Aktenzeichen 1 K 513/18
Leitsatz
1. Der Senat ist der Auffassung, dass auch hinsichtlich Vermögensmassen eine gesonderte Feststellung des Einlagekontos vorzunehmen ist und insbesondere der Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG, der die sinngemäße Geltung nur für Körperschaften und Personenvereinigungen anordnet, nicht entgegensteht. Es handelt sich hierbei um ein gesetzgeberisches Versehen. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Klägerin als Verbrauchsstiftung verfügt nicht über ein dem Nennkapital einer Kapitalgesellschaft vergleichbares Vermögen. (Rn. 48) (redaktioneller Leitsatz)
3. Zugänge zum steuerlichen Einlagekonto sind erst in dem Zeitpunkt zu erfassen, in dem der Vermögensvorteil der Einlage der Kapitalgesellschaft tatsächlich zufließt, nicht schon bei Begründung der Einlageforderung gegen den Gesellschafter (vgl. FG Hamburg Urt. v. 01.02.2021 – 6 K 182/19, BeckRS 2021, 6896 Rn. 40 m.w.Nachw.; Frotscher, in: Frotscher/Maas, § 27 KStG Rn. 16). (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Das steuerliche Einlagekonto gemäß § 27 Abs. 2 KStG wird zum 31.12.2015 mit 6.360 € festgestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Die Klage ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet.
1. Die Änderung eines Verwaltungsaktes nach § 40 Abs. 1 FGO kann begehrt werden. Im Erläuterungstext des Körperschaftsteuerbescheids vom 30.06.2017 ist ein ablehnender Verwaltungsakt zu sehen, gegen den der Rechtsbehelf des Einspruchs nach § 347 Abs. 1 Satz 1 AO statthaft ist.
Ein Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist (§ 118 Satz 1 AO). Ein solcher Veraltungsakt kann nach § 119 Abs. 2 Satz 1 schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden.
Im Streitfall hat das Finanzamt die beantragte gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG im Erläuterungstext ausdrücklich abgelehnt. Sie hat damit schriftlich einen Verwaltungsakt i. S. d. § 118 Satz 1 AO erlassen.
Die Klägerin hat sich mit ihrem fristgerechten Einspruch gegen den Bescheid 2015 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag gewandt. Mit der Begründung vom 28.11.2017 hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin explizit die Ablehnung der gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos angegriffen. Die Einspruchsentscheidung hat sich ausschließlich mit diesem Verwaltungsakt und nicht mit der Festsetzung der Körperschaftsteuer als solcher befasst.
2. Die Klage ist nur insoweit erfolgreich, als der Stiftung tatsächlich Vermögen zugewendet wurde.
Ein steuerliches Einlagekonto gem. § 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 7 KStG ist auch für diese Stiftung festzustellen. Die Ablehnung der Feststellung im Rahmen des Körperschaftsteuerbescheids 2015 ist damit rechtswidrig. Das Stiftungskapital der Klägerin als Verbrauchsstiftung ist nicht mit dem Nennkapital einer Kapitalgesellschaft, sondern ist in entsprechender Anwendung des § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG mit einer Einlage vergleichbar. Das steuerliche Einlagekonto ist jedoch nur mit 6.360,34 € festzustellen, da nur in dieser Höhe der Verbrauchsstock vom Stifter auf die Klägerin übertragen wurde.
2.1. Für die Klägerin ist der Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2015 festzustellen.
Die für unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften geltende Regelung des § 27 Abs. 1 KStG ist dabei nicht unmittelbar anwendbar. Die Klägerin ist eine rechtsfähige Stiftung des privaten Rechts und zählt demzufolge zu den sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG. Die Führung und gesonderte Feststellung eines steuerlichen Einlagekontos kommt für sie nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 27 Abs. 7 KStG in Betracht, wonach die Regelungen des § 27 Abs. 1 bis 6 KStG sinngemäß für andere unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften und Personenvereinigungen gelten, die Leistungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 9 oder Nr. 10 EStG gewähren können.
2.1.1. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG haben unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen am Schluss jedes Wirtschaftsjahrs auf einem besonderen Konto (steuerliches Einlagekonto) auszuweisen. Der ermittelte Bestand des steuerlichen Einlagekontos ist nach § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG unter Berücksichtigung der Zu- und Abgänge des Wirtschaftsjahrs gesondert festzustellen. Für andere unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften und Personenvereinigungen, die Leistungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 9 oder Nr. 10 EStG erbringen können, gelten § 27 Abs. 1 bis 6 KStG nach § 27 Abs. 7 KStG sinngemäß.
2.1.2. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zählen zu den Leistungen u.a. Dividenden, sonstige Bezüge aus Aktien, sowie Gewinnanteile aus Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung und an Erwerbs- oder Wirtschaftsgenossenschaften. § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 EStG umfasst Einnahmen aus Leistungen einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 KStG, die Gewinnausschüttungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG wirtschaftlich vergleichbar sind, soweit sie nicht bereits zu den Einnahmen i. S. d. Nr. 1 gehören. Hierbei gelten § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, 3 und Nr. 2 EStG entsprechend.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sind Leistungen einer Stiftung mit Gewinnausschüttungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG vergleichbar und führen zu Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG, wenn der Leistungsempfänger unmittelbar oder mittelbar auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung Einfluss nehmen kann. Insoweit spielt es keine Rolle, ob die Leistungsempfänger am Vermögen beteiligt sind. Dies folgt schon daraus, dass § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG ausdrücklich Leistungen von „Vermögensmassen“ aufführt, demnach auch Stiftungen erfasst werden, obwohl bei diesen eine Beteiligung der Leistungsempfänger am Vermögen nicht möglich ist und auch Mitgliedschaftsrechte nicht bestehen. Es ist daher unbeachtlich, ob die Destinatäre rechtlich die Stellung eines Anteilseigners innehaben. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob ihre Stellung wirtschaftlich derjenigen eines Anteilseigners entspricht (vgl. BFH-Urteile vom 03.11.2010 I R 98/09, BStBl II 2011, 417 und vom 28.02.2018 VIII R 30/15, BFH/NV 2018, 857). Dies ist im Einzelfall insbesondere anhand der Ausgestaltung der Stiftungssatzung zu beurteilen.
2.1.3. Für die Klägerin als rechtsfähige Stiftung, die Leistungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG gewähren kann, ist gemäß § 27 Abs. 7 i.V.m. Abs. 1 KStG ein steuerliches Einlagekonto zu führen und dessen Bestand nach § 27 Abs. 2 KStG gesondert festzustellen.
Der erkennende Senat schließt sich der Auffassung des Finanzgerichts Münster in seinem Urteil vom 16.01.2019 9 K 1107/17 F an, wonach der Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG, der die sinngemäße Geltung nur für Körperschaften und Personenvereinigungen, jedoch nicht ausdrücklich für Vermögensmassen anordnet, der vorgenannten rechtlichen Beurteilung nicht entgegensteht. Es handelt sich hierbei um ein gesetzgeberisches Versehen, das im Wege einer teleologischen Extension zu schließen ist. Dem Gesetzesentwurf (vgl. BT-Drucksache 14/6882, 38) lassen sich keine eindeutigen Anhaltspunkte entnehmen, dass der Gesetzgeber mit seiner Formulierung „andere Körperschaften“ bewusst Vermögensmassen vom Anwendungsbereich das § 27 Abs. 7 KStG ausschließen wollte. Diese Ansicht hatte auch die Oberfinanzdirektion Niedersachsen in ihrer Verfügung vom 10.12.2003 (S. 2836 – 1 – StO 214 S. 2836 – 1 – StH 233; DB 2004, 282; außer Kraft seit 16.12.2018) vertreten, wonach sonstige juristische Personen des privaten Rechts nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG in den Anwendungsbereich des § 27 Abs. 7 KStG mit einbezogen werden sollten.
Die Klägerin ist eine rechtsfähige Stiftung mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland und somit nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig und nicht von der Körperschaftsteuer befreit. Außerdem erbringt sie Leistungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG, weil mögliche Zahlungen an die Destinatäre mit Gewinnausschüttungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG wirtschaftlich vergleichbar sind.
Der Stiftungszweck der Klägerin liegt gemäß der Stiftungssatzung in der Förderung einer angemessenen Ausbildung der Enkelkinder der leiblichen Töchter des Stifters Sabine und Susanne. Die Destinatäre, also die Enkelkinder, sind zwar nicht unmittelbar am Vermögen der Klägerin beteiligt, jedoch sind sie ausschließliche Nutznießer des Stiftungsvermögens und der Erträge hieraus. Jeder Berechtigte hat zur Ausbildungsunterstützung einen indexierten monatlichen Anspruch von 1.000 € für eine maximale Gesamtdauer von 120 Monaten. Die Auszahlungsbedingungen und die entsprechende Quote ist damit von vornherein weitgehend festgelegt (vgl. § 3 der Stiftungssatzung vom xx.xx.2015). Ähnlich einem Gesellschafter, der die Früchte aus dem hingegebenen Kapital erhält, sind die Destinatäre Begünstigte der Früchte aus dem hingegebenen Stiftungskapital bzw. aus dem Verbrauchsstock. Bei Auflösung der Stiftung fällt das nach der Abwicklung verbleibende Vermögen an die beiden Töchter des Stifters oder ersatzweise an die Destinatäre zurück (vgl. § 10 Nr. 2 der Stiftungssatzung).
Nachdem der Stifter als erster Stiftungsvorstand über die Mittelvergabe entscheidet, verfügen die anspruchsberechtigten Familienmitglieder zumindest zu Lebzeiten des Stifters über einen ausreichenden Einfluss auf die Verwendung der Erträge der Stiftung und des Verbrauchsstocks. Zu Lebzeiten des Stifters A und damit auch im Streitjahr, hat dieser faktisch das Alleinbestimmungsrecht über das Vermögen der Stiftung, so dass ausreichende Einflussmöglichkeiten der Destinatäre auf die Entscheidungsfindung der Klägerin gegeben sind.
2.2. Bei der Klägerin handelt es sich um eine sog. Verbrauchsstiftung. Diese verfügt nicht über ein dem Nennkapital einer Kapitalgesellschaft vergleichbares Vermögen.
2.2.1. Die Klägerin ist eine Verbrauchsstiftung.
Nach der gesetzlichen Definition in § 80 Abs. 2 Satz 2 BGB ist eine Verbrauchsstiftung eine Stiftung, die für eine bestimmte Zeit errichtet und deren Vermögen für die Zweckverfolgung verbraucht werden soll.
Die Klägerin verwendet unter Punkt III. des Stiftungsgeschäfts vom xx.xx.2015 zwar den Begriff „Grundstockvermögen“, was für eine dauerhaft errichtete Stiftung spricht, allerdings kommt der Charakter als Verbrauchsstiftung mit einem ausdrücklichen Verweis auf § 80 Abs. 2 Satz 2 BGB in § 4 Nr. 2 der Stiftungssatzung vom xx.xx.2015 deutlich zum Ausdruck. Darin heißt es: „Zur Erfüllung der Stiftungszwecke kann das Vermögen der Stiftung sukzessive verbraucht werden, soweit gesichert ist, dass die Stiftung für einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren ab Erlangung der Rechtsfähigkeit Bestand hat, § 80 Abs. 2 S. 2 BGB.“ Der Begriff „Grundstockvermögen“ in § 4 Nr. 1 der Stiftungssatzung ist daher nach Ansicht des erkennenden Gerichts nicht in seinem üblichen Wortsinn zu verstehen.
Die Entscheidungen der Finanzgerichte Münster (Urteil vom 16.01.2019 9 K 1107/17F) und Rheinland-Pfalz (Urteil vom 31.07.2019 1 K 1505/15) betreffen dauerhaft errichtete rechtsfähige Stiftungen, deren Grundstockvermögen vergleichbar dem Nennkapital einer Kapitalgesellschaft zu qualifizieren ist. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG wird das Nennkapital nicht im steuerlichen Einlagekonto erfasst, weshalb die Finanzgerichte in ihren Entscheidungen den Einlagencharakter des Grundstockvermögens und eine Feststellung des Betrages ablehnten.
Anders ist dies im Streitfall gelagert. Die Klägerin ist eine Verbrauchsstiftung, die über kein Grundstockvermögen verfügt, sondern einen Verbrauchsstock vorweist. Ausweislich des Stiftungsgeschäfts vom xx.xx.2015 ist die Klägerin mit einem Verbrauchsstock von ca. 796.600 € ausgestattet. Das Vermögen verteilt sich dabei auf Bankkonten, Sparbücher und Wertpapierdepots. Der Stifter verpflichtet sich, nach Anerkennung der Stiftung, das Grundstockvermögen in die Stiftung einzubringen (vgl. III. des Stiftungsgeschäfts vom xx.xx.2015).
2.2.2. Der Verbrauchsstock, also das Stiftungsvermögen einer Verbrauchsstiftung, ist anders als das Grundstockvermögen einer auf Dauer errichteten rechtsfähigen Stiftung nicht wie Nennkapital einer Kapitalgesellschaft zu behandeln.
Der Begriff des Nennkapitals ist gesetzlich nicht definiert, aber sowohl im Handelsgesetzbuch (§ 271 Abs. 1 HGB) als auch im Aktiengesetz (§ 16 Abs. 2 AktG) und im Körperschaftsteuergesetz (§§ 27 ff. KStG) verwendet. Eine Stiftung verfügt zwar im üblichen Sinne nicht über Nennkapital, denn grundsätzlich weisen allein Kapitalgesellschaften, die unmittelbar in den Geltungsbereich des § 27 Abs. 1 KStG fallen, ein solches auf. Es handelt sich beim Nennkapital um einen festen Betrag, der in der Satzung der jeweiligen Kapitalgesellschaft festgelegt wird und der die Anteile der Gesellschafter an der Kapitalgesellschaft verkörpert. Sowohl das GmbHG als auch das AktG regeln, dass das Nennkapital grundsätzlich nicht an die Gesellschafter bzw. Aktionäre ausgezahlt werden darf. Das Nennkapital haftet für Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft gegenüber den Gläubigern und kann nur durch Kapitalerhöhung oder Kapitalherabsetzung verändert werden.
Ausgehend von dieser Definition verfügt die Klägerin nicht über Vermögen, das mit dem Nennkapital einer Kapitalgesellschaft vergleichbar ist. Nach § 81 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BGB muss die Stiftungssatzung Regelungen über das Vermögen der Stiftung enthalten, jedoch bedarf es hierfür keiner Festlegung eines bezifferten Nennkapitals. Der Stifter A ist jedoch nach § 82 BGB und nach III. des Stiftungsgeschäfts verpflichtet, das im Stiftungsgeschäft vom xx.xx.2015 zugesagte Vermögen von ca. 796.600 € auf die Klägerin zu übertragen, sobald diese als rechtsfähige Stiftung durch die Aufsichtsbehörde anerkannt wird. Bei einer rechtsfähigen Stiftung handelt es sich um eine rechtlich verselbständigte Vermögensmasse, an der keine betragsmäßig festzulegenden gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen bestehen können. Jedoch ist bei einer auf Dauer errichteten rechtsfähigen Stiftung das Grundstockvermögen anders als bei der im Streitfall vorliegenden Verbrauchsstiftung (ungeschmälert) zu erhalten. Die Klägerin als Verbrauchsstiftung verfügt daher nicht über ein dem Nennkapital einer Kapitalgesellschaft vergleichbares Vermögen.
2.3. Das steuerliche Einlagekonto zum 31.12.2015 ist mit 6.360 € festzustellen.
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG hat die unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen am Schluss jedes Wirtschaftsjahrs auf einem besonderen Konto auszuweisen. Dieses steuerliche Einlagekonto ist ausgehend vom Bestand am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs um die jeweiligen Zu- und Abgänge des Wirtschaftsjahrs fortzuschreiben (§ 27 Abs. 1 Satz 2 KStG). Der so ermittelte Bestand des steuerlichen Einlagekontos wird gesondert festgestellt (§ 27 Abs. 2 Satz 1 KStG). Diese vorstehenden Absätze gelten sinngemäß für andere unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften und Personenvereinigungen, die Leistungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 9 oder Nr. 10 EStG gewähren können (§ 27 Abs. 7 KStG).
Als Zugänge zum steuerlichen Einlagekonto sind die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen zu erfassen. Danach liegt eine Einlage vor, wenn ein Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person der Kapitalgesellschaft einen einlagefähigen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist (vgl. Kleinmanns in KStG e-Kommentar, § 27 KStG, Rn 20). Maßgebend ist demnach, ob eine Leistung des Gesellschafters nach den Wertungen des Steuerrechts als Einlage zu qualifizieren ist (vgl. Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, Körperschaftsteuergesetz, 1. Aufl. 2015, § 27 KStG, Rn 52).
Zugänge zum steuerlichen Einlagekonto sind erst in dem Zeitpunkt zu erfassen, in dem der Vermögensvorteil der Einlage der Kapitalgesellschaft tatsächlich zufließt, nicht schon bei Begründung der Einlageforderung gegen den Gesellschafter (vgl. FG Hamburg vom 01.02.2021 6 K 182/19, Rn 40 m.w.N.; Frotscher in Frotscher/Maas, § 27 KStG Rn 16). Sinn und Zweck des steuerlichen Einlagekontos ist es, die nicht steuerpflichtige Auskehrung von Einlagen von grundsätzlich steuerpflichtigen Gewinnausschüttungen zu trennen, indem die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen auf dem steuerlichen Einlagekonto erfasst werden (vgl. Bauschatz, in Gosch, KStG, 4. Auflage 2020, § 27 Rn 33). Sofern aber die verdeckte Einlage gar nicht zugeflossen ist, bedarf es auch keiner gesonderten Ausweisung und Feststellung. Eine Erfassung im steuerlichen Einlagekonto von Einlagen, die tatsächlich nicht geflossen sind, würde andernfalls dazu führen, dass eine nicht steuerpflichtige Einlagenrückgewähr möglich wäre, ohne dass die Gesellschafter zuvor tatsächlich eine entsprechende Einlage geleistet hätten.
Die Einlage ist im Streitfall nur zu einem geringen Teil von 6.360 € des zugesagten Stiftungsvermögens zugeflossen. Zwar wurde die Einlagenforderung gegenüber dem Stifter A mit Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Klägerin durch die Stiftungsaufsichtsbehörde am 03.06.2015 begründet (vgl. III. des Stiftungsgeschäfts vom xx.xx.2015), jedoch ist nach den vorgenannten Grundsätzen nicht auf die Begründung der Forderung der Klägerin, sondern auf den tatsächlichen Zufluss der Einlage abzustellen.
Die der Steuererklärung beigefügte Vermögensübersicht der Klägerin zum 31.12.2015 weist das Stiftungskapital auf der Passivseite mit ca. 796.600 € aus. Auf der Aktivseite steht dem aber die Position „eingeforderte, noch ausstehende Kapitaleinlagen“ von ca. 790.300 € gegenüber. Der Stifter hat nach Überzeugung des Gerichts bis zum 31.12.2015 nur eine Einlage von 6.360,34 € geleistet. Hierfür sprechen auch die geringen Erträge, die im Jahr 2015 erwirtschaftet wurden. Zudem hat die Klägerin selbst in der Erklärung zur gesonderten Feststellung 2015 den Endbestand zum Schluss des Wirtschaftsjahres mit 6.360 € angegeben. Trotz des ausdrücklichen Hinweises in der mündlichen Verhandlung vom 15.06.2021 konnte die Klägerin keinen Nachweis über den tatsächlichen Zufluss der verbleibenden ca. 790.300 € führen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.
Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen (§ 136 Abs. 1 Satz 1 FGO). Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist (§ 136 Abs. 1 Satz 3 FGO). Das Maß des Unterliegens bzw. Obsiegens ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Anträgen und dem endgültig Erreichten (vgl. BFH-Urteil vom 25.10.1994 VIII R 79/91, BStBl II 1995, 121).
In der Regel ist ein Unterliegen „nur zu einem geringen Teil“ gegeben, wenn ein Beteiligter bei einer Kostenteilung nach § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO weniger als 5% der Kosten des Verfahrens zu tragen hat.
Die Klägerin begehrt die gesonderte Festsetzung des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2015 mit ca. 796.600 €. Der Beklagte begehrt die Klageabweisung. Das steuerliche Einlagekonto wird zum 31.12.2015 mit 6.360,34 € festgestellt. Der Beklagte unterliegt damit nur geringfügig (0,8%).
4. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO zuzulassen, da höchstrichterlich nicht entschieden ist, ob bei einer rechtsfähigen Stiftung, deren Stiftungskapital für die Zweckverfolgung verbraucht werden kann, ein steuerliches Einlagekonto nach § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG gesondert festzustellen und die Übertragung des Verbrauchsstocks auf die Stiftung als Einlage anzusehen ist.
Das anhängige BFH Verfahren mit dem Aktenzeichen I R 42/19 betrifft hingegen die Rechtsfrage, ob das in seinem Bestand zu erhaltende Stiftungskapital mit dem Nennkapital einer Kapitalgesellschaft gleichzustellen und für diese rechtsfähige Stiftung ein steuerliches Einlagekonto gesondert festzustellen ist.