Steuerrecht

Kein Übergang des Wertaufholungsgebots bei Verschmelzung

Aktenzeichen  I R 47/11

Datum:
11.7.2012
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 6 Abs 1 Nr 1 S 4 EStG 2002
§ 6 Abs 1 Nr 2 S 1 EStG 2002
§ 6 Abs 1 Nr 2 S 2 EStG 2002
§ 13 Abs 1 UmwStG 2002
Spruchkörper:
1. Senat

Leitsatz

NV: Bewertungsobergrenze für Zuschreibungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 i.V.m. Nr. 2 Sätze 1 und 2 EStG 2002 sind grundsätzlich jeweils die Anschaffungs- oder Herstellungskosten derjenigen Wirtschaftsgüter, um deren Bewertung es geht. Die im Fall einer Verschmelzung anzusetzenden (fiktiven) Anschaffungskosten nach § 13 Abs. 1 UmwStG 2002 bilden die “neue” Bewertungsobergrenze für die Wertaufholungsverpflichtung. Diese geht damit nicht auf die “neu” angeschafften Anteile über.

Verfahrensgang

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 2. Mai 2011, Az: 10 K 1483/09, Urteil

Tatbestand

1
I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob auf eine im Betriebsvermögen gehaltene Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, die zuvor durch Verschmelzung unter Fortführung der Buchwerte erworben worden war, eine Wertaufholung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Nr. 1 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Oktober 2002 (BGBl I 2002, 4210, BStBl I 2002, 1209) –EStG 2002– vorzunehmen ist, nachdem die ursprüngliche Beteiligung ausschüttungsbedingt auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben worden war.
2
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, erwarb zum 1. Januar 1991  76 v.H. der Geschäftsanteile an der B-GmbH. Zwischen der Klägerin als Organträgerin und der B-GmbH als Organgesellschaft bestand ab dem Jahr 1991 eine ertragsteuerliche Organschaft. Die bis zum 1. Januar 1991 von der B-GmbH thesaurierten Gewinnrücklagen wurden in den Jahren 1991 und 1992 an die Klägerin ausgeschüttet. In Höhe dieser Ausschüttungen nahm die Klägerin eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung ihrer Beteiligung an der B-GmbH in Höhe von 2.559.964 DM vor. Nach einer Erhöhung des Stammkapitals der B-GmbH im Dezember 1992 erwarb die Klägerin 1994 deren restliche Geschäftsanteile und hielt damit 100 v.H. der Geschäftsanteile. 1995 veräußerte die Klägerin 25 v.H. ihrer Geschäftsanteile an der B-GmbH je zur Hälfte an AF und DF. Mit Wirkung auf den 1. Januar 2000 wurde die B-GmbH auf eine weitere GmbH, die C-GmbH, verschmolzen. Die Verschmelzung erfolgte zu Buchwerten zum 31. Dezember 1999. Nach einer Umfirmierung waren an der C-GmbH AF und DF zu je 12,5 v.H. sowie die Klägerin zu 75 v.H. beteiligt. Zwischen der Klägerin und der C-GmbH wurde ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen. Nachdem die Klägerin im Jahr 2002 eine Erwerbsoption ausgeübt hatte, hielt sie 100 v.H. der Anteile an der C-GmbH.
3
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) erließ nach einer Außenprüfung einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid für das Streitjahr (2003). Darin wurde aufgrund der Ergebnisentwicklung bei der C-GmbH die Beteiligung an dieser unter Berufung auf § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Nr. 1 Satz 4 EStG 2002 (i.V.m. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes –KStG 2002–) mit im Vergleich zum Vorjahr um 981.667 € höheren Anschaffungskosten angesetzt. Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg gab der dagegen erhobenen Klage mit Urteil vom 2. Mai 2011  10 K 1483/09 (abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 222) statt. Es war der Auffassung, dass als Folge der Veräußerungsfiktion des § 13 Abs. 1 des Umwandlungssteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2002 (BGBl I 2002, 4133, ber. BGBl I 2003, 738) –UmwStG 2002– eine Wertaufholungsverpflichtung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Nr. 1 Satz 4 EStG 2002 nicht übergegangen sei.
4
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
5
Das FA beantragt sinngemäß,das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
6
Die Klägerin beantragt,die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

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