Sozialrecht

Kostenbeitrag zu Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe

Aktenzeichen  W 3 K 17.1340

Datum:
28.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 18890
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
SGB VIII § 92 Abs. 3 S. 1, Abs. 5, § 93 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 4

 

Leitsatz

1 Der Umfang der Information, von der die Heranziehung von Elternteilen zu den Kosten von Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe abhängt, bemisst sich entsprechend dem Schutzzweck der Norm nach den jeweiligen wirtschaftlichen Dispositionsmöglichkeiten des Kostenbeitragspflichtigen. Bar- und Naturalunterhaltspflichtige müssen nicht in gleicher intensiver Weise über alle anzusprechenden Fragen aufgeklärt werden. (Rn. 22) (red. LS Axel Burghart)
2 Die Durchführung eines Verbraucherinsolvenzverfahren bedeutet für sich alleine keine besondere Härte, die die Entstehung der jugendhilferechtlichen Kostenbeitragspflicht hindert. (Rn. 34) (red. LS Axel Burghart)

Tenor

I.    Die Klage wird abgewiesen.
II.    Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Gegenstand des Klagebegehrens ist, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, die Aufhebung des Bescheids vom 7. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2017.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Rechtsgrundlage für die Heranziehung von Elternteilen zu den Kosten von Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe sind die §§ 91 ff. Achtes Buch Sozialgesetzbuch in der für dieses Verfahren maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl. I S. 2022), zuletzt geändert durch Art. 3 Gesetz vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2780) (SGB VIII). Gemäß § 91 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) SGB VIII werden bei der Gewährung von Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege (§§ 27, 33 SGB VIII) Kostenbeiträge erhoben. Nach § 92 Abs. 1 Nr. 5 SGB VIII sind Elternteile zu den in § 91 Abs. 1 SGB VIII genannten Leistungen heranzuziehen. Die Heranziehung erfolgt durch Erhebung eines Kostenbeitrags, der durch Leistungsbescheid festgesetzt wird (§ 92 Abs. 2 SGB VIII). Bei der Ermittlung des Kostenbeitrags ist zunächst das nach § 93 SGB VIII zu berücksichtigende Einkommen zu berechnen. Von diesem sind die in Absatz 2 der Vorschrift genannten Beträge abzusetzen. Das so ermittelte Nettoeinkommen ist schließlich um die in § 93 Abs. 3 SGB VIII aufgeführten Belastungen zu bereinigen. Sodann bemisst sich der Umfang der Heranziehung nach § 94 Abs. 5 SGB VIII entsprechend der Verordnung zur Festsetzung der Kostenbeiträge für Leistungen und vorläufige Maßnahmen in der Kinder- und Jugendhilfe vom 1. Oktober 2005 (BGBl. I S. 2907), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 5. Dezember 2013 (BGBl. I S. 4040) (Kostenbeitragsverordnung – KostenbeitragsV -). Dabei richtet sich die Höhe des Kostenbeitrags nach der Einordnung in eine Einkommensgruppe in Spalte 1 der Anlage der Kostenbeitragsverordnung. Anschließend ist anhand einer unterhaltsrechtlichen Vergleichsberechnung zu prüfen, ob der Kostenbeitrag gemäß § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII angemessen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 19.8.2010 – 5 C 10/09 – BVerwGE 137, 357) ist dies der Fall, wenn dem erwerbstätigen Beitragspflichtigen zumindest der sogenannte unterhaltsrechtliche Selbstbehalt belassen wird.
Ein so ermittelter Kostenbeitrag kann bei Eltern, Ehegatten und Lebenspartnern allerdings erst ab dem Zeitpunkt erhoben werden, ab welchem dem Pflichtigen die Gewährung der Leistung mitgeteilt und er über die Folgen für seine Unterhaltspflicht gegenüber dem jungen Menschen aufgeklärt wurde (vgl. § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII). Eine Information gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 SBG VIII ist materiell-rechtliche Tatbestandsvoraussetzung für die Erhebung eines Kostenbeitrags, da das Recht zur Erhebung eines solchen Beitrages erst entsteht, wenn die Mitteilung erfolgt ist (vgl. BayVGH, B.v. 18.11.2014 – 12 C 14.2416 – juris; Kunkel/Keppert in Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 7. Aufl. 2018, § 92 Rn. 17 m.w.N.). Eine analoge Anwendung der Heilungs- oder Unbeachtlichkeitsvorschriften nach den §§ 41 f. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl. I S. 130), zuletzt geändert durch Art. 16 Gesetz vom 18. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2639) (SGB X) scheidet aus (vgl. Kunkel/Keppert, a.a.O., Rn. 17). Der Umfang der Informationspflicht bemisst sich entsprechend dem Schutzzweck der Norm nach den jeweiligen wirtschaftlichen Dispositionsmöglichkeiten des Kostenbeitragspflichtigen. Die Vorschrift gebietet nicht, Bar- und Naturalunterhaltspflichtige in gleicher intensiver Weise über alle anzusprechenden Fragen rechtlich aufzuklären. Insbesondere ist den Betroffenen die für sie maßgebliche Information zu vermitteln, um vermögensrechtliche Fehldispositionen im Zusammenhang mit der Entstehung der Kostenbeitragspflicht zu vermeiden. Da der naturalunterhaltspflichtige Elternteil in Bezug auf den Unterhaltsanspruch auch keine besonderen vermögensrechtlichen Dispositionen treffen muss, kann sich bei ihm die unterhaltsrechtliche Aufklärung entsprechend dem Wortlaut des § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII darauf beschränken, dass die Jugendhilfeleistung unterhaltsrechtlich entlastende Auswirkungen hat. Der Barunterhaltspflichtige soll über Beginn, Dauer und Höhe der Leistung informiert werden. Er ist darauf hinzuweisen, dass mit der Gewährung der Jugendhilfe die Beteiligung an den Kosten gemäß §§ 91, 92 SGB VIII verbunden ist. Er ist auch darauf hinzuweisen, dass die durch die Jugendhilfe eingetretene Bedarfsdeckung bei der Berechnung des Unterhalts mindernd zu berücksichtigen ist (vgl. Kunkel/Keppert, a.a.O., Rn. 17 m.w.N.).
Ausgehend von diesen rechtlichen Gegebenheiten ist der Kläger gemäß § 91 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a), § 92 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 i.V.m. § 93, 94 SGB VIII verpflichtet, einen Kostenbeitrag für die Unterbringung seiner Tochter in einer Pflegefamilie im Rahmen der Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege zu leisten.
Dies ergibt sich aus Folgendem:
Der Beklagte hat jedenfalls mit Schreiben vom 18. März 2015 (Behördenakte Blatt 362) den Kläger hinsichtlich der seinen Kindern gewährten Hilfe zur Erziehung und den sich daraus ergebenden Folgen in einem den Anforderungen des § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII genügenden Umfang informiert und aufgeklärt. In dem Schreiben wurde dem Kläger mitgeteilt, dass seinen Kindern Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege gemäß § 27 i.V.m. § 33 SGB VIII gewährt werde. Dem folgte ein deutlicher Hinweis auf eine mögliche Heranziehung zu einem Kostenbeitrag aufgrund der Gewährung der Hilfe zur Erziehung. Darüber hinaus wurde ausdrücklich klargestellt, dass für die Dauer der Hilfe zur Erziehung eine Pflicht zur Unterhaltszahlung gegenüber den Kindern des Klägers nicht besteht, sodass dem Sinn und Zweck der Aufklärungspflicht, den Unterhaltspflichtigen im Hinblick auf die Kostenbeitragspflicht vor finanziellen Fehldispositionen zu schützen, genüge getan wurde.
Da die der Tochter des Klägers gewährte Jugendhilfeleistung in Form der Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege seit Beginn der Jugendhilfemaßnahme im Jahre 2004 durchweg gewährt wurde und sich folglich auch keine gewichtigen Änderungen hinsichtlich der Barunterhaltspflicht des Klägers ergeben konnte, war eine erneute Mitteilung und Aufklärung über die unterhaltsrechtlichen Folgen unmittelbar vor dem streitgegenständlichen Zeitraum des Jahres 2017 nicht notwendig (vgl. BayVGH, B.v. 28.5.2014 – 12 ZB 14.154 – juris Rn. 12; NdsOVG, B.v. 8.12.2014 – 4 LA 46/14 – juris Rn. 8), sodass für das vorliegende Verfahren offen bleiben kann, ob die vor dem Jahre 2015 und die nach dem 18. März 2015 erfolgten Mitteilungen den gesetzlichen Voraussetzungen des § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII entsprochen haben.
Die Kostenbeitragspflicht des Klägers besteht für den streitgegenständlichen Zeitraum auch in der vom Beklagten mit dem angefochtenen Bescheid vom 7. Juli 2017 jeweils festgesetzten Höhe von monatlich 130,00 EUR, wobei für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheids auf die zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung geltende Sach- und Rechtslage, hier des Erlasses des Widerspruchbescheids vom 24. Oktober 2017, abzustellen ist (vgl. BayVGH, B.v. 9.8.2012 – 12 C 12.1627 – juris Rn. 3; VG Augsburg, U.v. 8.7.2013 – Au 3 K 13.1597 – juris Rn. 17; U.v. 9.12.2014 – Au 3 K 14.1269 – juris Rn. 25; VG Freiburg, U.v. 22.4.2015 – 4 K 2273/13 – juris Rn. 18; VG Würzburg, U.v. 25.10.2018 – W 3 K 17.473 – n.v.).
Bei der Berechnung des Kostenbeitrages ist von einem selbständigen Einkommensbegriff in § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII auszugehen, der dem Einkommensbegriff der §§ 82 ff. Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022), zuletzt geändert durch § 2 Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2019 vom 19. Oktober 2018 (BGBl. I S. 1766) (SGB XII) weitgehend entspricht; die Besonderheiten der Jugendhilfe, der erzieherischen Erfordernisse und der Vermeidung einer Beeinträchtigung des Zwecks der Jugendhilfe stehen insoweit nicht entgegen (BayVGH, B.v. 10.2.2010 – 12 ZB 08.3290 – m.w.N. und B.v. 25.10.2012 – 12 ZB 11.501 – beide juris).
Zum Einkommen gehören gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII grundsätzlich alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Abzusetzen sind gemäß § 92 Abs. 2 SGB VIII gezahlte Steuern, Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung sowie nach Grund und Höhe angemessene Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen. Maßgeblich ist das durchschnittliche Monatseinkommen, das die kostenbeitragspflichtige Person in dem Kalenderjahr erzielt hat, welches dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme vorangeht (vgl. § 93 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII).
Der Beklagte hat das monatliche Durchschnittseinkommen des Klägers zutreffend berechnet. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte der Berechnung des Kostenbeitrags die Einkünfte des Klägers im Kalenderjahr 2016 zugrunde gelegt (vgl. Behördenakte Blatt 13 und 18) und damit richtigerweise auf das Kalenderjahr abgestellt, das dem streitgegenständlichen Kalenderjahr der Maßnahme vorausgeht. Aufgrund der vorgelegten Unterlagen über das Einkommen des Klägers aus nichtselbstständiger Tätigkeit in den Monaten Januar bis Februar 2016 beim Arbeitgeber Z* … … … * … … (Behördenakte Blatt 18) sowie in den Monaten März bis Dezember 2016 beim Arbeitgeber O* … … (Behördenakte Blatt 13) in Höhe von insgesamt 20.590,12 EUR errechnet sich vor der Einkommensbereinigung nach § 93 Abs. 3 SGB VIII ein monatliches Nettoerwerbseinkommen in Höhe von 1.715,84 EUR (20.590,12 EUR / 12 Monate = 1.715,84 EUR).
Der vorgenannte Betrag von 1.715,84 EUR ist nach § 93 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII pauschal um 25 vom Hundert zu kürzen, da die nachgewiesenen tatsächlichen Belastungen nicht höher sind als dieser pauschale Abzug in Höhe von 428,96 EUR (vgl. § 93 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII). Als tatsächliche nachgewiesene monatliche Belastungen kommen lediglich die auf der Lohnbescheinigung des Arbeitgebers O* … … (Behördenakte Blatt 13) ausgewiesenen Pfändungen des Arbeitseinkommens in den Monaten Mai bis Dezember 2016 in Höhe von durchschnittlich 164,41 EUR in Betracht. Unabhängig von der Frage der Berücksichtigungsfähigkeit dieser Pfändungen im Rahmen des § 93 Abs. 3 SGB VIII liegen diese tatsächlichen Belastungen unter dem pauschalen Abzug in Höhe von 428,96 EUR monatlich. Darüber hinausgehende Pfändungen im Rahmen der vom Kläger vorgetragenen Verbraucherinsolvenz wurden zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht nachgewiesen (§ 93 Abs. 3 Satz 5 SGB VIII). Abweichend vom sonst im Verwaltungsverfahren geltenden Amtsermittlungsgrundsatz hat der Kostenbeitragspflichtige die Belastungen, die über den pauschalen Abzug hinausgehen, nachzuweisen (vgl. VG Augsburg, U.v. 15.12.2009 – Au 3 K 09.286 – juris Rn. 24). Daran vermögen auch die während des gerichtlichen Verfahrens vorgelegten Kontoauszüge des Klägers vom 14. August 2017 (Akte Blatt 3) und vom 9. Februar 2018 (Akte Blatt 41), aus denen sich ergibt, dass das dem Kläger zugeordnete Konto ein Pfändungsschutzkonto ist, nichts zu ändern. Denn aus diesen gehen weder konkret bezeichneten Pfändungen noch eine Verbraucherinsolvenz hervor. Der Frage, ob Pfändungen aus einer Verbraucherinsolvenz, die den pauschalen Abzug übersteigen, überhaupt nach Grund und Höhe angemessen seien können und gleichzeitig die Grundsätze einer wirtschaftlichen Lebensführung nicht verletzen, muss demgemäß nicht mehr nachgegangen werden.
Aus den vorgenannten Beträgen errechnet sich folglich ein maßgebliches monatliches Einkommen von 1.286,88 EUR (1.715,84 EUR – 428,96 EUR). Ausgehend von diesem maßgeblichen monatlichen Einkommen beträgt der Kostenbeitrag für den streitgegenständlichen Zeitraum nach den Festsetzungen der Kostenbeitragsverordnung 130,00 EUR monatlich für das erste Kind und jeweils 0,00 EUR für das zweite und das dritte Kind. Die Einstellung der Hilfe zur Erziehung für den Sohn des Klägers zum 31. Mai 2017 wirkt sich demgemäß auf die Höhe des Kostenbeitrags im streitgegenständlichen Zeitraum nicht aus.
Für die unterhaltsrechtliche Vergleichsberechnung im Rahmen des § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ist – entsprechend den vorstehenden Ausführungen – ebenfalls auf den Zeitraum der Kostenbeitragserhebung und somit auf ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.715,84 EUR abzustellen. Der Beklagte hat dieses Nettoeinkommen mangels nachgewiesener anderer berücksichtigungsfähiger Belastungen unterhaltsrechtlich in Form des pauschalen Abzugs von fünf vom Hundert des Nettoerwerbseinkommens (85,79 EUR) bereinigt. Hieraus ergibt sich ein unterhaltsrechtlich bereinigtes monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.630,05 EUR. Bei einem Kostenbeitrag von monatlich 130,00 EUR verbleibt dem Kläger der notwendige Selbstbehalt in Höhe von 1.080,00 EUR (Unterhaltsrechtliche Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland (SüdL), Stand 1.1.2017, Nr. 21.2 Spiegelstrich 2). Unabhängig von der Frage der tatsächlichen unterhaltsrechtlichen Berücksichtigungsfähigkeit der auf den Lohnbescheinigungen des Arbeitgebers O* … … ausgewiesenen Pfändungen des Arbeitseinkommens in den Monaten Mai bis Dezember 2016 in Höhe von durchschnittlich 164,41 EUR würde dem Kläger auch nach zusätzlichem Abzug dieser Pfändungen der notwendige Selbstbehalt in Höhe von 1.080,00 EUR verbleiben.
Für das Vorliegen einer vom Kläger geltend gemachten besonderen Härte nach § 92 Abs. 5 SGB VIII bzw. gemäß § 93 Abs. 4 Satz 4 SGB VIII ist nichts ersichtlich. Ein Verbraucherinsolvenzverfahren wurde zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung nicht nachgewiesen. Unabhängig davon würde auch eine nachgewiesene Durchführung eines Verbraucherinsolvenzverfahren für sich alleine keine besondere Härte nach § 92 Abs. 5 SGB VIII begründen (VG Würzburg, U.v. 21.5.2015 – W 3 K 13.1263 – n.v.). Schuldverpflichtungen sind grundsätzlich im Rahmen des § 93 Abs. 3 SGB VIII zu berücksichtigen. Soweit Schuldverpflichtungen hierbei nach den gesetzlich geforderten Kriterien nicht berücksichtigungsfähig sind, fehlt in aller Regel auch deren Eignung zur Begründung einer besonderen Härte. Sonstige Gründe, die eine besondere Härte in diesem Sinne darstellen würden, sind weder hinreichend substantiiert vorgetragen worden noch ersichtlich. Das Vorliegen eines sonstigen atypischen Falles, in dem die Erhebung eines Kostenbeitrags zu einem Ergebnis führen würde, dass den Leitvorstellungen der §§ 91 ff. SGB VIII widerspricht, ist nicht erkennbar.
Darüber hinaus würde selbst eine nachgewiesene Durchführung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens nicht die Entstehung von Ansprüchen wie die jugendhilferechtliche Kostenbeitragspflicht des Klägers hindern, sondern allenfalls der Geltendmachung des Anspruchs, d.h. seiner Durchsetzbarkeit und der Zulässigkeit einer Zwangsvollstreckung wegen dieses Anspruchs entgegenstehen (vgl. §§ 304 Abs. 1 i.V.m. 87, 89 InsO).
Entgegen der Auffassung des Klägers wurde auch nicht wegen der von ihm vorgetragenen Verbraucherinsolvenz auf die Heranziehung zu einem Kostenbeitrag für das Jahr 2016 verzichtet, sondern – ausweislich der Behördenakte – wegen eines niedrigeren maßgeblichen Monatseinkommens in Höhe von 1.062,92 EUR, welches sich aus einer Verdienstbescheinigung für das Jahr 2015 des Arbeitgebers Z* … … … * … … (Behördenakte Blatt 6) ergab.
Die Feststellung des Kostenbeitragsrückstands in Ziff. 2 des angefochtenen Bescheids stellt keine eigenständige Regelung, sondern vielmehr eine Zahlungsmitteilung ohne Regelungscharakter dar. In ihr wird aufgeführt, welche Zahlungen im Hinblick auf den Bescheid des Beklagten vom 7. Juli 2017 für die Monate Januar bis Juni 2017 bereits fällig geworden sind. Die Gewährung der Ratenzahlung beinhaltet zwar eine Regelung, verletzt den Kläger jedoch nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Da sich der angefochtene Bescheid nach alledem als rechtmäßig erweist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt, war die Klage mit der Kostenfolge aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO abzuweisen.

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