Steuerrecht

Festsetzung Schenkungsteuer – Zu berücksichtigender Abzugsbetrag

Aktenzeichen  4 K 500/17

Datum:
15.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
UVR – 2020, 9
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
ErbStG § 13a Abs. 2, § 13b Abs. 4, § 32a Abs. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

1.) Die fristgemäß erhobene und auch im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet.
a) Gemäß § 13a Abs. 2 ErbStG bleibt der nicht unter § 13b Abs. 4 ErbStG fallende Teil des Vermögens im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG vorbehaltlich des Satzes 3 außer Ansatz, soweit der Wert dieses Vermögens insgesamt 150.000 Euro nicht übersteigt (Abzugsbetrag). Der Abzugsbetrag von 150.000 Euro verringert sich jedoch, wenn der Wert dieses Vermögens insgesamt die Wertgrenze von 150.000 Euro übersteigt, um 50 Prozent des diese Wertgrenze übersteigenden Betrags. Der Abzugsbetrag kann innerhalb von zehn Jahren für von derselben Person anfallende Erwerbe nur einmal berücksichtigt werden.
Der Abzugsbetrag ist erstmals im Rahmen des Erbschaftsteuerreformgesetzes 2009 eingeführt worden (BGBl I 2008, 3018; BStBl I 2009, 140). Zweck der Regelung besteht nach der Gesetzesbegründung darin, den Finanzbehörden eine Wertermittlung und aufwändige Überwachung von Klein- und Kleinstfällen (z. B. Kleinhandel, kleinere Handwerker oder auch Betriebe der Land- und Forstwirtschaft) unterhalb des Grenzwerts zu ersparen (vgl. BT-Drucksache 16/7918, Seiten 33/34). Darüber hinaus wollte der Gesetzgeber durch den „gleitenden Abzugsbetrag“ gezielt nur kleine Betriebe steuerlich fördern (vgl. BT-Drucksache 18/5923, Seite 21). Schließlich wollte der Gesetzgeber durch die Regelung in § 13a Abs. 2 Satz 3 ErbStG verhindern, dass im Wege der Aufspaltung einer größeren Zuwendung in mehrere Zuwendungen ein nicht gerechtfertigter Steuervorteil entsteht (vgl. BT-Drucksache 16/7918, Seite 34).
Ob der Steuerpflichtige einen Anspruch darauf hat, dass sich bei mehreren Erwerbern von derselben Person, die innerhalb von 10 Jahren erfolgen, der Abzugsbetrag bei einem der Erwerbe bei der Steuerfestsetzung auswirken muss, ist nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt.
b) Bei Übertragung dieser Rechtsgrundsätze auf den Streitfall ist der Senat der Ansicht, dass der klagegegenständliche Bescheid rechtmäßig ist, weil der Beklagte den Abzugsbetrag gemäß § 13a Abs. 2 ErbStG bei der Steuerfestsetzung zu Recht nicht berücksichtigt hat.
Der Berücksichtigung des Abzugsbetrages steht der Sinn und Zweck der Regelung des § 13a Abs. 2 Satz 3 ErbStG entgegen.
Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass sich der Abzugsbetrag bei der Festsetzung der Schenkungsteuer aus der zum 31. Dezember 2012 vorgenommenen Zuwendung nicht steuermindernd ausgewirkt hatte, da er – zwischen den Beteiligten unstreitig – gemäß § 13a Abs. 2 Satz 2 ErbStG auf 0 € abgeschmolzen war. Die daraus gezogene Schlussfolgerung, wonach in einem solchen Fall der Abzugsbetrag noch nicht im Sinne des § 13a Abs. 2 Satz 3 ErbStG berücksichtigt worden ist, teilt der Senat jedoch nicht.
Bei dem Abzugsbetrag handelt es sich um keinen festen Freibetrag, wie z.B. den Grundfreibetrag (§ 32a Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG -). Vielmehr wird der Abzugsbetrag stets für jeden Steuerfall individuell festgelegt und bewegt sich in dem Bereich von 0 € bis 150.000 €. Dieser gleitende Abzugsbetrag wird kraft Gesetzes gewährt (vgl. Geck in: Kapp/Ebeling, ErbStG, § 13a, Rn. 27; Wachter in: Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG, 6. Auflage, 2017, § 13a, Rn. 225; Meinke/Hannes/Holtz, ErbStG, 17. Auflage, 2018, § 13a, Rn. 30) und – bei Zuwendungen von derselben Person – innerhalb von 10 Jahren nur einmal berücksichtigt. Mangels Antragsgebundenheit kann der Steuerpflichtige seine Berücksichtigung weder ausschließen noch aufschieben, was die Absicht des Gesetzgebers belegt, wonach der Steuerpflichtige über den Abzugsbetrag während des 10-Jahres-Zeitraums nicht frei verfügen sollte. Soweit Geck einen Verzicht auf den Abzugsbetrag zugunsten späterer Erwerbe für zulässig hält (vgl. Geck in: Kapp/Ebeling, ErbStG, § 13a, Rn. 28), folgt dem der Senat nicht, weil es für einen solchen Verzicht keine gesetzliche Grundlage gibt. Zudem wollte der Gesetzgeber die Möglichkeit, den Abzugsbetrag durch Aufteilung in mehrere Erwerbe zu maximieren, ausschließen, was er durch das Tatbestandsmerkmal „nur einmal“ zum Ausdruck gebracht hat (vgl. BT-Drucksache 16/7918, Seite 34). Eine Zusammenfassung von mehreren Erwerben innerhalb des 10-Jahres-Zeitraums sieht § 13a Abs. 2 ErbStG nicht vor. Dies steht nach Ansicht des Senats der von Esskandari, Stalleiken und wohl auch Jülicher vorgenommenen Auslegung des § 13a Abs. 2 ErbStG, wonach jedem Steuerpflichtigen stets der maximale Abzugsbetrag von 150.000 € in der Weise zur Verfügung stehen soll, dass er diesen Maximalbetrag auch durch mehrere Erwerbe innerhalb des 10-Jahres-Zeitraums quasi auffüllen können soll, entgegen (vgl. Esskandari in: Gürsching/Stenger, BewG/ErbStG, § 13a ErbStG, Rn. 59; Stalleiken in: von Oertzen/Loose, ErbStG, § 13a, Rn. 42; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13a, Rn. 51). Der Gesetzgeber wollte mit der Regelung den Verwaltungsaufwand beschränken und gezielt ausschließlich kleine Betriebe steuerlich fördern, weshalb er sich bewusst anstatt eines festen Freibetrages für einen gleitenden Abzugsbetrag entschieden hat, dessen Maximalhöhe (150.000 €) bei einem begünstigten Vermögen von 1 Mio. € erreicht und der bei einem begünstigten Vermögen von 3 Mio. € und darüber auf 0 € reduziert wird. Dadurch grenzt der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des § 13a Abs. 2 ErbStG unter Berücksichtigung der steigenden Leistungsfähigkeit des Erwerbers bewusst ein. Die notwendige Konsequenz daraus ist, dass das Gesetz auch einen Abzugsbetrag von 0 € vorsieht (vgl. BT-Drucksache 16/7918, Seite 34). Letzterer ist daher nach Ansicht des Senats bei der Festlegung der 10-Jahres-Frist auch dann gemäß § 13a Abs. 2 Satz 3 ErbStG zu berücksichtigen, wenn er sich – wie im Streitfall – bei der Festsetzung der Schenkungsteuer nicht ausgewirkt hat. Insoweit stimmt der Senat der Auffassung der Verwaltung, der sich auch Teile der Literatur angeschlossen haben, zu (vgl. R E 13a.2 Absatz 2 ErbStR 2011; AEErbSt 2017 Abschnitt 13a.3 Absatz 2 Satz 3; Wachter in: Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG, 6. Auflage, 2017, § 13a, Rn. 223; Halaczinsky in: Halaczinsky/Wochner, Schenken, Erben, Steuern, 11. Aufl. 2017, Punkt C., VI, 16, b, bb), Rn. 464; Söffing in: Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, 1. Aufl. 2000, 98. Lieferung, § 13a ErbStG, Rn. 62). Soweit Meincke und Geck die Auffassung vertreten, wonach der Abzugsbetrag nur dann als berücksichtigt i.S. von § 13a Abs. 2 Satz 3 ErbStG gilt, wenn er größer als 0 € gewesen ist (Meincke, ErbStG, 16. Auflage, 2012, § 13a, Rn. 14 bzw. Meincke, ErbStG, 17. Auflage, 2018, § 13a, Rn. 32; Geck in: Kapp/Ebeling, ErbStG, § 13a, Rn. 28), ist diese Auslegung nach Ansicht des Senats mit dem Wortlaut und der Intention des Gesetzes nicht vereinbar.
Soweit der Kläger den Streitfall mit dem Fall, in dem der Abzugsbetrag wegen Verstoßes gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 5 ErbStG wegfällt, gleichsetzt, verkennt er, dass diese Konstellationen nicht vergleichbar sind. Im Fall des § 13a Abs. 5 ErbStG besteht die ausdrückliche gesetzliche Rechtsfolge darin, dass der Abzugsbetrag mit Wirkung für die Vergangenheit wegfällt. Das Resultat dieser gesetzlichen Fiktion ist, dass der Erwerb so behandelt wird, als ob er nie im Anwendungsbereich des § 13a Abs. 2 ErbStG gewesen wäre. Im Streitfall ist jedoch bei der Zuwendung aus dem Jahr 2012 gerade ein Abzugsbetrag berücksichtigt worden; dieser hat jedoch nach der Subsumtion unter den Tatbestand des § 13a Abs. 2 ErbStG 0 € betragen und hat sich nur deswegen nicht steuermindernd ausgewirkt.
Die Änderung der Steuerfestsetzung gemäß § 13a Abs. 5 ErbStG ist auch nicht mit einer Änderung der Steuerfestsetzung infolge einer Außenprüfung vergleichbar. Im letzten Fall wird aufgrund der Feststellungen der Außenprüfung der ursprüngliche (fehlerhafte) Bescheid durch einen Änderungsbescheid ersetzt. Ursache der Änderung ist nicht das (steuerschädliche) Verhalten des Steuerpflichtigen im Anschluss an den Erlass des Erstbescheides, sondern die nachträgliche Feststellung eines Fehlers bei der Erstfestsetzung. Soweit ein solcher Änderungsbescheid einen Abzugsbetrag von 0 € vorsieht, ist dieser i.S. des § 13a Abs. 2 Satz 3 ErbStG berücksichtigt worden.
c) Weitere Einwendungen gegen den klagegegenständlichen Bescheid hat der Kläger nicht erhoben und sind nach Aktenlage auch nicht ersichtlich.
2.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
3.) Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO unter dem Gesichtspunkt der Rechtsfortbildung zugelassen.
Zu der Rechtsfrage, ob auch ein gemäß § 13a Abs. 2 Satz 2 ErbStG auf 0 € abgeschmolzener Abzugsbetrag als „berücksichtigt“ i.S. des § 13a Abs. 2 Satz 3 ErbStG gilt, existiert nach Recherche des Senats keine veröffentlichte finanzgerichtliche Entscheidung. In der Literatur bestehen unterschiedliche Auffassungen zu dieser Rechtsfrage.
4.) Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

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