Steuerrecht

(Inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 9.3.2011 IX R 56/05 – Auslegung des § 2 Abs. 3 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002)

Aktenzeichen  IX R 68/06

Datum:
9.3.2011
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 2 Abs 3 EStG 1999
Spruchkörper:
9. Senat

Leitsatz

NV: Unter den Begriff der “negativen Summen” in § 2 Abs. 3 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 fallen keine Verluste, die tatsächlich wirtschaftlich erzielt werden (sog. “echte” Verluste).

Verfahrensgang

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 5. Juli 2006, Az: 2 K 444/01, Urteil

Tatbestand

1
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erzielte im Streitjahr 1999 positive Einkünfte aus selbstständiger Arbeit in Höhe von 545.331 DM, Verluste aus Gewerbebetrieb in Höhe von ./. 532.446 DM sowie Verluste aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ./. 34.581 DM. Die Verluste aus Gewerbebetrieb beruhen auf Beteiligungen an verschiedenen Schifffahrtsgesellschaften, welche degressive Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf die von ihnen angeschafften Wirtschaftsgüter vorgenommen hatten und teilweise ihren Gewinn nach § 5a EStG ermittelten.
2
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) ermittelte die Einkünfte der Klägerin unter Anwendung des § 2 Abs. 3 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/ 2002 (StEntlG 1999/2000/2002) und setzte im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 31. Januar 2001, zuletzt geändert durch Bescheid vom 15. März 2006, eine Einkommensteuer in Höhe von 86.811 DM fest.
3
Im Einspruchs- und Klageverfahren machte die Klägerin erfolglos geltend, § 2 Abs. 3 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 sei verfassungswidrig. Das Finanzgericht (FG) vertrat in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 47 veröffentlichten Urteil die Auffassung, dass der Klägerin bei voller Berücksichtigung der Verluste aus Gewerbebetrieb unstreitig von dem im Streitjahr Erworbenen rein rechnerisch nicht so viel verbleiben würde, wie sie im Streitjahr zum Bestreiten ihres Lebensunterhalts bedurfte. Indes handele es sich bei den Verlusten aus Gewerbebetrieb jedenfalls insoweit nicht um “echte” Verluste, als diese auf der Inanspruchnahme von AfA beruhten, die das Maß der nach § 7 Abs. 1 EStG absetzbaren Beträge übersteigen. Denn bei Schiffsbeteiligungen, bei denen bis zum 31. Dezember 2003 gemäß § 5a Abs. 3 Satz 1 EStG die Möglichkeit bestanden habe, innerhalb von drei Jahren zur Tonnagebesteuerung zu wechseln, sei die degressive AfA wirtschaftlich mit einer erhöhten Absetzung bzw. einer Sonderabschreibung vergleichbar.
4
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren nach vollständiger Berücksichtigung der geltend gemachten Verluste weiter.
5
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil des FG aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 31. Januar 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. November 2001, zuletzt geändert durch Bescheid vom 15. März 2006, mit der Maßgabe zu ändern, dass die bisher nicht ausgleichsfähigen Einkünfte vollständig zum Verlustausgleich zugelassen werden und mithin die Einkommensteuer auf 0 € festgesetzt wird.
6
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Es vertritt die Auffassung, § 2 Abs. 3 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 sei von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.
7
Der Bundesfinanzhof hat das Revisionsverfahren durch Beschluss vom 25. September 2007 XI R 39/06 bis zum Ergehen einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in dem Vorlageverfahren 2 BvL 59/06 ausgesetzt. Nach Abschluss dieses Verfahrens (s. BVerfG-Beschluss vom 12. Oktober 2010  2 BvL 59/06, BFH/NV 2010, 2387) hat der Senat das Revisionsverfahren mit Beschluss vom 27. Januar 2011 IX R 68/06 wieder aufgenommen.

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