zu Unrecht erbracht worden seien, seien gemäß § 50 Abs. 2 Satz 1 SGB X zu erstatten, wobei die §§ 45 und 48 SGB X entsprechend gelten würden. § 45 Abs. 2 SGB X erfordere grundsätzlich eine Ermessensentscheidung. Dabei gebiete das öffentliche Interesse regelmäßig die Erstattung einer zu Unrecht bezogenen Leistung. Dies gelte besonders im vorliegenden Einzelfall. Es seien keine Gründe ersichtlich, die eine Abweichung von der grundsätzlichen Handhabung rechtfertigen könnten. Insbesondere liege keine unzumutbare Härte vor. Festzuhalten sei, dass die Interessen der Gemeinschaft am Erstattungsverlangen die Interessen der Begünstigten überwiegen. Vertrauensschutzgründe bestünden ebenfalls nicht, da ein Verschulden des Landratsamts Schwandorf nicht gegeben sei und die Begünstigte auf ihre Mitwirkungspflichten stets hingewiesen worden sei. Weiter werde gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung dieses Bescheids angeordnet.
6. Den gegen diesen Bescheid von der Klägerin eingelegten Widerspruch wies die Regierung der O. mit Widerspruchsbescheiden vom 2. Mai 2017 als unbegründet zurück. Anders als die Ausgangsbehörde differenzierte die Widerspruchsbehörde dabei nach der „Rückforderung der UVG-Leistungen“ gem. Ziffer 2. des Ausgangsbescheids einerseits und der „Einstellungen der Leistungen nach dem UVG“ nach Ziffer 1. des Ausgangsbescheids andererseits.
Bezüglich der Einstellung der UVG-Leistungen sei der Widerspruch zulässig, aber unbegründet. Nach § 1 Abs. 3 UVG bestehe dann kein Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen, wenn der Elternteil, bei dem das Kind lebe, sich weigere, die Auskünfte, die zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes erforderlich seien, zu erteilen oder bei der Feststellung der Vaterschaft oder des Aufenthalts des anderen Elternteils mitzuwirken. Zu den erforderlichen Auskünften rechneten grundsätzlich auch Angaben zur Bestimmung der Person des Vaters. Soweit es – wie im vorliegenden Fall – um Unterhaltsansprüche nichtehelicher (!) Kinder gehe, sei die öffentliche Hand auf die Mitwirkung der Mutter angewiesen. Die Mitwirkungspflicht aus § 1 Abs. 3 UVG treffe die Kindsmutter im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren. Eine Weigerung zur Mitwirkung bei der Vaterschaftsfeststellung im Sinne von § 1 Abs. 3 UVG liege dann vor, wenn der Elternteil es an der Bereitschaft habe fehlen lassen, im Zusammenwirken mit der Behörde das ihm Mögliche und Zumutbare zu tun, um zur Feststellung der Vaterschaft und des Aufenthalts des Kindsvaters nach seinen Kräften beizutragen. Nach Ziffer 1.10.4 Abs. 3 der Richtlinien zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes habe die Kindsmutter umfassende und möglichst belegbare Auskünfte über die Umstände im Zusammenhang mit der Entstehung der Schwangerschaft zu erteilen. Auch wenn die Mutter der Klägerin davon ausgegangen sei, dass ihr damaliger Ehemann der Vater der Klägerin gewesen sei, hätte ihr klar gewesen sein müssen, dass auch ein anderer Mann als Erzeuger des Kindes hätte in Betracht kommen können, auch wenn es sich dabei nur um einen sog. „one-night-stand“ gehandelt habe. Dies hätte sie dem Kreisjugendamt des Beklagten „von Anfang an mitteilen müssen“. Darüber hinaus hätte die Mutter der Klägerin das Kreisjugendamt beim Versuch, den richtigen Vater ausfindig zu machen, unterstützen müssen. Zur Feststellung der Vaterschaft hätte sie „z.B. eine Beistandschaft des Jugendamtes gemäß § 1712 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) beantragen können unter Benennung der in Betracht kommenden Personen“. Weiter sei die Mutter der Klägerin auch bei der Beantwortung der Überprüfungsfragebögen ihrer Mitwirkungsobliegenheit nicht nachgekommen. Sie habe weder versucht, den Aufenthaltsort noch den Namen des mutmaßlichen Kindsvaters herauszufinden. Entscheidungserhebliche Unterlagen, wie z. B. ihren Reisepass und ihren Mutterpass, habe sie trotz mehrmaliger Aufforderung nicht vorgelegt. Es dränge sich hier der Verdacht auf, dass das Engagement bei der Ermittlung des Kindsvaters wegen der finanziellen Unterstützung durch die öffentliche Hand weitaus geringer ausgefallen sei und sie in keiner Weise Interesse an der Feststellung der Vaterschaft gezeigt habe.
Die Mutter der Klägerin sei daher nach § 5 Abs. 1 UVG verpflichtet, die zu Unrecht erbrachten Unterhaltsvorschussleistungen zu erstatten. Sie habe die Zahlung von Unterhaltsvorschuss dadurch herbeigeführt, dass sie vorsätzlich oder fahrlässig falsche oder unvollständige Angaben gemacht oder eine Anzeige nach § 6 UVG unterlassen habe, oder gewusst oder infolge Fahrlässigkeit nicht gewusst habe, dass die Voraussetzungen für die Zahlung von Unterhaltsvorschuss nicht vorgelegen hätten. Hinsichtlich der Bestimmung des Begriffes der Fahrlässigkeit sei von § 276 Abs. 2 BGB auszugehen. Anhaltspunkte dafür, dass die Mutter der Klägerin aufgrund ihrer persönlichen Voraussetzungen nicht in der Lage gewesen wäre, die Erforderlichkeit bzw. Bedeutung der Angaben zur Person des mutmaßlichen Kindsvaters bzw. ihrer Mitteilungspflichten zu erfassen, bestünden nicht. Ihr sei, ihre Mitwirkung betreffend, zumindest grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Demzufolge habe kein Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen bestanden und bestehe auch weiterhin kein solcher.
Der Beklagte sei daher berechtigt gewesen, die UVG Zahlungen einzustellen und seinen Bescheid über die Bewilligung von UVG-Leistungen nach § 45 Abs. 2 Nr. 2 SGB X zurückzunehmen.
7. Hiergegen ließ die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten Klage erheben und für diese Klage Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung beantragen. Mit Beschluss vom 2. August 2018 lehnte das Verwaltungsgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussichten der Klage ab.
Zwar ergebe sich aus dem streitgegenständlichen Bescheid des Beklagten vom 3. Januar 2017 nicht eindeutig, wer Adressat der Regelung in Ziffer 1. des Bescheids (Aufhebung des Bewilligungsbescheids; Einstellung der Leistung von Unterhaltsvorschuss) sei. Die Widerspruchsbehörde habe aber bei der Verbescheidung des Widerspruchs zwischen der Mutter der Klägerin als Adressatin von Ziffer 2. und 3. des Bescheids und der Klägerin, gesetzlich vertreten durch ihre Mutter, als Adressatin von Ziffer 1. des Bescheids unterschieden. Der Bevollmächtigte der Klägerin habe diese Unterscheidung bei Klageerhebung aufgegriffen. Das Gericht schließe sich daher der von den Parteien vorgenommenen Auslegung des Bescheids vom 3. Januar 2017 an.
Die vorliegend streitgegenständliche Ziffer 1. des Bescheids vom 3. Januar 2017 erweise sich bei der gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig. Vorliegend besitze die Klägerin keinen Anspruch nach § 1 Abs. 1 UVG, da der Ausschlussgrund des § 1 Abs. 3 UVG vorliege. Der Umstand, dass der geschiedene Ehegatte der Mutter der Klägerin im Zeitpunkt der Erstantragstellung am 5. September 2013 nach § 1592 Nr. 1 BGB als gesetzlicher Vater der Klägerin gegolten habe, hätte die Mutter der Klägerin nicht davon entbunden, gegenüber dem Beklagten anzugeben, dass auch ein anderer Mann als biologischer Vater in Betracht kommen könnte. Dass die Mutter der Klägerin insoweit selbst Zweifel an der biologischen Vaterschaft ihres geschiedenen Ehegatten gehabt habe, ergebe sich aus dem Vermerk des Amtsgerichts Schwandorf über ihre informatorische Befragung im Rahmen des Vaterschaftsanfechtungsverfahrens. Es bestünden auch keine Zweifel dahingehend, dass die Mutter der Klägerin ausreichend über ihre Mitwirkungspflichten informiert worden sei. Sie habe daher bei der Antragstellung „fahrlässig unvollständige Angaben“ gemacht. Ihr sei vorzuhalten, dass sie nicht von Anfang an gegenüber dem Beklagten eingeräumt habe, nicht ausschließen zu können, dass auch eine andere Person als Vater ihrer Tochter in Betracht käme.
Im Übrigen werde auf den streitgegenständlichen Bescheid sowie den Widerspruchsbescheid der Regierung der O. verwiesen.
8. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde, der das Verwaltungsgericht nicht abgeholfen hat. Der Beklagte verteidigt den angefochtenen Beschluss und verweist auf sein bisheriges Vorbringen im Widerspruchs- und im Klageverfahren.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat Erfolg, da der gegen die Einstellung der Unterhaltsvorschussleistungen sowie die „Aufhebung“ des Bewilligungsbescheids vom 14. November 2013 gerichteten Klage die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderlichen Erfolgsaussichten entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts beigemessen werden müssen.
Denn Ziffer 1. des streitgegenständlichen Bescheids des Beklagten vom 3. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung der O. vom 2. Mai 2017 erweist sich bereits wegen gravierender Begründungsdefizite als rechtswidrig (1.), sodass der Klägerin vollumfänglich Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist. Darüber hinaus liegen die Voraussetzungen für eine „Aufhebung“ der Unterhaltsvorschussleistungen bis zur Rechtskraft der Vaterschaftsanfechtung im Oktober 2015 nicht vor (2.).
1. Weder der Ausgangsbescheid des Beklagten vom 3. Januar 2017 noch der Widerspruchsbescheid der Regierung der O. vom 2. Mai 2017 lassen erkennen, dass die jeweiligen Behörden zwischen einem (Schadens-)Ersatzanspruch gegen die Mutter der Klägerin aus § 5 Abs. 1 UVG und der beabsichtigten Rücknahme des Bewilligungsbescheids und Einstellung der Leistung für die Zukunft gegenüber der Klägerin als Inhaberin eines Anspruchs nach § 1 Abs. 1 UVG unterschieden haben. Dies wird bereits in der von der Widerspruchsbehörde thematisierten defizitären Adressierung und Tenorierung des Ausgangsbescheids – nämlich allein an die Mutter der Klägerin – deutlich, wobei in vorliegendem Zusammenhang dahingestellt bleiben kann, ob die Widerspruchsbehörde den Adressierungsmangel tatsächlich, wie das Verwaltungsgericht meint, durch ihre Aufspaltung des Widerspruchs geheilt hat.
Jedenfalls weist der Ausgangsbescheid hinsichtlich der in Ziffer 1. verfügten Aufhebung des Bewilligungsbescheids vom 14. November 2013 sowie der Einstellung der laufenden Zahlungen ab dem 1. Februar 2017 nicht die nach § 35 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erforderliche Begründung auf. So wird bereits nicht deutlich, aufgrund welcher Rechtsgrundlage der Bewilligungsbescheid überhaupt zurückgenommen werden soll und ab welchem Zeitpunkt. Vielmehr vermengt der Beklagte in den Bescheidgründen Tatbestandsmerkmale und Rechtsfolgen des Anspruchs nach § 5 Abs. 1 UVG mit denen einer Rücknahme nach § 45 bzw. § 48 SGB X. Darüber hinaus gehen die Bescheidgründe von einer Aufhebung des Bescheides vom 14. November 2013 „zum 1.2.2017“ aus (vgl. Verwaltungsakte Bl. 177), wohingegen der Tenor des Bescheids die Aufhebung ab dem 1.7.2013 verfügt.
Als „Begründung“ der „Aufhebung“ unbehelflich ist bereits der Ansatz, dass „Unterhaltsvorschussleistungen, die aufgrund eines unwirksamen Verwaltungsaktes zu Unrecht erbracht worden sind, […] gemäß § 50 Abs. 2 Satz 1 SGB X zu erstatten [sind], wobei die §§ 45 und 48 SGB X entsprechend gelten“.
Ein Anspruch nach § 50 Abs. 2 Satz 1 SGB X würde zunächst voraussetzen, dass Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, was angesichts des Bewilligungsbescheids vom 14. November 2013 vorliegend nicht der Fall ist. Denkbar wäre insoweit wohl allein ein Erstattungsanspruch nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X, wonach bereits erbrachte Leistungen zu erstatten sind, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Indes richten sich beide Erstattungsansprüche an den jeweiligen Leistungsadressaten, d.h. im vorliegenden Fall an die Klägerin als Anspruchsberechtigte der Unterhaltsvorschussleistungen. Einen Erstattungsanspruch gegen das unterhaltsvorschussberechtigte Kind, der überdies noch möglicherweise durch die Spezialregelung des § 5 Abs. 1 UVG verdrängt wird (so etwa Conradis, Unterhaltsvorschussgesetz, 2. Aufl. 2013, § 5 Rn. 3; ders. in Rancke, Mutterschutz – Elterngeld – Elternzeit – Betreuungsgeld, 5. Aufl. 2018, § 5 UVG Rn. 3), hat der Beklagte hingegen weder in Ziffer 1. noch in Ziffer 2. des streitgegenständlichen Bescheids geltend gemacht, sodass die entsprechenden Ausführungen hier ersichtlich neben der Sache liegen.
In der Folge bleibt weiter unklar, welches nun die konkrete Rechtsgrundlage für die „Aufhebung“ der Bewilligung von Unterhaltsvorschussleistungen sein soll. Hierbei käme grundsätzlich § 45 Abs. 1 SGB X (Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts) aber auch § 48 Abs. 1 Satz 1, 2 SGB X (Aufhebung eines Dauerverwaltungsakts ab Änderung der Verhältnisse) in Betracht. Mit dem lapidaren Hinweis auf § 50 Abs. 2 Satz 2 SGB X, wonach §§ 45 und 48 entsprechend gelten, lässt der Beklagte die Rechtsgrundlage hingegen völlig offen. Eine Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale sowohl von § 45 Abs. 1 SGB X wie auch unter § 48 Abs. 1 Satz 1, 2 SGB X unterbleibt vollständig. Auch der Verweis darauf, dass § 45 Abs. 2 SGB X grundsätzlich eine Ermessensentscheidung verlange, führt nicht weiter. Denn nach der gesetzlichen Systematik verbietet § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X zunächst die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts (auf der Grundlage von § 45 Abs. 1 SGB X) soweit der Begünstigte – im vorliegenden Fall die Klägerin als Inhaberin des Anspruchs auf Unterhaltsvorschussleistungen, nicht hingegen ihre Mutter – auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und das Vertrauen unter Abwägung mit den öffentlichen Interessen an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Weder mit der nach § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X regelmäßig bestehenden Schutzwürdigkeit des Vertrauens im Falle des Verbrauchs der Leistung noch den Ausnahmen hiervon nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X setzt sich der Beklagte in der Folge näher auseinander. Darüber hinaus fehlt es in der getätigten „Abwägung“ auch an jeglichem Eingehen auf den Einzelfall.
Auch der Widerspruchsbescheid der Regierung der O. vom 2. Mai 2017 benennt keine Rechtsgrundlage für die „Aufhebung“ des Bewilligungsbescheids. Er setzt sich nahezu ausschließlich mit der Frage auseinander, ob die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 UVG in der Person der Mutter der Klägerin vorliegen. Allein die auf zwei Sätze beschränkte Feststellung dass „die Einstellung der UVG-Leistungen in der Nummer 1 des Bescheids des Landratsamts Schwandorf vom 03.01.2017“ rechtmäßig war und die Widerspruchsführerin nicht in ihren Rechten verletzt hat bzw. dass das Landratsamt Schwandorf berechtigt gewesen sei, „die UVG-Zahlungen einzustellen und seinen Bescheid vom 14.11.2013 über die Bewilligung von UVG-Leistungen nach § 45 Abs. 2 Nr. 2 SGB X zurückzunehmen“ ersetzt weder die Auseinandersetzung mit einer tauglichen Rechtsgrundlage für einen die Klägerin belastenden Verwaltungsakt noch lassen sich hier in irgendeiner Weise etwa erforderliche Ermessenserwägungen erkennen.
Weder der Beklagte im Ausgangsbescheid noch die Widerspruchsbehörde im Widerspruchsbescheid haben daher dem Begründungserfordernis des § 35 Abs. 1 SGB X auch nur annähernd Rechnung getragen. Dies führt, da eine Heilung des Begründungsmangels bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ersichtlich ist, zur Rechtswidrigkeit von Ziffer 1. des Bescheids vom 3. Januar 2017 wegen der Verletzung der Pflicht zur Begründung einer Ermessensentscheidung aus § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X (vgl. zu dieser Fallkonstellation Hessischer VGH, U.v. 2.7.2013 – 10 D 2134/12 – NJW 2013, 3321 [3322]; ferner Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 21 ff.).
2. Ferner lägen für den Zeitraum zwischen der Antragstellung und der Rechtskraft des die Vaterschaftsanfechtung bestätigenden Beschlusses des Amtsgerichts Schwandorf weder die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bewilligungsbescheids vom 13. November 2013 nach § 45 Abs. 1 SGB X noch für dessen Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 1, 2 SGB X vor. Insoweit kann auf die Begründung des Beschlusses 12 C 18.1893 des Senats vom heutigen Tage verwiesen werden, in dem näher ausgeführt ist, weshalb die Verwirklichung des Ausschlusstatbestands nach § 1 Abs. 3 UVG durch die Mutter der Klägerin bis zur Rechtskraft der Vaterschaftsanfechtung nicht greift. Damit fehlt es für diesen Zeitraum sowohl an der Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheids im Sinne von § 45 Abs. 1 SGB X bzw. der wesentlichen Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1, 2 SGB X.
Der Beschwerde ist im Ergebnis vollumfänglich stattzugeben und der Klägerin, die auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen erfüllt, Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten zu bewilligen.
3. Eine Kostenentscheidung ist vorliegend entbehrlich, da in Streitigkeiten nach dem Unterhaltsvorschussgesetz nach § 188 Satz 2,1 VwGO Gerichtskosten nicht erhoben und nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO im Beschwerdeverfahren Kosten nicht erstattet werden.
Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.