Steuerrecht

Einstweiliger Rechtsschutz gegen den Widerruf der Gaststättenerlaubnis

Aktenzeichen  RO 5 S 17.2089

Datum:
19.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 3075
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 3, Abs. 5
GastG § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 2
GewO § 31, § 35 Abs. 1
AO § 162
GG Art. 12 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Steuerrückstände rechtfertigen die Annahme einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit, wenn sie sowohl nach ihrer absoluten Höhe als auch im Verhältnis zur Gesamtbelastung des Gewerbetreibenden von Gewicht sind. Dies ist bei Steuerrückständen iHv 260.000 Euro der Fall. (Rn. 30 – 32) (redaktioneller Leitsatz)
2 Bei Unzuverlässigkeit des Erlaubnisinhabers ist es im Falle des Widerrufs unerheblich, wann der Versagungsgrund eingetreten ist. Hier sind auch die vor Erlaubniserteilung liegenden Umstände von Bedeutung und können zur Beurteilung der Unzuverlässigkeit unterstützend herangezogen werden. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
3 Müssen die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 AO geschätzt werden, weil der Gewerbetreibende seinen steuerlichen Erklärungspflichten nicht nachkommt, so ist die auf dieser Grundlage festgesetzte Steuerschuld nicht von anderer rechtlicher Qualität und daher nicht anders zu würdigen als eine Steuerschuld, die sich aus exakt ermittelten Besteuerungsgrundlagen ergibt (Anschluss an BVerwG BeckRS 9998, 46681). (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
4 Die Nichtabgabe von Steuererklärungen kann bereits für sich allein eine Unzuverlässigkeit begründen, wenn die Erklärungen trotz Erinnerung hartnäckig über längere Zeit nicht abgegeben werden, wobei die Nichtabgabe von Lohnsteueranmeldungen oder von Umsatzsteuer-Voranmeldungen in der Regel besonderes Gewicht haben. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 10.000.- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen den Widerruf ihrer Gaststättenerlaubnis.
Der Antragstellerin wurde mit Bescheid vom 10.12.2015 die gaststättenrechtliche Erlaubnis zum Betrieb der Schank- und Speisewirtschaft „X …“ in 1 … erteilt.
Mit Schreiben vom 21.09.2017 teilte der Verpächter der Antragstellerin dem Landratsamt … mit, dass er erfahren habe, dass gegen die Antragstellerin aufgrund erheblicher Steuerschulden seitens des Finanzamts vorgegangen werde. Auch habe er derzeit keine Möglichkeit, die Antragstellerin zu erreichen, da die Antragstellerin nach seinen Ermittlungen wohl wieder in ihr Heimatland … gereist und mit ihrer Rückkehr auch dauerhaft nicht zu rechnen sei. Darüber hinaus sei die Gaststätte still gelegt und geschlossen worden.
Mit Schreiben vom 29.09.2017 teilte das Finanzamt … mit, dass die Antragstellerin seit geraumer Zeit ihren steuerlichen Verpflichtungen nicht mehr nachkomme und sich die Steuerrückstände derzeit auf ca. 264.000 Euro belaufen. Mit Schreiben vom 25.10.2017 legte das Finanzamt … eine Aufstellung vor, aus der Steuerschulden der Antragstellerin aus Lohnsteuer, Einkommenssteuer und Umsatzsteuer in Höhe von 250.544,43 Euro und Säumniszuschläge in Höhe von 16.062,50 Euro hervorgehen. Die Gesamtsumme der Steuerrückstände beträgt damit 266.606,93 Euro.
Laut Auskunft der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe hat die Antragstellerin dort Zahlungsrückstände in Höhe von 197,28 Euro.
Nach Auskunft der … Bayern bestanden zum Zeitpunkt des 29.09.2017 keine Forderungen gegen die Antragstellerin. Die Krankenkasse teilte aber mit, dass die Beiträge zur Sozialversicherung in der Regel verspätet gezahlt wurden.
Mit Schreiben vom 06.10.2017, der Antragstellerin zugegangen am 07.10.2017, teilte das Landratsamt … mit, dass beabsichtigt sei, die der Antragstellerin mit Bescheid vom 10.12.2015 erteilte Erlaubnis wegen Unzuverlässigkeit zu widerrufen. Zugleich wurde der Antragstellerin bis 20.10.2017 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Mit Schreiben vom 30.10.2017 teilte die Stadt 2 … dem Antragsgegner mit, dass die Antragstellerin in 2 … ebenfalls eine Speise- und Schankwirtschaft mit dem Namen „X …“ betrieben hat. Das Gewerbe wurde zum 12.06.2017 von der Antragstellerin abgemeldet. Das Lokal wird seit 18.08.2017 von der neuen Geschäftsinhaberin Frau … weitergeführt. Weiterhin teilte die Stadt 2 … mit, dass gegenüber der Antragstellerin Gewerbesteuerforderungen in nicht unerheblicher Höhe bestünden. Die Antragstellerin lasse keinen Zahlungswillen erkennen, wobei Vollstreckungsmaßnahmen bisher erfolglos blieben. Die Stadtkasse werde aufgrund der gegebenen Umstände der Gewerbeabteilung des Amtes für öffentliche Sicherheit und Ordnung eine Gewerbeuntersagung gegen die Antragstellerin vorschlagen.
Mit Bescheid vom 03.11.2017 widerrief das Landratsamt … die am 10.12.2015 erteilte Gaststättenerlaubnis (I.), untersagte die weitere Ausübung des Gaststättengewerbes und verfügte die Abwicklung des Betriebs bis zum Ablauf des 17.11.2017 (II.). Der Antragstellerin wurde weiterhin jede Tätigkeit als Vertretungsberechtigte einer Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragten Person sowie die selbständige Ausübung sämtlicher Gewerbe im Geltungsbereich der Gewerbeordnung untersagt (III.). Die sofortige Vollziehung der Nummern I, II und III wurde angeordnet (IV.). Für den Fall, dass der Betrieb des in Ziffer I und II des Bescheides widerrufenen und untersagten Gewerbes nicht innerhalb der dort genannten Frist eingestellt wird, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 1000 Euro angedroht (V.). Die Kosten wurden der Antragstellerin auferlegt (VI.) und die Gebühr für den Bescheid auf 500 Euro festgesetzt (VII.).
Der Bescheid wurde der Klägerin am 06.11.2017 zugestellt.
Der Bescheid wurde im Wesentlichen mit der Höhe der Steuerschulden und der Nichterfüllung der steuerlichen Erklärungspflichten begründet. Zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung trug der Antragsgegner vor, dass bei Abwägung des Interesses der Antragstellerin, den Gaststättenbetrieb bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung zu behalten, auf der anderen Seite das Interesse der Allgemeinheit stehe, die Schadenshöhe aufgrund der Nichtleistung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen nicht weiter zu erhöhen. Wegen der dargestellten, umfangreichen und dauerhaften Verletzung der Pflichten der Antragstellerin als Gewerbetreibende überwiege das öffentliche Interesse an einer zeitnahen Beendigung des Betriebs.
Mit Schriftsatz vom 06.12.2017, eingegangen bei Gericht am selben Tag, erhob die Antragstellerin Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg (RO 5 K 17.2090) und stellte zugleich den Antrag auf Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz.
Zur Begründung trägt die Antragstellerin vor, dass es sich bei den vom Finanzamt genannten Steuerschulden nur um eine erste Schätzung handele, es aber noch keine rechtskräftigen Steuerbescheide gäbe, die die behaupteten Steuerschulden belegen. Die Klägerin habe jedenfalls gegen sämtliche zusammenhängende Bescheide Einspruch eingelegt. Der bisherige Steuerberater der Antragstellerin habe viele Fristen versäumt und seine Tätigkeit nicht ordnungsgemäß ausgeführt. Eine Überprüfung der steuerrechtlichen Situation werde ergeben, dass die Steuerschulden bei weitem nicht so hoch seien, wie sie vom Finanzamt geschätzt wurden. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei unverhältnismäßig, weil sie nicht mehr rückgängig zu machende Tatsachen schaffe, die bei der Klägerin zu hohen Verlusten führen. Im Rahmen einer Interessenabwägung sei es angezeigt, zunächst die tatsächliche Steuerschuld zu berechnen und erst dann darüber zu entscheiden, ob die Gaststättenerlaubnis zu entziehen sei.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung wiederherzustellen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsgegner ist der Ansicht, dass es für die Feststellung der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit unerheblich sei, dass es sich bei den vom Finanzamt … mitgeteilten Steuerschulden um Schätzungen handele. Gerade die Tatsache, dass Schätzungen durchgeführt werden mussten, wirke sich sogar nicht zu Gunsten der Antragstellerin aus, da neben der Nichtbezahlung der fälligen Steuern auch die Verpflichtung zur rechtzeitigen Vorlage der Erklärungen und Voranmeldungen nicht erfüllt worden sei. Ein etwaiges Verschulden ihres früheren Steuerberaters müsse sich die Antragstellerin zurechnen lassen. Im Übrigen ändere ein etwaiges Verschulden hinsichtlich der Abgabe der Steuererklärungen nichts daran, dass die Antragstellerin die festgesetzten Steuerforderungen nicht, auch nicht zum Teil beglichen habe. Ebenso habe sie selbst unter dem Eindruck der Anhörung des Landratsamtes … kein erfolgsversprechende Sanierungskonzept vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorgelegten Behörden- und der Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.
Das Gericht trifft im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO eine Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung und hat dabei eine Abwägung zwischen den privaten Interessen und den öffentlichen Interessen vorzunehmen. Im Rahmen dieser Abwägung kommt den Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs, wie sie sich aufgrund der im Eilverfahren gebotenen und auch nur möglichen summarischen Prüfung der Aktenlage darstellen, maßgebliches Gewicht zu, soweit ein Obsiegen eines der Beteiligten wahrscheinlicher ist als sein Unterliegen.
Im Fall der Antragstellerin überwiegen die öffentlichen Interessen an der sofortigen Vollziehung der behördlichen Entscheidung das individuelle Aussetzungsinteresse der Antragstellerin. Der angefochtene Bescheid begegnet im Rahmen der summarischen Prüfung keinen derart schwerwiegenden Bedenken, dass allein nach Aktenlage Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit entstehen. Ganz im Gegenteil stellt er sich als ersichtlich rechtmäßig dar.
1.) Die Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs erfüllt die notwendigen Voraussetzungen aus § 80 Abs. 3 VwGO. Grundsätzlich muss die Begründung auf den konkreten Einzelfall abstellen und darf sich nicht mit „formelhaften“ Erwägungen begnügen (BayVGH, B.v. 30.10.2009, 7 CS 09.2606, juris Rn. 17). Die Begründung soll den Betroffenen einerseits in die Lage versetzen seine Rechte wirksam wahrnehmen zu können. Andererseits soll sie der Behörde den Ausnahmecharakter vor Augen führen und sie veranlassen genau zu prüfen, ob und warum ausnahmsweise der Grundsatz der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen durchbrochen werden soll (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 80 Rn. 84 ff.). Die Behörde muss konkret die Gründe angeben, die dafür sprechen, dass die sofortige Vollziehung aufgrund erheblicher öffentlicher Interessen notwendig ist und warum dahinter die Interessen des Betroffenen zurückstehen müssen. Ein Abstellen auf die Gesichtspunkte, die den Grundverwaltungsakt selbst rechtfertigen, ist nicht ausreichend. Allerdings können bei gleichartigen Tatbeständen auch gleiche oder „gruppentypisierte“ Begründungen ausreichen. Gerade dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass nach ihrer Auffassung diese Interessenlage auch im konkreten Fall vorliegt (BayVGH B.v. 27.10.2005, Az 11 CS.051967, juris Rn. 13; BayVGH B.v. 13.10.2006 – Az. 11 CS 06.1724).
Hier hat der Antragsgegner zutreffend darauf abgestellt, dass bei Abwägung des Interesses der Antragstellerin, den Gaststättenbetrieb bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu behalten, auf der anderen Seite das Interesse der Allgemeinheit stehe, die Schadenshöhe aufgrund der Nichtleistung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen nicht weiter zu erhöhen. Wegen der umfangreichen und dauerhaften Pflichtverletzungen der Antragstellerin überwiege daher das öffentliche Interesse der Allgemeinheit an einer zeitnahen Beendigung des Betriebs.
Diese Erwägungen sind aus formeller Sicht nicht zu beanstanden. Zwar enthält diese Begründung einige „formelhafte“ Erwägungen, diese sind aber deshalb unschädlich, weil eine Gewerbeuntersagung wegen steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Rückstände ein typisierter Fall ist, der in der Verwaltungspraxis oft auftritt und deshalb auch eine „gruppentypisierte“ Begründung ausreichend ist (BayVGH, E.v. 13.10.2006 – Az. 11 CS 06.1724).
2.) Rechtsgrundlage für den in Ziffer I des streitgegenständlichen Bescheids ausgesprochenen Widerrufs der am 10.12.2015 erteilten Gaststättenerlaubnis ist § 15 Abs. 2 i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GastG. Danach ist die Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die die Versagung der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG rechtfertigen würden. Dies ist dann der Fall, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Kläger die für den Gaststättenbetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Obwohl es beim Widerruf einer Erlaubnis auf die nach deren Erteilung entstandenen „Versagungsgründe“ ankommt, können zur Ergänzung des Bildes von der Persönlichkeit des Gastwirtes auch Rechtsverletzungen berücksichtigt werden, die der Gastwirt vor der Erteilung der Erlaubnis begangen hat. Es wäre unangemessen, die nach der Erlaubniserteilung eingetretenen Tatsachen isoliert vom vorangegangenen Verhalten des Erlaubnisinhabers zu sehen. (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil v. 25.05.1984 – 14 S 148/84, VG München GewArch 1980 S. 34 und Ambs in: Erbs/Kohlhaas, GastG, 217. EL Oktober 2017, § 15 Rn. 4). Aber selbst, wenn die Antragstellerin bereits zum Zeitpunkt der Erteilung der Gaststättenerlaubnis am 10.12.2015 aufgrund ihres früheren Verhaltens beim Betrieb der Gaststätte „…“ in 2 … unzuverlässig gewesen und damit § 15 Abs. 1 GastG einschlägig wäre, so würde dies nichts an der Rechtmäßigkeit des Widerrufbescheids vom 03.11.2017 ändern, denn in beiden Fällen handelt es sich um eine gebundene Entscheidung, die die gleiche tatbestandliche Voraussetzung, nämlich das Vorliegen eines Versagungsgrunds nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG, hat (vgl. auch VG Augsburg Urt. v. 27.7.2007 – Au 4 K 07.636).
Rechtsgrundlage für die gewerberechtlichen Untersagungen in Ziffer II und II des Bescheids vom 03.11.2017 ist § 31 GastG i.V.m. § 35 Abs. 1 GewO. Danach ist die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann auch dann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.
a) Die Antragstellerin besitzt im entscheidungserheblichen Zeitpunkt (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 13. März 1973 – I C 36.71 –, BVerwGE 42, 68-71 RN. 25) des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids als letzte Verwaltungsentscheidung nicht die erforderliche gaststättenbzw. gewerberechtliche Zuverlässigkeit.
Der Begriff der Unzuverlässigkeit im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG stimmt mit dem des § 35 Abs. 1 GewO überein (vgl. BVerwG, B. v. 23.9.1991, BayVBl 1992, 281 = GewArch 1992, 22).
Unzuverlässig im Sinne des Gaststätten- und Gewerberechts ist nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung, wer nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens keine Gewähr dafür bietet, dass er seinen Gaststättenbetrieb bzw. sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird (BVerwG, U. v. 2.2.1982 = BVerwGE 65, 9 = BayVBl 1982, 501). Nicht ordnungsgemäß ist die Gewerbeausübung durch eine Person, die nicht willens oder nicht in der Lage ist, die im öffentlichen Interesse zu fordernde einwandfreie Führung ihres Gewerbes zu gewährleisten. Erforderlich ist weder ein Verschulden im Sinne eines moralischen oder ethischen Vorwurfs, noch ein Charaktermangel. Die Unzuverlässigkeit muss sich nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG bzw. § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO aus in der Vergangenheit eingetretenen Tatsachen ergeben. Die bereits geschehenen Tatsachen hat die Behörde daraufhin zu beurteilen, ob sie auf eine Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in der Zukunft schließen lassen, d.h. ob sie die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf dieses Gewerbe dartun. Die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit erfordert kein Verschulden des Gewerbetreibenden (BVerwGE 24, 38). Es kommt auch nicht darauf an, welche Ursachen zu der Überschuldung und der wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit des Klägers geführt haben. Die Tatsachen, auf die die Unzuverlässigkeit gestützt werden sollen, müssen allerdings gewerbebezogen sein, d.h. die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden im Hinblick auf das konkret ausgeübte Gewerbe in Frage stellen (vgl. VG Regensburg vom 26. November 2015, RN 5 K 14.2148, juris, Rz 42 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).
Zur ordnungsgemäßen Ausübung eines Gewerbes gehören auch die mit der Gewerbeausübung zusammenhängenden steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Erklärungs- und Zahlungspflichten sowie die Geordnetheit der Vermögensverhältnisse (vgl. VG Würzburg vom 24. Februar 2016, W 6 K 14.713, juris, Rz 21).
Steuerrückstände rechtfertigen die Annahme einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit, wenn sie sowohl nach ihrer absoluten Höhe als auch im Verhältnis zur Gesamtbelastung des Gewerbetreibenden von Gewicht sind; zudem ist die Zeitdauer, während derer der Gewerbetreibende seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachkommt, insoweit von Bedeutung (BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 1988 – 1 B 164/87 –, juris)
In dem für die Beurteilung der Zuverlässigkeit maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheids (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25.7.2016 – 4 B 519/16 -, juris, Rn. 5 f., m. w. N.) beliefen sich ausweislich einer vom Antragsgegner am 25.10.2017 eingeholten Auskunft des Finanzamts … die dortigen Zahlungsrückstände der Antragstellerin auf 266.606,93 Euro, die allesamt im Zeitraum vom 18.04.2017 bis 10.09.2017 fällig wurden. Zudem teilte die Stadt 2 … mit Schreiben vom 30.10.2017 mit, dass die Antragstellerin gegenüber der Stadt 2 … Schulden aus Gewerbesteuerforderungen in nicht unerheblicher Höhe hat.
Zwar hängt in den Fällen der Nichterfüllung der steuerlichen Verpflichtung die Prognose der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit nicht von einer allgemein geltenden, bestimmten Höhe der Steuerschuld ab (BVerwG, Beschluss vom 09. April 1997 – 1 B 81/97 –). Trotzdem wird in der Literatur eine Grenze bei 5.000 € gezogen (Marcks, in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, 2013, § 35 Rn. 52; so auch der Erlass des Bundesministers der Finanzen vom 17.12.2004, Az. IV A 4 – S. 0130 – 113/04, BStBl. I S. 117). Im vorliegenden Fall waren die Steuerschulden mit über 260.000 Euro jedoch so hoch, dass sie sowohl nach der absoluten Höhe, als auch im Verhältnis zur Gesamtbelastung der Antragstellerin von enormen Gewicht sind. Überdies zahlte die Antragstellerin seit 2014 und damit bereits über einen längeren Zeitraum keine Steuern mehr. Bei den rückständigen Steuern (Lohn-, Einkommens-, Gewerbe- und Umsatzsteuer) der Antragstellerin handelt es sich auch um Steuerarten gewerbespezifischer Art.
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin schließt die Tatsache, dass der Antragstellerin die Erlaubnis nach § 2 GastG für die Gaststätte in 1 … erst mit Bescheid vom 10.12.2015 erteilt wurde, nicht aus, dass die Antragstellerin schon vorher Steuerschulden aus einem Gewerbebetrieb angehäuft hat. Die Antragstellerin betrieb bis 12.06.2017 ein weiteres Gastgewerbe im Bereich der Stadt 2 …, das ebenfalls den Namen „X …“ trug. Darüber hinaus sind die Steuerschulden der Jahre 2014 und 2015 auch berücksichtigungsfähig. Zum einen wurden die Steuerschulden der Jahre 2014 und 2015 laut Aufstellung des Finanzamtes allesamt erst im Jahr 2017 und damit nach Erteilung der Gaststättenerlaubnis im Dezember 2015 fällig. Zum anderen ist es bei Unzuverlässigkeit des Erlaubnisinhabers im Falle des Widerrufs unerheblich, wann dieser Versagungsgrund eingetreten ist. Hier sind auch die vor Erlaubniserteilung liegenden Umstände von Bedeutung und können zur Beurteilung der Unzuverlässigkeit unterstützend herangezogen werden. Es ist also nicht erforderlich, dass die nach Erteilung der Erlaubnis eingetretenen Tatsachen für sich allein den Schluss auf die Unzuverlässigkeit rechtfertigen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil v. 25.05.1984 – 14 S 148/84, VG München GewArch 1980 S. 34 und Ambs in: Erbs/Kohlhaas, GastG, 217. EL Oktober 2017, § 15 Rn. 4). Aber selbst, wenn man nur die Steuerschulden der Jahre 2016 und 2017 berücksichtigt, so würde auch dieser Betrag in Höhe von über 75.000 Euro ausreichen, um eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit annehmen zu können.
Unerheblich ist zudem, ob sich die Steuerschulden aus gemäß § 162 AO geschätzten oder aus exakt ermittelten Besteuerungsgrundlagen ergeben. Müssen die Besteuerungsgrundlagen wie hier deswegen, weil der Gewerbetreibende seinen steuerlichen Erklärungspflichten nicht nachkommt, gemäß § 162 AO geschätzt werden, so ist die auf dieser Grundlage festgesetzte Steuerschuld nicht von anderer rechtlicher Qualität und daher nicht anders zu würdigen als eine Steuerschuld, die sich aus exakt ermittelten Besteuerungsgrundlagen ergibt (BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 1988 – 1 B 164/87 –, juris). Daher geht auch der Einwand der Antragstellerin fehl, dass es angezeigt sei, zunächst die tatsächliche Steuerschuld zu berechnen und erst dann darüber zu entscheiden, ob die Gaststättenerlaubnis zu entziehen ist.
Ebenso ist nicht nachzuvollziehen, warum möglicherweise durcheinandergebrachte Kassenbelege der beiden Restaurants „X …“ an der Steuerschuld der Antragstellerin etwas ändern sollten. Auch haben die vorgetragenen (zivil- und strafrechtlichen) Streitigkeiten der Antragstellerin mit dem früheren Verpächter in diesem Verfahren keinerlei Bedeutung.
Abgesehen von diesen als erheblich zu bewertenden Zahlungsrückständen hat die Antragstellerin ihre steuerlichen Pflichten auch dadurch verletzt, dass sie seit 2014 und damit über mehrere Jahre hinweg keine Lohnsteuer- und Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben hat, so dass die Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden mussten. Die Nichtabgabe von Steuererklärungen kann bereits für sich allein eine Unzuverlässigkeit begründen, wenn die Erklärungen wie vorliegend trotz Erinnerung hartnäckig über längere Zeit nicht abgegeben werden, wobei die Nichtabgabe von Lohnsteueranmeldungen oder von Umsatzsteuer-Voranmeldungen in der Regel besonderes Gewicht haben. Der Gewerbetreibende muss seinen öffentlichen Abgabepflichten von sich aus nachkommen. Dazu gehört auch, dass er die zur Feststellung dieser Pflichten erforderlichen Erklärungen abgibt. Durch die (fristgerechte) Abgabe der entsprechenden Erklärungen wäre es dem Finanzamt ohne weiteres möglich gewesen, die genaue Steuerschuld der Antragstellerin zu berechnen. Daher lag es an der Antragstellerin selbst, Schätzungen des Finanzamts nach § 162 AO durch Einreichung von Steuererklärungen zu vermeiden. Die Antragstellerin kann sich daher nicht darauf berufen, dass die Steuerrückstände nach Überprüfung der steuerrechtlichen Situation gar nicht so hoch seien, wie vom Finanzamt geschätzt, da sie den Umstand der Schätzung selbst durch die Nichtabgabe der Steuererklärungen herbeigeführt hat.
Ohne Erfolg wendet die Antragstellerin ein, ihr bisheriger Steuerberater habe viele Fristen versäumt und seine Tätigkeit nicht ordnungsgemäß ausgeführt. Die gaststättenrechtliche Unzuverlässigkeit setzt kein subjektiv vorwerfbares Verhalten voraus, sondern knüpft lediglich an objektive Tatsachen an, die hinsichtlich der zukünftigen Tätigkeit des Gewerbetreibenden eine ungünstige Prognose rechtfertigen (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19.6.2017 – 4 A 544/15 -, juris, Rn. 8 f., m. w. N). So liegt es hier.
Umstände, die trotz der Verletzung steuerrechtlicher Pflichten im maßgeblichen Widerrufszeitpunkt eine positive Prognose in Bezug auf die gaststättenrechtliche Zuverlässigkeit der Antragstellerin rechtfertigen konnten, wie etwa Anzeichen für eine Besserung ihrerwirtschaftlichen Situation oder die Existenz eines erfolgversprechenden Sanierungskonzepts (vgl. in diesem Zusammenhang OVG NRW, Urteil vom 12.4.2011 – 4 A 1449/08 -, NVwZ-RR 2011, 553 = juris, Rn. 29,16) vermag das Gericht nicht zu erkennen.
Die seit längerer Zeit fortlaufende und für die Antragstellerin erkennbare Erhöhung der Steuerschulden hat sie ohne weiteres in Kauf genommen. Auch unter Druck des angedrohten Gewerbeuntersagungsverfahrens ergriff die Antragstellerin keinerlei Maßnahmen zum Abbau der Steuerschuld. Es ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin trotz der bestehenden und enorm hohen Steuerrückstände ernsthaft zahlungswillig ist und an einem sinnvollen und erfolgsversprechenden Sanierungskonzept arbeitet, so dass in einer überschaubaren Zeit mit der Tilgung der Schulden zu rechnen wäre. Seitens der Antragstellerin wird lediglich im Schriftsatz vom 06.12.2017 angeregt, ihr letztmalig eine angemessene Frist zu setzen, damit sie ihren steuerrechtlichen Verpflichtungen nachkommen könne. Es wird jedoch auch in weiteren Schriftsätzen nicht vorgetragen, dass die Steuerschulden mittlerweile (zumindest zum Teil) zurückgezahlt wurden oder wenigstens der Versuch unternommen wurde, mit den Behörden eine angemessene Ratenzahlungsvereinbarung abzuschließen.
Der von der Antragstellerin erhobene Einwand, sie habe gegen sämtliche Bescheide Einspruch eingelegt und ein neuer Steuerberater beschäftige sich nun damit, entsprechende Erklärungen vorzubereiten, greift ebenfalls nicht durch. In der bloßen Behauptung, seinen steuerlichen Erklärungs- und Zahlungsverpflichtungen künftig nachkommen zu wollen, liegt nämlich noch kein tragfähiges Sanierungskonzept. Das gilt auch für die bloße Einschaltung eines Steuerberaters, die sich im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt nicht in einem geänderten Erklärungs- und Zahlungsverhalten niederschlägt (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Januar 2018 – 4 B 1486/17 –, juris).
Nach dem bisher von der Antragstellerin gezeigten Verhalten ist daher davon auszugehen, dass die Antragstellerin auch in Zukunft ihren öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen, insbesondere den fälligen Steuerzahlungen nicht nachkommen wird und somit keine Gewähr dafür bietet, dass sie ein Gewerbe künftig ordnungsgemäß ausüben wird. Die Prognose über ihr künftiges Verhalten fällt daher negativ aus.
b) Aufgrund dieser Umstände begegnet auch die vollständige Untersagung der weiteren Ausübung des Gaststättengewerbes (Ziffer II) und die Untersagung der Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie die selbständige Ausübung sämtlicher Gewerbe im Geltungsbereich der Gewerbeordnung (Ziffer III), keinen Bedenken.
Die Einräumung der Abwicklungsfrist bis 17.11.2017 war angemessen, aber auch ausreichend, da die Antragstellerin ihr Gewerbe bereits am 21.08.2017 abgemeldet hatte und die Gaststätte seit diesem Zeitpunkt nicht mehr in Betrieb war.
Die insoweit bereits festgestellten Tatsachen, insbesondere die enorme Höhe der Steuerschulden, und die zuvor bereits getroffene negative Prognose rechtfertigen die Annahme, dass die Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten unzuverlässig ist. Die missachteten steuer- und gewerberechtlichen Vorgaben gelten nicht nur im Gaststättengewerbe, sondern auch in allen anderen gewerblichen Bereichen.
Die Untersagung war zudem zum Schutze der Allgemeinheit erforderlich. Staat und Gemeinden sind auf den fristgerechten Eingang der von ihnen erhobenen Steuern und Abgaben angewiesen, um ihren ständig zunehmenden Verpflichtungen gegenüber der Allgemeinheit genügen zu können. Wenn ein Gewerbetreibender sich seinen finanziellen Verpflichtungen gegenüber dem Staat und der Gemeinde entzieht, so stellt dies ein gemeinschädliches Verhalten dar, vor dem die Allgemeinheit zu bewahren ist.
c) Der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Gaststättenerlaubnis und der Gewerbeuntersagung steht nicht entgegen, dass der Kläger seinen Gaststättenbetrieb bereits zum 21.08.2017 abgemeldet hat. Die Erforderlichkeit der Verfügung ist bezogen auf den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt gleichwohl gegeben. Nach § 35 Abs. 1 Satz 3 GewO kann ein Untersagungsverfahren bei Aufgabe des Gewerbes fortgesetzt werden. Im Übrigen bestehen gewisse Zweifel, ob eine endgültige Betriebsaufgabe und Betriebseinstellung beabsichtigt ist. Eine endgültige Aufgabe des Betriebs liegt nur dann vor, wenn sie nicht unter dem Vorbehalt der Wiederaufnahme erfolgt. Die Ursache der Betriebsaufgabe am 21.08.2017 lag laut Antragstellerin in persönlichen Gründen und der Absicht, das Restaurant teilweise zu renovieren. Die Klage gegen die Widerrufs- und Untersagungsverfügung hat die Antragstellerin gleichwohl erhoben und aufrechterhalten. Dies alles spricht gegen einen endgültigen Aufgabewillen (vgl. VG Würzburg Urt. v. 25.2.2015 – 6 K 14.1296).
Nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalles kann auch nicht von einer Erledigung ausgegangen werden. Eine Gaststättenerlaubnis erlischt nach § 8 Satz 1 GastG erst, wenn der Inhaber den Betrieb seit einem Jahr nicht mehr ausgeübt hat. Eine schlichte Abmeldung des Gewerbes kann grundsätzlich nicht als unmissverständlicher und unzweifelhafter Ausdruck eines Verzichtswillens gewertet werden. Dies gilt auch für den Fall, dass im Zeitpunkt der Abmeldung des Gewerbes noch nicht absehbar ist, ob es tatsächlich zur Fortführung desselbigen kommen wird (vgl. VGHBW, U. v. 8.7.2014 – 8 S 1071/13 – NVwZ 2014, 1597; SächsOVG, U. v. 21.10.2013 – 3 A 639/12 – juris).
Der Bescheid stellt sich damit als ersichtlich rechtmäßig dar, sodass die Hauptsacheklage voraussichtlich erfolglos bleiben wird.
3.) Auch die besondere Bedeutung der Berufsfreiheit führt im vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der Gaststättenerlaubnis setzt im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG weiter voraus, dass eine weitere Fortführung des Gaststätten-betriebs während der Dauer des Rechtsstreits konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lässt (vgl. BayVGH vom 3. Mai 2013, 22 CS 13.594, juris, Rz 27). Hierzu ist auch die Erfüllung wesentlicher steuerlicher Pflichten zu rechnen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 25. November 2009 – 22 CS 09.2360 –, Rn. 6, juris).
Die Antragstellerin macht zwar geltend, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung unverhältnismäßig sei, weil sie nicht mehr rückgängig zu machende Tatsachen schafft, die bei der Antragstellerin zu hohen Verlusten führen werden.
Unklar ist jedoch bereits zu welchen hohen Verlusten die Anordnung der sofortigen Vollziehung führen sollte, da das Gaststättengewerbe durch die Antragstellerin selbst bereits am 21.08.2017 und damit noch vor Erlass des Widerrufbescheids abgemeldet wurde und die Antragstellerin daraufhin nach … verzog, wo sie sich auch zum jetzigen Zeitpunkt noch aufhält.
Aber selbst wenn man die Angaben der Antragstellerin als zutreffend beurteilt und in die Abwägung mit einbezieht, ergibt die Abwägung mit den gegenläufigen öffentlichen Interessen ein deutliches Überwiegen der öffentlichen Interessen.
Die Lage der Antragstellerin hat sich seit der Anhörung bzw. seit Erlass des Bescheids nicht verbessert. Es wurden seitens der Antragstellerin weder Versuche unternommen, die angehäuften Steuerschulden zu begleichen noch hat sie sich um ein erfolgsversprechendes Sanierungskonzept bemüht. Dies wurde seitens der Antragstellerin nicht einmal behauptet. Eine nachhaltige Rückführung der auch gewerbebezogenen Steuerschulden ist daher gerade nicht erkennbar (vgl. OVG NRW vom 20. Mai 2016, 4 B 12/16, juris, Rz 17).
Da sich die Ordnung ihrer Vermögensverhältnisse nicht verbessert hat, besteht somit konkret Anlass zu befürchten, dass diejenigen wichtigen Gemeinschaftsgüter, deren Schutz das Erfordernis eines zuverlässigen Gastwirts dient, auch bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens beeinträchtigt werden. Der Staat hat ein berechtigtes Interesse am Eingang der fälligen Steuern, um seine Aufgaben gegenüber der Allgemeinheit erfüllen zu können. Die Allgemeinheit ist davor zu schützen, dass die benötigten Geldmittel vom Gewerbetreibenden vorenthalten werden. Wenn ein Gewerbetreibender sich seinen finanziellen Verpflichtungen gegenüber dem Staat und der Gemeinde entzieht, so schädigt er nicht nur die Allgemeinheit, sondern versucht damit zugleich, sich in unlauterer Weise im Geschäftsleben einen Vorsprung vor den mit ihm im Wettbewerb stehenden Gewerbetreibenden zu verschaffen, die ihre Steuerpflichten in redlicher Weise erfüllen. Auch im Rahmen der Steuergerechtigkeit, die die Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen erfordert, kann nicht hingenommen werden, dass sich die Antragstellerin ihren steuerlichen Verpflichtungen nachhaltig und in erheblichem Umfang entzieht.
Daher hat das rein wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin im vorliegenden Fall zurückzutreten.
4.) Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen die kraft Gesetzes nach Art. 21a Satz 1 VwZVG sofort vollziehbare Androhung unmittelbaren Zwangs in Ziffer 3 des Bescheides ist dagegen nicht beantragt. Da jedoch seitens des Gerichts die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Grundverwaltungsakt nicht wiederhergestellt worden ist, fehlt auch nicht etwa die Vollstreckungsvoraussetzung des Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG.
5.) a) Nachdem der Antrag unbegründet ist, war er mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
b) Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, dessen Empfehlungen die Kammer folgt. Nach Nr. 54.2.1 beträgt der Streitwert 15.000 Euro. Da es sich vorliegend um eine erweiterte Gewerbeuntersagung handelt, war der Streitwert gem. 54.2.2. um 5000 Euro zu erhöhen. Damit beträgt der Streitwert insgesamt 20.000 Euro. Im Eilverfahren war dieser Streitwert nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren.

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