Aktenzeichen 12 ZB 16.2645
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 4 S. 5
BGB § 1610, § 1629 Abs. 2 S. 1, § 1643 Abs. 1, § 1795 Abs. 2 Nr. 1, § 1822 Nr. 8
Leitsatz
1. An die Prüfung des Abschlusses, der Wirksamkeit und der Durchführung eines Darlehensvertrages zwischen Vater und Sohng sind bei der Bewilligung von Ausbildungsförderungsleistungen strenge Anforderungen zu stellen. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die objektiven Kriterien eines Fremdvergleichs könne zur Abgrenzung einer Darlehensgewährung von einer schleierten Schenkung und einer Unterhaltsgewährung herangezogen werden. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Zum ausbildungsbedingten, durch den Unterhaltspflichtigen zu leistenden Mehrbedarf gehören die Kosten des Führerscheinerwerbs. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
AN 2 K 15.886 2016-10-20 Urt VGANSBACH VG Ansbach
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird abgelehnt.
Gründe
Der Kläger erstrebt mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung die Berücksichtigung eines Darlehensvertrags mit seinem Vater bei der Bewilligung von Ausbildungsförderungsleistungen, die ihm das Verwaltungsgericht im angefochtenen, klageabweisenden Urteil versagt hat.
I.
Der im August 1991 geborene Kläger erwarb nach dem Schuljahr 2012/2013 an der Beruflichen Oberschule A. die Fachhochschulreife. Hierfür bewilligte ihm die Stadt A. antragsgemäß Ausbildungsförderungsleistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Im Zuge des damaligen Bewilligungsverfahrens legte der Kläger dabei einen zwischen ihm und seinem Vater am 1. Februar 2008 abgeschlossenen „privaten Kreditvertrag“ (Bl. 17 der Förderungsakte) vor, den die Stadt A. nach § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG als vermögensmindernd anerkannte. Der Vertrag sah die Gewährung eines zinslosen Kredits i.H.v. 2.500,00 € zum Hauptzweck „Erwerb des Führerscheins“ vor. Die Auszahlung sollte nach Rechnungstellung durch die Fahrschule bzw. nach Bestehen der Fahrprüfung erfolgen. Die Rückzahlung sollte in 25 gleichbleibenden Raten i.H.v. 100,00 € beginnend sechs Monate nach Abschluss der Berufsausbildung des Klägers bzw. nach Abschluss eines auf dem zweiten Bildungsweg aufgenommenen Studiums erfolgen. Sondertilgungen durch den Kläger als Darlehensnehmer seien jederzeit möglich. Überdies verzichte der Darlehensgeber auf die Gewährung einer Sicherheit. Komme der Darlehensnehmer mit der Rückzahlung mehr als drei Monate in Verzug, könne der Darlehensgeber das Darlehen fristlos kündigen und sofort fällig stellen.
Für sein ab dem Wintersemester 2013/2014 aufgenommenes Maschinenbaustudium an der T. H. N. beantragte der Kläger am 19. September 2013 wiederum Ausbildungsförderung. Hinsichtlich seines Vermögens gab er ein Barvermögen i.H.v. 15,00 €, Bank- und Sparguthaben i.H.v. 109,00 €, Bauspar- und Prämiensparguthaben i.H.v. 4.612,00 € sowie Altersvorsorgevermögen i.H.v. 1.500,00 € an. Zugleich reichte er auch den Kreditvertrag vom 1. Februar 2008 beim beklagten Studentenwerk ein. Dieses bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 5. Dezember 2013 für den Bewilligungszeitraum Oktober 2013 bis März 2014 Ausbildungsförderung i.H.v. 538,00 € sowie von April 2014 bis September 2014 i.H.v. 363,00 €, wobei von einem – nicht anzurechnenden – Vermögen des Klägers i.H.v. 4.056,43 € ausgegangen wurde. Mit weiterem Bewilligungsbescheid vom 22. April 2014 wurde auch für den Zeitraum April bis September 2014 Ausbildungsförderung i.H.v. 538,00 € gewährt.
Auch für den Bewilligungszeitraum 2014/2015 beantragte der Kläger am 29. Juli 2014 Ausbildungsförderung und gab als Vermögenswerte Barvermögen i.H.v. 5,00 €, Bank- und Sparguthaben von 159,00 €, Bauspar- und Prämiensparguthaben i.H.v. 5.144,00 € sowie Altersvorsorgevermögen i.H.v. 1.742,00 € an. Auf Anforderung des Studentenwerks reichte der Kläger mit Schreiben vom 11. November 2014 Unterlagen der PSD Bank N. sowie der U.W. ein, ferner zwei Fahrschulrechnungen vom 17. August 2008 und 12. Oktober 2008. Hinsichtlich der Unterlagen der U.W., die sich auf den Besitz von Wertpapieren bezogen, erklärte der Kläger, diese 2013 versehentlich nicht eingereicht zu haben. Hinsichtlich des Kreditvertrags mit seinem Vater legte der Kläger ferner eine von seiner Mutter gefertigte Aufstellung über die Verwendung der 2.500,00 € vor, die neben den Fahrschulkosten einen Restbetrag von insgesamt 553,00 € aufwies, der an den Kläger ausgezahlt worden sei.
Daraufhin setzte das beklagte Studentenwerk für den Bewilligungszeitraum Oktober 2013 bis September 2014 die Ausbildungsförderung auf 413,00 € und für den Bewilligungszeitraum Oktober 2014 bis September 2015 auf 319,00 € fest. Hierbei wurde dem Kläger Vermögen i.H.v. 125,81 € bzw. 204,52 € monatlich auf die Ausbildungsförderungsleistungen angerechnet, nachdem sich nunmehr ein Reinvermögen zum Zeitpunkt der Antragstellung i.H.v. 6.709,77 € bzw. 7.654,90 € ergeben hatte. Für beide Bewilligungszeiträume wurde die Rückzahlungsverpflichtung aus dem „privaten Kreditvertrag“ nicht als vermögensmindernd angerechnet. Zugleich wurde vom Kläger die überzahlte Ausbildungsförderung aus dem Bewilligungszeitraum 2013/2014 zurückgefordert.
Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch wies das Studentenwerk mit Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 2015 als unbegründet zurück. Der Kläger sei bei Abschluss des Darlehensvertrags erst 16 Jahre alt gewesen. Ein Schuldenabzug sei nach ständiger Rechtsprechung dann nicht möglich, wenn mit der ernstlichen Geltendmachung der Forderung nicht gerechnet werden müsse. Außerdem seien der Zahlungsfluss und der Vollzug des Kreditvertrags nicht belegt.
Die auf Berücksichtigung des Darlehensvertrags und der daraus resultierenden Rückzahlungsverpflichtung bei der Bemessung der Ausbildungsförderungsleistungen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung ab. Der private Darlehensvertrag des Klägers mit seinem Vater vom 1. Februar 2008 könne nicht vermögensmindernd als Schuld nach § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG vom anzurechnenden Vermögen abgezogen werden. Das Gericht sei nach der Gesamtschau des Sachverhalts davon überzeugt, dass eine rechtswirksame Verbindlichkeit des Klägers gegenüber seinem Vater nicht bestehe.
Vorliegend habe der Kläger zwar eine schriftliche Urkunde über ein angebliches Darlehen mit seinem Vater, die in ihren wesentlichen Inhalten einem üblichen Darlehensvertrag entspricht, beim beklagten Studentenwerk eingereicht. Jedoch überzeugten die Hintergründe der Darlehensgewährung nicht. Zum einen habe der Kläger ausweislich der vorgelegten Fahrschulrechnungen vom 17. August 2008 und 12. Oktober 2008 erst ab dem 4. Juli 2008 Fahrstunden genommen, sodass eine Darlehensaufnahme bereits ein halbes Jahr zuvor lebensfremd erscheine. Zudem habe der Kläger ab September 2008 nach seinem eigenen Vortrag eine Lehre begonnen und selbst Geld verdient, sodass eine ratenweise Rückzahlung der Darlehenssumme ab diesem Zeitpunkt zu erwarten gewesen wäre, wenn die Eltern des Klägers aufgrund knapper Finanzen auf die Rückzahlung angewiesen wären. Gänzlich lebensfremd erscheine, dass die Eltern dem Kläger die für den Führerschein nicht ausgeschöpften 553,50 € unter vorheriger Abhebung von 500,00 € bar ausgezahlt hätten. Im Übrigen habe der Kläger keinerlei Nachweise dafür erbracht, dass das Geld – wie vorgetragen – für den Kauf eines Laptops verwendet worden sei. Lebensfremd erscheine es weiter, dass der Kläger mit seinem Vater zwar einen der ausbildungsförderungsrechtlichen Rechtsprechung angepassten Darlehensvertrag abgeschlossen haben will, ohne zu erkennen, dass er als zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses als beschränkt Geschäftsfähiger einen Darlehensvertrag nicht habe rechtswirksam abschließen können. Nach alledem könne nicht von der Existenz und der Durchführung eines Darlehensvertrags ausgegangen werden. Der ohne die Berücksichtigung der Darlehensschuld ergangene Bescheid vom 13. Februar 2015 erweise sich mithin diesbezüglich und auch im Übrigen als rechtmäßig.
Gegen dieses, seiner damaligen Bevollmächtigten am 3. Dezember 2016 zugestellte Urteil ließ der Kläger durch seine nunmehrige Bevollmächtigte am 23. Dezember 2016 Antrag auf Zulassung der Berufung stellen. Mit weiterem Schriftsatz vom 13. Januar 2017 beantragte der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung für das Berufungsverfahren. Als Berufungszulassungsgrund machte der Kläger mit Schriftsatz vom 3. Februar 2017 ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend.
Der Kläger habe drei jüngere Geschwister. Am 1. September 2008 habe er bei der Firma H. in A. eine Berufsausbildung zum Werkzeugmechaniker begonnen. Um im Alter von 17 Jahren die Fahrstrecke zur Lehrstelle zunächst mit einem Moped, später mit einem Auto zurücklegen zu können, habe er einen Führerschein erwerben müssen. Da er keinen Bankkredit zur Kostentragung habe aufnehmen können, seien seine Eltern bereit gewesen, ihm die Fahrschulkosten leihweise vorzustrecken. Aus pädagogischen Gründen wie aufgrund der finanziellen Situation der Familie sei jedoch eine Schenkung nicht in Betracht gekommen. Vor der Anmeldung zur Fahrschule habe der Kläger daher mit dem Vater einen „privaten Darlehensvertrag“ geschlossen. Bereits am 12. Februar 2008 hätten die theoretischen Fahrstunden, ab dem 4. Juli 2008 die praktische Ausbildung begonnen. Insgesamt hätten die nachgewiesenen Fahrschulkosten bei 1.946,50 € gelegen. Den Differenzbetrag i.H.v. 553,50 € zu den vereinbarten 2.500,00 € habe der Kläger nach Erhalt der Schlussrechnung am 13. Oktober 2008 in bar erhalten. Dieses Geld habe er dazu verwendet, um am 30. Oktober 2008 ein Notebook zum Preis von 799,00 € zu erwerben.
Angesichts des nachgewiesenen Gangs der Ereignisse sei es schlüssig und nachvollziehbar, dass der Kläger bereits im Februar 2008 mit seinem Vater einen Darlehensvertrag geschlossen habe, um vor Beginn der Fahrschulausbildung deren Finanzierung abzusichern. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Kläger habe erst im Juli 2008 mit der Fahrschulausbildung begonnen, treffe nicht zu.
Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts sei es auch schlüssig, dass die Eltern des Klägers ihm die nicht ausgeschöpften 553,50 € nach Erhalt der Schlussrechnung in bar ausbezahlt hätten. Nachdem der Kläger nicht im Besitz einer EC-Karte gewesen sei, hätte eine Überweisung des Restbetrags für die zeitnah geplante Anschaffung des Laptops einen erheblichen praktischen Mehraufwand dargestellt.
Es sei mithin nachgewiesen, dass zwischen dem Kläger und seinem Vater ein Darlehensvertrag bestanden habe, nicht lediglich eine verschleierte Schenkung über 2.500,00 €. Der Kläger könne schlüssig darlegen, dass das Darlehen in unmittelbarem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zum Beginn des Führerscheinunterrichts gestanden habe. Die Gesamtsumme sei von ihm nachweislich verbraucht worden. Die Vertragsbedingungen entsprächen den üblichen Regelungen eines Darlehensvertrags. Mithin sei die Darlehensschuld vermögensmindernd zugunsten des Klägers zu berücksichtigen.
Ergänzend ließ der Kläger weiterhin im Hinblick auf die Antragserwiderung des beklagten Studentenwerks mit Schriftsatz vom 13. April 2017 vortragen, dass es auf die vermeintliche Unwirksamkeit des Darlehensvertrags aufgrund der Minderjährigkeit des Klägers zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht ankomme. Selbst wenn man zunächst von der schwebenden Unwirksamkeit des Darlehensvertrags ausgehen sollte, sei durch den Eintritt der Volljährigkeit des Klägers der Darlehensvertrag jedenfalls wirksam geworden, da dieser den Darlehensvertrag nachträglich genehmigt habe. Auch der Vater des Klägers habe sich an den Darlehensvertrag gebunden gefühlt und dem Kläger daher den verbliebenen Restbetrag ausgezahlt, zumal er den Erwerb eines Laptops für die Ausbildung des Klägers für sinnvoll erachtet habe.
Soweit sich aus der Kaufquittung des Laptops ergebe, dass die Bezahlung mittels EC-Karte erfolgt sei, ergebe sich kein Widerspruch zu den Angaben des Klägers. Vorliegend habe seine Mutter für ihn den Laptop beim Discounter A. erworben, da der Kläger selbst an diesem Tag ab 7 Uhr in seinem Ausbildungsbetrieb gewesen sei und er befürchtet habe, dass das Angebot nach seinem Feierabend bereits ausverkauft sei. Die Erstattung des von der Mutter verauslagten Kaufpreises sei noch am selben Tag in bar mittels des Restbetrages von 553,50 € erfolgt. Diese Vorgänge seien innerhalb einer Familie alltäglich, nachvollziehbar und keinesfalls lebensfremd.
Das beklagte Studentenwerk verteidigt demgegenüber die angefochtene Entscheidung.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung erweist sich als unbegründet. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, die nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Zulassung der Berufung gebieten würden, liegen nicht vor bzw. sind nicht den Vorgaben des § 124a Abs. 4 Satz 5 VwGO dargelegt.
1. Nach § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG sind bei der Wertbestimmung des Vermögens des Auszubildenden die im Zeitpunkt der Antragstellung bestehenden Schulden und Lasten vom ermittelten Vermögenswert abzuziehen.
Für die Frage, ob ein behauptetes Darlehen als bestehende Schuld i.S.v. § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG anzuerkennen ist, ist allein maßgeblich, ob ein Darlehensvertrag zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden ist und dies von dem insoweit darlegungspflichtigen Auszubildenden auch nachgewiesen werden kann (vgl. hierzu und zum Folgenden grundlegend BVerwG, U.v. 4.9.2008 – 5 C 30.07 – BVerwGE 132, 10 = BeckRS 2008, 4… Rn. 24 ff.). Weil und soweit der für den Auszubildenden förderungsrechtlich günstige Umstand, ob und in welchem Umfang er vermögensmindernde Schulden hat, seine Sphäre betrifft, obliegt ihm bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen eine gesteigerte Mitwirkungspflicht; die Nichterweislichkeit der Tatsachen geht zu seinen Lasten. Da gerade auch im Ausbildungsförderungsrecht die Gefahr des Missbrauchs bestehen kann, wenn der Auszubildende die Behauptung aufstellt, er habe mit einem nahen Angehörigen einen sein Vermögen mindernden Darlehensvertrag abgeschlossen, ist es geboten, an den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit der Verträge strenge Anforderungen zu stellen. Dies setzt voraus, dass sich die Darlehensgewähr auch anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen lässt. Angesichts dessen sind zur Klärung der Frage, ob überhaupt ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden ist und welchen Inhalt dieser ggf. hat, alle Umstände des Einzelfalls sorgsam zu ermitteln und umfassend zu würdigen. Soweit die relevanten Umstände in familiären Beziehungen wurzeln oder sich als innere Tatsachen darstellen, die häufig nicht zweifelsfrei feststellbar sind, ist es gerechtfertigt, für die Frage, ob ein entsprechender Vertragsschluss vorliegt, äußerlich erkennbare Merkmale als Beweisanzeichen (Indizien) heranzuziehen.
Insoweit erfordert die Annahme einer wirksam begründeten Darlehensschuld unter Angehörigen nicht zwingend einen strikten Fremdvergleich dahingehend, dass sowohl die Gestaltung (z.B. Schriftform, Zinsabrede und die Gestellung von Sicherheiten) als auch die Durchführung des Vereinbarten in jedem Punkt dem zwischen Fremden – insbesondere mit einem Kreditinstitut – zu entsprechen hat. Die mit einem strikten Fremdvergleich verbundenen Beschränkungen für die Vertragsgestaltung werden weder den tatsächlichen Verhältnissen noch der grundsätzlich durch Art. 6 Abs. 1 GG gebotenen Respektierung familiärer Vertrauensbeziehungen gerecht.
Demgegenüber ist ein Rückgriff auf die objektiven Merkmale des sog. Fremdvergleichs allein bei der anhand einer umfassenden Würdigung aller relevanten Umstände vorzunehmenden Prüfung geboten, ob überhaupt ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden ist und damit eine Schuld i.S.v. § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG besteht. Dabei sind die für und gegen einen wirksamen Vertragsabschluss sprechenden Indizien im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu gewichten und zu würdigen. Die Wahrung von im Geschäftsverkehr üblichen Modalitäten kann als Indiz dafür gewertet werden, dass ein Darlehensvertrag tatsächlich geschlossen worden ist. Demgegenüber spricht es gegen die Glaubhaftigkeit einer solchen Behauptung, wenn der Inhalt der Darlehensabrede und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht substantiiert dargelegt werden. Gleiches gilt, wenn ein plausibler Grund für den Abschluss des Darlehensvertrags nicht genannt werden kann oder der bezeichnete Grund nicht dafür geeignet ist, eine genügende Abgrenzung gegenüber einer Schenkung oder einer freiwilligen Unterstützung bzw. Unterhaltszahlung zu ermöglichen. Zweifel am Vertragsschluss können ferner berechtigt sein oder bestätigt werden, wenn die Vertragsdurchführung nicht den Vereinbarungen entspricht und die Abweichung nicht nachvollziehbar begründet werden kann.
2. Gemessen an diesen Vorgaben und unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens ist das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass zwischen dem Kläger und seinem Vater kein wirksamer Darlehensvertrag besteht.
2.1 Das Verwaltungsgericht geht insoweit zutreffend davon aus, dass der Darlehensvertrag zivilrechtlich nicht wirksam zustande gekommen ist, da der Kläger zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses 16 Jahre alt und damit nur beschränkt geschäftsfähig war. Zu Recht weist das beklagte Studentenwerk bereits im Klageverfahren darauf hin, dass die zivilrechtliche Wirksamkeit des Darlehensvertrags nach § 1643 Abs. 1 BGB, § 1822 Nr. 8 BGB der Genehmigung des Familiengerichts bedurft hätte, die im vorliegenden Fall jedoch nicht eingeholt worden sei. Darüber hinaus wäre ferner die Vertretung des Klägers durch einen Elternteil zum Vertragsschluss mit dem anderen Elternteil kraft Gesetzes nach § 1629 Abs. 2 Satz 1 BGB, § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB ausgeschlossen gewesen, sodass es insoweit zum wirksamen Vertragsschluss der Bestellung eines Ergänzungspflegers bedurft hätte, die ebenfalls nicht erfolgt sei.
Der Annahme des bereits zivilrechtlich unwirksamen Vertragsschlusses ist der Kläger in der Zulassungsbegründung seiner Bevollmächtigten nicht entgegengetreten. Soweit nach Ablauf der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO mit Schriftsatz vom 13. April 2017 vorgetragen wird, der Kläger habe den zunächst schwebend unwirksamen Darlehensvertrag nach Eintritt der Volljährigkeit genehmigt, weshalb gleichwohl von dessen Wirksamkeit ausgegangen werden müsse, erweist sich dieses Vorbringen zunächst als verspätet, da es nicht der Vertiefung und Ergänzung eines bereits dargelegten Zulassungsgrundes dient, sondern sich vielmehr erstmalig mit der entsprechenden Begründung des verwaltungsgerichtlichen Urteils auseinandersetzt. Im Übrigen erweist es sich auch als unsubstantiiert, da nicht ansatzweise nachvollziehbar dargelegt wird, wann und wie der Kläger – ggf. konkludent – den Darlehensvertrag genehmigt haben soll. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen daher bereits aus diesem Grunde nicht.
2.2 Soweit das Verwaltungsgericht aus der Durchführung des behaupteten „Darlehensvertrags“ Zweifel an dessen Bestehen abgeleitet hat, ist dem Kläger zwar zunächst zuzubilligen, dass der Zeitpunkt des Darlehensabschlusses angesichts des üblichen Ablaufs einer Fahrschulausbildung (zunächst theoretischer Unterricht, dann praktische Ausbildung) vom Grundsatz her nicht lebensfremd erscheint. Demgegenüber verstärkt das Zulassungsvorbringen die Zweifel am Bestehen des Darlehensvertrags insoweit, als es um die Modalitäten der Auszahlung und Verwendung des „Restbetrags“ für den Erwerb eines Laptops geht. Während zunächst vorgetragen wird, der Kläger habe den Restbetrag von 553,50 € am 13. Oktober 2008 in bar erhalten, weil dies angesichts des Umstands, dass er keine EC-Karte besitze, den praktischen Erfordernissen entsprochen habe, wird der Vortrag nach der Entgegnung des Beklagten, der Laptop sei ausweislich der vorgelegten Rechnung mit EC-Karte bezahlt worden, dahingehend angepasst, dass den Kläger beim Kauf seine Mutter vertreten habe und er ihr das ihm zuvor bar ausgezahlte Geld noch am gleichen Tag zurückgegeben habe. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, erweist sich dieses Vorbringen nicht nur als widersprüchlich, sondern auch als lebensfremd und – entgegen der behaupteten Intension – als unpraktisches Vorgehen. Zweifel an der Würdigung der Indizien durch das Verwaltungsgericht, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen würden, bestehen daher auch insoweit nicht.
2.3 Hinzu kommt, dass der bisherige Vortrag des Klägers einschließlich seines Vorbringens im Zulassungsverfahren nicht ausreicht, um das behauptete Darlehen im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinreichend von einer Unterhaltsgewährung abzugrenzen (vgl. zu einer vergleichbaren Fallkonstellation OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 17.2.2010 – 3 L 222/07 – juris Rn. 49 ff. insb. 57 f.; ferner LS 5). Grundsätzlich besitzt ein (minderjähriger) Auszubildender gegenüber seinen Eltern einen Unterhaltsanspruch, dessen Umfang sich nach § 1610 Abs. 1 BGB bemisst. Soweit der Unterhaltsbedürftige selbst noch keine Lebensstellung erlangt hat, wie dies bei minderjährigen Kindern wie auch bei volljährigen Kindern, die noch keine angemessen Berufsausbildung absolviert haben, der Fall ist, bleiben die Eltern ihm gegenüber unterhaltspflichtig. Schulden die Eltern einem Auszubildenden bestimmte Ausgaben im Rahmen ihrer Unterhaltsverpflichtung, besteht kein Anspruch auf deren Rückzahlung, da für die entsprechenden Zahlungen ein Rechtsgrund bestanden hat. Zum sog. ausbildungsbedingten Mehrbedarf, der von der Unterhaltspflicht der Eltern umfasst ist, rechnen insbesondere die Kosten, die für den Transport zur Ausbildungsstätte anfallen, vor allem die Fahrzeugkosten aber auch diejenigen für den Erwerb eines Führerscheins (vgl. Staudinger/Klinkhammer, BGB, § 1610 Rn. 37). Wenn der Kläger im vorliegenden Fall vorträgt, das behauptete Darlehen vom Februar 2008 habe dem Hauptzweck „Erwerb des Führerscheins“ gedient, damit er mit einem Moped bzw. mit einem Auto seine Lehrstelle erreichen könne, benennt er damit eine Leistung, auf die er unterhaltsrechtlich gegenüber seinen Eltern einen Anspruch besessen hat, sodass er zur Rückzahlung nicht verpflichtet war. Der behauptete Darlehensvertrag erwiese sich daher als verdeckte Unterhaltsgewährung und wäre somit im Rahmen des Ausbildungsförderungsrechts nicht anerkennungsfähig. Auch aus diesem Grund scheidet seine Berücksichtigung im Rahmen von § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG aus.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung erweist sich mithin im Ergebnis als unbegründet.
3. Angesichts fehlender Erfolgsaussichten aber auch angesichts der aktuell bestehenden finanziellen Situation des Klägers, der seit 1. März 2019 in einem festen Anstellungsverhältnis steht, war der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung abzulehnen (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
4. Der Kläger trägt nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden in Angelegenheiten des Ausbildungsförderungsrechts nach § 188 Satz 2, 1 VwGO nicht erhoben. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das verwaltungsgerichtliche Urteil nach § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig.
Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.