Staats- und Verfassungsrecht

Nichtannahmebeschluss: Unzureichende Substantiierung einer gegen Vorschriften über den Zensus 2011 gerichteten Rechtssatzverfassungsbeschwerde – unzureichende Bezeichnung der angegriffenen Normen, Möglichkeit eines Grundrechtseingriffs nicht hinreichend dargelegt

Aktenzeichen  1 BvR 1865/10

Datum:
21.9.2010
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Nichtannahmebeschluss
ECLI:
ECLI:DE:BVerfG:2010:rk20100921.1bvr186510
Normen:
Art 1 Abs 1 GG
Art 2 Abs 1 GG
§ 4 BevStatG
§ 23 Abs 1 S 2 Halbs 1 BVerfGG
§ 90 Abs 1 BVerfGG
§ 92 BVerfGG
§ 4 MZG 2005
Art 1 ZensAnO/StatÄndG
§ 3 ZensG 2011
§ 4 ZensG 2011
§ 5 ZensG 2011
§ 6 ZensG 2011
§ 7 ZensG 2011
§ 8 ZensG 2011
§ 9 ZensG 2011
§ 16 ZensVorbG 2011
Spruchkörper:
1. Senat 1. Kammer

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1
1. Die Verfassungsbeschwerde, die sich in erster Linie gegen das als Art. 1 des Gesetzes zur Anordnung des Zensus 2011 sowie
zur Änderung von Statistikgesetzen vom 8. Juli 2009 (BGBl I S. 1781) ergangene Gesetz über den registergestützten Zensus im
Jahre 2011 (Zensusgesetz 2011 – ZensG 2011; im Folgenden: ZensG) richtet, ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Annahmegründe
nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist ihre Annahme
zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt. Denn sie ist nicht den Anforderungen von § 23 Abs.
1 Satz 2 Halbsatz 1 und § 92 BVerfGG entsprechend begründet.

2
a) Nach § 92 BVerfGG bedarf es dazu der genauen Bezeichnung des mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Hoheitsakts. Bei
Rechtsnormen reicht es daher regelmäßig nicht aus, das gesamte Gesetz zum Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde zu machen.
Notwendig ist vielmehr die exakte Bezeichnung der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Bestimmungen (vgl. BVerfGE 109,
279 ; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 21. April 1998 – 1 BvR 1086/92 -, NVwZ 1998, S. 1287 ;
BVerfGK 10, 365 ). Diesen Anforderungen wird die Verfassungsbeschwerde nicht gerecht.

3
Die Beschwerdeführer bezeichnen zunächst als Gegenstand der Verfassungsbeschwerde das Zensusgesetz 2011 insgesamt, ohne die
angegriffenen Regelungen im Einzelnen zu benennen. Dementsprechend beantragen sie auch, dieses Gesetz als solches, nicht einzelne
seiner Regelungen, für mit den Grundrechten unvereinbar zu erklären. Soweit die Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung
darüber hinaus ausführen, die im Rahmen des Zensus 2011 erfolgende Datenerhebung nach den §§ 3 bis 8 ZensG und die Zusammenführung
dieser Daten nach § 9 ZensG seien ein nicht zu rechtfertigender Grundrechtseingriff, genügt dies den Anforderungen von § 92
BVerfGG ebenfalls nicht. Denn angesichts des umfangreichen und detaillierten Regelungsgehalts der §§ 3 bis 9 ZensG reicht
deren undifferenzierte Nennung für eine hinreichende Bezeichnung des angegriffenen Hoheitsakts nicht aus (vgl. BVerfG, Beschluss
der 1. Kammer des Ersten Senats vom 21. April 1998 – 1 BvR 1086/92 -, NVwZ 1998, S. 1287 ).

4
b) Auch im Übrigen genügt die Beschwerdebegründung nicht den Anforderungen von § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 und § 92 BVerfGG,
weil die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung durch die angegriffenen Regelungen nicht hinreichend substantiiert dargetan
ist (vgl. BVerfGE 89, 155 ). Insbesondere lässt sich dem Beschwerdevorbringen nicht ausreichend entnehmen, welche Eingriffe
in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, dessen Verletzung
die Beschwerdeführer in erster Linie rügen, der Zensus 2011 näher mit sich bringt. Die Beschwerdeführer legen weder dar, welches
Gewicht diesen Eingriffen im Einzelnen zukommt noch im Hinblick auf welche Wirkungen diese den Anforderungen der Rechtsprechung
oder dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht genügen sollen. Damit lässt sich auf der Grundlage der Beschwerdebegründung die
Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht hinreichend erkennen.

5
2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

6
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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