Aktenzeichen W 6 K 20.380
Leitsatz
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Gründe
Die Klage, über die aufgrund Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist zulässig aber unbegründet. Der Bescheid vom 5. Februar 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Der Kläger war zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids unzuverlässig im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO und ihm musste deshalb zum Schutz der Allgemeinheit die Ausübung seines Gewerbes „Handel mit KFZ (Gebrauchtwagen)“ untersagt werden.
Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist die Ausübung eines Gewerbes von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist.
Nicht zuverlässig ist, wer nach dem Gesamtbild seines Verhaltens keine Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird (st. Rspr., vgl. zuletzt BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6.14 – juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 20.7.2016 – 22 ZB 16284 – juris Rn. 9). Entscheidend ist, ob der Betreffende unter Würdigung aller mit seinem Betrieb zusammenhängenden Umstände willens und in der Lage ist, in Zukunft seinen beruflichen Pflichten nachzukommen und die im öffentlichen Interesse liegende einwandfreie Führung seines Gewerbes zu gewährleisten. Die Feststellung der Unzuverlässigkeit erfordert anhand festgestellter Tatsachen eine Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände, die eine Prognose hinsichtlich der ordnungsgemäßen Ausübung des Gewerbes für die Zukunft erlauben (vgl. Marcks in Landmann/Rohmer, GewO, Stand Dezember 2019, § 35 Rn. 31 ff. m.w.N.). Voraussetzung für eine Prognose der Unzuverlässigkeit ist keine feste Gewissheit, sondern eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, der Gewerbetreibende werde seinen Betrieb künftig ordnungswidrig führen. Hierfür reichen beachtliche ernsthafte Zweifel an einer ordnungsgemäßen Betriebsführung in der Zukunft aus (Ennuschat in Tettinger/Wank/Ennuschat, GewO, 8. Aufl. 2011, § 35 Rn. 31).
Die Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO steht nicht im Ermessen der Behörde, sondern ist bei Vorliegen der Voraussetzungen zwingend. Entscheidungserheblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (grundlegend BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 146.80 – BVerwGE 65, 1; siehe auch Marcks in Landmann-Rohmer, GewO, Stand Dezember 2019, § 35 Rn. 21 m.w.N.).
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen durfte der Beklagte aufgrund der tatmehrheitlichen Betrugsstraftaten des Klägers von dessen gewerberechtlicher Unzuverlässigkeit ausgehen. Denn die vom Kläger begangenen Betrugsdelikte sind ihrer Anzahl und ihrer Bedeutung nach geeignet, eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit zu begründen (1.1). Sie weisen einen Bezug zum Gewerbe des Klägers auf und lassen im Übrigen auch generell auf dessen gewerberechtliche Unzuverlässigkeit schließen (1.2). Es liegen deshalb hinreichende Gründe vor, die nach Maßgabe einer Zuverlässigkeitsprognose (1.3) zum Schutz der Allgemeinheit (1.4) eine Gewerbeuntersagung erforderlich machen. Die Untersagung trifft den Kläger auch nicht unverhältnismäßig (1.6).
1.1 Bietet strafrechtlich relevantes Verhalten Anlass für die Annahme einer Unzuverlässigkeit, kann die Gewerbeuntersagung nicht allein auf die Tatsache einer strafgerichtlichen Verurteilung des Gewerbetreibenden gestützt werden. Vielmehr muss die Behörde sowie das Gericht den bei der Verurteilung zugrundeliegenden Lebenssachverhalt daraufhin beurteilen, ob sich daraus auf die Unzuverlässigkeit für das ausgeübte Gewerbe oder gar für jede Gewerbetätigkeit schließen lässt (BayVGH, B.v. 20.7.2016 – 22 ZB 16.284 – juris Rn. 10). Bereits ein einmaliger Verstoß gegen Strafgesetze kann die Unzuverlässigkeit des Betroffenen begründen, wenn es sich um ein gravierendes Delikt handelt und Gewerbebezug vorhanden ist. Eine Unzuverlässigkeit kann aber auch dann zu bejahen sein, wenn die Häufung der Straftaten einen Hang zur Missachtung geltender Vorschriften erkennen lässt (siehe Ennuschat in Tettinger/Wank/Ennuschat, GewO, 8. Auflage 2011, § 35 Rn. 39 m.w.N.). Vorliegend zeigen die Verurteilungen des Klägers wegen Betrugs sowohl ihrer Anzahl nach sowie jede für sich auch wegen ihrer strafrechtlichen Bedeutung, dass dieser nicht in der Lage ist, auf die vermögensrechtlichen Belange Dritter diejenige Rücksicht zu nehmen, wie sie für die ordnungsgemäße Ausführung eines Gewerbes notwendig wäre. Dazu im Einzelnen:
Ausweislich der Feststellungen des LG Aschaffenburg (U.v. 15.7.2016, S. 31 f.) sprach sich der Kläger Ende 2010 mit weiteren Personen ab, durch einen fingierten Verkehrsunfall unrechtmäßig Versicherungsleistungen zu erhalten. Dazu verunfallte der Kläger einen ihm gehöhrenden PKW (Mercedes E 280 CDI) auf einer Bunde straße bewusst mit dem PKW eines anderen Tatbeteiligten. Eine Versicherung zahlte hierauf insgesamt 14.591,45 EUR an den Kläger sowie 10.389,55 EUR an den weiteren Unfallbeteiligten aus. Das LG Aschaffenburg verhängte gegen den Kläger deshalb wegen gewerbsmäßigen Betruges eine Einzelfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten.
Ende 2011 verabredete sich der Kläger mit einem Bekannten sowie weiteren Personen zu einer gestellten Fahrzeugkollision, um Versicherungsleistungen zu erhalten (LG Aschaffenburg, U.v. 15.7.2016, S. 39 ff.). Auf Grundlage eines von einer dritten Person gefälschten Schadensgutachtens erhielt der Kläger für seinen PKW (Audi A4) Versicherungsleistungen in Höhe von insgesamt 9.325,97 EUR. Ein anderer Tatbeteiligte vereinnahmte 6.379,00 EUR. Das LG Aschaffenburg verhängte gegen den Kläger deshalb wegen gewerbsmäßigen Betruges eine Einzelfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 2 Monaten.
Im August 2012 fingierte der Kläger mit zwei weiteren Personen einen Auffahrunfall (LG Aschaffenburg, U.v. 15.7.2016, S. 42 ff.). Für die mithilfe eines von einer dritten Person gefälschten Sachverständigengutachtens ermittelten Schäden am Fahrzeug des Klägers (Opel Insignia) bekam dieser Versicherungsleistungen in Höhe von 5.286,87 EUR. Die weitere Unfallbeteiligte erhielt Leistungen in Höhe von 3.556,10 EUR. Das LG Aschaffenburg verhängte gegen den Kläger deshalb wegen gewerbsmäßigen Betruges eine Einzelfreiheitsstrafe von 1 Jahr.
Im Januar 2013 fuhr der Kläger mit seinem Fahrzeug (Opel Insignia) im Rahmen einer mit mehreren Personen abgesprochenen Kollision bewusst auf das Fahrzeug eines anderen Tatbeteiligten, um wiederum Versicherungsleistungen zu erhalten (LG Aschaffenburg, U.v. 15.7.2016, S. 47 ff.). Auf der Grundlage eines gefälschten Gutachtens zahlte die Versicherung für das KFZ des Klägers Versicherungsleistungen in Höhe von 4.869,87 EUR. Für den Schaden am anderen PKW wurden Leistungen in Höhe von 23.814,67 EUR gezahlt. Das LG Aschaffenburg verhängte gegen den Kläger deshalb wegen gewerbsmäßigen Betruges eine Einzelfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten.
Im Mai 2012 verabredete der Kläger mit seinem Bruder sowie anderen Tatbeteiligten einen gestellten Verkehrsunfall, um einer Bekannten einen finanziellen Gefallen zu erfüllen (LG Aschaffenburg, U.v. 18.10.2016, S. 3 ff.). Die auf Basis eines gefälschten Gutachtens getäuschte Versicherung zahlte hierauf an die Tatbeteiligten Versicherungsleistungen in Höhe von 27.376,42 EUR sowie 3.491,37 EUR aus. Das LG Aschaffenburg verhängte gegen den Kläger deshalb wegen Betruges eine Einzelfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 4 Monaten.
Im Juni 2013 verabredete der Kläger erneut mit mehreren Tatbeteiligten einen fingierten Verkehrsunfall (LG Aschaffenburg, U.v. 18.10.2016, S. 6 ff.), um einer Bekannten einen Gefallen zu erweisen. Die auf Basis eines gefälschten Gutachtens getäuschte Versicherung zahlte hierauf an die Tatbeteiligten Versicherungsleistungen in Höhe von 20.754,04 EUR sowie 3.491,37 EUR aus. Das LG Aschaffenburg verhängte gegen den Kläger deshalb wegen Betruges eine Einzelfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 4 Monaten.
Der Ansicht, dass es sich bei diesen rechtskräftig abgeurteilten Betrugstaten in Zusammenschau der Ereignisse um eine einmalige Verfehlung gehandelt habe, wie der Kläger vortragen lässt, kann nicht gefolgt werden. Die in sechs tatmehrheitlichen Fällen im Zeitraum von Januar 2011 bis Juni 2013 verübten Betrugstaten erfolgten im Zusammenwirken mit verschiedenen Beteiligten und erforderten jeweils voneinander unabhängige Organisations- und Durchführungsakte. Zudem handelt es sich bei den oben aufgeführten abgeurteilten Taten im Verfahren … … … … lediglich um diejenigen angeklagten Fälle, die der Kläger vor Gericht einräumte. Es ist nicht auszuschließen, dass der Kläger während seiner gewerblichen Tätigkeit als Gebrauchtwagenhändler weitere Betrugstaten beging.
Im Übrigen kann sich die von der Behörde anzustellende Prognose, dass der Gewerbetreibende aufgrund vergangener Verstöße für die Zukunft als unzuverlässig gilt, bereits auf eine erhebliche Straftat stützen (vgl. OVG NW, B.v. 16.6.2016 – 4 B 1401/15 – juris Rn. 13). Der Kläger wurde jedoch rechtskräftig wegen sechs tatmehrheitlichen Betrugstaten verurteilt, die – wie sich auch aus der Höhe der jeweils verhängten Einzelstrafen ergibt – jede für sich von erheblichem Gewicht waren. Die Tatsache, dass das LG Aschaffenburg den Kläger in sechs Fällen als Täter und nicht nur als Teilnehmer der gemeinschaftlichen Betrugstaten verurteilte, zeigt, dass der Kläger dabei keinesfalls – wie er vortragen lässt – nur eine Randfigur war. Vielmehr offenbarte der Kläger eine besonders ausgeprägte kriminelle Energie als Teil eines auf Versicherungsbetrug ausgelegten Geschäftspartnerkreises. So nahm neben dem Kläger als KFZ-Gebrauchtwagenhändler unter anderem auch ein Inhaber einer KFZ-Reparaturwerkstatt sowie ein KFZ-Schadengutachter an den gemeinschaftlich verübten Versicherungsbetrügereien teil. Nach den Feststellungen des AG Aschaffenburg war man auf ein möglichst konspiratives Verhalten bedacht, setzte zur Verschleierung der tatsächlichen Verhältnisse Stroh-männer/-frauen aus dem Verwandten-/Freundes- oder Bekanntenkreis ein und schuf eine regelrechte Infrastruktur zur Abwicklung der Betrugstaten (siehe Urteil des AG Aschaffenburg vom 6.4.2016 bezüglich des anderweitig verfolgten B. K., Az. 301 Ls 108 Js 2977/15, S. 3 bzw. Bl. 250 der Behördenakte).
1.2 Die vom Kläger verübten Straftaten wegen Versicherungsbetrugs stehen in Bezug zur gewerblichen Betätigung des Klägers und lassen darüber hinaus generell auf dessen Unzuverlässigkeit schließen.
Vorliegend spricht bereits vieles für das Vorbringen des Beklagten, wonach der vom Kläger zum Zeitpunkt der Begehung der Straftaten betriebene Gebrauchtwagenhandel in M* … in einem konkreten Zusammenhang zur Betrugsdelinquenz des Klägers stand. So trifft das Vorbringen des Klägers nicht zu, er habe seinen Gebrauchtwagenhandel nicht zur Begehung der Straftaten „eingesetzt“. Denn ausweislich der tatsächlichen Feststellungen im Urteil des LG Aschaffenburg vom 18. Oktober 2016 wurde zumindest die Begehung einer der gemeinschaftlich verübten Betrugstaten bei einem Treffen des Klägers mit drei Mittätern auf dem Gelände seines Autohandels abgesprochen (LG Aschaffenburg, U.v. 18.10.2016, S. 6). Ferner war der Kläger bei vier der von ihm gemeinschaftlich verübten Betrugstaten Halter oder Eigentümer eines der beteiligten Unfallfahrzeuge (1x Mercedes E-Klasse, 1 x Audi A4 sowie 2 x Opel Insignia). Es erscheint naheliegend, dass es sich bei den zur Tatbegehung eingesetzten PKW mittlerer bzw. gehobener Fahrzeugklasse um im Betrieb des Klägers angekaufte Gebrauchtwagen handelte, anstatt dass dies ausschließlich privat genutzte Fahrzeuge des Klägers oder seiner Familie waren. Der Bevollmächtigte des Klägers weist selbst darauf hin, dass man die Auffassung vertreten könne, wonach der Kläger aufgrund seiner Tätigkeit im KFZ-Gewerbe ein Spezialwissen aufweise, welches er bei der Begehung der Straftaten ausgenutzt haben könnte. Dies ist nicht von der Hand zu weisen. Schon die zeitliche Nähe der Aufnahme der Tätigkeit des Klägers als selbstständiger Gebrauchtwagenhändler mit der Begehung der abgeurteilten Betrugstaten offenbart einen engen Bezug zwischen der Gewerbeausübung sowie seiner (nach eigenem Vorbringen) erstmaligen Straffälligkeit. Der Kläger hat sich nämlich nicht – wie er vortragen lässt – seit zwanzig Jahren „tadellos“ als KFZ-Händler gewerblich betätigt. Vielmehr hat er sich bereits kurze Zeit nach Aufnahme des Gebrauchtwagenhandels im Jahr 2009 oder 2010 (siehe die Feststellungen des LG Aschaffenburg, U.v. 15.7.2016, S. 23 sowie U.v. 18.10.2016, S. 2) spätestens im Januar 2011 erstmals auf eine konspirative und gemeinschaftliche Verübung von Versicherungsbetrugstaten eingelassen. Es spricht deshalb vieles dafür, dass der Kläger gerade auch wegen und mithilfe seiner Tätigkeit als Gebrauchtwagenhändler – wo er Zugriff auf und Umgang mit KFZ hatte – gemeinschaftliche Betrugstaten verübte.
Ob tatsächlich ein unmittelbarer Zusammenhang der Betrugsstraftaten des Klägers mit seinem ausgeübten Gebrauchtwagenhandel besteht, kann letztlich dahinstehen. Denn für den von § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO vorausgesetzten Gewerbebezug ist es nicht zwingend erforderlich, dass die Tatsachen, die auf die Unzuverlässigkeit schließen lassen, auch im Rahmen des Gewerbebetriebes eingetreten sind (Brüning in BeckOK GewO, 49. Edition 1.3.2020, § 35 GewO Rn. 22). Selbst ein Verhalten außerhalb der Gewerbeausübung kann beachtliche Rückschlüsse auf Charakter oder Verhaltensweisen des Gewerbetreibenden begründen, die ihrerseits auch für sein Gewerbe relevant werden können (BayVGH, U.v. 20.2.2014 – 22 BV 13.1909 – juris Rn. 28). Es genügt insoweit, dass aus ihnen im Rahmen der Würdigung der Gesamtumstände auf die Unzuverlässigkeit im ausgeübten Gewerbe zu schließen ist.
Deshalb tragen die Verurteilungen des Klägers wegen (gewerbsmäßigen) Betrugs an sich bereits die Feststellung der gewerblichen Unzuverlässigkeit. Die Respektierung des vom Betrugstatbestand (§ 263 StGB) geschützten und vom Kläger mehrfach missachteten Rechtsguts „fremdes Vermögen“ ist unabdingbare Voraussetzung für die ordnungsgemäße Ausübung eines jeden Gewerbes (BayVGH, U.v. 20.2.2014 – 22 BV 13.1909 – juris Rn. 28; BayVGH, B.v. 21.8.2012 – 22 C 12.1256 – juris Rn. 8). Bei Vermögensdelikten ist daher der von § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO geforderte Gewerbebezug generell für alle Gewerbezweige zu bejahen (siehe auch VG München, U.v. 4.6.2014 – M 16 K 13.4868 – juris Rn. 35; Ennuschat in Tettinger/Wank/Ennuschat, GewO, 8. Auflage 2011, § 35 Rn. 38). Eigentums- oder Vermögensdelikte eines Gewerbetreibenden können darauf schließen lassen, dass dieser dazu neigt, sich fremdes Eigentum oder Vermögen in strafbarer Weise zu verschaffen, und dass er die betroffenen Rechtsgüter nicht respektiert (BayVGH, U.v. 20.2.2014 – 22 BV 13.1909 – juris Rn. 28). Es liegt auf der Hand, dass die Redlichkeit des Wirtschaftsverkehrs ganz erheblich gefährdet ist, wenn Personen, die vor betrügerischen Handlungen nicht zurückschrecken, als selbständige Gewerbetreibende oder als Vertretungsberechtigte eines anderen Gewerbetreibenden tätig werden. Der Kläger ist daher nicht nur für das von ihm ausgeübte Gewerbe, sondern gewerbeübergreifend unzuverlässig.
1.3 Die mehrfachen und erheblichen Betrugstaten des Klägers erschüttern im Rahmen der anzustellenden Zuverlässigkeitsprognose das notwendige Vertrauen in die künftige Redlichkeit seines gewerblichen Wirtschaftsgebarens. Der Kläger hat in der Vergangenheit in erheblicher und strafbarer Weise erkennen lassen, dass er aufgrund Gewinnstrebens bereit war, unter Verletzung der Rechtsordnung das Vermögen Dritter zu schädigen. Er bietet deshalb auch bei prospektiver Betrachtung keine Gewähr dafür, dass er künftig seinen Gebrauchtwagenhandel redlich und ordnungsgemäß sowie unter Einhaltung der Vorschriften führen wird. Die insoweit maßgebliche Prognose, ob in Zukunft ein gewerbebezogenes Fehlverhalten des Klägers wahrscheinlich ist, erfordert grundsätzlich keine feste Gewissheit; vielmehr genügt bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit, wobei auch eine abstrakte Gefahr – also eine nach der Lebenserfahrung typischerweise zu bejahende Gefährdungslage – grundsätzlich ausreicht (vgl. BT-Drs. 7/111, S. 5; siehe auch Ennuschat in Tettinger/Wank/Ennuschat, GewO, 8. Auflage 2011, § 35 Rn. 31).
Die Betrugstaten des Klägers begründen eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass dieser auch künftig in rechtswidriger Weise das Vermögen Dritter schädigen wird und deshalb nicht die erforderliche Zuverlässigkeit zur selbstständigen gewerblichen Betätigung besitzt. Tragfähige Gesichtspunkte, die es ausschließen könnten, dass der Kläger sein Gewerbe künftig nicht ordnungsgemäß betreibt, sind nicht erkennbar. Insbesondere ist dies nicht deshalb ausgeschlossen, weil sein Gewerbe eigenen Angaben zufolge aktuell wirtschaftlich erfolgreich ist, sodass eine wirtschaftliche Notwendigkeit, sich rechtswidrig zu bereichern, für den Kläger aktuell nicht bestehe. Die zum Beleg dieser Behauptung vorgelegten betriebswirtschaftlichen Berichte zeigen ein vorläufiges Betriebsergebnis für den Zeitraum von September 2019 bis Dezember 2019 in Höhe von insgesamt 8.084,79 EUR, sodass insoweit von einem wirtschaftlich prosperierenden Betrieb kaum ausgegangen werden kann. Im Übrigen hat der Kläger weder vorgebracht, dass er die früheren Betrugstaten aus wirtschaftlichen Zwängen verübte, noch ist dies den strafgerichtlichen Urteilen zu entnehmen. Vielmehr hat der Kläger teilweise aus seinen Betrugstaten keinen finanziellen Vorteil gezogen, sondern diese aus Gefälligkeit verübt (LG Aschaffenburg, U.v. 18.10.2016, S. 24). Selbst wenn das Gewerbe des Klägers künftig erfolgreich besteht, ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass dieser erneut das Vermögen Dritter schädigt.
Auch die vom Kläger behauptete (indes nicht näher belegte) Schadenswiedergutmachung taugt nicht als Umstand für eine günstige Prognose. Da der Kläger von Rechts wegen zum Ausgleich des verübten Schadens verpflichtet ist (§ 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB) spricht dies im Hinblick auf seine gewerberechtliche Zuverlässigkeit weder für noch gegen ihn. Ferner steht die (ebenfalls nicht belegte) Rückzahlung eines Gründerzuschusses in keinem erkennbaren Zusammenhang mit den verübten Betrugstaten.
Eine günstige gewerberechtliche Prognose folgt auch nicht aus der Aussetzung der verbleibenden Freiheitsstrafe des Klägers zur Bewährung. Die dem Beschluss des LG Aschaffenburg – Strafvollstreckungskammer vom 3. Juli 2019 zugrundeliegende günstige Sozialprognose zwingt nicht zugleich zur Annahme einer gewerberechtlichen Zuverlässigkeit. Den Regelungen des § 56 Abs. 1 Satz 1 StGB sowie des § 35 Abs. 1 GewO liegen nach einhelliger Rechtsprechung unterschiedliche Gefahrenmaßstäbe zugrunde (siehe BayVGH, B.v. 24.11.2016 – 22 ZB 16.1784 – GewArch 2017, 162 m.w.N.). Die Aussetzung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ist für die gewerberechtliche Beurteilung nicht bindend, sondern für die Zuverlässigkeitsprognose nur von tatsächlichem Gewicht (BayVGH, B.v. 2.7.2014 – 22 CS 14.1186 – juris Rn. 16 m.w.N.). Andere Umstände des Einzelfalls können den Ausschlag dafür geben, eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit anzunehmen. Inhaltlich zeigt die im Beschluss des LG Aschaffenburg – Strafvollstreckungskammer vom 3. Juli 2019 enthaltene Sozialprognose keine zwingenden Anhaltspunkte, die einer positiven gewerberechtlichen Prognose zugrunde gelegt werden könnten. Konkrete Umstände, die eine künftige Einhaltung der mit einem Gewerbe verbundenen gesetzlichen Verpflichtungen erwarten lassen, sind den Ausführungen nicht zu entnehmen. Dass sich der Kläger im Vollzug gut geführt habe, lässt nicht mit Gewissheit auf eine künftige gewerberechtliche Zuverlässigkeit schließen, da dies zumindest auch durch den Druck des Strafverfahrens sowie zum Zwecke der Aussetzung der Strafvollstreckung bedingt sein kann. Auch die weiteren im Beschluss des LG Aschaffenburg – Strafvollstreckungskammer vom 3. Juli 2019 genannten Umstände erscheinen nicht geeignet für eine positive gewerberechtliche Prognose. Insoweit ist zu berücksichtigten, dass gerade das gesicherte soziale Umfeld, in das der Kläger nunmehr zurückkehrt, auch eine gewisse Bedeutung für die Begehung der gemeinschaftlichen Betrugstaten hatte. So wirkte der Bruder des Klägers ebenfalls bei mehreren Betrugstaten mit. Die Ehefrau des Klägers war nach den Feststellungen des AG Aschaffenburg mit ihrem Fahrzeug zumindest bei einem der fingierten Unfälle involviert (siehe Urteil vom 6.4.2016 gegen den anderweitig verfolgten B. K., Az. 301 Ls 108 Js 2977/15, S. 5 f. bzw. Bl. 251 der Behördenakte). Die Rückkehr des Klägers in sein soziales Umfeld bietet deshalb keine hinreichende Gewähr dafür, dass sich dieser künftig gewerberechtlich ordnungsgemäß verhalten wird. Seine „Kernfamilie“ hat ihn jedenfalls in der Vergangenheit nicht abgehalten, erhebliche Betrugstaten zu begehen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die im Bewährungsbeschluss als günstiger Umstand benannte Arbeitsstelle bei der Firma M. (* …*) dem Kläger inzwischen betriebsbedingt gekündigt wurde.
1.4 Da der Kläger damit nach Maßgabe einer gewerberechtlichen Zuverlässigkeitsprognose keine Gewähr für die künftige ordnungsgemäße Ausübung seines Gewerbes bietet, musste ihm zum Schutz der Allgemeinheit die weitere Gewerbeausübung in seinem Gebrauchtwagenhandel untersagt werden.
Bei dem von ihm ausgeübten Gewerbe des Handels mit gebrauchten Fahrzeugen handelt es sich um ein sog. „Vertrauensgewerbe“ (vgl. Ennuschat in Tettinger/Wank/Ennuschat, GewO, 8. Aufl. 2011, § 35 Rn. 68), das im Hinblick auf die tangierten Rechtsgüter hohe Anforderungen an die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden stellt und bei dem in besonderem Maße auf die Einhaltung der gesetzlichen Verpflichtungen geachtet werden muss (vgl. zum Maklergewerbe BayVGH, B.v. 8.2.2017 – 22 C 16.1107 – juris Rn. 13). Dies spiegelt sich nicht zuletzt auch in der Aufnahme des Gebrauchtwagenhandels im Katalog der überwachungsbedürftigen Gewerbe (§ 38 Abs. 1 GewO) wider. Kriminalpolitischer Hintergrund dieser Einordnung ist unter anderem das Ziel, zum Schutz von Eigentum und Vermögen Dritter eine Perpetuierung von Eigentumsdelikten, insbesondere durch Hehlerei, zu verhindern (Schönleiter in Landmann/Rohmer, GewO, 82. EL Oktober 2019, § 38 Rn. 7; Tettinger/Wank/Ennuschat/Ennuschat, 8. Aufl. 2011, GewO § 35 Rn. 68). Ferner besteht beim Handel mit Gebrauchtwaren in besonderem Maße die Möglichkeit zu unlauterem Geschäftsgebaren und zur Übervorteilung der mit den Wert- und Preisverhältnissen nicht vertrauten Kunden (vgl. BVerwG, U.v. 18.8.1960 – 1 C 103.57 – GewA 1961, 7). Neben dem Schutz vor Eigentums- und Vermögensschäden hat die von einem Gebrauchtwagenhändler geforderte gewerberechtliche Zuverlässigkeit auch Bezüge zum höchstrangigen Schutz von Leben und Gesundheit. Käufer sowie die übrigen Verkehrsteilnehmer sind davor zu bewahren, dass gewerbliche Händler von Gebrauchtwagen – etwa aus übersteigertem Profitstreben – ohne Wissen der Kunden mangelhafte bzw. nicht verkehrssichere Fahrzeuge in Verkehr bringen. Die Verurteilungen des Klägers wegen (gewerbsmäßigen) Betruges zeigen jedoch, dass dieser gewillt war, sich mit erheblicher krimineller Energie und im Zusammenwirken mit mehreren Beteiligten unter Verletzung der Rechtsordnung zu Lasten Dritter rechtswidrig zu bereichern. Die zum Schutz der genannten Rechtsgüter gestellten hohen Anforderungen an die Zuverlässigkeit eines Händlers mit gebrauchten KFZ erfüllt er daher nicht. Zum Schutz der Allgemeinheit war deshalb die Untersagung seines Gebrauchtwagenhandels erforderlich, ohne dass dem Beklagten insoweit ein Ermessen eingeräumt wäre.
1.5 Die Gewerbeuntersagung trifft den Kläger nicht unverhältnismäßig. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine den gesetzlichen Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO entsprechende Untersagungsverfügung allenfalls in extremen Ausnahmefällen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn verstoßen kann (vgl. BVerwG, B.v. 9.3.1994 – 1 B 33/94 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 24.10.2012 – 22 ZB 12.853 – juris Rn. 26). Diesbezüglich hat der Kläger nichts Durchgreifendes dargelegt. Die wirtschaftliche Situation des Klägers sowie etwaige Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seiner Familie können keine Rechtfertigung dafür bieten, ihn weiterhin als unzuverlässigen Gewerbetreibenden am Geschäftsleben teilnehmen zu lassen und dadurch die Allgemeinheit zu gefährden. Dem Kläger ist zumutbar, sich um eine (neue) abhängige Beschäftigung zu bemühen und auf diese Weise den Lebensunterhalt seiner Familie zu sichern (vgl. BayVGH, B.v. 24.10.2012 – 22 ZB 12.853 – juris Rn. 26).
2. Auch die mit Bescheid vom 5. Februar 2020 ausgesprochene erweiterte Gewerbeuntersagung, die dem Kläger in Bezug auf das ausgeübte Gewerbe „Handel mit KFZ (Gebrauchtwagen)“ die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden sowie die Tätigkeit als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person untersagt, ist rechtmäßig, da die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO vorliegen und die Behörde das ihr zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat.
Es liegt auf der Hand, dass die Redlichkeit des Wirtschaftsverkehrs auch dann erheblich gefährdet ist, wenn Personen, die wie der Kläger vor betrügerischen Handlungen nicht zurückschrecken, als Vertretungsberechtigte eines anderen Gewerbetreibenden bzw. als Betriebsleiter eines Gewebebetriebes tätig werden. Der Kläger hat sich deshalb auch insoweit als unzuverlässig erwiesen.
Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist unter dem Gesichtspunkt eines wahrscheinlichen Ausweichens auf Tätigkeiten als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden sowie als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person schon dann zulässig, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende in Zukunft dahingehend ausweichen wird (vgl. BayVGH, U.v. 27.1.2014 – 22 BV 13.260 – juris Rn. 17; bestätigt von BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6/14 – NVwZ 2015, 1544 Rn. 17). Für solche besonderen Umstände gab es vorliegend im Zeitpunkt des Bescheiderlasses keine Anhaltspunkte. Der Beklagte hat zutreffend unter Verweis auf das bisherige Verhalten des Klägers angenommen, dass ein Ausweichen des Klägers auf eine Vertretungs- oder Leitungsfunktion eines Gewerbebetriebes möglich erscheint.
Die im Rahmen des § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO erforderliche Ermessensentscheidung, die von der Möglichkeit der erweiterten Gewerbeuntersagung Gebrauch macht, ist nicht rechtswidrig, wenn der Verwaltungsentscheidung zumindest konkludent die maßgebliche Erwägung entnommen werden kann, die anderweitige Gewerbeausübung oder das Ausweichen in Leitungs- und Vertretungstätigkeiten sei so wahrscheinlich, dass sich die Untersagung auch darauf erstrecken soll (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6/14 – NVwZ 2015, 1544 Rn. 18). Eine Ermessenserwägung dieser Art lässt sich der angefochtenen Untersagungsverfügung entnehmen. Da das Gericht bei Maßnahmen, die wie die erweiterte Gewerbeuntersagung in das Ermessen der Behörde gestellt sind, gemäß § 114 Satz 1 VwGO nur spezifische Ermessensfehler prüfen darf, nicht aber die Zweckmäßigkeit der behördlichen Maßnahme, führt es nicht zur Fehlerhaftigkeit des angefochtenen Bescheids, dass der Beklagte – da er unzutreffend von einer gewerbespezifischen Unzuverlässigkeit ausging – dem Kläger gegenüber keine erweiterte Gewerbeuntersagung in Bezug auf sämtliche noch nicht ausgeübte Gewerbe aussprach, obwohl sich der Kläger aufgrund der begangenen Betrugstaten – wie bereits unter 1.2 ausgeführt – nach Maßgabe gefestigter Rechtsprechung als gewerbeübergreifend unzuverlässig erwiesen hat. Die erweiterte Gewerbeuntersagung erging im Übrigen ermessensfehlerfrei, sie war insbesondere nicht unverhältnismäßig. Dem Kläger bleibt es unbenommen, in abhängiger Stellung Arbeit anzunehmen (s.o.).
3. Auch die dem Kläger eingeräumte Abwicklungsfrist begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Gleiches gilt für die Androhung der Zwangsgelder in gestaffelter Höhe sowie die sonstigen Nebenentscheidungen des Bescheids. Rechtliche Bedenken hiergegen wurden weder vorgetragen, noch sind solche ersichtlich.
4. Die Klage konnte daher keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.