Aktenzeichen L 5 P 21/12
SGB XI § 14 Abs. 1, Abs. 4, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 3, § 36 Abs. 3, § 37 Abs. 1 S. 3 Nr. 3
SGB X § 14, § 48 Abs. 1 S. 1
Leitsatz
1 Die rein subjektive Auffassung des Aufwandes für die Grundpflege von vier Stunden ist nicht maßgeblich, selbst wenn sie in Pflegetagebüchern dokumentiert ist, wenn sie durch Sachverständigengutachten im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren widerlegt ist, die sich an die Begutachtungsrichtlinien halten. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
2 Weigert sich der Kläger, eine (weitere) Begutachtung durchführen zu lassen, sind weitere Ermittlungen von Amts wegen unmöglich. Soweit der Kläger auf die Folgen fehlender Mitwirkung hingewiesen wurde, hat er diese selbst zu tragen. Ein Gutachten nach Aktenlage ist nicht zielführend, wenn keine Anhaltspunkte für eine abweichende Beurteilung bestehen und die erforderliche persönliche Untersuchung verweigert wird. (Rn. 38 – 39) (redaktioneller Leitsatz)
3 Der Pflegebedarf erhöht sich nicht allein durch die Behauptung der Suizidgefahr, weil in der Regel dieser zeitliche Bedarf den der allgemeinen Aufsicht umfasst. Außerdem muss ein Zusammenhang mit einer in § 14 Abs. 4 SGB XI aufgeführten Verrichtung bestehen (Anschluss an BSG BeckRS 2001, 30415620). (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
S 1 P 9/11 2012-02-17 GeB SGBAYREUTH SG Bayreuth
Tenor
I.
Die Beklagte wird gemäß Teilanerkenntnis vom 13.02.2014 verurteilt, der Klägerin Leistungen nach der Pflegestufe II anstelle der Pflegestufe I bereits ab 1. Februar 2009 zu gewähren.
II.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 17. Februar 2012 zurückgewiesen.
III.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), jedoch sowohl im Hauptantrag als auch im Hilfsantrag unbegründet, soweit sie über das Teilanerkenntnis der Beklagten hinausgeht.
1. Der Senat kann trotz Nichterscheinens der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung entscheiden. Denn die Klägerin ist mit ordnungsgemäß erfolgter Ladung § 63 Abs. 1 und 2 SGG, § 175 ZPO auf diese Möglichkeit hingewiesen worden, § 62 SGG.
2. Die Beklagte hat mit in der mündlichen Verhandlung wiederholtem Teilanerkenntnis Leistungen nach der Pflegestufe II statt I bereits ab 1. Februar 2009 anerkannt. Dazu hat die Klägerin nicht erklärt, sie nehme dieses an. Mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 101 Abs. 2 SGG ist insoweit ein Teilanerkenntisurteil auszusprechen, BSG, 24. Juli 2003 – B 4 RA 62/02 R, Rn. 18 – zitiert nach Juris.
3. Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 29. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2010. Soweit dieser Widerspruchsbescheid als Bescheiddatum den 29. Juni 2009 nennt, betrifft dies den ersten Höherstufungsantrag vom 27. Februar 2009, gegen den die Klägerin wie gegen den Bescheid vom 5. Juli 2010 Widerspruch eingelegt hatte. Es sind in der Folgezeit bezüglich der weiteren Höherstufungsanträge der Klägerin auch jeweils Verwaltungsverfahren durchgeführt worden und mit Schreiben der Beklagten abgeschlossen worden – zuletzt mit dem Bescheid vom 5. Juli 2010. Der Widerspruchsbescheid erfasst in der Begründung ausdrücklich auch diese weiteren Schreiben bzw. Bescheide. Auch wenn diese nicht den Bescheid vom 29. Juni 2009 abändern, gelangt § 86 SGG analog zur Anwendung. Diese Analogie ist – anders als bei § 96 SGG – möglich (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer-Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 86 Rn. 3 mwN). Alle Bescheide sind zur Regelung desselben Rechtsverhältnisses ergangen und beinhalten dasselbe Begehren, nämlich Gewährung von Pflegegeld ab Februar 2009 nach der Pflegestufe III. Auch hat die Klägerin im laufenden Widerspruchsverfahren immer wieder zeitnah Höherstufungsanträge gestellt, um den Bescheid vom 29. Juni 2009 zu ändern. Damit ist auch der Bescheid vom 5. Juli 2010 von dem Widerspruchsbescheid erfasst. Das Schreiben vom 28. Juli 2009 steht noch im Zusammenhang mit dem Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 29. Juni 2009 und ist kein gesonderter Bescheid. Das Schreiben vom 9.Oktober 2009 betrifft hingegen den Höherstufungsantrag vom 18. August 2009 und das dadurch eingeleitete Verwaltungsverfahren mit erneuter Begutachtung durch den MDK und ist als Bescheid zu werten. Denn es entschiedet, dass die Beklagte an ihrer Entscheidung vom 28. Juli 2009 (zutreffend: am Bescheid vom 29. Juni 2009) festhält – auch wenn sie zugleich anfragt, ob der Widerspruch aufrecht erhalten werde. Auch dieses Schreiben wird in dem Widerspruchsbescheid in der Begründung aufgeführt. Damit liegt ein umfassender Streitgegenstand vor. Im Übrigen hat sich die Beklagte auf das die erstinstanzlichen Begehren wiederholende auf die genannten Bescheide bezogene Berufungsbegehren der Klägerin rügelos eingelassen.
4. Die Berufung ist im Hauptantrag unbegründet, als die Klägerin Pflegegeld nach der Pflegestufe III ab Februar 2009 begehrt.
Für die Gewährung von Leistungen des SGB XI sind gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB XI pflegebedürftige Personen, die nach § 14 Abs. 1 SGB XI wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, einer von drei Pflegestufen zuzuordnen.
Gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB XI sind nach § 14 Abs. 4 SGB XI:
1. im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- oder Blasenentleerung, 2. im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, 3. im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung). 4. im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen.
Pflegebedürftige der Stufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. SGB XI). Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegepersonen für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI).
In der Pflegestufe II sind es mindestens drei Stunden, wobei auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden (= 120 Minuten) entfallen müssen (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI).
Leistungen nach der Pflegestufe III erhalten Personen, welche die pflegerischen und zeitlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 sowie Abs. 3 Nr. 3 SGB XI erfüllen (§§ 36 Abs. 3 Nr. 3, 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 SGB XI). Schwerstpflegebedürftige sind demnach Personen, die Hilfe bei der Körperpflege, der Ernährung und/oder der Mobilität (§ 14 Abs. 4 Nrn. 1 bis 3 SGB XI – sog Grundpflege) täglich rund um die Uhr, auch nachts, und zusätzlich mehrfach in der Woche bei der hauswirtschaftlichen Versorgung (§ 14 Abs. 4 Nr. 4 SGB XI) benötigen; der gesamte Pflegebedarf muss mindestens fünf Stunden (= 300 Minuten), die Grundpflege davon mindestens vier Stunden (= 240 Minuten) betragen.
Der zeitliche Umfang der notwendigen Hilfe ist, weil naturwissenschaftliche Erkenntnismöglichkeiten, die eine exakte Bemessung des Zeitbedarfes für einzelne Verrichtungen ermöglichen könnten, in der Regel nicht existieren und standardisierte Zeiten oder Erfahrungswerte im Hinblick auf die jeweiligen individuellen Verhältnisse allenfalls einen Anhaltspunkt zur Ermittlung des Zeitaufwandes geben können, durch Schätzung entsprechend § 287 ZPO an Hand der zur Verfügung stehenden medizinischen Feststellungen (z.B. Begutachtungsergebnisse medizinisch-pflegerischer Sachverständiger) zu bestimmen (vgl. BSG SozR 3 – 2500 § 53 Nr. 7). Dabei orientiert sich das Gericht an den Zeitvorgaben der Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem XI. Buch des Sozialgesetzbuches – BRi (Begutachtungsrichtlinien – BRi) vom 21. März 1997 in der Fassung der Ergänzung vom 11. Mai 2006 sowie der BRi vom 8. Juni 2009, hier jeweils Abschnitt F „Orientierungswerte zur Pflegezeitbemessung für die in § 14 SGB X genannten Verrichtungen der Grundpflege“, ohne letztlich daran gebunden zu sein (vgl. BSG Breithaupt 2001, S. 120 ff.).
Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, der Verwaltungsakt aufzuheben.
5. In Anwendung dieser Grundsätze ist festzustellen, dass im Vergleich zu der Pflegesituation, wie sie noch zum Zeitpunkt der Gewährung der Pflegestufe I aufgrund der gerichtlichen Entscheidung im August 2008 bzw. im Januar 2004 (Pflegestufe I) bestand, ist wie von der Beklagten anerkannt eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes, vor allem auch auf psychiatrischem Fachgebiet, eingetreten. Dies rechtfertigt die Gewährung der Pflegestufe II ab Februar 2009, nicht der Pflegestufe III.
Insgesamt ist der Pflegebedarf der Klägerin nach den überzeugenden Gutachten des MDK und des Dr. H. verursacht durch die hochgradige psychogene Gangstörung, die Bewegungsstörung im Rahmen eines Konversionssyndroms, den Bandscheibenvorfalls HWK 5/6 mit inkompletter Tetraparese und durch Panikattacken, die Harninkontinenz, das chronifizierte Schmerzsyndrom, die Sehminderung beidseits, den Tinnitus beidseits, des WS-Syndroms und der Migräne der Klägerin. Insoweit folgt der Senat den überzeugenden, auf Grund von Hausbesuchen vor Ort erstellten Gutachten, welche den Sachverhalt vollständig erfassen und eine schlüssige, in sich widerspruchsfreie Wertung enthalten. Danach sind Hilfen in Form von Unterstützung oder teilweiser Übernahme erforderlich wie folgt:
„Körperpflege: 62
Ganzkörperwäsche
Teilwäsche Oberkörper 3
Teilwäsche Unterkörper 8
Teilwäsche Hände/Gesicht 5
Duschen Baden 25
Zahnpflege 6
Kämmen 4
Rasieren
Wasserlassen,
Stuhlgang
Richten der Bekleidung 5
Inkontinenzprodukte-Wechsel 6
Wechseln v. Windeln/Wasserlassen
Wechsel v. Windeln/Stuhlgang
Wechseln kleiner Vorlagen
Wechseln/Entleeren Urinbeutel
Wechseln/Entleeren Stomabeutel
Ernährung: 17
Mundgerechte Zubereitung 11
Nahrungsaufnahme oral 6
Nahrungsaufnahme Sonde
Mobilität: 76
Aufstehen/Zu-Bett-Gehen 4
Umlagern Ankleiden gesamt 8
Ankleiden Ober-/Unterkörper 4
Entkleiden gesamt 4
Entkleiden Ober-/Unterkörper 1
Stehen 5
Gehen 20
Badewannentransfer 1
Treppensteigen 12
Verl./Wiederaufsuchen Wohnung 17
Gesamt Grundpflege: 155
Hauswirtschaftl. Versorgung: 60
Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson – hier der Bevollmächtigte der Klägerin – für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss nach § 15 Abs. 3 Nr. 3 SGB XI wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe III mindestens fünf Stunden betragen, hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens vier Stunden entfallen. Dies ist zwar nach subjektiver Auffassung der Klägerin und ihrem Bevollmächtigte, welche in den Pflegetagebüchern dokumentiert ist, der Fall. Diese subjektive an subjektiven Maßstäben ausgerichtete Sicht ist jedoch widerlegt durch die nach Hausbesuchen erstellten Gutachten des MDK und des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. H., welche nicht subjektive Maßstäbe anwenden, sondern sich an die Begutachtungsrichtlinien halten. Aus diesen ergeben sich verlässliche Größen für den Zeitbedarf in der Pflege. Danach ergibt sich ein täglicher Hilfebedarf der Klägerin in der Grundpflege von 155 Minuten laut dem überzeugenden erstinstanzlichen Gutachten des Dr. H. einschließlich ergänzender Stellungnahme. Selbst wenn bei der ein oder anderen Verrichtung noch ein gewisser Zeitbedarf hinzuaddiert werden würde, ergibt sich ein überzeugender nachweisbarer Hilfebedarf von deutlich unter 240 Minuten. In diesen Feststellungen ist eine weitere Änderung oder Verschlechterung nicht erkennbar. Dazu fehlt es an Hinweisen in der medizinischen Dokumentation, in den Erkenntnisquellen der Beklagten und auch im eigenen Vorbringen der Klägerin. Diese stützt sich in der Berufung im Wesentlichen auf bereits Vorgetragenes und verlangt zuletzt ein Reset, dh ein Zurückgehen auf den Ausgangspunkt des Rechtsstreites und damit nicht die Berücksichtigung von neuen Entwicklungen. In Würdigung des Standes der Erkenntnisse sowie des Beteiligtenvorbringens ist daher zu weiterer Sachaufklärung von Amtes wegen nichts Veranlassendes erkennbar.“
Aufgrund der erklärten Weigerung der Klägerin und ihres Bevollmächtigten, sie duldeten keine weitere Begutachtung durch Hausbesuch, sind weitere Ermittlungen von Amts wegen zudem verunmöglicht. Auf die Mitwirkungspflicht sowie -last einschließlich eventueller Folgen im Falle weiterer Nichtmitwirkung nach § 103 S. 1 HS 2 SGG war die Klägerin mit nachweislich zugestelltem Gerichtsschreiben vom 14. Januar 2016 ausdrücklich hingewiesen worden. Die Folgen mangelnder Mitwirkung hat in der Folge die Klägerin selbst zu tragen. Diese ergeben sich daraus, dass eine (weitere) Begutachtung vor Ort nicht möglich ist, so dass den von der Klägerin vorgebrachten Einwendungen nicht durch die Einholung eines weiteren Gutachtens nachgegangen werden konnte.
Die Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage ist weder zielführend noch anderweitig sachlich veranlasst. Denn die eingeholten Gutachten beweisen auf der auch für ein Aktenlagegutachten relevanten Tatsachengrundlage durchgehend die Voraussetzungen der Pflegestufe II und nicht der Pflegestufe III. Ein abweichendes Ergebnis wäre allenfalls nach einer neuen Begutachtung der Klägerin im konkreten Wohnumfeld abstrakt als Möglichkeit vorstellbar; dieses aber hat die Klägerin trotz Folgenhinweises verunmöglicht. Darüber hinaus sind aber auch keine konkreten Anhaltspunkte erkennbar, dass eine Zunahme des Pflegebedarfs vorliegen könnte, weil weder die medizinische Dokumentation, noch die Erkenntnisquellen der Beklagten noch das eigene Vorbringen der Klägerin von einer wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes zeugen. Darüber hinaus hat die Klägerin sämtliche vom Senat als mögliche Gutachter benannte Personen ohne sachlichen Grund ausdrücklich abgelehnt und zwar auch für die Erstellung eines Gutachtens nach Aktenlage.
Eine persönliche Anhörung des Dr. H. in der mündlichen Verhandlung ist nicht geboten, weil dieser zu den Einwendungen der Klägerin bereits mehrfach überzeugend Stellung bezogen hat. Konkrete neue Gesichtspunkte, die eine Anhörung des Dr. H. erfordern würden, sind weder von der Klägerin vorgebracht noch sonst ersichtlich …
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag, es bestehe besonderer Aufsichtsbedarf durch die Pflegeperson wegen Suizidgefahr. Der insoweit geltend gemachte Bedarf ist jedoch nicht überzeugend oder nachvollziehbar, weil dieser auch den zeitlichen Bedarf der allgemeinen Aufsicht umfasst. Eine allgemeine Aufsicht, also zu überwachen, ob die erforderlichen Verrichtungen des täglichen Lebens ordnungsgemäß ausgeführt werden, und die zu Pflegenden – auch wiederholt – zu bestimmten Handlungen aufzufordern ist nicht mit einer nennenswerten Beanspruchung der Pflegeperson verbunden BSG, Beschluss vom 8. Mai 2001, Az.: B 3 P 4/01 B). Ein Beaufsichtigungsbedarf wäre nur zu berücksichtigen, wenn die Pflegeperson dabei nicht nur verfügbar und einsatzbereit, sondern durch die notwendigen Aufsichtsmaßnahmen – wie bei der Übernahme von Verrichtungen – auch zeitlich und örtlich in der Weise gebunden ist, dass sie vorübergehend an der Erledigung anderer Dinge gehindert ist, denen sie sich widmen würde bzw. könnte (z.B. Arbeiten aller Art im Haushalt oder Freizeitgestaltung), wenn die Notwendigkeit der Hilfeleistung nicht bestünde (BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 5 und SozR 3-3300 § 14 Nr. 6). Dementsprechend wäre eine Beaufsichtigung und Kontrolle bei der Nahrungsaufnahme nur insoweit relevant, als sie von einer solchen Intensität wäre, dass die Pflegeperson praktisch an der Erledigung anderer Aufgaben gehindert ist bzw. diese, wenn auch möglicherweise nur kurzzeitig, unterbrechen muss, die Hilfe also über das – gewissermaßen „nebenbei“ erfolgende – bloße „Im-Auge-Behalten“ des Pflegebedürftigen und das nur vereinzelte, gelegentliche Auffordern bzw. Ermahnen hinausgeht (BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 7). Dafür fehlt es vorliegend an Anhaltspunkten. Pflegebedarf von Menschen mit psychischen Erkrankungen, der nicht konkret im Zusammenhang mit einer der im Katalog des § 14 Abs. 4 SGB XI abschließend aufgeführten Verrichtungen anfällt, ist zudem im Rahmen der §§ 14, 15 SGB XI nicht zu berücksichtigen (BSG SozR 3-3300 § 14 Nrn. 5, 6, 8 und 10; BSG SozR 3-3300 § 15 Nrn. 1 und 8; BSG SozR 3-3300 § 43 a Nr. 5). Zudem hat Dr. H. hat in seiner zweiten Stellungnahme darauf hingewiesen, dass er davon ausgegangen ist, dass die Pflege so durchgeführt wird, dass die Ressourcen der zu Pflegenden berücksichtigt werden und dass sie unter Beaufsichtigung bzw. Anleitung soweit wie möglich selbst aktiv sein kann, wie dies dem Bild einer aktivierenden Pflege entspricht. Nur Zeiten der allgemeinen Beaufsichtigung hat er, wie oben dargelegt zutreffend, nicht angerechnet. Dem schließt sich der Senat an. Dabei verkennt auch der Senat nicht, dass es bei dem Krankheitsbild der Klägerin, die gerade auch psychisch labil ist, zu Schwankungen kommt. Ein Zeitansatz für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung wegen der Krankengymnastik war ab dem Zeitpunkt, als die Krankengymnastik nicht mehr außer Haus durchgeführt wurde, nicht mehr anzusetzen. Dr. H. setzte deshalb nur 17 Minuten für Arztbesuche außer Haus an. Der MDK berücksichtigte weitere 13 Minuten bzgl. der Krankengymnastik. Addiert man diese zu den festgestellten 155 Minuten, ergeben sich 168 Minuten. Selbst bei Berücksichtigung von einem Durchschnittswert der besonderen Beaufsichtigung der Klägerin infolge der psychischen Erkrankung sowie von Zeiten der Krankengymnastik, welche denen der externen Krankengymnastik entsprechen, führen bei Weitem nicht zur Erfüllung der Pflegestufe III.
Auch im Übrigen sind die Voraussetzungen der Pflegestufe III nicht erkennbar. Insoweit folgt der Senat auch den überzeugenden, auf Grund von Hausbesuchen vor Ort erstellten Gutachten des MDK sowie des Dr. H., welche den Sachverhalt vollständig erfassen und eine schlüssige, in sich widerspruchsfreie Wertung enthalten. Dazu schließt sich der Senat den zutreffenden Feststellungen und überzeugenden Wertungen des Erstgerichts und weist die Berufung gem. § 153 Abs. 2 SGG aus den zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts zurück. Der Weg nach § 153 Abs. 2 SGG ist dabei möglich, weil entgegen der Rügen der Klägerin kein Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs durch das Sozialgericht zu erkennen ist. Insbesondere war gemäß § 105 SGG war wegen der unzweifelhaften Gutachtenslage eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid eröffnet. Gründe für eine Zurückverweisung an das Sozialgericht bestehen nicht.
Die Berufung der Klägerin bleibt damit vollumfänglich ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Eine Kostenquotelung ist im Hinblick auf den geringen Erfolg der Klage im Zusammenhang mit dem Teilanerkenntnis nicht vorzunehmen.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.