Sozialrecht

Keine Zulassung der Berufung mangels Vorliegens von Zulassungsgründen

Aktenzeichen  L 11 AS 324/17 NZB

Datum:
13.6.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 115687
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGG § 144 Abs. 2
SGB II § 22 Abs. 3

 

Leitsatz

Keine Zulassung der Berufung mangels Vorliegens von Zulassungsgründen; die Anrechnung von Guthaben aus Heizkostenabrechnungen erfolgt bis 31.07.2016 ohne Differenzierung danach, wer diese Kosten zunächst getragen hat.

Verfahrensgang

S 13 AS 505/16 2017-03-08 Urt SGNUERNBERG SG Nürnberg

Tenor

I.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 08.03.2017 – S 13 AS 505/16 – wird zurückgewiesen.
II.,
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde wird abgelehnt.

Gründe

I.
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung von Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wegen der Anrechnung des Guthabens aus einer Gasabrechnung.
Mit Bescheid vom 29.07.2015 in der Fassung der Bescheide vom 28.10.2015 und 01.12.2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger Alg II für die Zeit vom 01.08.2015 bis 31.01.2016, wobei für Januar 2016 Unterkunfts- und Heizungskosten in Höhe von 140,62 € zuerkannt wurden. Der Kläger wohnte mit zwei weiteren, nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Personen in der gasbeheizten Wohnung; die tatsächlichen Unterkunfts- und Heizungskosten sind bei ihm zu einem Drittel berücksichtigt worden.
Am 17.12.2015 erhielt der Kläger eine Abrechnung des Energieversorgers, woraus sich Kosten für Gas in Höhe von 656,16 € für die Zeit vom 05.12.2014 bis 08.12.2015 und ein Guthaben – unter Berücksichtigung von die Vorauszahlungen übersteigenden Stromkosten – in Höhe von 104,93 € ergab.
Mit Bescheid vom 15.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.03.2016 hob der Beklagte allein den Bescheid vom 29.07.2015 für die Zeit vom 01.01.2016 bis 31.01.2016 teilweise auf. 67,51 € seien zurückzuzahlen, wobei ab 01.03.2016 in Raten in Höhe von 34,00 € aufgerechnet werde. Die Vorauszahlung für Gas hätte 858,67 € (laut Widerspruchsbescheid vom 29.03.2016 richtigerweise 868,00 €) betragen, so dass bei einem Verbrauch von 656,16 € ein Guthabensbetrag in Höhe von 202,51 € verbleibe. Auf drei Personen aufgeteilt, ergebe sich daher beim Kläger ein Anrechnungsbetrag in Höhe von 67,51 €.
Die dagegen zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhobene Klage ist ohne Erfolg geblieben (Urteil vom 08.03.2017). Gemäß § 22 Abs. 3 SGB II sei das Guthaben zumindest in der vom Beklagten benannten Höhe anzurechnen. Die Schuldentilgung der die Vorauszahlung übersteigenden Stromkosten ändere hieran nichts. Die Aufteilung auf drei Personen sei zutreffend erfolgt. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen.
Dagegen hat der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse sei nicht eingetreten. § 22 Abs. 3 SGB II weiche vom Wortlaut des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II alte Fassung ab. Bedarf im Sinne der Regelung des § 22 Abs. 3 SGB II sei nur der angemessene Bedarf. Die vom Energieversorger festgelegte Höhe der Abschlagszahlung führe bei zu hohen Abschlagszahlungen zu einem Nachteil des Klägers.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 145 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, sachlich aber nicht begründet. Es gibt keinen Grund, die gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Der Beschwerdewert wird nicht erreicht. Auch sind nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12.Aufl, § 144 RdNr. 28).
Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die sich nach der Gesetzeslage und dem Stand der Rechtsprechung und Literatur nicht ohne weiteres beantworten lässt. Nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr. 17) oder praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr. 4).
Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage ist vorliegend nicht zu erkennen. Zum einen ist durch die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 22.03.2012 – B 4 AS 139/11 R – veröffentlicht in juris) für die Regelung des bis 31.12.2010 geltenden § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II und des bis 31.07.2016 geltenden § 22 Abs. 3 SGB II geklärt, dass es nicht darauf ankomme, ob der Beklagte die tatsächlichen Heizkosten vollständig übernommen habe (vgl. dazu auch Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 15.12.2016 – L 2 AS 1409/14 – veröffentlicht in juris). Zudem ist ab 01.08.2015 § 22 Abs. 3 SGB II in seiner neuen, diese Rechtsfrage allerdings im Sinne der Ausführung des Klägers regelnden Fassung anzuwenden, so dass bereits aus diesem Grund die Rechtsfrage nicht klärungsbedürftig ist.
Die Rechtsfrage ist im vorliegenden Verfahren aber auch nicht klärungsfähig, denn vom Beklagten wurde von dem Guthaben aus der Gasabrechnung lediglich ein Drittel – die Wohnung wird von drei Personen bewohnt, die keine Bedarfsgemeinschaft bilden – angerechnet, wobei aber beim Kläger auch ein Drittel der tatsächlichen Heizkosten vom Beklagten anerkannt worden ist, so dass sich die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage gar nicht stellt. Hinsichtlich der Nichtberücksichtigung der Nachzahlung für Strom – wie vom Beklagten vorgenommen – bestehen keinerlei Bedenken.
Eine Abweichung des SG von der obergerichtlichen Rechtsprechung bzw. einen Verfahrensfehler durch das SG ist für den Senat nicht ersichtlich und wird vom Kläger auch nicht vorgetragen.
Offen gelassen werden kann, ob die Beklagte auch den Bescheid vom 01.12.2015 aufgehoben hat, aus dem sich ansonsten gegebenenfalls ein eigenständiger Leistungsanspruch ergeben könnte.
Nach alledem war die Beschwerde mit der Folge zurückzuweisen, dass das Urteil des SG rechtskräftig ist (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Prozesskostenhilfe war mangels hinreichender Erfolgsaussicht nicht zu bewilligen (§ 73a SGG i.V.m. § 114 ff. Zivilprozessordnung -ZPO-).

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