Steuerrecht

Anrechnung von im Ausland bezogenen Elterneinkommen bei der Berechnung von Ausblidungsförderung

Aktenzeichen  AN 2 K 15.01408, AN 2 K 16.00359

Datum:
5.8.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BAföG-AuslandszuschlagsV BAföG-AuslandszuschlagsV § 3, § 4, § 5
BAföG BAföG § 13, § 13a, § 21, § 24, § 25
BAföG-EinkommensV BAföG-EinkommensV § 3

 

Leitsatz

1 Der Bedarf für Ausbildungsförderungsleistungen erhöht sich – auch bei einer Ausbildung im Ausland – nach § 5 BAföG-AuslandszuschlagsV um den in § 13a Abs. 1 S. 1 BAföG genannten Pauschbetrag ungeachtet der tatsächlich für eine Krankenvollversicherung aufgewandten Beiträge. (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Steuerfreie Einnahmen aus einer Auslandstätigkeit für den DAAD (Deutscher Akademischer Austauschdienst) – hier als Universitätsprofessor – werden bei der Berechnung von Ausbildungsförderungsleistungen nach § 3 S. 2 BAföG-EinkommensV i.V.m. § 21 Abs. 3 Nr. 4 BAföG als Elterneinkommen berücksichtigt. (red. LS Clemens Kurzidem)
3 Im Rahmen einer Auslandsverwendung bezogene Verheirateten-, Miet- und Altersvorsorgezuschläge werden nicht zweckgebunden gewährt, sondern dienen lediglich dem Ausgleich regelmäßig erhöhter Ausgaben in spezifischen Lebenssituationen. Ihrer Anrechnung als Einkommensbestandteil steht daher § 21 Abs. 4 Nr. 4 BAföG nicht entgegen. (red. LS Clemens Kurzidem)
4 Freibeträge nach § 25 Abs. 3 Nr. 2 BAföG können nur für nach § 25 Abs. 1 Nr. 1 BAföG nicht berücksichtigte, unterhaltsberechtigte Familienangehörige in Ansatz gebracht werden. (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 29. Dezember 2015 wird für den Zeitraum April 2013 bis Januar 2014 aufgehoben. Ebenso wird aufgehoben der Bescheid der Beklagten vom 30. Juli 2015. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger für den Zeitraum April 2013 bis Januar 2015 über die bisherigen Festsetzungen hinaus monatlich weitere 27,- EUR zu bewilligen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Über die Klagen kann, nachdem die Parteien übereinstimmend hierauf verzichtet haben, ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.
Die Verpflichtungsklagen auf Gewährung von zusätzlicher Ausbildungsförderung für die Bewilligungszeiträume Februar 2013 bis Januar 2014 und Februar 2014 bis Januar 2015 sind zulässig, jedoch nur in geringem Umfang, nämlich in Bezug auf die Bewilligung eines höheren Krankenversicherungszuschlages für den Zeitraum April 2013 bis Januar 2015, begründet, im Übrigen aber abzuweisen.
Der Förderbedarf des Auszubildenden bestimmt sich grundsätzlich nach § 13 Abs. 1BAföG. Der monatliche Bedarf des Klägers setzt sich danach gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 2BAföG aus einem Grundbetrag in Höhe von 373,00 EUR und einem Wohnbedarf gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2BAföG in Höhe von 224,00 EUR zusammen. Maßgeblich sind dabei die im Förderzeitraum geltenden BAföG-Sätze. Nach § 5BAföG-AuslandszuschlagsV i. V. m. § 13aBAföG kommt beim Kläger ab April 2013 ein Krankenversicherungszuschlag in Höhe von 62,00 EUR hinzu, nachdem er das Bestehen eines Krankenversicherungsschutzes nachgewiesen hat. Für den Zeitraum April 2013 bis März 2015 legte der Kläger – wenn auch nicht gleich – einen Versicherungsschein vom 11. März 2013 über eine Auslandskrankenversicherung bei der … vor. Danach zahlte der Kläger zwar nur eine monatliche Beitragsrate in Höhe von 35,00 EUR für seine Krankenversicherung, eine Deckelung des Zuschlags auf die tatsächlichen Ausgaben findet aber nach dem eindeutigen Wortlaut des § 5BAföG-AuslandszuschlagsV nicht statt. Für die Höhe des Bedarfs ist vielmehr der in § 13aBAföG festgelegte Pauschalbetrag in Höhe von 62,00 EUR maßgeblich. Eine Begrenzung auf die tatsächlichen monatlichen Ausgaben, wie die Beklagte dies in ihren Bescheiden vom 30. Juli 2015 und 29. Dezember 2015 vorgenommen hat, sieht das Gesetz nicht vor. Die der Verwaltungsvereinfachung dienende Pauschalierung begegnet auch keinen höherrangigen Bedenken und ermöglicht auch sonst keine Einschränkung. Satz 2 des § 13a Abs.1 BAföG greift nicht ein, da eine Leistungsbegrenzung dem Versicherungsschein nicht zu entnehmen ist, es sich vielmehr um eine Krankenvollversicherung handelt. Damit wurden dem Kläger ab dem Zeitpunkt des Abschlusses der Auslandskrankenversicherung rechtswidrig 27,00 EUR zu wenig bewilligt. Den Klagen ist insoweit stattzugeben. Für die Monate Februar und März 2013 bestand abweichend davon unstreitig eine andere Versicherungssituation, wofür kein zusätzlicher Zuschlag von der Klägerseite geltend gemacht wurde, weil insoweit § 13a Abs. 1 Satz 2BAföG eingreift.
Der Förderbedarf des Klägers liegt in den streitgegenständlichen Bewilligungszeiträumen damit bei 659,00 EUR (ab April 2013) bzw. bei 646,10 EUR (bis März 2013).
Nicht ansatzfähig sind darüber hinaus die angefallenen Studiengebühren. Nach § 4 Abs. 1BAföG-AuslandszuschlagsV werden Studiengebühren längstens für die Dauer eines Jahres geleistet. Sie sind dem Kläger bereits im Erstbewilligungszeitraum von Februar 2012 bis Januar 2013 gewährt worden (vgl. Bescheid der Beklagten vom 27.9.2012). Für die Ausnahmefälle des § 3 Abs. 2BAföG-AuslandszuschlagsV ist aus der Akte nichts ersichtlich und wurde von der Klägerseite auch nichts vorgetragen. Die von der Klägerseite angekündigten Nachweise für einen Härtefall wurden zu keinem Zeitpunkt beigebracht.
Das Gleiche gilt für die Berücksichtigung zusätzlicher Reisekosten. Nach § 4 Abs. 1BAföG-AuslandszuschlagsV werden Reisekosten grundsätzlich nur einmal für eine Hin- und Rückreise gewährt. Der Reisekostenzuschlag ist im ersten Bewilligungszeitraum bereits in Anspruch genommen worden. Ein besonderer Härtefall im Sinne von § 4 Abs. 2BAföG-AuslandszuschlagsV wurde nicht dargelegt.
Mit seinen weiteren Forderungen dringt der Kläger ebenfalls nicht durch. Das anzusetzende Einkommen der Mutter des Klägers wurde nach §§ 21, 24BAföG korrekt berechnet. Zusätzliche Freibeträge für den Vater und den Bruder des Klägers nach § 25BAföG sind nicht zu berücksichtigen.
Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1BAföG ist das von der Mutter beim DAAD im Ausland erzielte und in der Bundesrepublik Deutschland zu versteuernde Einkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit entsprechend der steuerrechtlichen Behandlung in den Einkommensteuerbescheiden anzusetzen. Das Gleiche gilt für die weiteren Einkünfte der Eltern des Klägers in der Bundesrepublik Deutschland aus Vermietung und Verpachtung. Gemäß § 21 Absatz 2aBAföG zusätzlich heranzuziehen ist die ausländische Universitätsvergütung der Mutter des Klägers, auch wenn diese dem deutschen Steuerrecht nicht unterfällt, da die Mutter ihren ständigen Wohnsitz im Ausland hatte. Gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 4BAföG i. V. m. § 3BAföG-EinkommensV ist außerdem der in Deutschland nicht einkommensteuerpflichtige Teil der Einkünfte der Mutter aus nichtselbstständiger Tätigkeit beim DAAD grundsätzlich heranzuziehen. Gemäß § 24 Abs. 1BAföG ist dabei jeweils das vorletzte Kalenderjahr vor Beginn des Bewilligungszeitraums maßgebend.
Im Einzelnen ist hierzu Folgendes auszuführen:
Im Einkommensteuerbescheid 2011 sind für die (steuerpflichtigen) Einkünfte der Mutter aus nichtselbstständiger Arbeit (abzüglich Werbungskosten) und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Eltern insgesamt Einkünfte in Höhe von 26.015,00 EUR festgesetzt, die zusammen mit den ausländischen Einkünften in Höhe von 1.023,00 EUR insgesamt mit 27.038,00 EUR der Berechnung für den Bewilligungszeitraum 2013/2014 im Bescheid vom 29. Dezember 2015 rechtlich und rechnerisch korrekt zugrunde gelegt worden sind.
Für den Bescheid vom 30. Juli 2015 (Bewilligungszeitraum 2014/2015) wurden Einkünfte in Höhe von 31.862,00 EUR angenommen, somit ein Betrag, der unter dem Gesamtbetrag der Einkünfte des Einkommensteuerbescheides 2012 in Höhe von 34.688,00 EUR liegt. Der eventuell versehentlich zu niedrig angesetzte Betrag führt aber jedenfalls nicht zu einer rechtswidrigen Belastung, sondern allenfalls zu einer ungerechtfertigten Besserstellung des Klägers.
Rechtsfehlerfrei wurden auch die steuerfreien Einkünfte der Mutter des Klägers (nach Bescheinigung des DAAD jeweils 30.600,00 EUR) angesetzt. Nach § 21 Abs. 3 Nr. 4BAföG können sonstige Einnahmen, die zur Deckung des Lebensunterhalts bestimmt sind, nur dann veranschlagt werden, wenn dies in der BAföG-EinkommensV bestimmt ist. § 3 Satz 1BAföG-EinkommensV ordnet die Berücksichtigung von Einnahmen einer Auslandstätigkeit für nationale oder zwischenstaatliche Organisationen oder Institutionen und bei diplomatischer und konsularischer Vertretung an, § 3 Satz 2BAföG-EinkommensV regelt die entsprechende Anwendung auf vergleichbare Bezüge von Personen, die im öffentlichen Interesse außerhalb Deutschlands entsandt, vermittelt oder dort beschäftigt sind. Eine derartige Vergleichbarkeit ist für Angestellte des DAAD mit Lehrauftragstätigkeit an einer ausländischen Universität anzunehmen, so dass die steuerfreien Einkünfte der Mutter des Klägers dem Grunde nach berücksichtigt werden mussten.
Wie die in der Akte befindlichen Berechnungen belegen, wurde der Auslandszuschlag entsprechend § 3 Satz 1 Nr. 2 aBAföG-EinkommensV mit 10% und der Auslandskinderzuschlag entsprechend § 3 Satz 1 Nr. 2 bBAföG-EinkommensV mit 50% veranschlagt, die Einkommensbestandteile Miet-, Verheirateten- und Altersvorsorgezuschlag wurden ganz angesetzt. Dies entspricht der Rechtslage und ist nicht zu beanstanden.
Für die letztgenannten Einkommensbestandteile steht nicht § 21 Abs. 4 Nr. 4BAföG einer Anrechnung entgegen. Nicht angerechnet werden danach Einnahmen, deren Zweckbestimmung einer Anrechnung entgegensteht, insbesondere Einnahmen, die für andere Zwecke als für die Deckung des Bedarfs im Sinne des BAföG bestimmt sind. Sowohl Verheiratetenzuschläge, als auch Mietzuschläge und Altersvorsorgezuschläge dienen jedoch dem allgemeinen Lebensunterhalt und nicht spezifischen bzw. konkreten, gebundenen Zwecken. Sie werden ohne die Bedingung der Verwendung für einen festgelegten Zweck, z. B. der Geldanlage für die Altersvorsorge, der Anmietung von Wohnraum oder die Auszahlung an Familienmitglieder geleistet. Die Zuschläge dienen lediglich dem Ausgleich regelmäßig erhöhter Ausgaben in bestimmten Lebenssituationen, können aber frei verwendet werden, so dass sie als allgemeines, dem Lebensunterhalt dienendes Einkommen anzusehen sind (für den Verheiratetenzuschlag bzw. Familienzuschlag eines Beamten vgl. auch BVerwG, U.v. 26.11.1981, 5 C 114/79 bzw. OVG Bremen, U.v. 22.8.1979, II BA 5/79 – beide juris). Auch eine Vergleichbarkeit mit dem Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz ist für den Mietzuschuss nicht gegeben. Beim Mietzuschuss handelt es sich um einen Einkommensbestandteil und nicht um eine Sozialleistung des Staates, die nur bei Bedürftigkeit und zweckgebunden gezahlt wird. Auch die Tatsache, dass der Auslandszuschlag und der Auslandskinderzuschlag von § 3BAföG-EinkommensV ausdrücklich von den Einnahmen umfasst sind, spricht dafür, dass auch andere Einkommenszuschläge grundsätzlich zu veranschlagen sind.
Schließlich ist für den Vater des Klägers vom somit korrekt berechneten Einkommen der Mutter des Klägers kein zusätzlicher Freibetrag nach § 25 Abs. 3 Nr. 2BAföG abzuziehen. Der Vater wurde bereits in dem abgezogenen Freibetrag nach § 25 Abs. 1 Nr. 1BAföG in Höhe von 1.605,00 EUR berücksichtigt und darf nicht doppelt begünstigt werden. Nach § 25 Abs. 3 Nr. 2BAföG können zusätzliche 485,00 EUR nur für über § 25 Abs. 1 Nr. 1BAföG noch nicht berücksichtigte unterhaltsberechtigte Familienangehörige angesetzt werden. Dass dies fehlerhaft im Erstbewilligungszeitraum 2012/2013 entgegen der Gesetzeslage dennoch getan wurde, führt nicht zu einem Anspruch auf Fortsetzung des fehlerhaften Zustandes in den Folgezeiträumen. Ein Vertrauenstatbestand, auf den sich der Kläger rechtlich berufen könnte, ist damit nicht geschaffen worden.
Zu Recht hat die Beklagte ab Juni 2014 auch keinen Freibetrag mehr nach § 25 Abs. 3 Nr. 2BAföG für den Bruder des Klägers … abgezogen, nachdem der Kläger trotz vielfacher Aufforderung keinen Beleg dafür vorgelegt hat, dass sein Bruder ab diesem Zeitpunkt immer noch in Ausbildung steht.
Nach alledem hat die Klage nur in geringem Umfang, nämlich nur in Höhe eines geldwerten Betrags von 594,00 EUR (22 x 27,00 EUR), Erfolg, während das Klagebegehren auf über 9.000,00 EUR gerichtet ist (24 x 659,00 EUR Gesamtbedarf – bisherige Bewilligung = 15.816,00 EUR – 6.652,00 EUR = 9.164,00 EUR), so dass der Klageerfolg des Klägers bei unter 10% liegt. Von der Regelung des § 155 Abs. 1 Satz 3VwGO wird deshalb Gebrauch gemacht und dem Kläger die Kosten des Verfahrens ganz auferlegt. Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2BAföG nicht erhoben.

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