Steuerrecht

Festsetzung von Erstattungszinsen zur Einkommensteuer

Aktenzeichen  4 K 1510/15

Datum:
6.6.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 119376
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
EStG § 36 Abs. 3 S. 3

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet; die von den Klägern am 02.01.2015 geleistete Zahlung von 20.000 € ist nicht zu verzinsen.
1. Führt die Festsetzung der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- oder Gewerbesteuer zu einem Unterschiedsbetrag im Sinne des Absatzes 3, ist dieser gemäß § 233a Abs. 1 S. 1 Abgabenordnung (AO) zu verzinsen.
Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist (§ 233a Abs. 2 S. 1 AO). Er endet mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird (§ 233a Abs. 2 S. 3 AO).
Maßgebend für die Zinsberechnung ist die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen (Unterschiedsbetrag, § 233a Abs. 3 S. 1 AO). Ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen ist nur bis zur Höhe des zu erstattenden Betrags zu verzinsen; die Verzinsung beginnt frühestens mit dem Tag der Zahlung (§ 233a Abs. 3 S. 3 AO).
Das Finanzamt hat hinsichtlich der Zinsfestsetzung kein Ermessen; dies ergibt sich aus dem Wortlaut von § 233a Abs. 1 S. 1 AO, wonach der Unterschiedsbetrag zu verzinsen „ist“.
Die Zinsen betragen für jeden Monat einhalb Prozent (§ 238 Abs. 1 S. 1 AO). Sie sind von dem Tag an, an dem der Zinslauf beginnt, nur für volle Monate zu zahlen; angefangene Monate bleiben außer Ansatz (§ 238 Abs. 1 S. 2 AO). Für ihre Berechnung wird der zu verzinsende Betrag jeder Steuerart auf den nächsten durch fünfzig teilbaren Betrag abgerundet (§ 238 Abs. 2 AO).
2. Das Finanzamt kann nach § 36 Abs. 3 S. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) bis zum Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden 15. Kalendermonats die Vorauszahlungen an die Einkommensteuer anpassen, die sich für den Veranlagungszeitraum voraussichtlich ergeben wird.
3. Im Streitfall ergibt sich bei Anwendung dieser Grundsätze folgendes:
Das Finanzamt hat richtigerweise den Unterschiedsbetrag von 7.830 € (44.083 € ./. 855 € ./. 51.058 €) verzinst. Diese Festsetzung der Erstattungszinsen entspricht der gesetzlichen Regelung des § 233a AO.
Die am 02.01.2015 geleistete freiwillige Zahlung hat es zu Recht außer Betracht gelassen.
a) Der Zinslauf beginnt nach § 233a Abs. 2 S. 1 AO für die Einkommensteuerfestsetzung 2012 am 01.04.2014, 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Die Einkommensteuer 2012 entsteht nach §§ 36 Abs. 1, 25 EStG mit Ablauf des Veranlagungszeitraums 2012 am 31.12.2012.
b) Der zu verzinsende Unterschiedsbetrag ist nach § 233a Abs. 3 S. 1 AO die festgesetzte Steuer von 44.083 €, vermindert um die anzurechnende Lohnsteuer von 855 € und um die bis zum Beginn des Zinslaufs (01.04.2014) festgesetzten Vorauszahlungen von 51.058 €, somit der Betrag von 7.830 € Mit Einkommensteuervorauszahlungsbescheid vom 12.03.2013 wurden Einkommensteuervorauszahlungen für 2012 von 51.058 € festgesetzt. Eine Anpassung der Einkommensteuervorauszahlungen 2012 nach diesem Bescheid erfolgte nicht.
c) In der Zahlung der 20.000 € am 02.01.2015 ist keine Anpassung der Vorauszahlung zu sehen, die sich auf die Berechnung des Unterschiedsbetrags auswirkt.
Selbst wenn die Zahlung als Antrag auf Anpassung der Vorauszahlungen gesehen werden kann, ist eine Anpassung seitens des Finanzamts nicht erfolgt. Diese wäre nach § 36 Abs. 3 S. 3 EStG im Zeitpunkt der Zahlung auch nicht mehr möglich, da eine Anpassung (nur) zeitlich begrenzt bis zum Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden 15. Kalendermonats erfolgen kann, also nur bis zum 31.03.2014.
Hierzu passend wirken sich nur die bis zum Beginn des Zinslaufs (01.04.2014) festgesetzten Vorauszahlungen auf den Unterschiedsbetrag aus.
d) Nr. 17 Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) zu § 233a (Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 02.01.2008, BStBl I 2008, 26, zuletzt geändert durch Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 26.01.2016, BStBl I 2016, 155), der den Fall einer freiwilligen Zahlung nach Ablauf der Karenzzeit (Zeitraum vor Beginn des Zinslaufs, vgl. hierzu Nr. 6 AEAO zu § 233a) betrifft, gibt dem Finanzamt unverzügliches Handeln auf. So soll bei Vorliegen einer Steuererklärung unverzüglich eine Steuerfestsetzung erfolgen. Diese Steuerfestsetzung kann zur Beschleunigung auch durch eine personelle Festsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung erfolgen. Die Steuerfestsetzung kann auf die bisher festgesetzten Vorauszahlungen zuzüglich der freiwillig geleisteten Zahlungen beschränkt werden; auf die Angabe der Besteuerungsgrundlagen kann dabei verzichtet werden.
Nr. 25 AEAO zu § 233a betrifft die Verzinsung eines zu erstattenden Betrags. Auch hier wird ausgeführt, freiwillig geleistete Zahlungen sollten zum Anlass genommen werden, die Jahressteuer unverzüglich festzusetzen (vgl. Nr. 17).
Das beklagte Finanzamt hat diesen Verwaltungsmaßgaben klar zuwider gehandelt, indem es entgegen Nr. 17 AEAO zu § 233a keine unverzügliche Steuerfestsetzung vorgenommen hat.
Allerdings wirkt sich dieses Verwaltungshandeln nicht auf die Berechnung der Zinsen nach § 233a AO aus.
e) Die durch das Finanzamt vorgenommene Festsetzung der Zinsen von 468 € lässt keinen Berechnungsfehler erkennen.
Das Finanzamt hat den zu verzinsenden Unterschiedsbetrag von 7.830 € auf den nächsten durch 50 € teilbaren Betrag auf 7.800 € abgerundet (§ 238 Abs. 2 AO).
Der Zinslauf umfasst den Zeitraum vom Beginn des Zinslaufes am 01.04.2014 (§ 233a Abs. 2 S. 1 AO) bis zum Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird (§ 233a Abs. 2 S. 3 AO). Dies ist der Tag der Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids 2012 vom 15.04.2015 am 20.04.2015 (§§ 122 Abs. 2 Nr. 1, 108 Abs. 3 AO, vgl. BFH-Urteil vom 14.10.2003 IX R 68/98, BStBl II 2003, 898). Damit fallen für 12 volle Monate Zinsen an (§ 238 Abs. 1 S. 2 AO). Die Zinsen betragen für jeden Monat einhalb Prozent (§ 238 Abs. 1 S. 1 AO).
3. Der Umstand, dass das Finanzamt nach Eingang der freiwilligen Zahlung nicht unverzüglich eine Steuerfestsetzung durchgeführt und damit den Vorgaben der Nr. 17 AEAO zu § 233a zuwider gehandelt hat, vermag keinen Anspruch auf Verzinsung im Rahmen des § 233a AO über den Unterschiedsbetrag von 7.830 € hinaus zu begründen.
Eine etwa auf Festsetzung höherer Zinsen im Billigkeitswege gerichtete Klage wäre schon mangels Durchführung eines behördlichen Vorverfahrens unzulässig.
4. Revision
Die Revision ist nicht zuzulassen. Das Urteil beruht auf der Anwendung des Wortlauts des § 233a AO. Das Bedürfnis einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO)) ist angesichts der Eindeutigkeit des Wortlauts nicht ersichtlich. Ebenso wenig liegt ein Grund vor, die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder 3 FGO zuzulassen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 FGO.

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