Steuerrecht

Gewerbeuntersagung bei Strohmannverhältnis

Aktenzeichen  RN 5 K 15.804

Datum:
12.5.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GewO GewO § 35 Abs. 1

 

Leitsatz

Voraussetzung für die Untersagung eines Gewerbes nach § 35 Abs. 1 GewO ist es, dass das Gewerbe auch ausgeübt wird, wobei maßgeblicher Zeitpunkt hierfür die Einleitung des Untersagungsverfahrens ist. (redaktioneller Leitsatz)
Ein Strohmannverhältnis ist anzunehmen, wenn eine genaue Analyse der Innenbeziehungen erweist, dass ein Gewerbetreibender zur Verschleierung der wirklichen Machtverhältnisse eine natürliche oder juristische Person vorschiebt, die ohne eigene unternehmerische Tätigkeit nur als Marionette des Gewerbetreibenden am Wirtschaftsleben teilnimmt. (redaktioneller Leitsatz)
Gewerberechtlich unzuverlässig ist, wer Dritten, welche die für diesen Beruf erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzen, einen Einfluss auf die Führung des Gewerbebetriebes einräumt oder auch nur nicht willens oder nicht in der Lage ist, einen solchen Einfluss auszuschalten. (redaktioneller Leitsatz)
Eine Gewerbeuntersagung kann ausgesprochen werden, wenn der Gewerbetreibende unter dem maßgeblichen Einfluss eines oder mehrerer unzuverlässiger Dritter steht. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage, über die gemäß § 102 Abs. 2 VwGO in Abwesenheit der Klägerin verhandelt und entschieden werden konnte, ist unbegründet, da der angefochtene Bescheid des Landratsamtes … vom 22.4.2015 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
Die Klage ist zulässig.
1. Der fehlende Klageantrag führt nicht zur Unzulässigkeit der Klage. Zwar soll nach § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO die Klageschrift einen bestimmten Antrag enthalten. Dem Erfordernis eines bestimmten Antrags ist genügt, wenn das Ziel der Klage aus der Tatsache der Klageerhebung allein, aus der Klagebegründung und/oder in Verbindung mit der während des Verfahrens abgegebenen Erklärung hinreichend erklärbar ist (Kopp/Schenke, Kommentar zur VwGO, § 82 Rn. 10). Die nicht anwaltliche vertretene Klägerin hat im Schreiben vom 20.5.2015 eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie sich gegen den Bescheid des Landratsamts … vom 22.4.2015 wendet. Ein ausdrücklicher Antrag war daneben für die Feststellung des klägerischen Klagebegehrens nicht erforderlich.
2. Es bestehen gewisse Bedenken gegen die Zulässigkeit der Anfechtungsklage gegen die Gewerbeuntersagung, nachdem die Klägerin das streitgegenständliche Gewerbe zum 31.12.2015 abgemeldet und damit eingestellt hat. Geht man von einer endgültigen Aufgabe des Betriebs aus, so könnte sich der Verwaltungsakt erledigt haben. Angesichts dessen, dass die Klägerin das Gewerbe bei Bestandskraft der Gewerbeuntersagung nicht wieder anmelden könnte, die Beschwer also fortwirkt, kommt nur dann eine Erledigung des Verwaltungsakts durch Abmeldung des Gewerbes in Betracht, wenn die Aufgabe des Gewerbes endgültig ist und keine Anhaltspunkte für ein Wiederaufnehmen bestehen (VG Würzburg, U.v. 25.2.2015 – W 6 K 14.1296 -, juris; Sächsisches Oberverwaltungsgericht, U.v. 21.10.2013 – 3 A 639/12 -, juris). Angesichts des Alters der Klägerin erscheint dies wahrscheinlich. Dagegen spricht aber, dass sie die Klage gegen die Untersagungsverfügung trotz der Abmeldung des Gewerbes aufrecht erhalten hat. Auch wenn man eine Erledigung annehmen würde, so wäre die Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage wegen des Vorliegens eines Rehabilitationsinteresses wohl zu bejahen (Kopp/Schenke, Kommentar zur VwGO, § 113 Rn. 142).
II.
Jedenfalls ist die Klage aber insgesamt unbegründet, da der Bescheid des Landratsamts …vom 22.4.2015 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt.
1. Die Gewerbeuntersagung ist formell rechtmäßig. Dagegen kann die Klägerin nicht mit Erfolg einwenden, dass sie von Herrn 3… ausgearbeitet worden sei, den sie wegen Befangenheit abgelehnt hatte. Zunächst ist allein die Tatsache, dass ein Behördenmitarbeiter bereits mit dem Verwaltungsverfahren gegen ein Familienmitglied (hier den Sohn) der Klägerin befasst war, kein Grund, der die Besorgnis der Befangenheit i. S. d. Art. 21 BayVwVfG rechtfertigen kann; auch dann nicht, wenn die Behörde den darauf folgenden Rechtsstreit verloren hat. Weiter hat die Klägerin aber nichts vorgetragen. Darüber hinaus wäre ein solcher Formfehler außerdem nach Art. 46 BayVwVfG unbeachtlich, da offensichtlich ist, dass ein etwaiger Fehler die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Dies ist dann der Fall, wenn eine gebundene Verwaltungsentscheidung vorliegt, wenn also die Behörde weder Beurteilungs- noch Ermessens- noch planerische Spielräume hat (Kopp/Ramsauer, § 21 VwVfG Rn. 29; § 20 Rn. 72), so wie es bei der gebundenen Entscheidung zur Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 GewO der Fall ist.
2. Die Gewerbeuntersagung ist auch materiell rechtmäßig. Das Landratsamt konnte nach § 35 Abs. 1 GewO die Ausübung des Gewerbes untersagen, da Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit der Gewerbetreibenden in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, und die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit erforderlich ist.
Ohne Belang ist, dass die Klägerin das Gewerbe während des gerichtlichen Verfahrens abgemeldet hat. Zwar ist Voraussetzung für die Untersagung des Gewerbes nach § 35 Abs. 1 GewO, dass das Gewerbe auch ausgeübt wird; entscheidender Zeitpunkt hierfür ist aber nach h.M. die Einleitung des Untersagungsverfahrens (Marcks in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand Juni 2015, § 35 Rn. 24) und hier war das Gewerbe auf die Klägerin angemeldet und wurde auch ausgeübt.
Gewerberechtlich unzuverlässig ist nach ständiger Rechtsprechung und Literatur, wer keine Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß ausüben wird (BVerwG, U.v. 19.03.1970 – I C 6.69 – DVBl. 1971, 277; Pielow, Gewerbeordnung 2013, § 35 Rn. 19). Nicht ordnungsgemäß ist die Gewerbeausübung durch eine Person, die nicht willens oder nicht in der Lage ist, die im öffentlichen Interesse zu fordernde einwandfreie Führung ihres Gewerbes zu gewährleisten. Erforderlich ist weder ein Verschulden im Sinne eines moralischen oder ethischen Vorwurfs, noch ein Charaktermangel. Die Unzuverlässigkeit muss sich nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO aus in der Vergangenheit eingetretenen Tatsachen ergeben. Die bereits geschehenen Tatsachen hat die Behörde daraufhin zu beurteilen, ob sie auf eine Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in der Zukunft schließen lassen, d. h. ob sie die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf dieses Gewerbe dartun. Die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit erfordert kein Verschulden des Gewerbetreibenden (BVerwGE 24, 38). Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Gewerbeuntersagung ist immer der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (BVerwG, B.v. 23.11.1990 – 1 B 155/90 – juris Rn. 4). Ein späterer Entfall der Untersagungsvoraussetzungen berührt die Rechtmäßigkeit einer ausgesprochenen Untersagungsverfügung nicht, weil Wohlverhalten nach Bescheidserlass nur in einem Wiedergestattungsverfahren nach § 35 Abs. 6 GewO berücksichtigt werden kann.
a. Die Klägerin ist unzuverlässig im Sinne des § 35 Abs. 1 GewO, da ein Strohmannverhältnis vorliegt und ein oder mehrere unzuverlässige Dritte einen bestimmenden Einfluss auf das streitgegenständliche Gewerbe ausüben. Soll einem Gewerbetreibenden die Unzuverlässigkeit eines Dritten – hier also die Unzuverlässigkeit der Kinder der Klägerin, Herrn W. B. sowie Frau N. L. – vorgehalten werden, so ist zu unterscheiden, ob ein Strohmannverhältnis vorliegt oder ob der unzuverlässige Dritte einen bestimmenden Einfluss ausübt. Das Oberverwaltungsgericht Bremen (Beschl. v. 9.10.2012, NVwZ RR-213, 30) führt dazu Folgendes aus:
„Von einem „Strohmann“ spricht man im Gewerberecht, wenn jemand (der Strohmann) zur Verschleierung der tatsächlichen Verhältnisse als Gewerbetreibender vorgeschoben wird, das in Frage stehende Gewerbe in Wirklichkeit aber von einem anderen betrieben wird. Die eine Person gibt nur ihren Namen für den Gewerbebetrieb her und dient dem wahren Gewerbetreibenden als „Aushängeschild“. In der Rechtsprechung ist der Strohmann auch als jederzeit steuerbare Marionette bezeichnet worden, die von dem „Hintermann“ vorgeschoben wird, um zwecks Täuschung des Rechts- und Wirtschaftsverkehrs die wahren faktischwirtschaftlichen Machtverhältnisse zu verschleiern. Ein Strohmannverhältnis ist nur dann anzunehmen, wenn eine genaue Analyse der Innenbeziehungen erweist, dass ein Gewerbetreibender zur Verschleierung der wirklichen Machtverhältnisse eine natürliche oder juristische Person vorschiebt, die ohne eigene unternehmerische Tätigkeit nur als Marionette des Gewerbetreibenden am Wirtschaftsleben teilnimmt. Dabei liegt der eigentliche Sinn der rechtlichen Erfassung des Strohmannverhältnisses darin, den Hintermann in den gewerblichen Ordnungsrahmen einzubeziehen, nicht darin, den Strohmann daraus zu entlassen. Kennzeichnend ist danach die Teilnahme des Strohmannes am Wirtschaftsleben, die von dem Hintermann gesteuert wird. Das Gewerberecht muss im Interesse der Wirksamkeit des ordnungsrechtlichen Instrumentariums an das äußere Bild der gewerblichen Betätigung anknüpfen. Deshalb ist nicht das Betreiben des Geschäfts durch den Strohmann auf eigene Rechnung kennzeichnend. Wesentlich ist die nach außen gerichtete Betätigung des Strohmannes, namentlich dadurch, dass die Geschäfte in seinem Namen abgewickelt werden und ihn rechtlich binden sollen (BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2003 – 6 C 10/03 -, NVwZ 2004, 103).
Im Falle des bestimmenden Einflusses eines unzuverlässigen Dritten wird dieser gerade nicht als faktisch Gewerbetreibender in den gewerberechtlichen Ordnungsrahmen einbezogen (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 – 1 C 14/78 -, Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 40). Eine Gewerbeuntersagung ergeht nur gegenüber dem Gewerbetreibenden selbst, dessen Unzuverlässigkeit darin begründet liegt, dass er sich dem Einfluss des Dritten nicht entziehen konnte. Unzuverlässig ist, wer Dritten, welche die für diesen Beruf erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzen, einen Einfluss auf die Führung des Gewerbebetriebes einräumt oder auch nur nicht willens oder nicht in der Lage ist, einen solchen Einfluss auszuschalten. Dies rechtfertigt nämlich den Schluss, dass der Gewerbetreibende selbst nicht willens oder nicht in der Lage ist, alle Voraussetzungen für eine einwandfreie Führung des Betriebes zu schaffen, also auch in seiner eigenen Person keine Gewähr für eine ordnungsgemäße Betriebsführung bietet (vgl. BVerwGE 9, 222). Neben dem bestimmenden Einfluss des Dritten und dessen Unzuverlässigkeit (dazu u. bb.) setzt diese Fallgruppe voraus, dass der Einfluss auf demselben Gebiet des betrieblichen Rechts- oder Wirtschaftsverkehrs zutage tritt, auf dem der Dritte unzuverlässig ist (Heß, in: Friauf, GewO, § 35 Rn. 97). Zudem muss der Gewerbetreibende die Tatsachen, die die Unzuverlässigkeit des Dritten begründen, kennen (BVerwG, Beschluss vom 16. Juni 1970 – I B 44.70 -, Buchholz 451.40 § 2 GastG Nr. 21).
Beide Fallgruppen unterscheiden sich nur graduell. Entscheidend ist für die Annahme eines Strohmannverhältnisses letztlich, dass die Beherrschung durch den Hintermann so umfassend ist, dass dieser selbst als der Gewerbetreibende erscheint. Während der „Vordermann“ und tatsächliche Gewerbetreibende beim maßgeblichen Einfluss eines Dritten in Teilbereichen noch gewisse Möglichkeiten einer eigen bestimmten Handlungsweise besitzt, wird der Strohmann als Marionette vorgeschoben und gesteuert. Er hat keinen autonom bestimmten Handlungsspielraum (Heß, in: Friauf, GewO, § 35 Rn. 101).“
Die Klägerin steht bei der Ausübung ihres Gewerbes unter dem Einfluss eines oder mehrerer unzuverlässiger Dritter. Diese Einflussnahme geht soweit, dass kein ihr verbleibender Spielraum mehr erkennbar ist und sie insoweit als Strohfrau angesehen werden kann.
aa. Zum einen ist der Einfluss der Hintermänner auf die Klägerin so groß, dass von einem Strohmannverhältnis gesprochen werden kann. Allein daraus folgt die Unzuverlässigkeit von Strohmann und Hintermann. Auf die Unzuverlässigkeit des Hintermannes kommt es dabei zunächst nicht an. Der eigentliche Sinn der rechtlichen Erfassung des Strohmannverhältnisses ist es nach dem Bundesverwaltungsgericht, den Hintermann in den gewerblichen Ordnungsrahmen einzubeziehen, nicht aber, den Strohmann daraus zu entlassen (BVerwG, U. v. 2. Februar 1982 Az. – 1 C 3/81 – BVerwGE 65, 12). Das für das Strohmannverhältnis typische kollusive Zusammenwirken von Strohmann und Hintermann nötigt zur Untersagung gegen beide Personen.
Nach der Überzeugung der Kammer hat die Klägerin keinen eigenbestimmten Handlungsspielraum bei der Führung des auf sie angemeldeten Gewerbes mehr. Sie wird von ihren Kindern als Marionette vorgeschoben und gesteuert. Die Kammer gelangt zu diesem Ergebnis aufgrund der Zusammenschau einer Reihe von Indizien.
Ein erster Anhaltspunkt ist hier die Tatsache, dass die Klägerin die Mutter des Herrn W. B. und der Frau N. L. ist. Denn in der Regel erleichtert ein Verwandtschaftsverhältnis die Einflussnahme des Hintermanns auf den Strohmann. In einem Eltern-Kind-Verhältnis kann grundsätzlich ein Indiz für das Vorliegen eines Strohmannverhältnisses gesehen werden, da die emotionale Bindung zwischen Eltern und Kindern für ein Strohmannverhältnis häufig ausgenutzt wird. Nach der Rechtsprechung ist aber auch bei einer Ehe mit einem unzuverlässigen Ehegatten nicht allein dadurch von der Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden auszugehen, sondern es müssen vielmehr weitere Tatsachen vorliegen, die den Schluss rechtfertigen, dass der unzuverlässige Hintermann Einfluss auf die Führung des Betriebs nehme (BVerwG U.v. 16.10.1959, GewArch 1962, 154). Dies muss auch für ein Eltern-Kind-Verhältnis gelten.
Weitere überzeugende Indizien dafür, dass die Klägerin keinen autonomen Handlungsspielraum im Rahmen der Geschäftsführung besitzt, liegen nach der Ansicht der Kammer vor. Ein weiteres Indiz ist zunächst die Tatsache, dass sie zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses bereits 84 Jahre alt war. Hinzu kommt, dass die Klägerin nach Auskunft der Gerichtsvollzieherin (Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft … Az: 32 Js 4900/16, Beiakten 32 Js 18251/15, dort Blatt 31) teilweise pflegebedürftig ist. Allein diese äußeren Umstände lassen es als äußerst unwahrscheinlich erscheinen, dass die Klägerin noch selbst die Fäden des auf sie angemeldeten Gewerbes in der Hand hält.
Für die Annahme eines Strohmannverhältnisses entscheidend sind außerdem die Anhaltspunkte, die sich aus den Ermittlungen des Landratsamtes und den verschiedenen dem Verfahren beigezogenen Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft über die Geschäftsabläufe bei der Firma „B2.“ ergeben. So zeigt sich, dass die Klägerin mehrfach über Aufträge und Verhandlungen mit Kunden nicht Bescheid wusste. Telefonanrufe von Kunden konnte sie nicht beantworten, sondern verwies auf ihren Sohn oder ihre Tochter. In der Sache wusste sie nicht Bescheid. Hierbei handelte es sich nicht nur um zum Teil größere Bestellungen, sondern regelmäßig um Beschwerden von Kunden, die nicht beliefert wurden und um Verhandlungen mit ihnen. Dies ergibt sich zum Beispiel aus den Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft … Az: 32 Js 388/15 (BA Bl. 6) und dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft … Az: 32 Js 4900/16, Beiakten 32 Js 18251/15 (dort Bl. 26). Unter üblichen Verhältnissen ist zu erwarten, dass der verantwortliche Gewerbetreibende vor allem bei Problemen mit Kunden in der Sache Bescheid weiß. Zudem führten die Kinder der Klägerin Tätigkeiten im Gewerbebetrieb aus, wie die Annahme von Aufträgen oder die Erteilung von Lieferaufträgen. Über Arbeitsverträge oder ähnliche Vereinbarungen mit den Kindern ist nichts bekannt. Weiter wurde etwa der Sohn der Klägerin von seinem Schwager F. L. als „Chef“ des Betriebes bezeichnet (laut Mitteilung der PI … vom 10.6.2010, Az. BY2203-000370-10/3; vgl. Bescheid vom 22.4.2015).
Auf die im Bescheid des Landratsamts … hierzu jeweils aufgelisteten Einzelheiten wird verwiesen.
Zwar kann in lediglich einem einzelnen der vorliegenden Indizien wohl nicht in ausreichender Weise die Annahme begründet sein, dass die Klägerin keinen autonomen Handlungsspielraum bei der Führung ihres Gewerbes mehr hat. Entscheidend ist jedoch die Zusammenschau aller dieser Indizien, die in dieselbe Richtung weisen sowie insbesondere die Tatsache, dass beim Auftreten des klägerischen Gewerbebetriebs nach außen regelmäßig versucht wird, den Inhaber sowie die wahren Verhältnisse zu verschleiern. Dies wird schon darin erkennbar, dass beim Impressum des Internetauftritts zeitweise kein Inhaber angegeben war oder auf den Rechnungen kein Inhaber angegeben wird (z. B. BA Bl. 16). Weiter kam es zu Nachfragen beim Landratsamt, wer denn nun Inhaber des Gewerbes sei (z. B. GA Bl. 20). Die Kommunikation mit den Kunden erfolgt hauptsächlich über E-Mails, die stets nur mit dem Familiennamen „B.“ unterschrieben wurden, so dass unklar bleibt, ob es sich dabei um die Klägerin oder um ihren Sohn handeln soll.
In der Konsequenz dieser Vorgehensweise beim Gewerbebetrieb der Klägerin wurden mehrere Ermittlungsverfahren gegen sie nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da die Staatsanwaltschaft davon ausging, dass die Klägerin selbst nicht innerhalb ihres Gewerbebetriebs handelte, sondern dass die wahren Handelnden der Sohn und die Tochter der Klägerin sind. Dies ergibt sich beispielsweise aus der Einstellungsverfügung im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft … Az. 104 Js 9073/12, aber auch im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft … Az. 32 Js 4900/16 gegen den Sohn W. B. bzw. in den als Beiakten mit dem Az: 32 Js 18251/15 geführten Ermittlungsakten gegen die Klägerin selbst.
Damit wird die Klägerin zur Überzeugung der Kammer nur als Strohfrau von ihren Kindern vorgeschoben und ihr selbst verbleibt kein autonomer Handlungsspielraum zur Führung des Gewerbes. Allein deswegen war eine Gewerbeuntersagung ihr gegenüber gerechtfertigt.
bb. Außerdem war die Anordnung der Gewerbeuntersagung gegenüber der Klägerin auszusprechen, weil sie unter dem Einfluss eines oder mehrerer unzuverlässiger Dritter steht. Im graduellen Unterschied zum Strohmannverhältnis wäre hierfür bereits die Annahme eines maßgeblichen Einflusses des Dritten ausreichend. Um eine Gewerbeuntersagung auch aus diesem Gesichtspunkt zu rechtfertigen, ist jedoch an den Dritten zusätzlich die Anforderung zu stellen, dass dieser unzuverlässig ist. Vorliegend ist die Klägerin dem maßgeblichen Einflusses ihres Sohnes W. B. und ihrer Tochter N. L. ausgesetzt (s.o.). Beide sind als gewerberechtlich unzuverlässig anzusehen. Dies führt zur Unzuverlässigkeit in der Person der Klägerin selbst, weil sie nicht willens oder in der Lage ist, einen solchen Einfluss auf die Führung ihres Gewerbebetriebs auszuschalten.
Die Kinder der Klägerin, W. B. und N. L. sind unzuverlässig im Sinne des § 35 Abs. 1 GewO. Dabei ergibt sich die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des W. B. bereits aus den bestandskräftigen Gewerbeuntersagungen vom 7.7.2005 und vom 25.8.2010 (bestätigt durch die rechtskräftigen Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 17. Juli 2006, Az. RN 5 K 06.269 und vom 12. Mai 2011, Az. RN 5 K 10.1763). Die Unzuverlässigkeit der N. L. folgt aus der Vornahme von gewerbebezogenen Handlungen, die den objektiven Tatbestand des Betruges verwirklichen. Daraus ergeben sich außerdem weitere Unzuverlässigkeitsgründe bzgl. W. B., die die bestehenden Gewerbeuntersagungen bestätigen.
Erforderlich ist ein Bezug der Straftat zum ausgeübten Gewerbe (BVerwGE 36, 288). Dieser Gewerbebezug ist bei Eigentums- und Vermögensdelikten für alle Gewerbezweige zu bejahen (Tettinger/Wank/Ennuschat, Gewerbeordnung 8. Auflage 2011 § 35 GewO Rn. 28). Die von der Staatsanwaltschaft ermittelten Tatsachen wegen des Betrugsvorwurfs können daher jeweils für die Beurteilung der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit herangezogen werden.
(1) Nach diesen Grundsätzen ist die Tochter der Klägerin, N. L., als gewerberechtlich unzuverlässig anzusehen; die Unzuverlässigkeit des Sohnes W. B. wird bestätigt.
Das aus den jeweiligen Ermittlungsakten hervorgehende Verhalten steht mit dem, was von einem ordnungsgemäßen Gewerbetreibenden erwartet wird, nicht im Einklang. Dabei sind die jeweiligen Sachverhalte parallel gelagert, die Verhaltensweisen sind stets die gleichen bzw. sehr ähnlich. Die Bestellung eines Kunden wird angenommen und eine Anzahlung wird verlangt. Dabei wird der Inhaber des Gewerbebetriebs verschleiert, s.o. bzw. wenn möglich, die Klägerin als Handelnde vorgeschoben. Eigentlich handelnde Personen sind aber N. L. und W. B. (s.o.). Nach dem Erhalt der Anzahlung erfolgt nie eine Lieferung. Kommt es infolge rechtlicher Inanspruchnahme zu einem Titel, so verläuft entweder die Zwangsvollstreckung erfolglos oder es kommt erst „in letzter Minute“ zur Zahlung.
Das sich aus den jeweiligen Ermittlungsverfahren ergebende Verhalten der Tochter der Klägerin führt zur deren gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit. Gegenüber dem Sohn der Klägerin ergeben sich daraus weitere Unzuverlässigkeitsgründe, die die bestehenden Gewerbeuntersagungen bestätigen. Insbesondere die Häufung der Verwirklichung der Straftatbestände lässt einen tief sitzenden Hang zur Missachtung geltender Vorschriften erkennen (VGH Baden-Württemberg GewArch 1990, 253; Tettinger/Wank/Ennuschat, Gewerbeordnung, 8. Auflage, 2011, § 35 Rn. 39). Erschwerend kommt hinzu, dass die betrügerischen Handlungen nicht lediglich irgendwie gearteten Gewerbebezug aufweisen, sondern bei der Ausführung der Kerntätigkeiten des Gewerbes, nämlich dem Verkauf der eigenen Produkte oder dem Einkauf von hierfür erforderlichem Material erfolgt sind. Ihre Häufigkeit spricht zudem für ein gewissermaßen planmäßiges Vorgehen, das bei einem ordnungsgemäßen Gewerbetreibenden nicht hingenommen werden kann.
(2) Hierbei konnten die Tatsachen, die sich aus den beigezogenen Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft ergeben, für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit für das ausgeübte Gewerbe herangezogen werden. Eine Bindung i. S. d. § 35 Abs. 3 GewO liegt jeweils nicht vor, denn sie kann erst mit dem Erlass eines Strafurteils eintreten (Marcks, in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung Juni 2015, § 35 Rn. 141, 148).
Dabei können die ermittelten Tatsachen unabhängig davon im Untersagungsverfahren berücksichtigt werden, ob es infolge der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen letztendlich zu einer rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung gekommen ist, oder ob das Verfahren noch nicht so weit gediehen ist, ob also lediglich eine Anklageschrift vorliegt. Die Kinder der Klägerin wurden wegen gemeinschaftlichen Betrugs im Verfahren mit dem Az: 32 Js 4900/16 vor dem Amtsgericht … angeklagt; die dort ermittelten Tatsachen können im Untersagungsverfahren bzw. im Verwaltungsprozess verwertet werden.
Ebenfalls herangezogen werden können ermittelte Tatsachen, wenn das Verfahren etwa wegen Geringfügigkeit oder unter Auflagen eingestellt worden ist (§§ 153, 153a StPO; dazu BayVGH B.v. 8.2.2012, Az. 22 ZB 11.2360 Rn. 13). Hintergrund ist, dass nicht die strafgerichtliche Verurteilung als solche Grundlage der Gewerbeuntersagung ist, sondern die Prognose der Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, die sich auf die vorliegenden Tatsachen stützt (Tettinger/Wank/Ennuschat, Gewerbeordnung 8. Auflage 2011 § 35 Gewerbeordnung Rn. 37). Damit können die Tatsachen aus dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft … mit dem Az: 104/Js 9073/12 herangezogen werden, das letztendlich gegenüber dem Sohn der Klägerin unter Auflagen nach § 153a Abs. 2 StPO und gegenüber der Tochter wegen Geringfügigkeit nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellt wurde. Danach haben beide gemeinschaftlich einen Betrug (§ 263 StGB) begangen, von dessen Verfolgung nach §§ 153 Abs. 2, 153a Abs. 2 StPO abgesehen wurde.
Selbst die ermittelten Tatsachen, die zu einer staatsanwaltschaftlichen Einstellungsverfügung nach § 170 Abs. 2 StPO wegen fehlender Feststellbarkeit des Verschuldens geführt haben, können im Gewerbeuntersagungsverfahren verwertet werden. Dies liegt darin begründet, dass für das Herbeiführen der Tatsachen, die zur Unzuverlässigkeit führen können, aus gewerberechtlicher Sicht ein Verschulden nicht erforderlich ist (BayVGH B.v. 8.2.2012, Az. 22 ZB 11.2360 Rn. 13). Auch die Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft … mit dem Az: 32 Js 1296/2/14 gegen die Klägerin sowie ihre beiden Kinder wegen Betrugs können herangezogen werden, obwohl gegen alle drei eine Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO erfolgt ist, da der Betrugsvorsatz nicht nachzuweisen gewesen sein soll. Zum einen ist ein Verschulden für die Herbeiführung der zur gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit führenden Tatsachen unerheblich. Zum anderen ist das Gericht an die Beurteilung der Staatsanwaltschaft nicht gebunden, eine Bindungswirkung nach § 35 Abs. 3 GewO besteht nicht. Auch gilt der Grundsatz in dubio pro reo in Verwaltungsprozessen nicht. Für die Annahme eines Betrugsvorsatzes spricht insbesondere, dass die Staatsanwaltschaft diesen lediglich deshalb als nicht erwiesen angesehen hat, weil die geleistete Anzahlung des Vertragspartners letztendlich zurückbezahlt worden war. Dies geschah aber erst, als die Verhaftung der Klägerin zur Abgabe der Vermögensauskunft kurz bevorstand. Dies und die Parallelität des Verhaltens zu dem bei anderen Ermittlungsverfahren Hervorgetretenen würden dafür sprechen, dass jedenfalls im Verwaltungsprozess ein Vorsatz hier angenommen werden könnte, worauf es aber im Ergebnis insgesamt hier nicht mehr ankommt.
(3) Die Erkenntnisse aus den Ermittlungsverfahren mit dem Az. 32 Js 12962/14 sowie 32 Js 4900/16 mit dem Beiakten 32 Js 18251/15 konnten im Verwaltungsprozess berücksichtigt werden, auch wenn sie noch nicht ins behördliche Untersagungsverfahren eingeführt worden waren. Denn wenn sogar der Austausch der Begründung des Verwaltungsaktes durch das Gericht möglich ist, wenn der Verwaltungsakt nicht in seinem Wesen geändert wird (BVerwG U.v. 31.3.2010, GewArch 2010, 302), so muss dies erst recht gelten, wenn die Begründung der Behörde durch das Gericht lediglich ergänzt wird. Entscheidend ist, dass der Verwaltungsakt rechtmäßig ist; hierbei kommt es auf den Tenor an, nicht auch auf die Begründung. Bei gebundenen Entscheidungen wird der Verwaltungsakt bei einem Austausch der Begründung regelmäßig nicht in seinem Wesen geändert (Decker in: Posser/Wolff, Kommentar zur VwGO, § 113 Rn. 24). Eine Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 GewO ist eine gebundene Entscheidung, so dass die Begründung im gerichtlichen Verfahren erst recht ergänzt werden konnte.
Sowohl der Sohn als auch die Tochter der Klägerin sind damit als gewerberechtlich unzuverlässig anzusehen. Der maßgebliche Einfluss der Kinder der Klägerin ist umfassend und tritt auch genau in dem Bereich des Gewerbebetriebes zutage, auf dem sie unzuverlässig sind. Die Tatsachen, die die Unzuverlässigkeit ihrer Kinder begründen, sind der Klägerin aus der regelmäßigen Auseinandersetzung mit den verschiedenen Behörden, aber auch aus der Anhörung des Landratsamtes zur Gewerbeuntersagung bekannt. Damit ist auch die Klägerin gewerberechtlich unzuverlässig, da sie entweder nicht willens oder nicht in der Lage war, diesen maßgeblichen Einfluss zu verhindern.
b. Darüber hinaus ist die Gewerbeuntersagung gegenüber der Klägerin zusätzlich deshalb gerechtfertigt, weil die Klägerin wirtschaftlich nicht mehr leistungsfähig ist.
Im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs muss von einem Gewerbetreibenden erwartet werden, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit, ohne Rücksicht auf die Ursachen seiner wirtschaftlichen Schwierigkeiten, seinen Gewerbebetrieb aufgibt. Der Unzuverlässigkeitsvorwurf der mangelnden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit knüpft daher weniger an die Vermögenslosigkeit als solche an, sondern an die unterlassene Betriebsaufgabe trotz anhaltender wirtschaftlicher Krise (Ennuschat, in: Tettinger/Wank/Ennuschat, Gewerbeordnung, 8. Auflage 2011, § 35 Rn. 63). Ansonsten würde dem Gewerbetreibenden jeder finanzieller Spielraum zur Erfüllung der mit seinem Gewerbebetrieb verbundenen Zahlungsverpflichtungen fehlen. Es kommt auch nicht darauf an, welche Ursachen zu der Überschuldung und der wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit der Klägerin geführt haben.
Die zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses 9 Eintragungen im Schuldnerverzeichnis wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft der Klägerin belegen ihre mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die zu ihrer Unzuverlässigkeit führt. So wurden die 9 Eintragungen im Schuldnerverzeichnis angeordnet, weil die Klägerin ihrer Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen ist, § 882 c Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Hierbei konnten auch die Erkenntnisse aus den Ermittlungsverfahren mit dem Az. 32 Js 12962/14 sowie 32 Js 4900/16 mit den Beiakten 32 Js 18251/15 im Verwaltungsprozess berücksichtigt werden, auch wenn sie noch nicht ins behördliche Untersagungsverfahren eingeführt worden waren (s.o.).
Allein die Tatsache, dass die Klägerin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verpflichtet war, ist als Beleg für die wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit ausreichend. Anerkannt ist, dass die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung als Beleg genügt (Marcks, in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung Juni 2015, § 35 Rn. 46; Hess VGH, B.v. 09.11.1992 – 8 TH 2651/91). Zwar ist für die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach §§ 802c Abs. 1 Satz 1, 802f ZPO kein erfolgloser Pfändungsversuch nötig, dennoch lassen sich aus der Verpflichtung hierzu die notwendigen Rückschlüsse für das Gewerbeuntersagungsverfahren ziehen. Gemäß § 802 f Abs. 1 Satz 1 ZPO ist der Schuldner zur Abgabe der Vermögensauskunft nur dann verpflichtet, wenn er die zu vollstreckende Geldforderung nicht innerhalb von zwei Wochen nach Fristsetzung durch den Gerichtsvollzieher beglichen hat. Sollte der Schuldner es allerdings so weit kommen lassen, so wird daraus seine Zahlungsunwilligkeit deutlich. Zwar kann es auch bei einem noch vermögenden Schuldner zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bzw. zur Verpflichtung hierzu kommen, aber nur dann, wenn er trotz Vollstreckungstitel und Fristsetzung durch den Gerichtsvollzieher die Forderung nicht beglichen hat. Dieses Verhalten kann bei einem zuverlässigen Gewerbetreibenden ebenfalls nicht geduldet werden. Die Gewerbeuntersagung zum Schutz der Allgemeinheit nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist auch dann gerechtfertigt, wenn der Gewerbetreibende zahlungsunwillig ist. Dies muss dann erst recht für den hier vorliegenden Fall gelten, bei dem die Klägerin die eidesstattliche Versicherung hätte abgeben müssen, aber auch dieser Pflicht nicht nachgekommen ist.
c. Ein weiterer Beleg für die Unzuverlässigkeit der Klägerin ist darin zu sehen, dass sie ihren Mitwirkungspflichten (§ 149 AO, § 18 UStG) bei der steuerlichen Erfassung ihres Gewerbes nicht nachgekommen ist. So wurde lediglich für 2010 eine Einkommenssteuererklärung abgegeben. Von einem zuverlässigen Gewerbetreibenden ist jedoch zu erwarten, dass er seinen Mitwirkungspflichten ordnungsgemäß nachkommt.
3. Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Rechtsgrundlagen hierfür sind die Art. 18 Abs. 1, 19 Abs. 1 Nr. 3, 29, 31 und 36 VwZVG. Gegen die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes bestehen aus Sicht der entscheidenden Kammer keine Bedenken. Im Übrigen hat auch die Klägerin insoweit nichts vorgetragen.
Insbesondere war die die Klägerin eingeräumte Frist zur Betriebseinstellung angemessen im Sinne des Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG. Diese beträgt nach der Unanfechtbarkeit des Bescheids eine Woche. Aufgrund des bereits über einen längeren Zeitraum laufenden Gewerbeuntersagungsverfahrens und des gerichtlichen Verfahrens war der Klägerin bekannt, dass die Unanfechtbarkeit der Gewerbeuntersagung bevorstand. Sie konnte sich damit bereits darauf einstellen Es konnte der Klägerin billigerweise zugemutet werden, in dieser Frist ihr zum Zeitpunkt der Anordnung ausgeübtes Gewerbe abzuwickeln.
4. Die Kostenentscheidung im angegriffenen Bescheid begegnet keinen rechtlichen Bedenken und basiert auf den Art. 1, 2, 5 und 6 KG i. V. m. Tarif-Nr. 5.III.5/15 des Kostenverzeichnisses. Der Kostenrahmen für die Gewerbeuntersagung beträgt danach 50,- € bis 2.000,- €. Die vom Beklagten angesetzte Gebühr in Höhe von 200,- € bewegt sich im unteren Bereich dieses Kostenrahmens. Die Auslagenfestsetzung betrifft die Zustellung des streitgegenständlichen Bescheides und beruht auf Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 KG.
5. Da die Klage erfolglos war, war sie abzuweisen und es waren gemäß § 154 Abs. 1 VwGO der unterlegenen Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
6. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 708 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg zu stellen (Hausanschrift: Haidplatz 1, 93047 Regensburg; Postfachanschrift: Postfach 110165, 93014 Regensburg).
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einzureichen (Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 340148, 80098 München).
Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Allen Schriftsätzen sollen jeweils 4 Abschriften beigefügt werden.
Hinweis auf Vertretungszwang: Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich alle Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt bereits für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird, die aber noch beim Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder die anderen in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich auch durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; Einzelheiten ergeben sich aus § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 15.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abrufbar auf der Homepage des BVerwG), dessen Empfehlungen die Kammer folgt. Nach Nr. 54.2.1 beträgt der Streitwert 15.000 Euro.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,- EUR übersteigt, oder wenn die Beschwerde zugelassen wurde.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg einzulegen (Hausanschrift: Haidplatz 1, 93047 Regensburg; Postfachanschrift: Postfach 110165, 93014 Regensburg). Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Allen Schriftsätzen sollen jeweils 4 Abschriften beigefügt werden.

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