Sozialrecht

Keine Erstattung der Betriebshelferkosten

Aktenzeichen  L 5 KR 160/14

Datum:
7.3.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 148198
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGG § 128 Abs. 1 S. 1
KVLG 1989 § 9

 

Leitsatz

Die Überzeugung des Gerichts iSd § 128 Abs. 1 S. 1 SGG begründet sich in Gesamtwürdigung der beigezogenen Akten, der vorangegangenen Verfahren sowie des prozessualen Verhaltens des Klägers. (Rn. 22)
1 Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für einen selbst beschafften landwirtschaftlichen Betriebshelfer besteht nicht, wenn die Ersatzkraft bereits vor Einreichung der vollständigen Antragsunterlagen eingesetzt wird. (Rn. 21 und 15) (redaktioneller Leitsatz)
2 Vorrangig vor der Selbstbeschaffung einer Ersatzkraft ist die Stellung einer Ersatzkraft durch die Krankenkasse vorgesehen. (Rn. 21 und 15) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

S 50 KR 1132/11 2014-03-24 SGMUENCHEN SG München

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 24. März 2014 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die gem. §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerechte Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat für die gegenständlichen Zeiträume keinen Anspruch auf Erstattung von Betriebshelferkosten. Die Bescheide der Beklagten vom 24.05.2011 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 20.10.2011 sowie der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 24.03.2014 sind zu Recht ergangen. In keinem der Zeiträume 03.04.2006 – 30.04.2006, 20.06.2006 – 19.07.2006, 25.07.2006 – 18.08.2006 sowie 21.08.2006 – 24.09.2006 sind die in §§ 9 ff. Zweites Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1989, in der bis 29.10.2012 gültigen Fassung) sowie nach der Satzung der Beklagten erforderlichen Voraussetzungen erfüllt. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden tatbestandlichen Feststellungen, überzeugenden Wertungen und Würdigungen sowie die sach- und fachgemäßen rechtlichen Ausführungen des Erstgerichts, weist aus diesen Gründen die Berufung als unbegründet zurück und sieht von einer weiteren Begründung ab, § 153 Abs. 2 SGG.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist darüber hinaus auszuführen, dass in Würdigung der beigezogenen Akten, der vorangegangenen Verfahren sowie des prozessualen Verhaltens des Klägers folgende Vorgänge die Überzeugung des Gerichts iSd § 128 Abs. 1 S. 1 SGG begründen, dass in keinem der strittigen Zeiträume der Kläger Herrn W. faktisch als Helfer in seinem Betrieb eingesetzt und ihm dafür Zahlungen in der geltend gemachten Höhe geleistet hat:
– Der Kläger hat angegeben, er habe für 50 Stück Vieh die Mastferkelaufzucht betrieben. Dem widerspricht, dass der Kläger am 29.06.2006, also im allerengsten zeitlichen Zusammenhang mit dem vorgeblichen Erwerb der Ferkel die Eidessstattliche Versicherung vor dem Amtsgericht C. unter den Aktenzeichen … sowie … abgegeben hat. Für den streitigen Zeitraum 1 hat der Kläger keine Viehzucht angegeben. Weiter hat der Kläger keine der nach der Viehverkehrsordnung erforderlichen Angaben und Meldungen getätigt. Weder das jeweils zuständige Veterinäramt noch das Amt für Landwirtschaft haben vom Kläger die für eine Mastferkelaufzucht erforderlichen, gesetzlich vorgeschriebenen Angaben und Meldungen erhalten. Beiträge zur Tierseuchenkasse sind vom Kläger nicht geleistet worden. Die insoweit vom Kläger vorgetragenen Erklärungen tragen und überzeugen nicht. Damit ist ein Einsatz einer Ersatzkraft in einem landwirtschaftlichen Betrieb der Mastferkelaufzucht weder nachgewiesen, noch glaubhaft, sondern widerlegt.
– Der Kläger hat angegeben, er habe Herrn W. Barzahlungen iHv 2.240 € (Zeitraum 1), 2.400 € (Zeitraum 2), 2.000 € (Zeitraum 3) und 2.800 € (Zeitraum 4) geleistet. Dem widerspricht, dass der Kläger am 29.06.2006, also im allerengsten zeitlichen Zusammenhang mit den vorgeblichen Barzahlungen von in Summe 9.440 € die Eidesstattliche Versicherung geleistet hatte. Die Herkunft der Barbeträge aus Maisanbauerträgen im Frühjahr/Sommer 2006 ist aus zeitlichen Gründen nicht glaubhaft. Der vom Kläger vorgelegte Einkommenssteuerbescheid für 2006 weist zudem für 2006 Einkünfte von 3.451 € bei einem Verlustvortrag iHv 1.400 € sowie bei außergewöhnlichen Belastungen von 30 €, so dass auch in Wertung der übrigen vom Kläger geklagten Verbindlichkeiten aus seinen Unternehmungen, welche wegen der wiederholt abgegebenen Eidesstattlichen Versicherung nicht von der Hand zu weisen sind, insgesamt gewürdigt auszahlbare Geldbeträge von grob gerundet 10.000 € weder nachgewiesen, noch glaubhaft, sondern widerlegt sind.
– Es kommt hinzu, dass der Kläger nachweislich die Unwahrheit angegeben hat, als er in einem eigenhändig unterzeichneten Leistungsantrag vom 05.02.2008 seine Adresse mit A., A-Stadt bezeichnet hatte, gegenüber dem Bayer. LSG im Verfahren L 4 KR 170/10 jedoch behauptet hatte, er sei im Februar 2008 gar nicht in A. gewesen. Der Kläger ist auch hinsichtlich des Vorspiegelns falscher Tatsachen zum Erlangen von Vermögensvorteilen einschlägig vorbestraft, der Bundeszentralregisterauszug vom 26.07.2012 enthält für den Kläger u.a. rechtskräftige Verurteilungen wegen versuchten Betruges in einem besonders schweren Fall sowie wegen Betruges. Die Angaben des Klägers zu seinem nicht auf Sachleistung, sondern infolge (angeblicher) sofortiger Beschäftigung einer von ihm ausgewählten Ersatzkraft auf Geldzahlung gerichteten Antrag, sind somit nicht ohne weiteres als glaubhaft anzusehen.
– Im Gerichtsbescheid vom 24.3.2014, in welchem entsprechend dem vorliegenden Rechtsstreit Kosten für Betriebshilfe streitgegenständlich waren, hat sich das Sozialgericht München auf folgende Feststellungen gestützt: Die dortige Ersatzkraft M. B. hatte angegeben, er habe beim Kläger nicht in dem von diesem angegebenen Zeitraum, sondern vielmehr im Februar/März 2005 gearbeitet. Er habe nicht die vom Kläger angegebenen Zeitstunden, sondern ca. 10 bis 12 Arbeitstage innerhalb von 3 bis 4 Wochen gearbeitet. Er habe nicht 1.840 €, sondern insgesamt ca. 500 bis 700 € in bar erhalten. Zu vom Kläger vorgelegten Arbeitsnachweisen und Quittungen hatte M. B. verneint, diese unterschrieben zu haben. Der Gerichtsbescheid ist rechtskräftig, der Kläger hat ihn nicht mit Rechtsmitteln angegriffen. Damit ist gerichtlich festgestellt, dass der Kläger in einem parallel verlaufenden Verfahren, nur ein Jahr vor den hier strittigen Fällen, unglaubhafte Angaben zum Einsatz eines Betriebshelfers sowie zu dessen Vergütung gemacht hat sowie dass es an anderweitigen Nachweisen des Kostenerstattungsanspruches mangelt.
Der Kläger hat damit keinen Anspruch auf die begehrte Leistung. Die Berufung bleibt vollumfänglich ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich, § 160 SGG.

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