Sozialrecht

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Aktenzeichen  S 28 KR 760/11

Datum:
20.6.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 139875
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

Die Entscheidung durch Gerichtsbescheid nach § 105 Abs. 1 SGG ist möglich, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.
Die mit Schriftsätzen vom 16.08.2013 (im Verfahren S 28 KR 760/11) und 03.05.2016 (im Verfahren S 28 KR 607/12) erneut gestellten Anträge auf Ablehnung des Vorsitzenden der 28. Kammer wegen Besorgnis der Befangenheit sind rechtsmissbräuchlich, da sie allein in Verschleppungsabsicht gestellt worden sind. Im Rahmen dieser Verfahren wurde die beantragte Richterablehnung bereits einmal bzw. dreimal zurückgewiesen (vgl. S 31 SF 226/13 AB zu S 28 KR 760/11 sowie S. 11 928/12 AB, S 31 SF 226/13 AB und S 29 SF 336/15 AB zu S 28 KR 607/12, vgl. im Übrigen auch S 11 SF 537/13 AB u.a. zu S 28 KR 760/11). Diese Anträge auf erneute Richterablehnung stehen der hiesigen Entscheidung durch Gerichtsbescheid daher nicht entgegen.
Die Klage ist teilweise unzulässig; im Übrigen ist sie unbegründet.
1. a. Die Klage ist unzulässig, soweit das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten streitgegenständlich ist. Diesbezüglich besteht kein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers.
Die Beklagte hat erklärt, dass weiterhin eine Pflichtmitgliedschaft des Klägers bestehe. Der Kläger hat kein Schreiben der Beklagten vorgelegt, dem entnommen werden könnte, dass eine Beendigung der Mitgliedschaft des Klägers ausgesprochen wurde. Auch das mit Schreiben vom 25.07.2011 erteilte Hausverbot für alle Münchner Kundenberatungen kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass eine Beendigung der Mitgliedschaft erfolgt ist.
b. Auch soweit der Kläger Untätigkeitsklage u.a. wegen Befreiung von Zuzahlungen und Rückerstattung einbehaltener Überzahlungen für das Jahr 2013 erhoben hat, ist die Klage unzulässig.
Gem. § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes Voraussetzung für die Erhebung einer Untätigkeitsklage. Einen solchen Antrag hatte der Kläger bei Klageeinreichung am 04.06.2012 noch nicht gestellt. Bei der Antragstellung handelt es sich um eine grundsätzlich nicht nachholbare Klagevoraussetzung (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Auflage, § 75 Rn. 7).
c. Im Übrigen liegen die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage vor.
Insbesondere konnte der Kläger die wegen der Befreiung von Zuzahlungen über der Belastungsgrenze für das Jahr 2011 erhobene Untätigkeitsklage nach Erlass des Widerspruchsbescheids am 30.08.2011 in eine Anfechtungsklage abändern (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage § 88 Rn. 10b). Der Bescheid vom 23.08.2012, mit dem der ursprüngliche Bescheid vom 15.06.2011 zur Festsetzung der Belastungsgrenze 2011 abgeändert wurde, ist gem. § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden.
2. Die Klage ist jedoch, soweit sie zulässig ist, unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 15.06.2011, abgeändert durch Bescheid vom 23.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.08.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung weiterer, für das Jahr 2011 zu viel geleisteter Zuzahlungen.
a. Die Beklagte hat die Belastungsgrenze des Klägers für das Jahr 2011 i.H.v. 17,73 € im Bescheid vom 23.08.2012 zutreffend berechnet.
Gem. § 62 Abs. 1 Satz 1 SGB V (in der Fassung vom 26.03.2007) haben Versicherte während jedes Kalenderjahres nur Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze zu leisten; wird die Belastungsgrenze bereits innerhalb eines Kalenderjahres erreicht, hat die Krankenkasse eine Bescheinigung darüber zu erteilen, dass für den Rest des Kalenderjahres keine Zuzahlungen mehr zu leisten sind. Die Belastungsgrenze beträgt 2 vom Hundert der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt; für chronisch Kranke, die wegen derselben schwerwiegenden Krankheit in Dauerbehandlung sind, beträgt sie 1 vom Hundert der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt (§ 62 Abs. 1 Satz 2 SGB V a.F.).
Die Beklagte hat bei der Berechnung der Belastungsgrenze als Bruttoeinnahmen die von der Rentenversicherung für das Jahr 2011 gemeldete Bruttorente i.H.v. 259,98 € sowie die Zusatzrente des Klägers (AHV) i.H.v. 1.513 € herangezogen. Maßgeblicher Referenzzeitraum für die Bruttoeinnahmen des Klägers ist das Kalenderjahr, für das die Belastungsgrenze zu berechnen ist. (Gerlach in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand 10/2014, § 62 Rn. 60).
Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung sind nicht erkennbar; insbesondere hat der Kläger nicht nachgewiesen, dass seine Bruttoeinnahmen im Jahr 2011 lediglich 1.720,00 € betragen haben.
b. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung weiterer Zuzahlungen für das Jahr 2011. Die Beklagte hat zutreffend Zuzahlungen i.H.v. 56,74 € anerkannt (vgl. Schriftsatz vom 16.11.2011) und dem Kläger den die Belastungsgrenze von 17,73 € übersteigenden Betrag erstattet.
Zutreffend hat die Beklagte einzelne Zahlungen des Klägers nicht als erstattungsfähige Zuzahlungen anerkannt. Bei dem am 27.04.2011 erworbenen Kompressionswadenstrumpf betrug der vom Kläger zu tragende Mehrpreis lt. Rechnung 12,00 €. Dieser Betrag ist ebenso wie 0,56 € in Zusammenhang mit dem Erwerb des Arzneimittels Furadantin Retard 50 mg am 29.08.2011 wegen Festbetragsüberschreitung nicht erstattungsfähig. Das Arzneimittel Magnesium Sandoz Extra wurde lt. Quittung vom 29.08.2011 (i.H.v. 7,95 €) ohne Rezept, d.h. ohne ärztliche Verordnung, erworben.
Weitere geleistete Zuzahlungen hat der Kläger nicht geltend gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183,193 SGG. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass die wegen der Befreiung und Rückerstattung von Zuzahlungen über der Belastungsgrenze für das Jahr 2011 ursprünglich erhobene Untätigkeitsklage unzulässig gewesen war.

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