Sozialrecht

Rechtmäßige Anrechnung der Sterbevieljahresleistung als Einkommen

Aktenzeichen  S 13 AS 665/16

Datum:
23.11.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 121392
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB II § 11, § 11a Abs. 3
SGG § 193

 

Leitsatz

Eine zweckbestimmte Leistung aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften liegt schon vor, wenn für diese Leistung ein abstrakt genereller Zweck bestimmt wird. Es bedarf keines konkret individuellen Zweckes (entgegen LSG Hessen BeckRS 2013, 67212). (Rn. 10 – 11) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Bescheid vom 08.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2016 wird abgeändert.
II. Die Beklagte wird verurteilt, den Sterbevierteljahresbonus in Höhe von 263,70 EUR für die Monate Februar bis April 2016 nicht als Einkommen anzurechnen.
III. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet. Zu Unrecht hat die Beklagte die Sterbevierteljahresleistung für den Zeitraum Februar bis April 2016 auf die den Klägern zustehenden Leistungen als Einkommen angerechnet. Gemäß § 11 a Abs. 3 SGB II sind Leistungen, die aufgrund öffentlich rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden nur soweit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Leistungen nach dem SGB II im Einzelfall den selben Zweck dienen. Die Sterbevierteljahresleistung der Rentenversicherung ist eine Leistung aufgrund öffentlich rechtlicher Vorschriften. Bereits der Begriff Sterbevierteljahresleistung benennt den Zweck zu dem diese Leistung erbracht wird. Sie soll nämlich für einen vorübergehenden Zeitraum, ein viertel Jahr, dem Ziel dienen, den während des Sterbevierteljahres zwangsläufig entstehenden besonderen Bedarf des hinterbliebenen Ehegatten zu befriedigen. Dieser besondere Bedarf kann nicht für jeden Rentenfall im Einzelnen im Bescheid aufgeführt werden, zumal es jeweils ein anderer Bedarf sein kann. Bei der Vielzahl der hinsichtlich des Sterbevierteljahresleistung ergehenden Bescheide kann im Bescheid nicht ein konkret individueller Zweck genannt werden. Jeder Empfänger der Sterbevierteljahresleistung wird die empfangenen Gelder anderweitig einsetzen, aber immer für den Zweck, dass die erhöhten Aufwendungen des hinterbliebenen Ehegatten im ersten viertel Jahr nach dem Tod des Ehegatten befriedigt werden.
Die gegenteilige Ansicht des LSG Hessen in der Entscheidung vom 21.12.2012 (L 4 SO 340/12 B ER) vermag nicht zu überzeugen. Es bedarf keines konkret individuellen Zweckes. Ein abstrakt genereller Zweck reicht aus, zumal der Zweck incident durch die Bezeichnung Sterbevierteljahresleistung im Bescheid genannt ist. Die Leistung während des Sterbevierteljahres soll von der Rentenversicherung aus gerade nicht dem Lebensunterhalt dienen, sondern die erhöhten Aufwendungen ausgleichen. Nicht zuletzt deshalb enthält der Rentenbescheid der Klägerin auch den Hinweis, dass der Sterbevierteljahresbonus eine zweckbestimmte Leistung ist.
Es war daher der Bescheid vom 08.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2016 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, den Sterbevierteljahresbonus nicht als Einkommen bei der Berechnung der Leistungen der Kläger zu 1) bis 4) zu berücksichtigen.
Nach alledem war zu entscheiden wie geschehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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