Aktenzeichen L 10 AL 19/17 B PKH
SGB III SGB III § 145 Abs. 1
ZPO ZPO § 114
GG GG Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3
Leitsatz
Die Heilung des Anhörungsmangels durch die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens setzt voraus, dass der Ausgangsbescheid alle wesentlichen Tatsachen, die die Behörde ausgehend von ihrer materiell-rechtlichen Rechtsansicht berücksichtigen muss und kann, benennt. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
S 1 AL 15/17 2017-01-20 Bes SGNUERNBERG SG Nürnberg
Tenor
I.
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.01.2017 aufgehoben.
II.
Dem Kläger wird für das Klageverfahren S 1 AL 15/17 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt B., B-Stadt, beigeordnet.
Gründe
I.
Streitig ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Verfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG), in dem die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) ab 24.09.2016 und eine Erstattung von Alg in Höhe von 2.637,12 EUR bzw Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen iHv 745,73 EUR streitgegenständlich ist. Im Anschluss an den Bezug von Krankengeld bis 12.05.2016 meldete sich der Kläger mit Wirkung zum 13.05.2016 arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg. Die Beklagte bewilligte darauf mit Bescheid vom 12.05.2016 Alg iHv täglich 39,36 EUR für die Zeit vom 13.05.2016 bis 11.05.2017. Wegen einer Reha-Maßnahme mit Anspruch auf Übergangsgeld wurde die Bewilligung von Alg ab dem 07.06.2016 wieder aufgehoben (Bescheid vom 02.06.2016). Mit Änderungsbescheid vom 08.06.2016 idF des Änderungsbescheides vom 28.06.2016 bewilligte die Beklagte Alg für den 06.06.2016 iHv täglich 39,36 EUR für die Zeit vom 07.06.2016 bis 04.07.2016 iHv 0,00 EUR und für die Zeit vom 05.07.2016 bis 08.06.2017 iHv täglich 39,36 EUR. Mit Bescheid vom 06.07.2016 wurde die Bewilligung von Alg ab dem 07.06.2016 erneut wegen dem Beginn einer Reha-Maßnahme mit Anspruch auf Übergangsgeld aufgehoben. Nachdem der Kläger vom 05.07.2016 bis 23.09.2016 Krankengeld bezogen hatte, meldete er sich mit Wirkung zum 24.09.2016 wiederum arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg. Er könne bestimmte Beschäftigungen nicht mehr ausüben oder müsse sich zeitlich einschränken. Er stelle sich aber bei einer ärztlichen Begutachtung im Rahmen des festgestellten Leistungsvermögens für die Vermittlung zur Verfügung. Andere Leistungen (zB Rente wegen Erwerbsminderung oder Krankengeld) beziehe er nicht und habe diese auch nicht bezogen oder beantragt. Die Beklagte bewilligte darauf mit Bescheid vom 04.10.2016 Alg für die Zeit vom 24.09.2016 bis 28.08.2017 iHv 39,36 EUR. Nach der sozialmedizinischen gutachterlichen Stellungnahme des Dr. J. vom Ärztlichen Dienst der Beklagten könne aufgrund der Schwere der Erkrankungen beim Kläger dauerhaft nicht von einem Leistungsvermögen für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgegangen werden. Auf Anfrage der Beklagten bei der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern (DRV) legte diese ein Schreiben vom 01.09.2016 an den Kläger vor, wonach bei ihm eine volle Erwerbsminderung seit dem 14.12.2015 festgestellt worden sei und die vom 07.06.2016 bis 04.07.2016 durchgeführten Leistungen zur Teilhabe die verminderte Erwerbsfähigkeit nicht habe verhindern können. Der Antrag auf Leistungen zur Teilhabe gelte damit als Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung. Diese könne jedoch nicht gewährt werden, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorlägen. Weiter wurde ein entsprechender Bescheid vom 02.09.2016 der DRV vorgelegt, wonach dem Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht entsprochen werden könne, weil die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien.
Mit Bescheid vom 01.12.2016 nahm die Beklagte die Bewilligung von Alg ab dem 24.09.2016 nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) iVm § 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) zurück. Nach Feststellung und Bescheid der DRV vom 01.09.2016 sei der Kläger nicht in der Lage, eine Tätigkeit mit mindestens 15 Stunden wöchentlich auszuüben. Damit stehe er dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung. Eine Leistungsgewährung nach § 145 SGB III sei mit den Feststellungen der DRV nicht mehr zulässig. Deshalb sei die Arbeitslosmeldung unwirksam geworden (§ 141 SGB III). Für die Zeit vom 24.09.2016 bis 30.11.2016 sei das Alg iHv 2.637,12 EUR und die Beiträge zur Krankenversicherung iHv 648,64 EUR bzw zur Pflegeversicherung iHv 97,09 EUR zu erstatten. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Die Feststellungen der DRV seien falsch. Er sei zumindest in der Lage, leichtere körperliche Tätigkeiten auszuführen. Dementsprechend stehe er dem Arbeitsmarkt sehr wohl zur Verfügung. In jedem Fall habe er das Alg in gutem Glauben erhalten und vollständig verbraucht. Über Mittel zur Rückzahlung verfüge er nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.12.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach den Feststellungen des zuständigen Rentenversicherungsträgers und der Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes sei der Kläger nicht in der Lage Beschäftigungen mit einem Umfang von 15 Stunden wöchentlich auszuüben. Damit liege keine Arbeitslosigkeit vor. Auch eine Leistungsgewährung nach § 145 Abs. 1 SGB III scheide wegen der Entscheidung des Rentenversicherungsträgers aus. Dabei komme es nicht darauf an, dass der Kläger die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt habe. Im Leistungsantrag vom 22.09.2016 habe er falsche Angaben gemacht. Er habe angekreuzt, andere Leistungen, zB Rente wegen Erwerbsminderung, weder bezogen noch beantragt zu haben. Die Bewilligung sei deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, da der Kläger unter Berücksichtigung des Merkblatts 1 für Arbeitslose hätte erkennen können, dass die Leistungsbewilligung rechtswidrig gewesen sei.
Dagegen hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben und die Bewilligung von PKH beantragt. Mit Beschluss vom 20.01.2017 hat das SG den Antrag auf Bewilligung von PKH abgelehnt. Eine Erfolgsaussicht der Klage sei nicht gegeben. Der Kläger bekomme keine Rente, weil die Wartezeit nicht erfüllt sei. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Alg lagen deshalb von Beginn an nicht vor. Alg könne auch nicht nach § 145 Abs. 1 SGB III gewährt werden, da dieser voraussetze, dass der Rentenversicherungsträger eine verminderte Erwerbsfähigkeit nicht festgestellt habe. Dies sei aber nicht der Fall.
Dagegen hat der Kläger Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er sei länger als 15 Stunden erwerbsfähig und stehe daher dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Die Erwerbsfähigkeit sei von einem neutralen Sachverständigen zu prüfen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) und begründet. Das SG hat die Bewilligung von PKH zu Unrecht abgelehnt.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) iVm Art. 19 Abs. 4 und Art. 20 Abs. 3 GG ist eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes geboten (BVerfG, Beschluss vom 14.02.2017 – 1 BvR 2507/16 – juris). Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen daher die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden, so dass es ausreichend ist, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl BSG, Urteil vom 17.02.1998 – B 13 RJ 83/97 R – SozR 3-1500 § 62 Nr. 19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH-Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl, § 73a Rn 7). Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen sind nicht im PKH-Verfahren zu entscheiden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (vgl BVerfG, Beschluss vom 14.07.1993 – 1 BvR 1523/92 – NJW 1994, 241f). PKH muss jedoch nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als „schwierig“ erscheint (vgl BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 – 2 BvR 94/88 – BVerfGE 81, 347ff). Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen der fehlenden Erfolgsaussichten ihres Begehrens PKH vorzuenthalten (vgl BVerfG, Beschluss vom 19.02.2008 – 1 BvR 1807/07 – NJW 2008, 1060ff).
Eine hinreichende Erfolgsaussicht in diesem Sinne besteht für das Klageverfahren beim SG. Der Bescheid der Beklagten vom 01.12.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.12.2016, mit dem sie die Bewilligung von Alg ab dem 24.09.2016 aufgehoben und die Erstattung von Alg iHv 2.637,12 EUR sowie der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge iHv 745,73 EUR gefordert hat, könnte sich als rechtswidrig erweisen.
Der angefochtene Bescheid stellt sich (zumindest derzeit) als formell rechtswidrig dar. Nach § 24 Abs. 1 SGB X ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Nach Abs. 2 der Vorschrift kann davon unter bestimmten – hier nicht einschlägigen – Voraussetzungen abgesehen werden. Nach Aktenlage erfolgte vorliegend vor Erlass des Rücknahme- und Erstattungsbescheides vom 01.12.2016 keine entsprechende Anhörung des Klägers. Zwar ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften unerheblich, wenn die erforderliche Anhörung nachgeholt wird (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X). Dies ist aber (bislang) nicht erfolgt. Alleine mit dem Widerspruchsverfahren ist der Mangel nicht geheilt worden. Eine Heilung des Anhörungsmangels allein durch die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens setzt nämlich zumindest voraus, dass der Ausgangsbescheid alle wesentlichen (Haupt-)Tatsachen, dh alle Tatsachen, die die Behörde ausgehend von ihrer materiell-rechtlichen Rechtsansicht berücksichtigen muss und kann, benennt (vgl dazu BSG, Urteil vom 26.07.2016 – B 4 AS 47/15 R – SozR 4-1500 § 114 Nr. 2 – mwN). Dies war vorliegend nicht der Fall. Ein Hinweis darauf, der Kläger habe grob fahrlässig gehandelt, enthielt der Bescheid vom 01.12.2016 nicht. Hierzu hat der Kläger auch im Widerspruchsverfahren nicht vorgetragen. Im Widerspruchsbescheid hat sich die Beklagte dann aber auf die grobe Fahrlässigkeit des Klägers berufen, die hier auch für eine Rücknahme der Leistungsbewilligung für die Vergangenheit nach § 45 Abs. 1 iVm Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 bzw 3 SGB X notwendige Tatbestandsvoraussetzung ist.
Auch könnte der Bescheid vom 01.12.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.12.2016 – unabhängig von der Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Leistungsbewilligung – deshalb rechtswidrig sein, weil eine grobe Fahrlässigkeit iSv § 45 Abs. 1 iVm Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 bzw 3 SGB X nach derzeitigem Stand zumindest als fraglich erscheint. Nach § 45 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X iVm § 330 Abs. 2 SGB III ist ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Grob fahrlässig in diesem Sinne handelt, wer in besonders schwerem Maße die erforderliche Sorgfaltspflicht verletzt, wer einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt, also nicht beachtet, was jedem hätte einleuchten müssen. Es ist dabei auf die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit sowie die besonderen Umstände des Einzelfalls abzustellen. Es ist also nicht ein objektiver, sondern ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen; es gilt der subjektive Fahrlässigkeitsbegriff (vgl BSG, Urteil vom 08.02.2001 – B 11 AL 21/00 R, SozR 3-1300 § 45 Nr. 45 – juris). Das ist in der Regel der Fall, wenn eindeutige Hinweise in Vordrucken, Merkblättern sowie mündliche Belehrungen nicht beachtet werden (vgl dazu BSG, Urteil vom 24.04.1997 – 11 Rar 89/96 – juris – mwN; Urteile des Senats vom 27.05.2004 – L 10 AL 199/02 und 17.12.2007 – L 10 AL 66/07 – juris; Schütze in von Wullfen, SGB X, 7. Aufl, § 45 Rn 57).
Ob der Kläger insofern grob fahrlässig handelte, ist derzeit als offen anzusehen. Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass der Kläger im Antrag auf Alg angekreuzt hat, er habe ua keine Rente wegen Erwerbsminderung beantragt oder bezogen. Allerdings hat er eine solche Rente tatsächlich auch nicht bekommen, da sie von der DRV mit Bescheid vom 02.09.2016 abgelehnt worden ist. Auch einen „normalen“ Rentenantrag hat der Kläger offenbar nicht gestellt. So ergibt sich aus dem Schreiben der DRV vom 01.09.2016, dass vielmehr der vom Kläger gestellte Antrag auf Leistungen zur Teilhabe als Rentenantrag gilt, weil die durchgeführten Teilhabeleistungen nicht erfolgreich gewesen sind. Es ist daher erst noch zu prüfen, ob der Kläger insbesondere aus dem Rentenbescheid vom 02.09.2016 mit dem dazugehörigen Anschreiben vom 01.09.2016 – deren Zugang bzw Zeitpunkt des Zugangs beim Kläger nicht bekannt sind – unter Berücksichtigung seiner persönlichen Urteilfähigkeit und der konkreten Fragestellung im Alg-Antrag grob fahrlässig falsche Angaben gemacht hat. Unklar ist bislang auch, ob und mit welchem Inhalt vor der in den Akten der Beklagten befindlichen, internen E-Mail vom 24.11.2016 ein Gespräch mit dem Kläger stattgefunden hat. Gleiches gilt für die Frage, ob er hätte erkennen können, dass die Leistungsvoraussetzungen für den Bezug von Alg nicht vorgelegen haben. Er hat nämlich gerade keine Rente wegen Erwerbsminderung erhalten, sondern diese ist – wenn auch im Hinblick auf das Fehlen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen – abgelehnt worden. Im Bescheid der DRV vom 02.09.2016 wird lediglich darauf hingewiesen, dass festgestellt worden sei, der Kläger sei seit dem 14.12.2015 „befristet“ voll erwerbsgemindert. Auch hier ist zu prüfen, ob der Kläger unter Berücksichtigung seiner persönlichen Urteilsfähigkeit daraus den Schluss ziehen musste, dass er auch ab dem 24.09.2016 noch als voll erwerbsgemindert gilt, da die Befristung in dem Bescheid nicht weiter definiert ist. Das Merkblatt der Beklagten enthält für den konkret vorliegenden Fall keine eindeutigen Hinweise. Ob der Kläger aus dem Hinweis „Können Sie voraussichtlich für mehr als 6 Monate aus gesundheitlichen Gründen und nur noch weniger als 15 Wochenstunden arbeiten und hat der Träger der Rentenversicherung noch nicht festgestellt, ob Sie voll erwerbsgemindert sind, können Sie bis zur Klärung dieser Frage Leistungen erhalten, längstens aber für die Dauer Ihres Anspruches“ hätte schließen können, dass im vorliegenden Fall die Anspruchsvoraussetzungen nicht vorliegen könnten, muss ebenfalls noch unter Berücksichtigung der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit des Klägers ermittelt werden. Die interne E-Mail der Beklagten vom 24.11.2016 lässt ebenfalls erkennen, dass sich die dort mit der Sache befasste Mitarbeitern selbst die Frage nach einem Nahtlosigkeitsanspruch im vorliegenden Fall gestellt hat. Für sie war offenbar auch unklar, ob ein Leistungsanspruch besteht.
Da die Klage demnach eine hinreichende Erfolgswahrscheinlichkeit hat und der Kläger ausweislich der beim SG vorgelegten Erklärung vom 10.01.2017 auch die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen erfüllt, war ihm unter Aufhebung des Beschlusses des SG für das Klageverfahren PKH zu bewilligen und ihm sein Bevollmächtigter beizuordnen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).