Aktenzeichen RN 5 K 17.892
Leitsatz
1 Auf staatliche Zuwendungen besteht grundsätzlich kein Anspruch. Sie werden bei Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Ausgestaltung vielmehr nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel vergeben. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2 Bei der Bestimmung des „ob“ und „wie“ der Förderung ist der Zuwendungsgeber nur durch den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz bzw. das Willkürverbot (Art. 3 GG) und das Rechtsstaatsprinzip sowie den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung eingeschränkt. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
3 Das Gericht ist grundsätzlich an den Zuwendungszweck gebunden, wie ihn der Zuwendungsgeber versteht, und kann lediglich überprüfen, ob die ausgeübte Verwaltungspraxis den vorgenannten Grundsätzen genügt. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Klage ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
I.
Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 28.04.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Zuwendung nach dem Bayerischen Zuschussprogramm zur Behebung der vom Hochwasser im Mai/Juni 2016 verursachten Schäden an überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden und an Hausrat im Landkreis ….
Maßgeblich für die Prüfung der Zuwendungsvoraussetzungen ist das Bayerische Zuschussprogramm zur Behebung der vom Hochwasser im Mai/Juni 2016 verursachten Schäden an überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden und an Hausrat im Landkreis …, Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 29. Juni 2016, Az. IIC1-4740.4-2-2.
1. Gemäß Ziffer 2.2.1 des Zuschussprogramms sind förderfähig alle Maßnahmen zur Beseitigung von Schäden an durch das Hochwasser beschädigten überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden und zur Erneuerung beschädigter oder zerstörter Bauteile solcher Gebäude (Instandsetzung).
Auf Zuwendungen besteht grundsätzlich und ausweislich der Präambel der Förderrichtlinie kein Anspruch. Sie werden bei Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Ausgestaltung vielmehr nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel vergeben. Dabei obliegt es dem Zuwendungsgeber, das „ob“ und „wie“ der Förderung frei zu bestimmen. Hierbei ist er nur durch den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz bzw. das Willkürverbot (Art. 3 GG) und das Rechtsstaatsprinzip sowie den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung eingeschränkt. Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften unterliegen keiner eigenständigen richterlichen Auslegung wie Rechtsnormen (vgl. BVerwG NJW 1996, 1766 m.w.N.). Sie begründen nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung. Das Gericht ist somit grundsätzlich an den Zuwendungszweck gebunden, wie ihn der Zuwendungsgeber versteht, und kann lediglich überprüfen, ob die ausgeübte Verwaltungspraxis den vorgenannten Grundsätzen genügt (BayVGH v. 28.10.1999 – 19 B 96.3964).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Ablehnung des vom Kläger beantragten Zuschusses mit Ablehnungsbescheid vom 28.04.2017 nicht zu beanstanden. Der Beklagte ging im Ablehnungsbescheid zutreffend davon aus, dass kein überwiegend zu Wohnzwecken genutztes Gebäude vorliegt.
a) Zunächst scheint es aufgrund der äußerst widersprüchlichen Aussagen des Klägers, der Antragstellung des Herrn … hinsichtlich Sofortgeld für seinen Gewerbebetrieb und der Aussage des Beklagten, dass Herrn … am Ortstermin von größeren Schäden sprach, die dieser durch das Hochwasser erlitten habe, dass u.a. mehrere Fahrzeuge, die zur Reparatur in der Werkstatt standen, erheblich beschädigt worden seien (vgl. Blatt 86 der Gerichtsakte), wenig glaubhaft, dass dieser zur Zeit des Hochwasser noch keine Reifenwerkstatt in einem Teil des vom Hochwasser betroffenen Lagerkellers betrieben hat. Zudem widersprechen sich die Aussagen des Klägers, ab wann er Herrn … den Lagerkeller für die Reifenwerkstatt überlassen habe. So wird in der Klagebegründung vom 29.05.2018 (Blatt 4 der Gerichtsakte) mitgeteilt, dass dies ab Oktober 2016 gewesen sei. Im Schriftsatz vom 25.09.2017 teilte der Kläger dann mit, dass dies erinnerlich erst kurz vor Weihnachten 2016 gewesen sein soll (Blatt 41 der Gerichtsakte). Im Schriftsatz vom 12.03.2018 (Blatt 67 der Gerichtsakte) gibt der Kläger dann an, dass Herr … zum Zeitpunkt des Hochwassers ausgehend von seiner Wohnung im 1. OG des Anwesens einen Onlinehandel mit Autoteilen betrieben habe und in dem vom Kläger übergebenen Lageplan (Anlage K 7) auf etwa ¼ der Fläche des Raumes „2“ Autoteile abgelagert habe. Damit wurde der Lagerkeller auch nach Aussage des Klägers bereits zum Zeitpunkt des Hochwassers teilweise gewerblich genutzt, da die Reifenlagerung als Teil des Autohandels anzusehen ist. In der mündlichen Verhandlung am 09.08.18 gab der Kläger dann an, dass Herr … nur bis 2015 in der Wohnung gewohnt habe und danach Frau … in diese Wohnung gezogen und zum Zeitpunkt des Hochwasser dort gelebt habe (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung). Was nun tatsächlich zutrifft, bleibt auch nach der mündlichen Verhandlung unklar, ist jedoch auch nicht entscheidungserheblich.
b) Denn selbst, wenn man davon ausgeht, dass Herr … die Reifenwerkstatt tatsächlich erst nach dem Hochwasserereignis eröffnet hat, so ergibt sich keine überwiegende Wohnnutzung in dem vom Hochwasser betroffenen Gebäudeteil in der …straße … Dabei ist zunächst nicht zu beanstanden, dass die Beklage für die Frage der überwiegenden Wohnnutzung in ihrem Bescheid auf den vom Hochwasser betroffenen Gebäudeteil und nicht auf den Gesamtkomplex abstellte. Zwar mögen die Anwesen …gasse … und … und das Anwesend in der …straße … miteinander verbunden sein. Der Kläger selbst spricht in den Schriftsätzen jedoch immer vom Anwesen „…gasse …“ und vom Anwesen „…straße …“ und nimmt so bereits selbst eine Trennung vor. Zudem spricht für ein Abstellen auf den betroffenen Gebäudeteil auch, dass jedes der Anwesen eine eigene Flurnummer und eine eigene Anschrift besitzt. Außerdem ist der Gebäudeteil in der …straße … über einen eigenen Zugang und nicht nur über das Anwesen in der …gasse erreichbar.
Überdies führt die vom Kläger angegebene Lagerung von privaten Einrichtungsgegenständen in dem vom Hochwasser betroffenen Keller nicht zu einer überwiegenden Wohnnutzung des vom Hochwasser betroffenen Gebäudeteils; denn eine „Lagerung“ stellt schlichtweg keine „Nutzung zu Wohnzwecken“ dar. Dazu kommt, dass sich in dem betreffenden Gebäudeteil unstreitig keine Wohnungen befinden und dieser Teil nicht zu Wohnzwecken genutzt werden kann, da es sich um einen alten Lagerkeller einer früheren Brauerei handelt. Auch im Grundbuch ist die tatsächliche Nutzung der Fl.-Nr. … mit „Handel und Dienstleistung“ angegeben (vgl. Blatt 10 der Behördenakte).
c) Aber selbst, wenn man mit dem Kläger zur Frage der überwiegenden Wohnnutzung auf den gesamten Gebäudekomplex abstellen würde, so ergibt sich nichts anderes.
Der Kläger trägt selbst vor, dass zum Zeitpunkt des Hochwasser – unabhängig davon, ob nun Herr … oder Frau … darin wohnten – lediglich eine Wohnung (Nr. 10) bewohnt war. Ausweislich des vom Kläger vorgelegten Plans (Anlage K 5) ist diese Wohnung 78,00 m2 groß. Im Verhältnis zum Gesamtareal, das insgesamt eine Größe von 1581,14 m2 aufweist, kann also – selbst wenn man noch den Teil des Lagerkellers (Raum „1“ Anlage K 7) miteinbezieht, in dem zum Zeitpunkt des Schadensereignisses private Sachen des Klägers gelagert wurden – nicht von einer überwiegenden Wohnnutzung des Gebäudekomplexes gesprochen werden.
Sinn und Zweck der Förderrichtlinie erfordert es zudem auf die tatsächliche Nutzbarkeit zu Wohnzwecken zum Zeitpunkt des Hochwasser am 01.06.2016 abzustellen, was auch der gängigen Förderpraxis des Beklagten entsprach (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung). Nach Ziffer 1 des Zuschussprogramms ist Zweck der Förderung Eigentümern von überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden oder Eigentumswohnungen und Privathaushalten bei der Beseitigung und Behebung von Hochwasserschäden an Gebäuden und an Hausrat rasch und wirkungsvoll zu helfen. Eine rasche Hilfe ist jedoch nur dann angezeigt, wenn die Bewohnbarkeit zum Zeitpunkt des Hochwassers auch tatsächlich gegeben war und das Gebäude nicht bereits aufgrund anderer, vor dem Hochwasser liegender Umstände tatsächlich gar nicht zu Wohnzwecken genutzt werden konnte. Wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung richtigerweise vortrug, ist das Hochwasserprogramm nämlich nicht dazu da, reine Vermögensschäden zu kompensieren. Das kann und will das Hilfsprogramm nicht leisten.
2. Da zum Schadenszeitpunkt weder der vom Hochwasser betroffene Gebäudeteil, noch der Gesamtkomplex überwiegend zu Wohnzwecken genutzt wurde und damit bereits die Fördervoraussetzungen der Ziffer 2.2.1 nicht gegeben sind, ist es nicht entscheidungserheblich, ob zur Schadensbehebung nun ein Betrag in Höhe von 3.028,31 € oder – wie vom Kläger vorgetragen – ein Betrag in Höhe von 56.199,75 € erforderlich ist. Dies kann daher dahin gestellt bleiben.
II.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.