Steuerrecht

Gewerberechtliche Unzuverlässigkeit wegen Steuer- und Beitragsrückständen

Aktenzeichen  22 CS 18.1795

Datum:
5.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 25008
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5, § 146 Abs. 4
GastG § 1 Abs. 1, § 2, § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 2, § 31
GewO § 15 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

1 Ob die zur Begründung der Vollzugsanordnung angeführten Umstände zutreffen, ist keine Frage der formellen Begründungspflicht nach § 80 Abs. 3 VwGO. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Nichtabgabe von Steuererklärungen kann bereits für sich allein eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit begründen, wenn die Erklärungen wie vorliegend trotz Erinnerung hartnäckig über längere Zeit nicht abgegeben werden. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der Gaststättenerlaubnis setzt im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG voraus, dass eine weitere Fortsetzung des Gaststättenbetriebs während der Dauer des Rechtsstreits konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lässt. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 5 S 18.998 2018-07-30 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.
III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragstellerin wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit des vom Antragsgegner verfügten Widerrufs einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis und der Untersagung der Fortführung des Gaststättenbetriebs.
Mit Bescheid vom 17. Mai 2018 widerrief das Landratsamt C … eine der Antragstellerin unter dem 8. April 2016 erteilte gaststättenrechtliche Erlaubnis zum Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft (Nr. 1 des Bescheides). Weiter wurde ihr unter Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von 1.000 Euro (Nr. 4) die Fortführung dieses Betriebs ab dem 30. Juni 2018 untersagt (Nr. 2). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 des Bescheides wurde angeordnet (Nr. 3).
Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, das Finanzamt C… habe erstmals mit Schreiben vom 30. Januar 2018 mitgeteilt, dass die Antragstellerin seit der Anmeldung des Gewerbes „Schank- und Speisewirtschaft mit Freisitzfläche“ am 15. Januar 2016 bereits hohe Steuerrückstände angesammelt habe und dass mindestens seit dem Jahr 2015 keine Steuererklärungen abgegeben würden. Der Rückstand zum 4. Mai 2018 habe 47.285,79 Euro betragen, die letzte Zahlung habe sie am 16. November 2017 in Höhe von 119 Euro geleistet. Bei der AOK C… hätten zum 8. März 2018 Zahlungsrückstände in Höhe von 21.640,04 Euro bestanden, die letzte Zahlung sei am 22. Januar 2018 in Höhe von 99,82 Euro erfolgt. Bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn-See habe sie laut Schreiben vom 7. März 2018 Rückstände in Höhe von 9.220,56 Euro gehabt. Am 21. Januar 2017 habe das Amtsgericht Regensburg zwei Anträge auf Eröffnung von Insolvenzverfahren der AOK C… und der Deutschen Rentenversicherung mangels Masse abgelehnt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 GastG für einen Widerruf der gaststättenrechtlichen Erlaubnis seien erfüllt. Die Antragstellerin schulde dem Antragsgegner 47.285,79 Euro (Stand 4.5.2018) an Abgaben, die aus dem Betrieb ihres Gewerbebetriebs herrührten. Zu den Pflichten eines zuverlässigen Gewerbetreibenden gehöre die vollständige und pünktliche Zahlung von Steuern. Umsatzsteuer-Voranmeldungen seien für die Monate Januar 2016 bis November 2017 nicht fristgerecht eingereicht worden. Für das Jahr 2016 seien die Umsatzsteuer-Voranmeldungen erst nach erfolgter Schätzung der Besteuerungsgrundlagen eingereicht worden. Für den Zeitraum Januar 2017 bis November 2017 lägen bis heute noch keine Umsatzsteuer-Voranmeldungen vor. Lohnsteueranmeldungen seien seit Oktober 2017 nicht mehr eingereicht worden. Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2015 und 2016 seien trotz mehrmaliger Aufforderung nicht eingereicht worden, sodass auch hier die Besteuerungsgrundlagen hätten geschätzt werden müssen. Beitreibungsversuche des Finanzamtes C… hätten im Wesentlichen keinen Erfolg gebracht. Die Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtungen lasse nicht nur auf wirtschaftliche Schwierigkeiten schließen, sondern auch auf die Neigung, diese Schwierigkeiten unter Verletzung der Rechtsordnung zu lösen. Im Rahmen des Anhörungsverfahrens habe die Antragstellerin keinen Weg zur Begleichung ihrer Schulden und auch kein sinnvolles und erfolgversprechendes Sanierungskonzept nachgewiesen. Das Verbot der Fortführung des Gaststättenbetriebs stützte sich auf § 31 GastG i.V.m. § 15 Abs. 2 Satz 1 GewO. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung solle verhindern, dass die Antragstellerin die bei der Ausübung des Gewerbes entstehenden Verbindlichkeiten weiterhin unberücksichtigt lasse und dadurch sich selbst und die Allgemeinheit in unzumutbarer Weise schädige. Des Weiteren könne nicht zugewartet werden, bis dieser Bescheid Rechtskraft erlangt habe. Das Landratsamt müsse in die Lage versetzt werden, selbst bei Einlegung eines Rechtsbehelfs behördliche Maßnahmen zu ergreifen. Ansonsten würde dieser Widerruf der Erlaubnis nach § 2 GastG unterlaufen. Bei der Interessenabwägung sei dem öffentlichen Interesse ein weit höherer Stellenwert zuzuordnen als dem rein wirtschaftlichen Interesse des Betreibers. Der Widerruf der Gaststättenerlaubnis erscheine im vorliegenden Fall unter Sofortvollzug als das einzig wirksame Mittel, um eine erhebliche Beeinträchtigung der Allgemeinheit in Zukunft wirksam zu verhindern.
Die Antragstellerin erhob am 18. Juni 2018 Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 17. Mai 2018 (Az. RO K 18.916) und beantragte am 29. Juni 2018 gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage.
Mit Beschluss vom 9. August 2017 lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg diesen Antrag ab. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei nicht bereits formell rechtswidrig, weil die Antragstellerin zur Vollzugsanordnung nicht angehört worden sei. Des Weiteren erfülle die Begründung des Sofortvollzugs die notwendigen Voraussetzungen aus § 80 Abs. 3 VwGO. Der Widerruf der Gaststättenerlaubnis und die Untersagung der Fortführung des weiteren Betriebs der Gaststätte stellten sich nach summarischer Prüfung als materiell rechtmäßig dar. Auch die besondere Bedeutung der Berufsfreiheit führe im vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der Gaststättenerlaubnis setze im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG voraus, dass eine weitere Fortführung des Gaststättenbetriebs während der Dauer des Rechtsstreits konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lasse. Hierzu sei auch die Erfüllung wesentlicher steuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Pflichten zu rechnen. Die Feststellung solcher Gefahren auch für die Dauer des Rechtsstreits sei den Geschehnissen nach Erlass des Bescheides zu entnehmen. Die Lage der Antragstellerin habe sich seit der Anhörung bzw. seit Erlass des Bescheides in keiner Weise geändert. Bis zum jetzigen Zeitpunkt sei kein tragfähiges Sanierungskonzept vorgelegt wurden. Nicht nachvollziehbar sei, warum dies bisher immer noch nicht geglückt sei. Die Antragstellerin habe selbst vorgetragen, dass sie nach ihrer Genesung wieder in den Betrieb habe zurückkehren und dadurch seit November 2017 alleine durch diesen Effekt eine sukzessive Kosteneinsparung von monatlich ca. 5.000 Euro erreichen können. Daher hätte die Antragstellerin bereits Ende des Jahres 2017 auf die Behörden zugehen, einen Steuerberater einschalten und insofern ein Sanierungskonzept erarbeiten und Tilgungsvereinbarungen treffen können. Die Zahlungsrückstände hätten sich seit Erlass des Bescheides noch weiter erhöht. So seien nach Auskunft des Antragsgegners die Steuerrückstände mittlerweile auf 58.469,29 Euro angewachsen. Auch bei der Knappschaft Bahn-See hätten sich die Zahlungsrückstände zwischenzeitlich auf 12.179,88 Euro erhöht.
Der Antragsteller hat Beschwerde eingelegt und beantragt,
den erstinstanzlichen Beschluss aufzuheben und dem Eilantrag stattzugeben.
Das öffentliche Interesse überwiege ganz offensichtlich nicht das private Interesse der Antragstellerin am Erhalt der eigenen beruflichen und wirtschaftlichen Existenz, das Verfassungsrang genieße. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei bereits formell rechtswidrig, da jedenfalls die Begründung der Anordnung nicht trage und die Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 VwGO nicht erfüllt seien. Die Begründung führe nicht den Ausnahmecharakter vor Augen, sondern beschränke sich nahezu auf formelhafte Erwägungen. Der Antragsgegner habe nicht darlegen können, dass die Antragstellerin auch ganz aktuell Zahlungsaufforderungen nicht nachkomme, sondern habe sich auf die Vergangenheit beschränkt, mithin die Phase der Krankheit der Antragstellerin. Auch werde im Vergleich mit dem Sofortvollzug an überhaupt keine milderen Mittel gedacht, um in Zukunft die Allgemeinheit zu schützen. Hier sei etwa die Vorlage eines monatlichen Zahlungsnachweises ohne weiteres denkbar und effektiv zur Zielerreichung. Der Hinweis in der Beschlussbegründung auf die „Gruppentypisiertheit“ der Begründung der Vollzugsanordnung gehe vorliegend ganz offensichtlich fehl, da die typische Vergleichsgruppe Gastronomiebetriebe seien, die nach und nach zahlungsunfähig würden, dies auch aktuell seien und in der typischen Situation nicht darlegen könnten, dass sie Auslastung hätten und der Betrieb (wieder) gut laufe, wie vorliegend erfolgt. Das Verwaltungsgericht habe auch nicht gewürdigt, dass der Antragsgegner außen vor gelassen habe, dass eine Besserung der Situation bereits ersichtlich gewesen sei und ein erfolgversprechendes Sanierungskonzept vorgelegt werden könnte. Die Antragstellerin habe ausdrücklich auf die noch nötige Suche nach einem Steuerberater hingewiesen, was nach der Rechtsprechung hätte gewürdigt werden müssen. Auch seien zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung nachvollziehbar keine laufenden, weiteren Steuerschulden aufgebaut worden, was zu einer zwingenden „Besserungsprognose“ hätte führen müssen. Dies, die nachvollziehbaren Auslastungszahlen des Hotels und die bei der Behörde bekannten auszurichtenden Großveranstaltungen und in Zusammenhang damit die Kenntnis von der Krankheit der Antragstellerin in der Vergangenheit – aber nicht mehr aktuell – hätten zu diesem Schluss führen müssen, nicht die typisierende Annahme einer insolvent werdenden Gastronomie, die an sich schlecht laufe. Das Verwaltungsgericht habe auch die besondere Bedeutung der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verkannt. Nur bei ganz konkret bestehenden Gefahren für die Allgemeinheit hätte sich das Verwaltungsgericht mit einer „Negativprognose“ über diese verfassungsrechtliche Hürde hinwegsetzen können. Vorliegend werde zu einer konkreten Gefahr für die Zukunft jedoch nicht ausgeführt. Eine aktuelle Erhöhung der Steuerrückstände der Antragstellerin sei nur zu verzeichnen gewesen, weil diese auf Steuerschätzungen beruht habe, die aber nicht zu halten sein würden, wenn der neu beauftragte Steuerberater nun die konkreten nachbereiteten Zahlen für die Vergangenheit, die aktuellen Zahlen für die Gegenwart und künftige anstehende Vorauszahlungen nachreiche. Für die Vorlage eines umfangreichen Sanierungskonzepts sei im Eilverfahren auch nicht die seitens des Steuerberaters benötigte Zeit gelassen worden. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, die eine Existenzvernichtung bedeuten würde, könne daher keinen Bestand haben.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die von der Antragstellerin angeführten Gründe würden keinen Anlass für eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses geben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten.
II.
Die Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Aus den innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründen, auf die sich die Prüfung im Beschwerdeverfahren beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ergeben sich keine Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts.
1. Die Antragstellerin meint zunächst, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht von einer ausreichenden Begründung des Sofortvollzugs ausgegangen. Sie macht geltend, es sei zu berücksichtigen gewesen, dass sie nur in der Vergangenheit Zahlungsaufforderungen nicht nachgekommen sei, mildere Mittel gegenüber der Betriebsschließung zur Verfügung stünden und ihr Betrieb nicht wie andere Gastronomiebetriebe zahlungsunfähig werde.
Das Verwaltungsgericht (Beschlussabdruck S. 9) ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die Begründung des Sofortvollzugs nach § 80 Abs. 3 VwGO grundsätzlich auf den konkreten Einzelfall abstellen muss und sich nicht mit „formelhaften“ Erwägungen begnügen darf. Es hat weiter (Beschlussabdruck S. 10) auf die Erwägung des Antragsgegners hingewiesen, wonach durch die Anordnung des Sofortvollzugs verhindert werden solle, dass die Antragstellerin die bei der Ausübung des Gewerbes entstehenden Verbindlichkeiten weiterhin unberücksichtigt lasse und dadurch sich selbst und die Allgemeinheit in unzumutbarer Weise schädige. Zwar enthalte die Begründung auch „formelhafte“ Passagen; diese seien aber deshalb unschädlich, weil der Widerruf der Gaststättenerlaubnis wegen steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Rückstände ein typisierter Fall sei, der in der Verwaltungspraxis oft auftrete und deshalb auch eine „gruppentypisierte“ Begründung ausreichend sei.
Aus den Darlegungen der Antragstellerin ergibt sich nicht, inwieweit die vom Verwaltungsgericht wiedergegebenen einzelfallbezogenen Begründungselemente nicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügen sollten und eine Begründung nicht auch typisiert erfolgen kann, wenn wie hier eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit wegen erheblichen Zahlungsrückständen bei dem Finanzamt und bei Sozialversicherungsträgern (bei gleichzeitigem Fehlen eines Sanierungskonzeptes) angenommen wird. Der Hinweis der Antragstellerin auf derzeit vorhandene „Auslastung“ ist demgegenüber schon mangels eines Sanierungskonzeptes (dazu unten 2.) und entsprechender Belege unbehelflich und legt gerade nicht ein Herausfallen aus der Typisierung nahe. Ob die zur Begründung der Vollzugsanordnung angeführten Umstände im vorliegenden Fall zutreffen, ist keine Frage der formellen Begründungspflicht nach § 80 Abs. 3 VwGO, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hinweist.
2. Die Antragstellerin wendet weiter gegen die Bewertung als gewerberechtlich unzuverlässig im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG sinngemäß ein, die Prognose, sie würde derzeit und in Zukunft ihren öffentlich-rechtlichen Steuer- und Beitragspflichten nicht nachkommen, sei nicht gerechtfertigt. Sie stellt allerdings die Bewertung des Verwaltungsgerichts (Beschlussabdruck S. 12) nicht in Frage, wonach zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses allein die Steuerschulden der Antragstellerin mit über 40.000 Euro bereits so hoch gewesen sind, dass sie sowohl nach der absoluten Höhe, als auch im Verhältnis zur Gesamtbelastung der Antragstellerin von enormem Gewicht sind. Gleichermaßen zieht sie die verwaltungsgerichtliche Feststellung nicht in Zweifel, dass die Zahlungsrückstände nach Auskunft des Finanzamtes C… seit Anmeldung des Gewerbes stetig anstiegen, da alle Steuern geschätzt und fast keine freiwilligen Zahlungen geleistet wurden.
Die Antragstellerin macht vielmehr sinngemäß geltend, die Sachlage habe sich seit ihrer Wiedergenesung maßgeblich geändert; sie erfülle nunmehr die öffentlich-rechtlichen Zahlungspflichten, was die jetzige Auftragslage ihres Betriebs auch erlaube. Ihr Steuerberater könne dies auch im Sinne eines Sanierungskonzepts aufzeigen, wenn hierfür ausreichend Zeit eingeräumt werde. Das Verwaltungsgericht hat insoweit richtigerweise darauf hingewiesen (Beschlussabdruck S. 14), dass die von der Antragstellerin im Rahmen ihrer Anhörung vorgetragene Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse lediglich behauptet und nicht belegt wurde. Hinzu komme, dass die Antragstellerin auch nach nochmaliger Aufforderung und Fristsetzung bis zum 9. April 2018 untätig geblieben sei. Damit sei es der Antragstellerin selbst unter dem Druck des Widerrufsverfahrens nicht gelungen, ihren laufenden steuerlichen Verpflichtungen nachzukommen, Tilgungsvereinbarungen abzuschließen oder ein tragfähiges Sanierungskonzept vorzulegen. Die seit längerer Zeit fortlaufende und für die Antragstellerin erkennbare Erhöhung der steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Zahlungsrückstände habe sie damit ohne weiteres in Kauf genommen. Nach dem bisher von der Antragstellerin gezeigten Verhalten sei daher davon auszugehen, dass sie auch in Zukunft ihren öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen, insbesondere den fälligen Steuerzahlungen, nicht nachkommen werde und somit keine Gewähr dafür biete, dass sie ein Gewerbe künftig ordnungsgemäß ausüben werde.
Die Antragstellerin hat auch im vorliegenden Beschwerdeverfahren insbesondere kein derartiges erfolgversprechendes Sanierungskonzept vorgelegt und auch nicht schlüssig erklärt, weshalb dies bislang nicht möglich gewesen sein sollte. Spätestens durch das Anhörungsschreiben des Landratsamts vom 8. März 2018 musste der Antragstellerin bewusst sein, dass derartige belastbare Unterlagen erforderlich sein würden, um unter Umständen die Annahme ihrer fehlenden Zahlungsfähigkeit oder Zahlungswilligkeit auszuräumen zu können. Es ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb die Antragstellerin nach ihrer Genesung seit spätestens November 2017 (vgl. S. 4, 3. Absatz der Antragsschrift vom 29.6.2018) keinen Steuerberater entsprechend beauftragen konnte.
Im Übrigen kommt hinzu, dass das Insolvenzgericht den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Antragstellerin mangels Masse abgewiesen hat (vgl. Beschluss vom 21.6.2017, Bl. 47 f. der Behördenakte) und die Vollstreckungsbemühungen des Finanzamtes C… im Wesentlichen erfolglos verlaufen sind (vgl. Mitteilung vom 30.1.2018, Bl. 2 der Behördenakte). Aus den Darlegungen der Antragstellerin ergibt sich nicht, was dennoch für ihre Zahlungsfähigkeit sprechen würde.
Unabhängig davon ist das Verwaltungsgericht auch zu Recht davon ausgegangen (Beschlussabdruck S. 13), dass die Nichtabgabe von Steuererklärungen bereits für sich allein eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit begründen kann, wenn die Erklärungen wie vorliegend trotz Erinnerung hartnäckig über längere Zeit nicht abgegeben werden. Die Antragstellerin ist dieser Bewertung nicht substantiiert entgegen getreten.
3. Schließlich meint die Antragstellerin im Wesentlichen, das Verwaltungsgericht habe der Bedeutung des Art. 12 Abs. 1 GG dadurch nicht hinreichend Rechnung getragen, dass ihrem Interesse an einer Fortsetzung des ausgeübten Gaststättengewerbes nicht das ihm zukommende Gewicht zugemessen worden sei. Vorliegend werde nicht wie erforderlich eine konkrete Gefahr für die Zukunft aufgezeigt.
Das Verwaltungsgericht (Beschlussabdruck S. 16 f.) ist im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. B.v. 2.7.2014 – 22 CS 14.1186 – juris Rn. 11; B.v. 3.5.2013 – 22 CS 13.594 – juris Rn. 27; B.v. 25.11.2009 – 22 CS 09.2360 – juris Rn. 6) davon ausgegangen, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der Gaststättenerlaubnis im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG voraussetzt, dass eine weitere Fortsetzung des Gaststättenbetriebs während der Dauer des Rechtsstreits konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lässt. Es hat weiter angenommen, dass eine positive Entwicklung hinsichtlich der Zahlungsrückstände nicht erkennbar sei; insbesondere sei bis jetzt ohne nachvollziehbaren Grund noch kein tragfähiges Sanierungskonzept vorgelegt worden. Die Zahlungsrückstände hätten sich seit Erlass des angefochtenen Bescheides noch weiter erhöht.
Die Antragstellerin hat keine konkreten, nachprüfbaren Argumente gegen die vom Verwaltungsgericht angestellte negative Prognose hinsichtlich der weiteren Entwicklung ihres Schuldenstands vorgebracht (vgl. oben unter 2.). Aus ihren Darlegungen ergibt sich weiter nicht, inwieweit die Bewertung des Verwaltungsgerichts unrichtig ist, dass ein voraussichtlicher weiterer Anstieg der Zahlungsrückstände während des anhängigen Hauptsacheverfahrens eine konkrete Gefahr für wichtige Gemeinschaftsgüter im vorgenannten Sinne darstellt. Unabhängig davon spricht für die Annahme einer solchen Gefahr, dass sich der Schuldenstand der Antragstellerin binnen weniger Monate sehr deutlich erhöht hat. Allein die Steuerschulden sind innerhalb eines halben Jahres von 38.640,30 Euro (Stand 30.1.2018) über 47.285,79 Euro kurz vor Erlass des angefochtenen Bescheides (Stand 4.5.2018) auf 58.469,29 Euro (Stand 24.7.2018) angewachsen. Dazu kommen die oben genannten stichhaltigen Gründe für die Annahme ihrer Zahlungsunfähigkeit. In einer solchen Konstellation erscheint es ausnahmsweise gerechtfertigt, die weitere Ausübung des Gaststättengewerbes bereits während des laufenden Hauptsacheverfahrens zu unterbinden, um voraussichtliche massive Zahlungsausfälle bei öffentlich-rechtlichen Gläubigern abzuwenden.
Hinsichtlich der privaten Belange der Antragstellerin hat das Verwaltungsgericht (Beschlussabdruck S. 17) zudem darauf hingewiesen, dass nach Auskunft des Antragsgegners der Betrieb des Hotel- bzw. Beherbergungsbetriebs inklusive Bewirtung der Übernachtungsgäste vom Widerruf der Gaststättenerlaubnis nicht betroffen sei und ihr zudem eine abhängige Beschäftigung möglich bleibe. Dem ist die Antragstellerin nicht mit konkreten Argumenten entgegengetreten.
Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.
Streitwert: § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nrn. 1.5, 54.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 18.7.2013.

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