Aktenzeichen M 15 K 18.709
BAföG § 26, § 27, § 29
Leitsatz
Überträgt ein Auszubildender 21 Tage vor Stellung des Antrags auf Ausbildungsförderung Geld aus einem auf seinen Namen angelegten Konto auf seine Eltern, ohne dass ein Rechtsgrund (etwa ein Darlehen) dafür glaubhaft gemacht werden kann, ist dies als rechtsmissbräuchliche Vermögensübertragung zu werten. (Rn. 24 – 27) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid vom … Juli 2017 und der Widerspruchsbescheids vom … Januar 2018 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beklagte nahm zu Recht den Bewilligungsbescheid vom 1. Dezember 2015 zurück, setzte die Bewilligung von Ausbildungsförderung für die Klägerin im streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum neu auf 28,- EUR monatlich fest und forderte von der Klägerin einen Betrag in Höhe von 3.993,- EUR zurück.
I.
Rechtsgrundlage für die Rücknahme der bewilligten Ausbildungsförderung ist § 45 Abs. 1 SGB X. Nach dieser Vorschrift kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 1 SGB X), wenn sich der Begünstigte nicht auf Vertrauensschutz berufen kann (§ 45 Abs. 2 SGB X).
1. Der begünstigende Verwaltungsakt vom 1. Dezember 2015 war rechtswidrig, soweit eine über den monatlichen Betrag von 28,- EUR hinausgehende Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum September 2015 bis Juli 2016 gewährt wurde, da das von der Klägerin an ihre Eltern übertragene Vermögen in Höhe von 7.067,01 EUR als fiktives Vermögen der Klägerin hätte angerechnet werden müssen.
Grundlage für die Bewilligung von Ausbildungsförderung ist § 1 BAföG. Demnach besteht ein Anspruch nur insoweit, als dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen (Subsidiarität der staatlichen Ausbildungsförderung, vgl. OVG Sachsen, U.v. 26.11.2009 – 1 A 288/08 – juris Rn. 19). Auf den Bedarf i.S.d. § 11 Abs. 1 BAföG sind das Einkommen und Vermögen des Auszubildenden nach Maßgabe der §§ 26 ff. BAföG anzurechnen (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BAföG). Zum Vermögen des Auszubildenden zählen nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG Forderungen und sonstige Rechte – wie hier das Bankguthaben der Klägerin -, wobei nach § 28 Abs. 2 BAföG deren Wert im Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblich ist. Für die anrechnungsfreien Vermögensbeträge aus § 29 Abs. 1 Satz 1 BAföG sind nach § 29 Abs. 1 Satz 2 BAföG ebenfalls die Verhältnisse im Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend. Überträgt der Auszubildende Vermögen rechtsmissbräuchlich auf Dritte, führt dies nach ständiger Rechtsprechung, die dem Gesetzeszweck Rechnung trägt, zur fiktiven Anrechnung nach Maßgabe der §§ 26 ff. BAföG (vgl. BVerwG, U.v. 13.1.1983 – 5 C 103/80 – juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 22.1.2014 – 12 C 13.2468 – juris Rn. 3 m.w.N.; OVG Sachsen, U.v. 26.11.2009 – 1 A 288/08 – juris Rn. 19). Rechtsmissbräuchliches Handeln liegt vor, wenn im Hinblick auf eine konkrete oder schon begonnene Ausbildung, für die Ausbildungsförderung in Anspruch genommen werden soll, Vermögen an einen Dritten rechtsgrundlos und unentgeltlich, d.h. ohne gleichwertige Gegenleistung übertragen wird, um eine Anrechnung von Vermögen zu vermeiden, anstatt es für den Lebensunterhalt und die Ausbildung einzusetzen (vgl. BVerwG, U.v. 13.1.1983 – 5 C 103/80 – juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 22.1.2014 – 12 C 13.2468 – juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 27.11.2006 – 12 C 06.1171 – juris Rn. 3). Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Übertragung und Antragstellung spricht dabei in gewichtiger Weise für einen Rechtsmissbrauch (BVerwG, U.v. 14.3.2013 – 5 C 10/12 – juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 22.1.2014 – 12 C 13.2468 – juris Rn. 4). Ein subjektiv verwerfliches Handeln des Auszubildenden ist nicht erforderlich (BayVGH, B.v. 22.1.2014 – 12 C 13.2468 – juris Rn. 4; U.v. 11.11.2009 – 12 BV 08.1293 – juris Rn. 35). Unabhängig von der bürgerlich-rechtlichen Wirksamkeit der Übertragung von Vermögen ist in solchen Fällen der Betrag dem Vermögen des Auszubildenden förderungsrechtlich weiterhin – fiktiv – zuzurechnen und auf seinen Bedarf nach Maßgabe der §§ 26 ff. BAföG anzurechnen (grundlegend hierzu: BVerwG, U.v. 13.1.1983 – 5 C 103/80 – juris; U.v. 30.6.2010 – 5 C 2/10 – juris).
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzung ist die am 3. September 2015 von der Klägerin erfolgte Überweisung des Betrags in Höhe von 7.067,01 EUR auf das Konto ihrer Eltern als im ausbildungsförderungsrechtlichen Sinne rechtsmissbräuchliche Vermögensverfügung zu qualifizieren.
a) Der erforderliche zeitliche Zusammenhang zwischen der Vermögensübertragung und der konkret geplanten Ausbildung bzw. der Stellung des Antrags auf Ausbildungsförderung ist vorliegend gegeben. Allgemein wird ein Zeitraum von sechs bis sieben Monaten zwischen Vermögensverfügung und Antragstellung für den erforderlichen zeitlichen Zusammenhang als ausreichend angesehen (VG München, U.v. 2.8.2018 – M 15 K 17.428 – UA S.13; BayVGH, B.v. 4.7.2012 – 12 ZB 11.479 – juris Rn. 9). Da zwischen der Überweisung des auf dem Bausparkonto angelegten Vermögens auf das Konto ihrer Eltern am 3. September 2015 und dem Antrag der Klägerin auf Gewährung von Ausbildungsförderung am 24. September 2015 lediglich 21 Tage liegen, ist hier ein zeitlicher Zusammenhang zu bejahen.
b) Der Betrag in Höhe von 7.067,01 EUR war Vermögen der Klägerin im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG, da sie bis zum 3. September 2015 gegenüber der Bausparkasse … … einen Zahlungsanspruch aus einem auf ihren Namen angelegten Kontoguthaben hatte.
Die am 3. September 2015 erfolgte Übertragung des bei der Bausparkasse angelegten Vermögens der Klägerin auf deren Eltern erfolgte ohne Rechtsgrund, da das Bestehen eines Rechtsgrunds in Form einer Rückzahlungsverpflichtung der Klägerin aus einem mit ihren Eltern geschlossenen Darlehensvertrag weder von der Klägerin noch von den in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen glaubhaft gemacht werden konnte.
Für die Frage, ob ein behauptetes Darlehen als bestehende Schuld im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG anzuerkennen ist, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (grundlegend: U.v. 4.9.2008 – 5 C 30.07 – juris) maßgeblich, ob ein Darlehensvertrag zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden ist und dies von dem insoweit darlegungspflichtigen Auszubildenden auch nachgewiesen werden kann. Weil und soweit der für den Auszubildenden förderungsrechtlich günstige Umstand, ob und in welchem Umfang er vermögensmindernde Schulden hat, seine Sphäre betrifft, obliegt ihm bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen eine gesteigerte Mitwirkungspflicht; die Nichterweislichkeit der Tatsachen geht zu seinen Lasten. Denn gerade im Ausbildungsförderungsrecht kann die Gefahr des Missbrauchs bestehen, wenn der Auszubildende die Behauptung aufstellt, er habe mit einem nahen Angehörigen einen sein Vermögen mindernden Darlehensvertrag geschlossen. Um dieser Gefahr entgegenzuwirken, ist es geboten, an den Nachweis des Abschlusses und der Ernsthaftigkeit der Verträge strenge Anforderungen zu stellen. Dies setzt etwa voraus, dass sich die Darlehensgewährung auch anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen lässt. Die Ämter für Ausbildungsförderung und die Tatsachengerichte haben ihrerseits zur Klärung der Frage, ob überhaupt ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden ist und welchen Inhalt dieser gegebenenfalls hat, alle Umstände des Einzelfalles sorgsam zu ermitteln und umfassend zu würdigen. Soweit die relevanten Umstände in familiären Beziehungen wurzeln oder sich als innere Tatsachen darstellen, die häufig nicht zweifelsfrei feststellbar sind, ist es gerechtfertigt, für die Frage, ob ein entsprechender Vertragsschluss vorliegt, äußerlich erkennbare Merkmale als Beweisanzeichen (Indizien) heranzuziehen (vgl. BVerfG, B.v. 7.11.1995 – 2 BvR 802/90 – BB 1995, 2624/2625 m.w.N.). Die Annahme einer wirksam begründeten Darlehensschuld unter Angehörigen muss aber nicht zwingend einem strikten Fremdvergleich in dem Sinne standhalten, dass sowohl die Gestaltung (z.B. Schriftform, Zinsabrede oder Gestellung von Sicherheiten) als auch die Durchführung des Vereinbarten in jedem Punkte dem zwischen Fremden – insbesondere mit einem Kreditinstitut – Üblichen zu entsprechen hat (zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs s. BFH U.v. 4.6.1991 – IX R 150/85 – BFHE 165, 53; B.v. 25.6.2002 – X B 30/01 – BFH/NV 2002, 1303).
Dabei sind die für und gegen einen wirksamen Vertragsabschluss sprechenden Indizien, deren nachfolgende Aufzählung sich hier nicht als abschließend versteht, im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu gewichten und zu würdigen. Die Wahrung von im Geschäftsverkehr üblichen Modalitäten (wie der Vereinbarung der in § 488 Abs. 1 BGB genannten Vertragspflichten) kann als ein Indiz dafür gewertet werden, dass ein Darlehensvertrag tatsächlich geschlossen worden ist. Demgegenüber spricht es etwa gegen die Glaubhaftigkeit einer solchen Behauptung, wenn der Inhalt der Abrede (insbesondere die Darlehenshöhe sowie die Rückzahlungsmodalitäten) und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht substantiiert dargelegt werden. Gleiches gilt, wenn ein plausibler Grund für den Abschluss des Darlehensvertrages nicht genannt werden kann oder der bezeichnete Grund nicht dazu geeignet ist, eine genügende Abgrenzung gegenüber einer Schenkung oder einer freiwilligen Unterstützung bzw. Unterhaltszahlung zu ermöglichen. Zweifel am Vertragsschluss können ferner berechtigt sein oder bestätigt werden, wenn die Durchführung des Darlehensvertrages nicht den Vereinbarungen entspricht und die Abweichung nicht nachvollziehbar begründet werden kann. Ebenso lässt es sich als Indiz gegen einen wirksamen Vertragsschluss werten, wenn der Auszubildende eine etwaige Darlehensverpflichtung nicht von vornherein in seinem Antragsformular bezeichnet, sondern gewissermaßen zum Zwecke der Saldierung erst angegeben hat, nachdem er der Behörde gegenüber nachträglich einräumen musste, anrechenbares Vermögen zu besitzen. Dagegen kann es für das Vorliegen eines beachtlichen Darlehensverhältnisses während eines in der Vergangenheit liegenden Bewilligungszeitraums sprechen, wenn das Darlehen bereits zu dem Zeitpunkt zurückgezahlt worden war, zu dem sich erstmals die Frage seiner ausbildungsförderungsrechtlichen Anrechnung gestellt hat.
Gemessen an diesen Grundsätzen lag hier ein förderungsrechtlich zu berücksichtigender Darlehensvertrag i.S.d. § 488 Abs. 1 BGB nicht vor. Der von der Klägerseite vorgetragene Sachverhalt ist nicht dazu geeignet, eine hinreichende Abgrenzung des behaupteten Darlehensverhältnisses gegenüber einer Schenkung bzw. einer freiwilligen Unterstützung bzw. Unterhaltszahlung zu ermöglichen (vgl. zur Abgrenzung innerfamiliärer Geldzuwendungen Hartmann in Rothe/Blanke, BAföG, Stand: Mai 2018, § 28 Rn. 10.1 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 4.9.2008 – 5 C 30.07 – BVerwGE 132, 10; BFH, U.v. 4.6.1991 – IX R 150/85 – BFHE 165, 53). Dies ergibt sich aus einer Bewertung aller Indizien und Umstände des Einzelfalls:
Die Klägerin ist vorliegend ihrer Darlegungs- und Nachweispflicht, dass ein Darlehensvertrag zwischen ihr und ihren Eltern abgeschlossen worden ist, nicht nachgekommen.
So konnte die Klägerin bereits keine Nachweise dafür erbringen, dass ihre Eltern ihr zwischen September 2014 und August 2015 insgesamt einen Betrag in Höhe von 6.700,- EUR übertragen haben. Weder die Eltern der Klägerin noch diese selbst haben schriftlich festgehalten, welche Beträge die Eltern zu welchem Zeitpunkt und für welchen Zweck der Klägerin gegeben haben. Eine Liste, auf der die jeweiligen Beträge notiert wurden, existierte angeblich nicht. Weder die Mutter der Klägerin, die für die finanzielle Haushaltsführung zuständig war, noch die Klägerin haben aufgeschrieben, wann die Klägerin wie viel Geld bekommen hat. Es ist dem Gericht daher bereits nicht nachvollziehbar, wie die Klägerin und deren Eltern die Höhe des Darlehensbetrags auf 6.700,- € beziffern konnten.
Die Klägerin konnte zudem nicht darlegen, wofür sie das darlehensweise erhaltene Geld in Höhe von 6.700,- EUR verwendet hat. Während sie zunächst angab, ca. 3.000,- EUR für ihre Amerikareise benötigt zu haben, führte sie später im Verfahren aus, sie habe für ihre Reise 3.500,- bis 4.000,- EUR verbraucht. Einen Nachweis für ihre Reiseausgaben konnte die Klägerin nicht erbringen. Obwohl zumindest die Kosten für den Flug ebenso wie etliche weitere Kosten in Amerika üblicherweise regelmäßig per Überweisung bzw. Kreditkartenzahlung getätigt werden, konnte sie diese Ausgaben weder durch die Vorlage von Kontoauszügen noch durch Vorlage von Überweisungsträgern nachweisen. Zwar trägt die Klägerin diesbezüglich vor, dass sämtliche Kosten inklusive der Flugkosten zunächst von ihrer Freundin und Reisegefährtin … … getragen worden und anschließend mit dem ihr darlehensweise überlassenen Geld beglichen worden seien. Auch dieser Vortrag überzeugt jedoch nicht, da ein Betrag in Höhe von 3.000,- bis 4.000,- € in der Regel nicht in bar übergeben wird und auch die von … … angeblich vorgestreckten Beträge nicht durch Vorlage von Kontoauszügen, aus denen sich die für die Klägerin gezahlten Beträge ergeben, nachgewiesen worden sind. Alleine die schriftliche Bestätigung von … … genügt insoweit den strengen Anforderungen an die Nachweispflicht der Auszubildenden, wie sie vom Bundesverwaltungsgericht gefordert werden, nicht.
Auch ihre weiteren Ausgaben, die sie mit dem darlehensweise übertragenen Geld ihrer Eltern zwischen September 2014 und August 2015 getätigt habe, konnte die Klägerin nicht spezifizieren. Zwar konnte sie eine Rechnung für ein Elektrofahrrad in Höhe von circa 1.900,- € vorlegen, das sie von dem darlehensweise übertragenen Geld ihrer Eltern gekauft habe. Wofür sie jedoch das weitere Geld von mindestens 1.300,- EUR (6.700 EUR abzüglich 1.900 EUR (Fahrrad) abzüglich 3.500 EUR (Amerikareise) = 1.300 EUR) verbraucht habe, konnte die Klägerin nicht darlegen. Zwar gab sie an, zusätzlich zu der Amerikareise weitere kleine Reisen (Füssen, Bamberg, Österreich, Niederlande) in diesem Zeitraum gemacht zu haben. Auch für diese Reisen konnte sie jedoch keine Belege vorlegen, obwohl in Deutschland üblicherweise Reisekosten wie z.B. Zug- und Bahnfahrten in der Regel überwiesen werden und Ausgaben vor Ort in der Regel durch die Vorlage von Kontoauszügen, denen zumindest die vor Ort vorgenommenen Kontoabhebungen zu entnehmen sind, belegt werden können. Schließlich hat die Klägerin auch nicht konkretisiert, wann genau die Reisen stattgefunden, wie lange diese jeweils gedauert haben und welchen ungefähren Betrag sie für welche Reise verwendet habe.
Des Weiteren hat die Klägerin auch trotz Aufforderung keine Unterlagen zu ihrem Bausparvertrag vorlegen können. Sie blieb daher den Nachweis schuldig, wann dieser Vertrag abgeschlossen worden ist, wer und in welcher Höhe auf diesen eingezahlt hat, welche Laufzeit dieser hatte und wann der Bausparvertrag fällig geworden ist. Der Vortrag der Zeugin, sie habe sämtliche Unterlagen zu dem streitgegenständlichen Bausparvertrag vernichtet, weshalb Unterlagen nicht vorgelegt werden könnten, überzeugt vorliegend bereits deswegen nicht, da die Banken verpflichtet sind, mindestens für die Dauer von fünf Jahren Unterlagen aufzubewahren. Es ist daher dem Gericht nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin sich nicht an die Bank gewendet hat, um die von ihrer Mutter vernichteten Unterlagen von der Bank anzufordern. Ernsthafte Bemühungen in dieser Richtung scheint es offenbar nicht gegeben zu haben, da die Klägerin weder ein Schreiben an die Bank, in dem sie um Vorlage der Unterlagen zu ihrem Bausparvertrag bat, noch ein Schreiben von der Bank, in dem die Bank bestätigt, dass es keine Unterlagen über den mit der Klägerin geschlossenen Bausparvertrag mehr gibt, vorgelegt hat.
Auch einem Fremdvergleich hält der mit ihren Eltern geschlossene Darlehensvertrag insoweit nicht stand, als weder über die Höhe der Darlehenssumme noch über die genauen Modalitäten wie beispielsweise die Höhe der Rückzahlungssumme eine Vereinbarung getroffen wurde.
Schließlich spricht auch gegen den Abschluss einer Darlehensvereinbarung und für eine freiwillige Unterstützung beziehungsweise Unterhaltszahlung durch die Eltern, dass diese der Klägerin auch schon vor Abschluss der Darlehensvereinbarung ebenso wie nach der Rückzahlung des Betrages in Höhe von 7.067,01 Euro weiterhin Geld für ihre verschiedenen Ausgaben gegeben haben. Die Eltern der Klägerin bestätigten zudem, dass auch die Schwester der Klägerin regelmäßig Geld erhalten habe, ohne dass hierfür eine Darlehensvereinbarung abgeschlossen worden sei.
Alle diese Erwägungen sprechen dafür, dass es sich bei dem Geld, das die Klägerin in dem streitgegenständlichen Zeitraum von ihren Eltern erhalten hat, um freiwillige Unterhaltszahlungen handelte. Für diese Vermutung spricht auch, das die Mutter der Klägerin auf Frage, wieso sie nicht aufgeschrieben habe, wie viel Geld sie ihrer Tochter gegeben habe, ausführte, dass das Geld ja für ihre Tochter gewesen sei und daher alles nicht so eng gesehen worden sei. Aus alledem ergibt sich jedenfalls, dass der von der Klägerseite vorgetragene Sachverhalt nicht dazu geeignet ist, eine hinreichende Abgrenzung gegenüber einer Schenkung oder einer freiwilligen Unterstützung bzw. Unterhaltszahlung zu ermöglichen. Wegen der – mit Blick auf eine ohne Gegenleistung in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur BAföG-Antragstellung getätigten Vermögensweggabe – gesteigerten Darlegungs- und Substantiierungspflichten für innerfamiliäre Darlehensvereinbarungen geht vorliegend die Nichterweislichkeit des Darlehens zu Lasten der Klägerin (BVerwG, B.v. 9.1.2009 – 5 B 53/08 – juris). Damit wäre das mangels Rechtsgrund bzw. Gegenleistung rechtsmissbräuchlich übertragene Vermögen i.H.v. 7.067,01 Euro als fiktives Einkommen der Klägerin anzurechnen gewesen.
2. Die Klägerin kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, da der Bewilligungsbescheid auf Angaben beruhte, die sie jedenfalls grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X), indem sie bei Antragstellung die unentgeltliche Vermögensübertragung an ihre Eltern verschwiegen hat.
Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzte (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Halbs. 2 SGB X), weil schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und das nicht beachtet wurde, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (BVerwG, B.v. 18.3.2009 – 5 B 10/09 – juris Rn. 3).
Die Klägerin hat im Antragsformular keine Angaben zur erfolgten Vermögensübertragung gemacht, obwohl in den Antragsformularen ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass Vermögenswerte auch dann dem Vermögen des Auszubildenden zuzurechnen sind, wenn sie in zeitlichem Zusammenhang mit der Stellung des Antrags auf Ausbildungsförderung unentgeltlich oder ohne gleichwertige Gegenleistung an Dritte, beispielsweise die Eltern, übertragen wurden. Der Klägerin hätte klar sein müssen, dass auch ein kurz vor Antragstellung weggegebenes Vermögen für die Entscheidung über die Gewährung von Ausbildungsförderung von Bedeutung sein konnte und deshalb dem Beklagten offengelegt werden musste. Zumindest hätte sie sich insoweit vor der Nichtangabe beim Beklagten beraten lassen müssen. Dass sie dies nicht getan hat, sondern die Vermögensübertragung verschwiegen hat, war somit zumindest grob fahrlässig (vgl. BayVGH, B.v. 27.11.2006 – 12 C 06.1171 – juris Rn. 6).
3. Auch die weiteren Voraussetzungen des § 45 SGB X lagen vor. Der Bescheid konnte nach § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Der Beklagte hat das ihm nach § 45 Abs. 1 SGB X eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt (§ 114 VwGO). Die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X wurde eingehalten.
II. Der Beklagte hat das Vermögen der Klägerin unter Zugrundelegung des nach der Bestätigung der … … … … am Antragstag vorhandenen Giro- und Sparguthabens i.H.v. 966,28 Euro und unter Anrechnung eines fiktiven Vermögens i.H.v. 7.067,01 EU zutreffend mit 9.189,67 Euro ermittelt und die der Klägerin im Bewilligungszeitraum 9/2015 bis 7/2016 zustehende monatliche Förderung in nicht zu beanstandender Weise auf 28,- Euro festgesetzt. Da der Rücknahmebescheid somit zu Recht erging, hat die Klägerin die ihr zu Unrecht erbrachten Förderleistungen in Höhe von insgesamt 3.993,- Euro zurückzuzahlen (§ 50 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SGB X).
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Gerichtskostenfreiheit beruht auf § 188 Satz 2 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.