Steuerrecht

Erhöhung der Sonderbetriebseinnahmen – Werteverschiebung aufgrund der disquotalen Abspaltung

Aktenzeichen  13 K 1170/15

Datum:
2.11.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
EFG – 2018, 932
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
AO § 164 Abs. 3,  § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
EStG § 4 Abs. 1 S. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4, § 17
FGO § 105 Abs. 3, § 135 Abs. 1, § 139 Abs. 4, § 151 Abs. 1 u. 3
UmwStG § 13, § 15
ErbStG § 7 Abs. 8 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Unter Änderung der Bescheide für 2010 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensbesteuerung und über den Gewerbesteuermessbetrag, jeweils vom 9. Januar 2015, und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 31. März 2015 werden die Sonderbetriebseinnahmen des Gesellschafters LF um den aus dem Abspaltungsvorgang angesetzten Betrag in Höhe von € gemindert und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie der Gewerbesteuermessbetrag entsprechend herabgesetzt. Die Berechnung wird dem Finanzamt gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung übertragen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen werden nicht erstattet.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
5. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.
Streitig ist die Verwirklichung eines Entnahmetatbestands infolge einer disquotalen Abspaltung eines Teilbetriebs.
Die Klägerin, eine Kommanditgesellschaft, wurde mit Wirkung auf den 12. Oktober 2004 gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist der Erwerb, das Halten und Verwalten von eigenem Vermögen, insbesondere auch die Vermietung von eigenem Grundbesitz sowie die Gründung oder Beteiligung an Unternehmen. Persönlich haftende Gesellschafterin ist die F GmbH ohne vermögensmäßige Beteiligung. Als Kommanditisten sind die Eheleute EF und LF mit einer Hafteinlage von je 5.000 € zu je 50% beteiligt. Der F GmbH steht die ausschließliche Geschäftsführung und Vertretung der Klägerin zu. Im jeweiligen Sonderbetriebsvermögen der Eheleute EF und LF an der Klägerin befinden sich die Anteile der F AG (künftig: AG). Die Eheleute sind zu je 50% an der AG beteiligt (Bilanzwert jeweils 25.000 €).
Mit Spaltungsvertrag vom 30. Juni 2010 (Blatt 146 ff) übertrug die AG -übertragender Rechtsträgerden Teilbetrieb „Vermietungen von Wohnimmobilien“ (künftig: Teilbetrieb) auf die F Immo GmbH -übernehmender Rechtsträger- (künftig: GmbH). Hinsichtlich der im Einzelnen übertragenen Vermögensgegenstände und Schulden des Teilbetriebs wird auf den Vertrag ergänzend Bezug genommen. Die GmbH gewährte laut Vertrag als Ausgleich hierfür den Aktionären der AG neue Geschäftsanteile. Anteilseigner an der GmbH war zunächst EF zu 100%. Im Rahmen der Abspaltung erfolgte eine Kapitalerhöhung durch je einen Geschäftsanteil (von je 100 €) für LF und EF. Nach der Kapitalerhöhung waren EF mit 99,6% und LF mit 0,4% Anteilseigner an der GmbH. Die Anteile befinden sich im Privatvermögen der Eheleute EF und LF. Der weitere Teilbetrieb „Trapez…“ verblieb bei der AG.
Dem Abspaltungsvorgang vorausgegangen war eine verbindliche Auskunft zur Abspaltung des Teilbetriebs von der AG auf die Klägerin. In der verbindlichen Auskunft vom 30. November 2009 erkannte der Beklagte (das Finanzamt –FA-) die Teilbetriebseigenschaft als solche an.
Für die Jahre 2005 bis 2010 wurde bei der Klägerin eine Außenprüfung (AP) durchgeführt. Die AP gelangte zu der Auffassung (Bericht vom), dass die mit der disquotalen Abspaltung des Teilbetriebes einhergehende Wertverschiebung zwischen den Anteilseignern (LF und EF) als Entnahme zu werten sei (Bericht Tz. 1.2 und Anlage 10 – Tz. 1.3, 1.5. und 1.7 – Blatt 134 ff). Durch den Abspaltungsvorgang sei den Anteilseignern des übertragenden Rechtsträgers (AG) aufgrund der abweichenden Beteiligungsverhältnisse beim übernehmenden Rechtsträger (GmbH) Vermögen nicht mehr dem bisherigen Anteil entsprechend zugeteilt worden. Insoweit käme es zu einer Wertverschiebung von einem Steuerpflichtigen (LF) auf einen anderen (EF). Diese belaufe sich auf rund €. Die Anteile der Eheleute EF und LF am Eigenkapital der AG von jeweils € hätten sich durch die Sachwertabgänge in Höhe von € wegen der Abspaltung des Teilbetriebs zum 1. Januar 2010 auf jeweils € gemindert. Die Sachwertübertragung von € habe bei der GmbH zu einem Eigenkapital von € geführt (Eigenkapital vor Abspaltung: – €), das mit 99,6% = € EF und mit 0,4% = € LF zuzurechnen sei. Damit sei eine Vermögensverschiebung zwischen den Eheleuten zu Gunsten von EF in Höhe von € eingetreten. Stille Reserven in Höhe von € seien hierbei noch nicht berücksichtigt worden (Blatt 139). Zur Ermittlung des Wertes im Einzelnen wird auf den Bericht (Anlage 10 Tz 1.7, Punkt I/3 – Blatt 138, 139) ergänzend verwiesen.
Die Vorteilszuwendung des LF zu Gunsten von EF sei einzig aus privaten Gründen erfolgt. Beim zuwendenden Anteilseigner LF sei die Wertabgabe (wertgeminderte Beteiligung) als Entnahmetatbestand einzustufen, weil sich die Anteile an der AG im Sonderbetriebsvermögen der Klägerin befänden. Der Abspaltungsvorgang löse in der Folge eine Sonderbetriebseinnahme des LF in Höhe von € zuzüglich € stiller Reserven aus (Blatt 135). Wegen der Anwendung des Teileinkünfteverfahrens auf die ertragsteuerlichen Auswirkungen der disquotalen Abspaltung sei eine außerbilanzielle Abrechnung von € und € (40% von € Tz. 1.7 der Anlage 10; Blatt 136) vorzunehmen.
Das FA folgte der Auffassung der AP. Mit Bescheiden vom 7. März 2013 änderte es die Bescheide für 2010 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensbesteuerung und den Gewerbesteuermessbetrag vom 1. Juli 2011. Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden in Höhe von € einheitlich und gesondert festgestellt. Darin enthalten sind u.a. dem Beteiligten LF zuzurechnende Einnahmen aus seiner Sonderbilanz in Höhe von €. Der Gewerbesteuermessbetrag wurde auf € festgesetzt. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde jeweils gemäß § 164 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) aufgehoben.
Im Rahmen des hiergegen eingelegten Einspruchsverfahrens setzte das FA mit nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderten Bescheiden vom 9. Januar 2015 aus nicht streitgegenständlichen Gründen den Gewinn aus Gewerbebetrieb für das Streitjahr auf € und den Gewerbesteuermessbetrag auf € herab. Die dem Gesellschafter LF zuzurechnenden Einnahmen aus seiner Sonderbilanz blieben unverändert. Mit Einspruchsentscheidung vom 31. März 2015 wies es die Einsprüche vom 13. März 2013 als unbegründet zurück. Auf der Ebene der Anteilseigner liege gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG ein Entnahmetatbestand vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH-Urteile vom 15. Dezember 2005 III R 35/04, BFH/NV 2006, 1262 und 17. November 2005 III R 8/03, Bundessteuerblatt –BStBlII 2006, 287) könnten auch Wertveränderungen von im Betriebsvermögen gehaltenen Beteiligungen eine Entnahme darstellen. Die Entnahme sei mit dem Teilwert gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG anzusetzen. Auf die Einspruchsentscheidung wird ergänzend verwiesen.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage wendet sich die Klägerin gegen die Feststellungen zur Sonderbilanz des Gesellschafters LF. Entgegen der Auffassung des FA führe der Abspaltungsvorgang nicht zu einer Entnahme des Gesellschafters LF. Eine Wertveränderung allein könne den Entnahmetatbestand des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht verwirklichen. Gegenstand von Entnahmen könnten nur Wirtschaftsgüter oder Nutzungen und Leistungen sein. Die vom FA herangezogenen Entscheidungen des BFH seien nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht, daher mangele es an der Allgemeinverbindlichkeit. Des Weiteren ginge es in beiden Entscheidungen nicht um Umwandlungen nach dem Umwandlungssteuergesetz (UmwStG), sondern um Kapitalerhöhungen bei der Betriebsgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung. Im Übrigen erfolge im vorliegenden Fall die Kapitalerhöhung bei der übernehmenden Gesellschaft entsprechend den Beteiligungsverhältnissen der Gesellschafter an der übertragenden Gesellschaft. Schließlich stelle der BFH in beiden Entscheidungen klar, dass es offenbleiben könne, ob der Entnahmegegenstand entweder im Bezugsrecht oder in einer Anwartschaft auf Teilnahme an einer Kapitalerhöhung bestehe. Ein Entnahmegegenstand sei dennoch angenommen worden.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung der geänderten Bescheide Für 2010 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensbesteuerung und über den Gewerbesteuermessbetrag vom 9. Januar 2015 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 31. März 2015 die Sonderbetriebseinnahmen des Gesellschafters LF um den aus dem Abspaltungsvorgang angesetzten Betrag in Höhe von € zu mindern und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie den Gewerbesteuermessbetrag entsprechend herabzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ergänzend zur Einspruchsentscheidung führt es im Wesentlichen an, dass sich im Urteil des BFH vom 15. Dezember 2005 (III R 35/04, BFH/NV 2006, 1262) der Wert einer zum Sonderbetriebsvermögen gehörenden Beteiligung geändert habe; die Wertveränderung stelle eine Entnahme aus dem Betriebsvermögen dar. Ob die übergegangenen Vermögenswerte einem Bezugsrecht oder einer Anwartschaft auf Teilnahme an einer Kapitalerhöhung zuzuordnen seien, sei unerheblich gewesen. Auch im Streitfall bestünden die Wertveränderungen der zum Sonderbetriebsvermögen gehörenden AG-Anteile in Bezugsrechten. Durch die Abspaltung des Teilbetriebs hätten sich die Bezugsrechte im Betriebsvermögen der Klägerin gemindert. Soweit die Wertveränderung wegen der disquotalen Abspaltung eine Übertragung auf einen anderen Rechtsträger betreffe, liege ein Entnahmetatbestand vor.
Mit Beschluss vom 19. Oktober 2017 wurde der Gesellschafter LF zum Verfahren in Sachen gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2010 beigeladen.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, auf die vorgelegten Unterlagen und Akten gemäß § 105 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom ergänzend verwiesen.
II.
Die Klage ist begründet.
Das FA hat die Sonderbetriebseinnahmen des Beigeladenen zu Unrecht um € erhöht, da die in der disquotalen Abspaltung liegende Werteverschiebung nicht zu einer steuerbaren Entnahme im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG führt.
1. Entgegen der Auffassung des FA liegt im Streitfall der Entnahmetatbestand des § 4 Abs. 1 EStG nicht vor.
a) Entnahmen im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG sind alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.
Gegenstand von Einlagen und Entnahmen können Wirtschaftsgüter aller Art sein. Das sind Vermögensgegenstände im Sinne von § 246 Handelsgesetzbuch und § 27 Aktiengesetz, das heißt alle bilanzierbaren Wirtschaftsgüter (Schmidt/Heinicke EStG § 4 Rz 301).
Anteile eines Mitunternehmers an einer Kapitalgesellschaft können zu seinem Sonderbetriebsvermögen II gehören, es liegt ein Wirtschaftsgut „Beteiligung“ vor (Schmidt /Heinicke, EStG § 4 Rz 250 ff). Der Wert eines Geschäftsanteils ist grundsätzlich kein selbständiges, von ihm abzusonderndes Wirtschaftsgut, sondern lediglich seine Eigenschaft (BFH-Urteil vom 9. November 2010 IX R 24/09, BStBl II 2011, 799). Stille Reserven sind nicht isoliert ohne das entsprechende Wirtschaftsgut entnehmbar (Schmidt/Heinicke EStG § 4 Rz 171).
b) Das FA geht zu Recht davon aus, dass im Streitfall die Anwendung des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht durch § 13 UmwStG ausgeschlossen ist. Zwar bestimmen sich gemäß § 15 UmwStG die ertragsteuerlichen Konsequenzen einer Abspaltung auf Ebene der Anteilseigner der Überträgerin grundsätzlich nach § 13 UmwStG. Nach zutreffender Auffassung der Finanzverwaltung (Rz 13.03 des Umwandlungssteuererlass 2011, BStBl I 2011, 1314) gilt dies allerdings insoweit nicht, als es im Rahmen einer Abspaltung zu einer Wertverschiebung zwischen den Anteilseignern kommt. Insoweit gelten die allgemeinen Grundsätze.
c) Entgegen der Auffassung des FA liegt im Streitfall keine Entnahme im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG vor, da das Wirtschaftsgut, um das es hier geht, allein die Beteiligung ist und dessen Wert kein selbständiges, von ihm abzusonderndes Wirtschaftsgut ist.
Zwar hat sich durch die Abspaltung des Teilbetriebs von der AG das Eigenkapital der AG vermindert und dadurch auch der Wert der AG-Beteiligung, die sich im Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter der Klägerin befindet. Das FA geht auch zutreffend davon aus, dass die im Teilbetrieb ruhenden stillen Reserven auf die GmbH mit übergegangen sind und dass es in Folge der abweichenden Beteiligungsverhältnisse an der aufnehmenden GmbH zu einer nicht verhältniswahrenden Abspaltung und es auch unstreitig zu einer Wertverschiebung kam. Die Wertveränderung der zum Betrieb der Klägerin gehörenden Beteiligung stellt jedoch entgegen dem FA keine Entnahme dar, da es sich insofern um kein Wirtschaftsgut handelt.
d) Etwas anderes ergibt sich nach Auffassung des Senats, entgegen der Ansicht des FA, auch nicht aus den zu Betriebsaufspaltungen ergangenen Entscheidungen des BFH (BFH-Urteile vom 17. November 2005 III R 8/03, BStBl II 2006, 287 und vom 15. Dezember 2005 III R 35/04, BFH/NV 2006, 1262). Der BFH hat unter Bezugnahme auf das Urteil vom 16. April 1991 (VIII R 63/87, BStBl II 1991, 832) entschieden, dass „die Zulassung eines Dritten zur Kapitalerhöhung der Betriebskapitalgesellschaft bei dem Besitzunternehmen eine Entnahme in Höhe der Differenz zwischen dem Wert des übernommenen Anteils abzüglich der geleisteten Einlage bewirkt (§ 4 Abs. 1 Satz 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Eine Kapitalerhöhung, mit der ein bisher schon an der Betriebskapitalgesellschaft, nicht aber an der Besitzgesellschaft beteiligter Angehöriger seine Beteiligungsquote vergrößern kann, stellt sich in gleicher Weise als Entnahme aus dem Besitzunternehmen dar. Die in den Anteilen der Betriebskapitalgesellschaft ruhenden stillen Reserven gehören zum Betriebsvermögen des Besitzunternehmens, soweit dieses beteiligt ist. Gehen sie durch eine disquotale Kapitalerhöhung teilweise auf einen Nur-Betriebsgesellschafter über, so wird ihr Funktionszusammenhang zum Besitzunternehmen endgültig gelöst. Darin liegt eine Wertabgabe zu Zwecken, die für das Besitzunternehmen betriebsfremd sind. Ob die übergegangenen Vermögenswerte einem Bezugsrecht oder einer Anwartschaft auf Teilnahme an einer Kapitalerhöhung zuzuordnen sind, ist dabei unerheblich. Für den Tatbestand der Entnahme ist ohne Bedeutung, ob der Nur-Betriebsgesellschafter, auf den stille Reserven des Besitzunternehmens übergegangen sind, nach der Kapitalerhöhung i.S. von § 17 EStG wesentlich beteiligt ist. Die Einkommensteuer ist subjektbezogen, jede natürliche Person ist individuell nach ihrer persönlichen Leistungsfähigkeit zu besteuern. Deshalb stellt sich die Frage, ob von der Erfassung einer Entnahme abgesehen werden kann, weil die spätere Gewinnrealisierung gewährleistet bleibt, nur dann, wenn die Besteuerung bei demselben Steuerpflichtigen erfolgen würde. Wird das Wirtschaftsgut hingegen auf einen anderen Rechtsträger übertragen, so kann auf die Besteuerung der Entnahme nicht verzichtet werden, weil die „übergesprungenen“ stillen Reserven nunmehr bei dem anderen Rechtsträger steuerverhaftet bleiben.“
Aus diesen Grundsätzen kann nicht geschlossen werden, dass die Werteverschiebung als solche eine Entnahme begründet, denn bei den, den vorgenannten Streitfällen zugrundeliegenden Kapitalerhöhungen, geht es nicht nur um einen Wertetransfer, vielmehr führt jede Kapitalerhöhung zu einer Abspaltung der durch den alten Geschäftsanteil verkörperten Substanz und damit zur Abspaltung eines Teils des Geschäftsanteils. Dieser Anteil an einem selbständigen Geschäftsanteil ist steuerrechtlich – wiederum als Geschäftsanteilein Wirtschaftsgut, unabhängig davon, ober er zivilrechtlich wirksam von dem jeweiligen Geschäftsanteil abgetrennt wurde. Mit der Substanz werden im Zuge der Kapitalerhöhung mithin nicht nur Werte verschoben, sondern darüber hinaus die am Vermögen, am Gewinn und an den stillen Reserven beteiligten Anteilsrechte vermehrt. Auch die Mitgliedschaftsrechte gehen anteilsgemäß über (BFH-Urteile vom 9. November 2010 IX R 24/09, BStBl II 2011, 799).
Demgegenüber erfolgte im Streitfall lediglich ein Wertetransfer. Zwischen der Klägerin und der GmbH bestand keine Betriebsaufspaltung. Bei der Klägerin fand keine Kapitalerhöhung statt, die zu einer Abspaltung eines Teils des „Geschäftsanteils“ geführt hätte. Es ist nicht zu einer anteiligen Entnahme des Wirtschaftsguts „Beteiligungen“ gekommen. Auch die Anteils- und Mitgliedschaftsrechte an der Klägerin blieben unverändert. Dem steht nicht entgegen, dass der Gewinn der AG infolge der Abspaltung des Teilbetriebs vermindert wurde und dies Auswirkungen auf künftige Gewinnausschüttungen der AG haben kann.
Eine Besteuerung der Wertverschiebung ist auch nicht im Hinblick auf den Grundsatz der Individualbesteuerung geboten. Das prinzipielle Gebot, stille Reserven nach dem Grundprinzip der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit beim Übergang auf andere Rechtssubjekte zu besteuern, wird durch das Markteinkommensprinzip und das Übermaßverbot durchbrochen, wenn die zukünftige Besteuerung der stillen Reserven gesichert ist (Montag in Tipke/Lang, Steuerrecht, § 14 Rz. 44). So lässt auch die in § 6 Abs. 3 EStG getroffene Regelung abweichend vom Grundsatz der Individualbesteuerung im Interesse der Erhaltung der wirtschaftlichen Einheit eine interpersonelle Übertragung stiller Reserven auf andere Steuerpflichtige zu (Schmidt/Heinicke EStG § 6 Rz. 645).
e) Entgegen der Auffassung des FA lässt sich ein Entnahmetatbestand aufgrund der wertgeminderten Beteiligung des Beigeladenen auch nicht aus den Ausführungen von Dötsch/Pung (Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, § 15 UmwStG Rz. 415) herleiten. Zwar führen Dötsch/Pung an, dass die spaltungsbedingte Wertverschiebung auf der Anteilseigner-Ebene eine Freigiebige Zuwendung sein kann, die Wertung als Schenkungsvorgang auch ertragsteuerlich greife und bei Zugehörigkeit zu einem Betriebsvermögen ein Entnahmetatbestand vorliege; eine Erläuterung, was Gegenstand der Entnahme sein soll, erfolgt jedoch nicht. Darüber hinaus knüpft die Kommentierung an die neue Rechtslage des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG an. Danach hätte der Vorgang nur dann eine schenkungssteuerliche Komponente, wenn er nach dem 14. Dezember 2011 vollzogen worden wäre.
2. In den Sonderbetriebseinnahmen des LF von € laut Feststellungsbescheid vom 9. Januar 2015 ist die die steuerliche Auswirkung aus dem Abspaltungsvorgang in Höhe von € wie folgt enthalten:
Prüfungsfeststellungen zur Sonderbilanz LF (Anlage 10 des Berichts):
„1.3 Entnahmen“:
Sonderbetriebseinnahme Abspaltungsvorgang … €
zuzüglich stille Reserven … €
abzüglich
„1.5 außerbilanzielle ZuUnd Abrechnungen“
b) disquotale Abspaltung – … €
stille Reserven – … €
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO und § 139 Abs. 4 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.

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