Steuerrecht

Aufteilung des Ersatzwirtschaftswerts zur Bestimmung der Betriebsgröße bei Zupachtung

Aktenzeichen  VI R 97/13

Datum:
22.6.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BFH:2017:U.220617.VIR97.13.0
Normen:
§ 7g Abs 2 Nr 1 Buchst b EStG 1997
§ 7g Abs 3 EStG 1997
§ 57 Abs 3 EStG 1997
§ 33 Abs 2 BewG 1991
§ 34 Abs 4 BewG 1991
§ 40 Abs 2 BewG 1991
§ 49 Abs 1 S 1 BewG 1991
§ 125 Abs 2 S 2 BewG 1991
§ 125 Abs 3 S 1 BewG 1991
§ 125 Abs 4 BewG 1991
§ 125 Abs 5 BewG 1991
§ 126 Abs 2 BewG 1991
Art 3 EinigVtr
§ 141 AO
Spruchkörper:
6. Senat

Leitsatz

Bei der Bestimmung der Betriebsgröße eines im Beitrittsgebiet gelegenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebs nach § 7g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG in der bis zum Inkrafttreten des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912) maßgebenden Fassung ist bei der Pacht zusätzlichen Grund und Bodens der Ersatzwirtschaftswert nur im Verhältnis der eigenen Fläche zu der gepachteten Fläche anzusetzen (Anschluss an BFH-Urteil vom 6. März 2014 IV R 11/11, BFHE 244, 426).

Verfahrensgang

vorgehend Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 12. November 2013, Az: 4 K 791/04, Urteil

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 12. November 2013  4 K 791/04 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1
I. Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) mit ihrem in den neuen Bundesländern gelegenen landwirtschaftlichen Betrieb, der sowohl eigene als auch gepachtete Flächen umfasst, die Betriebsgrößenmerkmale des § 7g des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren (1997 bis 2001) geltenden Fassung (EStG) überschritten hat.
2
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft unterhält. Sie ist gemäß § 141 der Abgabenordnung (AO) buchführungspflichtig und ermittelt ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich für das Normalwirtschaftsjahr gemäß § 4a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG (1. Juli bis 30. Juni). Auf eigenen Flächen mit etwa 20 ha und auf gepachteten Flächen von etwa 480 ha betreibt die Klägerin Ackerbau und Grünlandbewirtschaftung. Ferner hält sie Milchvieh in Gebäuden, die in ihrem Eigentum stehen. Mit Bescheid vom 11. Dezember 1995 wurde der Grundsteuermessbetrag auf den 1. Januar 1994 nachveranlagt. Für die landwirtschaftliche Nutzung (ohne Hopfen und Spargel) wurde ein Ersatzwirtschaftswert von 704.329 DM (abgerundet 704.300 DM) ermittelt.
3
Erstmalig im Wirtschaftsjahr 1997/1998 bildete die Klägerin in ihrer Bilanz eine Rücklage gemäß § 7g Abs. 3 EStG für künftige Anschaffungen verschiedener Wirtschaftsgüter und passivierte in den folgenden Jahren weitere Beträge bzw. löste Teile der Rücklage ordnungsgemäß auf. Für die Bestimmung der Betriebsgröße nach § 7g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG teilte sie den für ihren Betrieb ermittelten Ersatzwirtschaftswert im Verhältnis der eigenen zu den gepachteten Flächen und damit im Verhältnis 4 % zu 96 % auf. So gelangte die Klägerin in den Streitjahren zu einer unter der Grenze des § 7g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG liegenden Betriebsgröße von 28.173,07 DM (704.326,68 DM × 4 %).
4
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) stellte die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für die Streitjahre zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.
5
Im Jahr 2003 fand bei der Klägerin eine Außenprüfung statt, bei der auch die Gewinnfeststellungen der Streitjahre geprüft wurden. Die Prüferin war der Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine Rücklagenbildung nach § 7g Abs. 3 EStG nicht gegeben seien. Die Klägerin habe den für die Bestimmung der Betriebsgröße maßgeblichen Ersatzwirtschaftswert fehlerhaft aufgeteilt. Eine Aufteilung allein nach den Eigentumsverhältnissen komme nicht in Betracht. Vielmehr sei der Ersatzwirtschaftswert für Zwecke des § 7g EStG bis einschließlich 2009 nach den gleichlautenden Ländererlassen vom 23. April 1991 (BStBl I 1991, 499) und vom 15. März 1999 (BStBl I 1999, 423) aufzuteilen. Danach sei der Ertragswert der zugepachteten Flächen nicht vollständig, sondern nur insoweit auszuscheiden, als er nicht auf Gebäude sowie stehende und umlaufende Betriebsmittel entfalle. Aufgrund der betrieblichen Größenmerkmale der Klägerin ergebe sich nach den gleichlautenden Erlassen der Finanzbehörden folgende Berechnung (gerundet):
6
Eigentumsflächen ca. 20 ha (= 4 % der Betriebsfläche)
für Eigentum am Grund und Boden
  64 %
18.011,94 DM
für Eigentum an Wirtschaftsgebäuden
17 %
4.789,42 DM
für Eigentum an stehenden Betriebsmitteln
14 %
3.944,23 DM
für Eigentum an umlaufenden Betriebsmitteln
5 %
 1.408,65 DM
        
        
 28.154,24 DM
7
Pachtflächen ca. 480 ha (= 96 % der Betriebsfläche)
für Eigentum am Grund und Boden
0 %
        
für Eigentum an Wirtschaftsgebäuden
17 %
 114.946,11 DM
für Eigentum an stehenden Betriebsmitteln
  14 %
94.661,50 DM
für Eigentum an umlaufenden Betriebsmitteln
5 %
 33.807,68 DM
        
        
243.415,29 DM
8
Danach betrage der für den Streitfall maßgebliche Ersatzwirtschaftswert nach § 7g Abs. 3 EStG für den landwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin (28.154,24 DM + 243.415,29 DM =) 271.569,53 DM. Dem folgend änderte das FA die Gewinnfeststellungen der Streitjahre mit Bescheiden vom 30. März 2004 nach § 164 Abs. 2 AO und erkannte die gebildeten Rücklagen nicht mehr an.
9
Der dagegen –mit Zustimmung des FA– erhobenen Sprungklage (§ 45 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–) gab das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 430 veröffentlichten Gründen statt.
10
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
11
Es beantragt,das Urteil des FG des Landes Sachsen-Anhalt vom 12. November 2013  4 K 791/04 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
12
Die Klägerin beantragt,die Revision zurückzuweisen.
13
Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat keinen Antrag gestellt.

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