Steuerrecht

Erfolglose Klage wegen Versäumnis der Klagefrist

Aktenzeichen  W 5 K 16.686

Datum:
16.2.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 60, § 74 Abs. 1
BGB BGB § 188 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Eine unzutreffende Angabe in der Rechtsbehelfsbelehrung – wie hinsichtlich des richtigen Beklagten – macht die Belehrung nur dann unrichtig, wenn sie geeignet ist, die Einlegung des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs nennenswert zu erschweren. (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine Klageerhebung per einfacher E-Mail ist nicht formwirksam möglich. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Über die Klage konnte trotz des Ausbleibens der Klägerin entschieden werden, da hierauf in der Ladung zur mündlichen Verhandlung hingewiesen wurde (§ 102 Abs. 2 VwGO). Die Klägerin war zur mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß geladen worden.
Die Klage, mit der bei sachgerechter Auslegung (§ 88 VwGO) die Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 16. September 2015 und des Widerspruchsbescheids des Landratsamts M. vom 25. April 2016 begehrt wird, ist wegen Versäumung der einmonatigen Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO bereits unzulässig.
Nach § 74 Abs. 1 VwGO muss die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Diese Monatsfrist zur Klageerhebung war bereits abgelaufen. Der Widerspruchsbescheid wurde am 28. April 2016 zugestellt. Damit lief am 30. Mai 2016 (Montag) um 24 Uhr die Klagefrist ab, § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 und 2 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB. Die Klagefrist ist auch ordnungsgemäß nach § 58 Abs. 1 VwGO in Lauf gesetzt worden. Die Angabe des (richtigen) Beklagten in der Rechtsbehelfsbelehrung:ist nicht erforderlich (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 58 Rn. 11). Eine unzutreffende Angabe in der Rechtsbehelfsbelehrung:- wie vorliegend hinsichtlich des Beklagten – macht die Belehrung nur dann unrichtig, wenn sie geeignet ist, die Einlegung des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs nennenswert zu erschweren (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 58 Rn. 12 mit Beispielen), was hier nicht der Fall ist. Der Eingang der Klageschrift am 6. Juli 2016 war damit verspätet.
Eine den Voraussetzungen des § 81 Abs. 1 VwGO genügende Klage ist innerhalb der Monatsfrist nicht bei Gericht eingegangen. Ob die Klägerin per E-Mail Klage erhoben hat, wie sie behauptet (allerdings konnte ein E-Mail-Eingang bei Gericht nicht festgestellt werden), kann offenbleiben, denn eine Klageerhebung per einfacher E-Mail ist nicht formwirksam möglich (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 81 Rn. 9). Das Schreiben der Klägerin vom 18. Mai 2016 im Verfahren W 5 S. 15.1035, eingegangen bei Gericht am 27. Mai 2016, kann nicht als Klageschrift i.S.d. § 82 VwGO angesehen werden. Nachdem die Klägerin hierin Fristverlängerung für die Einreichung der Klage begehrte, kann das Schreiben gerade nicht als unbedingte Klageerhebung ausgelegt werden (§ 88 VwGO). Außerdem teilte sie – im Widerspruch hierzu – mit, sie habe bereits Klage gegen den Widerspruchsbescheid per E-Mail eingereicht. Dem Schreiben kann daher bereits keine eindeutige Willensäußerung, dass hiermit Klage erhoben wird, entnommen werden. Die Klägerin hat auch auf die ausdrückliche Nachfrage des Gerichts mit Schreiben vom 31. Mai 2016 nicht erklärt, dass es sich bei ihrem Schreiben vom 18. Mai 2016 um eine Klageschrift handele.
Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 60 VwGO liegen nicht vor.
Gemäß § 60 VwGO ist demjenigen, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Verschuldet ist eine Fristversäumung dann, wenn der Betroffene nicht die Sorgfalt walten lässt, die für einen gewissenhaften, seine Rechte und Pflichten sachgerecht wahrnehmenden Beteiligten geboten und ihm nach den gesamten Umständen zuzumuten ist (BVerwG, B.v. 23.2.1996 – 8 B 28/96 – juris Rn. 1 m.w.N.). Gemessen hieran hat die Klägerin die Klagefrist nicht unverschuldet versäumt. Wie die handschriftlichen Schreiben vom 18. Mai 2016 an das Landratsamt M. bzw. das Verwaltungsgericht zeigen, wäre es der Klägerin möglich gewesen, innerhalb der Klagefrist ausdrücklich schriftlich Klage zu erheben. Die Klägerin kann sich nicht damit entschuldigen, sie habe gedacht, eine Klageerhebung per E-Mail sei ausreichend. Erstens steht nicht fest, ob die Klägerin überhaupt eine E-Mail an das Verwaltungsgericht abgesandt hat. Zweitens enthielt die Rechtsbehelfsbelehrung:des Widerspruchsbescheids den ausdrücklichen Hinweis, dass eine Klageerhebung in elektronischer Form (z.B. durch E-Mail) unzulässig ist. Das weitere Vorbringen der Klägerin zu den angeblichen Ursachen der Fristversäumung ist vor diesem Hintergrund unbeachtlich.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

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