Aktenzeichen L 11 AS 176/16 NZB
SGG SGG § 144, 145
Leitsatz
1. Keine Zulassung der Berufung mangels Vorliegens von Zulassungsgründen. (amtlicher Leitsatz)
2 Ist in einem prozessbeeendigenden Vergleich eine Kostenregelung enthalten, so erfasst diese, sofern nichts Anderes vereinbart ist, auch die Kosten des Widerspruchsverfahrens. Für einen weiteren Kostenerstattungsanspruch nach § 63 SGB X ist dann aufgrund der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung kein Raum. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
S 13 AS 621/15 KO 2016-02-15 GeB SGWUERZBURG SG Würzburg
Tenor
I.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 15.02.2016 – S 13 AS 621/15 KO – wird zurückgewiesen.
II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I. Streitig ist die Erstattung außergerichtlicher Kosten unabhängig von einer in einem Vergleich vereinbarten Kostenregelung.
Der Kläger hatte gegen den Bescheid vom 13.12.2012 Widerspruch eingelegt. Mit Teilabhilfebescheid vom 30.01.2013 hatte der Beklagte dem Widerspruch zum Teil abgeholfen und den Widerspruch im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 07.02.2013 zurückgewiesen, wobei der Beklagte die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Widerspruchsverfahrens übernommen hatte. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Würzburg (SG) – die Kläger begehrten höhere Unterkunftskosten und die Berücksichtigung höherer Ausgaben beim angerechneten Einkommen – hatten die Beteiligten am 25.11.2015 einen Vergleich geschlossen, der als Kostenregelung enthalten hatte, dass diese gegeneinander aufgehoben würden.
Die Übernahme der vom Klägerbevollmächtigten hernach eingereichten Kostennote vom 28.11.2015 betreffend die mit Widerspruchsbescheid vom 07.02.2013 übernommenen außergerichtlichen Kosten lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 08.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2015 ab. Die Kostenregelung des Vergleiches beziehe sich auch auf das Widerspruchsverfahren.
Dagegen hat der Klägerbevollmächtigte Klage zum SG erhoben und die Erstattung der außergerichtlichen Kosten gemäß der Regelung im Widerspruchsbescheid vom 07.02.2013 begehrt. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15.02.2016 abgewiesen. Wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung erfasse die Regelung im Vergleich auch die Kosten des Widerspruchsverfahrens und verdränge die Kostenregelung des Widerspruchsbescheides. Gegenstand des Widerspruchsverfahrens und damit auch des anschließenden Klageverfahrens sei auch der Teilabhilfebescheid vom 30.01.2013 geworden. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen.
Dagegen hat der Klägerbevollmächtigte Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II. Die fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 145 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, sachlich aber nicht begründet. Es gibt keinen Grund, die gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Der Beschwerdewert wird nicht erreicht. Auch sind nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10.Aufl, § 144 RdNr. 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die sich nach der Gesetzeslage und dem Stand der Rechtsprechung und Literatur nicht ohne weiteres beantworten lässt. Nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr. 17) oder praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr. 4).
Das SG weicht insbesondere nicht von der Entscheidung des BSG (Urteil vom 20.10.2010 – B 13 RJ 15/10 R – veröffentlicht in Juris) ab. Dieses erklärt ausdrücklich, dass hinsichtlich der Kosten ausschließlich das Gericht auch über den zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen Bescheid entscheidet, ein Kostenerstattungsanspruch nach § 63 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) komme dann nicht mehr in Betracht (Rn.18 des Juris-Ausdruckes). § 63 SGB X gelte ausschließlich für ein isoliertes Vorverfahren (Rn. 20 des Juris-Ausdruckes). Schließt sich eine Klage an, kommt § 63 SBG X nicht mehr zur Anwendung. Zu den Kosten, über deren Erstattung das Gericht zu befinden hat, gehören die gesamten (außergerichtlichen) Kosten des Rechtsstreites und daher nach § 193 SGG auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen für ein Vorverfahren (Rn.21 des Juris-Ausdruckes).
Somit ist weder eine grundsätzliche Bedeutung noch ein Abweichen des SG von der obergerichtlichen Rechtsprechung für den Senat erkennbar. Auch Verfahrensfehler sind weder ersichtlich noch vom Klägerbevollmächtigten geltend gemacht worden.
Nach alledem war die Beschwerde mit der Folge zurückzuweisen, dass das Urteil des SG rechtskräftig ist (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf die entsprechende Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).