Aktenzeichen 7 K 55/16
Leitsatz
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
II.
Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Soweit sich die Klägerin gegen die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 Körperschaftsteuergesetz (KStG) zum 31. Dezember 2012 wendet, ist die Klage unzulässig. Der Klagebegründung in Bezug auf diese Streitgegenstände ist keine Beschwer der Klägerin i.S. des § 40 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) zu entnehmen. Eine Beschwer ist auch nicht ersichtlich, da sich durch den Änderungsbescheid vom 24. Oktober 2014 insoweit keine Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Bescheid vom 22. Juli 2014 ergeben haben.
2. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Zu Recht ist das Finanzamt im Streitfall von einer verdeckten Gewinnausschüttung ausgegangen.
2.1. Verdeckte Gewinnausschüttungen i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Vermögensminderungen und verhinderte Vermögensmehrungen, die nicht auf einer offenen Gewinnausschüttung beruhen, sich auf den Unterschiedsbetrag i.S. des § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auswirken und durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind (vgl. BFH-Urteil vom 10. Juli 2002 I R 37/01, BFHE 199, 536, BStBl II 2003, 418).
Eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne dieser Vorschrift liegt nach ständiger Rechtsprechung des BFH vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat. Das ist in der Regel der Fall, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer diesen Vorteil einem Nichtgesellschafter nicht zugewendet hätte (z.B. BFH-Urteile vom 24. Juni 2014 VIII R 54/10, BFH/NV 2014, 1501 und vom 28. Februar 1990 I R 83/87, BStBl II 1990, 649). Im Verhältnis zwischen der Kapitalgesellschaft und einem beherrschenden Gesellschafter kann die Ursächlichkeit des Gesellschaftsverhältnisses bereits dann angenommen werden, wenn es für die Leistung der Kapitalgesellschaft an einer im Voraus getroffenen klaren und eindeutigen Vereinbarung fehlt (BFH-Urteil vom 23. Juni 1983 VIII R 102/80, BFHE 134, 541, BStBl II 1982, 245). Hinzu kommt, dass eine klare und eindeutige, im Voraus getroffene und zivilrechtlich wirksame schuldrechtliche Vereinbarung über einen Leistungsaustausch zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter der Besteuerung der Gesellschaft grundsätzlich nur dann zugrunde gelegt werden darf, wenn sie tatsächlich durchgeführt worden ist. So hat der BFH ausgeführt, dass die tatsächliche Durchführung einer Vereinbarung, nach der sich die Kapitalgesellschaft verpflichtet hat, ihrem Gesellschafter als Gegenleistung für die Führung der Geschäfte ein monatliches Gehalt zu zahlen, grundsätzlich voraussetzt, dass der fällige Gehaltsanspruch zeitnah erfüllt wird (vgl. BFH-Beschluss vom 21. März 2001 I B 31/00, BFH/NV 2001, 1149).
2.2. Im Streitfall liegen keine im Voraus getroffenen klaren und eindeutigen Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Anmietung der Räumlichkeiten vor, da die Mietverträge vom 28. Mai 2011 und 1. Juni 2011 vor Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrags vom 6. Juni 2011 abgeschlossen worden sind.
Für die Klägerin als Unternehmergesellschaft i.S.d. § 5a Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) gelten grundsätzlich dieselben Vorschriften wie für eine GmbH (vgl. Baumbach/Hueck/Fastrich GmbHG 21. Auflage 2017, § 5a Rn. 15). Gesellschaftsrechtlich ist zwischen der Vorgründungsgesellschaft, der Vorgesellschaft und der eingetragenen Kapitalgesellschaft zu unterscheiden. Als Vorgesellschaft bezeichnet man die errichtete, aber noch nicht eingetragene Kapitalgesellschaft (hier: GmbH), d.h. die Kapitalgesellschaft im Gründungsstadium (vgl. BFH-Urteil vom 8. November 1989 I R 174/86, BStBl II 1990, 91 m.w.N.) Die Vorgesellschaft setzt also den Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrages voraus. Die Vorgründungsgesellschaft ist dagegen in der Regel eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Zweck in der gemeinsamen Errichtung einer Kapitalgesellschaft besteht (vgl. Baumbach/Hueck/Fastrich, a.a.O. § 11 Rn. 36). Die Vorgründungsgesellschaft bezieht sich deshalb auf die Zeit vor Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrages. Die Vorgründungsgesellschaft ist weder mit der Vorgesellschaft noch mit der später entstehenden Kapitalgesellschaft identisch. Rechte und Verbindlichkeiten gehen deshalb nicht automatisch von der Vorgründungsgesellschaft mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages auf die Vorgesellschaft und später mit der Eintragung der Kapitalgesellschaft auf diese über. Sie müssen vielmehr einzeln übertragen bzw. übernommen werden (vgl. Urteile des Bundesgerichtshofes – BGH – vom 13.Dezember 1982 II ZR 282/81, BGHZ 86, 122; vom 7.Mai 1984 II ZR 276/83, BGHZ 91, 148; vom 17.Dezember 1984 II ZR 69/84, GmbH-Rundschau – GmbHR – 1985, 214).
Im Streitfall wurde die Klägerin erst am 6. Juni 2011 durch Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrages errichtet. Bei Abschluss der Mietverträge am 28. Mai 2011 und 1. Juni 2011 bestand noch nicht einmal eine Vorgründungsgesellschaft i.S.d. §§ 705 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), da eine solche als Ein-Personengesellschaft nicht möglich ist (vgl. Baumbach/Hueck/Fastrich, a.a.O. § 11 Rn. 36). Eine zivilrechtliche Verpflichtung und damit eine im Voraus getroffenen klaren und eindeutigen Vereinbarungen fehlt.
2.3. Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihr Geschäftsführer bei Abschluss der Mietverträge als künftiger vertretungsberechtigter Geschäftsführer der Klägerin gehandelt habe und diese daher aufschiebend bedingt verpflichten konnte (vgl. Baumbach/Hueck/Fastrich, a.a.O. § 11 Rn. 18). Denn soweit im Einzelfall die Abhängigkeit eines Rechtsgeschäfts von der Eintragung der GmbH vereinbart werden kann, muss ein entsprechender Wille deutlich erkennbar sein. Im Streitfall fehlen jedoch entsprechende Anhaltspunkte, da es aus den Mietverträgen nicht ersichtlich wird, dass P als künftiger vertretungsberechtigter Geschäftsführer der Klägerin gehandelt hat.
Im Übrigen kann die Klägerin auch nicht einwenden, dass die Mietverträge nach ihrer Eintragung (vgl. § 11 GmbHG) mündlich abgeschlossen bzw. durch eine „tatsächliche“ Durchführung zustande gekommen seien. Denn im Streitfall ist eine tatsächliche Durchführung der Pachtverträge gerade nicht erfolgt, so dass auch aus diesem Grund die Voraussetzungen für eine verdeckte Gewinnausschüttung gegeben sind (vgl. oben). Hauptleistungspflicht des Mieters ist die Zahlung der Miete (vgl. § 535 Abs. 2 BGB, Staudinger/Volker Emmerich Stand 2014 BGB § 535 RZ 84 ff). Entgegen der Vereinbarungen in § 3 Nr. 5 der Mietverträge, nach denen die Mieten monatlich im Voraus und spätestens am ersten Werktag des Monats an den Vermieter zu zahlen sind, erfolgten im Streitjahr ausweislich des Kontos „4210 Miete, unbewegliche Wirtschaftsgüter“ lediglich Mietzahlungen in Höhe von insgesamt 2.620 € und damit nur einen Bruchteil der geschuldeten Miete für ein Monat. Hinzu kommt, dass die geschuldeten Leistungen derartig unregelmäßig erfolgt sind, dass auch der tatsächlich durchgeführte Teil nicht als zwischen den Beteiligten ernsthaft gewollt angesehen werden kann (vgl. BFH-Urteile vom 28. November 2001 I R 44/00, BFH/NV 2002, 543 und vom 15. Dezember 2004 I R 32/04, BFH/NV 2005, 1374, Wilk in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 21. Aufl. 2006, 276. Lieferung 09.2016, § 8 KStG Rz. 160).
Auch durch den Umstand, dass die Klägerin die Mietverbindlichkeiten als sonstige Verbindlichkeiten gebucht hat, sind die Mietverträge nicht „tatsächlich“ durchgeführt worden. Die Passivierung einer Verbindlichkeit reicht nicht aus, wenn – wie vorliegend – eine vertragliche Zahlungspflicht besteht. Dies gilt erst recht, wenn die Buchung im Rahmen der Bilanzaufstellung erfolgt (vgl. BFH-Urteil vom 2. März 1988 I R 103/86, BStBl II 1988, 786, Wilk in Herrmann/Heuer/ Raupach, a.a.O., § 8 KStG Rz. 160). Monatliche Zahlungsverpflichtungen müssen monatlich erfüllt werden, so dass selbst kurzfristige Verzögerungen die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung rechtfertigen können (vgl. BFH-Urteil vom 13. November 1996 I R 53/95, BFH/NV 1997, 622).
Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, dass zwischen der Klägerin und P eine Umwandlung der Mietverträge in Darlehensverträge im Wege einer Novation stattgefunden habe und deswegen auf die tatsächliche Zahlung der Mietverbindlichkeiten verzichtet werden konnte, da die Mietverträge gleichwohl tatsächlich durchgeführt worden seien, kann dem nicht gefolgt werden. Eine entsprechende im Voraus getroffenen klare und eindeutige Vereinbarung, die für die Anerkennung einer Schuldumwandlung im Verhältnis Gesellschaft und Gesellschafter erforderlich ist (vgl. Ausführungen oben), liegt nicht vor. Insbesondere wurden die Mietverbindlichkeiten in der Buchführung der Klägerin nicht als Verbindlichkeiten gegenüber dem Gesellschafter, sondern als „sonstige Verbindlichkeiten“ ausgewiesen (BFH-Urteil vom 23. Juni 1983 VIII R 102/80, BFHE 134, 541, BStBl II 1982, 245).
Wie das Finanzamt darüber hinaus zu Recht eingewandt hat, ist entsprechend der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 20. Oktober 2004 I R 4/04, GmbHR 2005, 494) auch nicht nur in Höhe der tatsächlich erfolgten Mietzahlungen von insgesamt 2.620 € von einer verdeckten Gewinnausschüttung auszugehen. Im Übrigen kann die Klägerin auch nicht geltend machen, dass dem Gesellschafter im Jahr 2012 nur Mietzahlungen in geringer Höhe zugeflossen seien und hinsichtlich der nicht gezahlten Miete keine Vermögensverschiebung stattgefunden habe. Zwar fordert der BFH als weiteres Merkmal einer verdeckten Gewinnausschüttung, dass die Unterschiedsbetragsminderung bei der Körperschaft die Eignung hat, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (BFH-Urteile vom 7. August 2002 I R 2/02, BStBl II 2004, 131 und vom 3. Mai 2006 I R 124/04, BStBl II 2011, 547). Dieses Tatbestandsmerkmal muss entgegen der vom Finanzamt in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung auch gegeben sein, wenn im Verhältnis zwischen Gesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter die Anforderungen an den formellen Fremdvergleich nicht erfüllt sind, da die Frage des formellen Fremdvergleichs nur die Ursächlichkeit des Gesellschaftsverhältnisses für die Vermögensminderung betrifft. Allerdings verlangt der BFH lediglich die abstrakte Eignung, einen sonstigen Bezug auslösen zu können, so dass es auf einen tatsächlichen Vorteil im Sinne einer zeitlichen Kongruenz nicht ankommt (Lang/Bott in Ernst & Young, KStG, Stand 1.Oktober 2015 § 8 KStG Rz. 589). Vielmehr reicht es aus, dass die Möglichkeit eines Zuflusses besteht. Diese Voraussetzung liegt im Streitfall vor. Durch den Abschluss der beiden Mietverträge vom 28. Mai 2011 und 1. Juni 2011 entstand der Anspruch des P gegenüber der Klägerin auf die Mietzahlungen. Infolge der Umqualifizierung der Mieteinnahmen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG in Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG waren die geschuldeten Zahlungen geeignet, einen sonstigen Bezug bei P i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen. Für das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung bei der Gesellschaft kommt es dagegen nicht darauf an, ob bzw. wann es zu einem tatsächlichen Mittelabfluss bei der Klägerin bzw. zu einem Zufluss bei dem Gesellschafter kommt (Lang/Bott in Ernst & Young, KStG, Stand 1.Oktober 2015 § 8 KStG Rz. 593). Eine konkrete Korrespondenz des Vorteils ist nicht erforderlich (Herrmann/Heuer/Rau-pach, EStG/KStG, 277. Lieferung Januar 2017, § 8 KStG Rz. 113).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.