Sozialrecht

Kein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Pflegekinder

Aktenzeichen  S 11 R 2357/14

Datum:
11.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB VI SGB VI § 307d

 

Leitsatz

1 Für Pflegekinder, die von der Pflegemutter nicht in den ersten zwölf Monaten nach der Geburt erzogen worden sind (vgl. § 307d Abs. 1 Nr. 1 SGB VI), können keine Kindererziehungszeiten anerkannt werden. (Rn. 16 – 18) (redaktioneller Leitsatz)
2 § 307d SGB VI ist verfassungsgemäß und lässt eine erweiternde Auslegung nicht zu. (Rn. 19 – 20) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage gegen den Bescheid vom 08.09.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2014 wird abgewiesen.
II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

Das Sozialgericht München ist sachlich und örtlich zuständig. Die form- (§ 90 SGG) und fristgerecht (§ 87 SGG) erhobene Klage ist zulässig.
Der vorliegende Rechtsstreit kann durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die Sache keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt hinreichend geklärt ist (§ 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung zusätzlicher Entgeltpunkte für die Pflegekinder B. (geboren 1980) und C. (geboren 1982).
Die Voraussetzungen des § 307 d SGB VI liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift wird für am 30.06.2014 gezahlte Renten ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung für ein vor dem 01.01.1992 geborenes Kind berücksichtigt, wenn
1. in der Rente eine Kindererziehungszeit für den 12. Kalendermonat nach Ablauf des Monates der Geburt angerechnet wurde,
2. kein Anspruch nach §§ 294 und 294 a besteht.
Für die Klägerin wurden im Bescheid über die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit Kindererziehungszeiten für die leiblichen Kinder D. und E. berücksichtigt. Für die 1980 und 1982 geborenen Pflegekinder B. und C., die ab 10.05.1984 in den Haushalt der Klägerin aufgenommen und von ihr erzogen wurden, wurden keine Kindererziehungszeiten berücksichtigt, da die Pflegekinder nicht in den ersten zwölf Monaten nach der Geburt von der Klägerin erzogen wurden.
Ausschlaggebend für den Zuschlag nach § 307 d SGB VI ist, dass in der Rente eine Kindererziehungszeit für den zwölften Kalendermonat nach Ablauf des Monates der Geburt angerechnet wurde. Aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität erfolgt eine pauschale Anrechnung (vgl. BT- Drucksache 18/909,26). Ein eventueller Wechsel der Kindererziehungwie hier auf die Pflegemutter – während oder nach dem zweiten Lebensjahr des Kindes bleibt insoweit unberücksichtigt.
Nach Auffassung der Kammer ist dies auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber wollte mit der Fassung des § 307 d SGB VI eine Anerkennung der geleisteten Erziehungsarbeit erreichen. Bei der gesetzlichen Ausgestaltung hat der Gesetzgeber an die bereits im Rentenbescheid anerkannte Kindererziehungszeit des jeweiligen Kindes angeknüpft. Für Kinder, für die keine Kindererziehungszeiten in der Rente anerkannt sind, kann kein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten im Rahmen der sogenannten Mütterrente berücksichtigt werden (zur Verfassungsmäßigkeit vgl. auch ausführlich SG Berlin, Urteil vom 29.06.2015 – S 17 R 473/15 m.w.N.).
Die Fassung des § 307 d SGB VI lässt eine erweiternde Auslegung nicht zu. Im Übrigen hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit Schreiben vom 16.05.2015 an den Landesverband der Pflege- und Adoptionsfamilien in Bayen.e.V. (PFAD), das der Klägerin vorliegt, ausführlich die gesetzgeberische Intention dargelegt.
Der Bescheid der Beklagten vom 08.09.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2014 ist nicht zu beanstanden.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG.

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