Aktenzeichen M 9 K 16.5977
BayVwZVG BayVwZVG Art. 37 Abs. 4 S. 2 Hs. 2
VwGO VwGO § 42 Abs. 1
RDGEG RDGEG § 3, § 5
Leitsatz
1 Sowohl Nutzungsuntersagung als auch Wiederbelegungsanordnung sind Dauerverwaltungsakte, bei denen grundsätzlich durch Zeitablauf für die vergangenen Zeitabschnitte – auch bei Nichtbefolgung – Erledigung eintritt. Dies gilt nicht, wenn die Verfügung noch Grundlage von Vollstreckungsmaßnahmen sein kann. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein Verwaltungsakt erledigt sich “auf andere Weise” dann, wenn eine geänderte Sach- und Rechtslage zur Beendigung seiner Rechtswirkung führt; die Steuerungsfunktion, die dem Gebot oder Verbot ursprünglich innewohnte, muss nachträglich weggefallen sein. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 2017 entschieden werden, obwohl der Kläger nicht – auch nachdem eine Viertelstunde zugewartet wurde (vgl. BayVGH, B.v. 21.3.2017 – 20 ZB 17.30303 – juris) und nach nochmaligem Aufruf der Sache – erschienen ist, da in der per Postzustellungsurkunde zugestellten Ladung zur mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen worden war, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann, § 102 Abs. 2 VwGO.
Der als Anfechtungsklage geführte Rechtsbehelf ist bereits unzulässig, da die Anfechtungsklage wegen Erledigung des angefochtenen Bescheids nicht mehr statthaft ist, § 42 Abs. 1 VwGO; dem Kläger fehlt diesbezüglich auch die Klagebefugnis und das Rechtsschutzbedürfnis. Vorliegend ist sowohl für die Vergangenheit (Ziff. 1) als auch für die Zukunft (Ziff. 2) Erledigung des streitgegenständlichen Bescheids eingetreten, Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG.
1. Sowohl die Nutzungsuntersagung (Ziff. 1 des Bescheids) als auch die Wiederbelegungsanordnung (Ziffer 2. des Bescheids) sind Dauerverwaltungsakte. Bei Dauerverwaltungsakten tritt Erledigung grundsätzlich durch Zeitablauf für die vergangenen Zeitabschnitte – auch: bei Nichtbefolgung – ein, nicht aber, wenn die Verfügung noch Grundlage von Vollstreckungsmaßnahmen sein kann (vgl. BVerwG, B.v. 5.1.2012 – 8 B 62/11 – juris; U.v. 20.6.2013 – 8 C 17/12 – juris). Demnach ist vorliegend Erledigung durch Zeitablauf eingetreten. Dies gilt auch für die Nutzungsuntersagung als Unterlassungspflicht (dazu z.B. VG München, B.v. 26.4.2016 – M 9 S. 16.1449 – Entscheidungsabdruck; nunmehr auch deutlich: BayVGH, B.v. 10.10.2017 – 12 C 17.1553 – Entscheidungsabdruck): Art. 37 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 VwZVG kommt wegen der Erklärung der Beklagten, die Zwangsgelder nicht mehr beizutreiben, und wegen der vorsorglich erteilten Zustimmung zu einer etwaigen Erledigterklärung des Klägers nach Art. 37 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 VwZVG nicht zur Anwendung.
2. Für die Zukunft hat sich der Bescheid vollumfänglich erledigt, weil der Kläger keinen Zugriff mehr auf die WE hat. Diese fehlende Nutzungsmöglichkeit wird bis mindestens 2021 andauern (vgl. den am 10. Mai 2017 abgeschlossenen langfristigen Mietvertrag, Bl. 106 d. BA). Diese Konstellation ist in die Fallgruppe „Wirksamkeitsverlust auf andere Weise“ einzuordnen, Art. 43 Abs. 2 Var. 5 BayVwVfG: Danach erledigt sich der Verwaltungsakt v.a. dann, wenn eine geänderte Sach- und Rechtslage zur Beendigung seiner Rechtswirkung führt; die Steuerungsfunktion, die dem Gebot oder Verbot ursprünglich innewohnte, muss nachträglich weggefallen sein (vgl. BayVGH, B.v. 24.4.2017 – 12 ZB 13.2094 – juris; BVerwG, U.v. 25.9.2008 – 7 C 5.08 – juris). Vorliegend wurde dem Kläger aufgegeben, die WE, die sich zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses in seinem Besitz befand, nicht mehr zweckfremd zu nutzen und wieder dem Wohnungsmarkt zuzuführen; diese Anordnungen haben sich mit der einvernehmlichen Aufhebung des Hauptmietvertrags und dem damit einhergehenden Wegfall des Untermietvertrags erledigt. Die Klage kann ersichtlich nicht mit dem Argument fortgeführt werden, dass der Kläger deshalb noch beschwert und die Anordnung noch nicht erledigt sei, weil er die WE, auf die er langfristig keinerlei Zugriffsmöglichkeit mehr hat, zu irgendeinem Zeitpunkt nach 2021 wieder anmieten könnte, um sie dann eventuell wieder zweckfremd zu nutzen. Der Kläger befindet sich diesbezüglich in keiner anderen herausgehobenen Stellung bzw. Situation als jeder andere Bürger.
Nur ergänzend und ohne dass es tragend darauf ankommt, wird darauf hingewiesen, dass für eine Umstellung der Klage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ersichtlich ist (vgl. dazu bspw. VG München, U.v. 15.2.2017 – M 9 K 15.5262 – juris). Der Bescheid war bis zu seiner Erledigung im Übrigen formell und materiell rechtmäßig, sodass eine Fortsetzungsfeststellungsklage jedenfalls unbegründet wäre.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708f. ZPO.