Steuerrecht

Steuerfreiheit der Beteiligungserträge gemeinnütziger Körperschaften aus gewerblich geprägten Personengesellschaften

Aktenzeichen  V R 60/13

Datum:
18.2.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 14 AO
§ 6 Abs 1 Nr 4 S 4 EStG 2009
§ 15 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009
§ 15 Abs 3 Nr 2 EStG 2009
§ 5 Abs 1 Nr 9 KStG 2002
KStG VZ 2011
EStG VZ 2011
Spruchkörper:
5. Senat

Leitsatz

Beteiligt sich eine gemeinnützige Stiftung an einer gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Personengesellschaft, unterhält sie auch dann keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, wenn die Personengesellschaft zuvor originär gewerblich tätig war (Fortsetzung des BFH-Urteils vom 25. Mai 2011 I R 60/10, BFHE 234, 59, BStBl II 2011, 858) .

Verfahrensgang

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 10. Oktober 2013, Az: 10 K 158/13, Urteil

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 10. Oktober 2013  10 K 158/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1
I. Streitig ist, ob die Beteiligung einer gemeinnützigen Stiftung an einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG zu einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb führt.
2
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine als gemeinnützig anerkannte rechtsfähige Stiftung, die 1990 von den Eheleuten B. mit einem Grundstockvermögen von 100.000 DM gegründet worden war. Stiftungszwecke sind die Förderung des Tierschutzes, des Sports und des Umweltschutzes. Nach dem Tode der Frau B. erbte die Klägerin deren Kommanditanteil (100 %) an der B-GmbH & Co. KG (KG) sowie alle Anteile an der Komplementär-GmbH.
3
Die KG betrieb ursprünglich einen Schuhwareneinzelhandel mit Schuhgeschäften in A, B und C. Seit 1986 nutzte die KG ihr Betriebsgrundstück in A nicht mehr für Schuhwareneinzelhandel, sondern vermietete dieses Wohn- und Geschäftshaus an einen Dritten. Zum 30. Juni 2006 beendete die KG ihre Tätigkeit als Schuhwareneinzelhändler und veräußerte alle ihre Filialen. Im Betriebsvermögen verblieb lediglich das Wohn- und Geschäftshaus in A. Dieses Gebäude wurde umgebaut und danach eine (ehemalige) Wohnung als Büroraum für die KG und die Klägerin genutzt. Die übrigen Räumlichkeiten vermietet die KG an gewerbliche Mieter oder Wohnungsmieter. Weitere wirtschaftliche Betätigungen übt die KG seitdem nicht aus.
4
Gegenüber dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt –FA–) deklarierte die KG die Veräußerung der Schuhgeschäfte im Jahre 2006 als Teilbetriebsveräußerung i.S. der §§ 16, 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Dem folgte das FA, da es sich nach übereinstimmender Ansicht der Beteiligten bei dem Grundstück in A im Jahr 2006 nicht (mehr) um eine wesentliche Betriebsgrundlage des Schuhwareneinzelhandels gehandelt habe. Ebenso gewährte das FA der KG für die Folgejahre die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 Gewerbesteuergesetz.
5
Die Klägerin behandelte ihre Beteiligung an der KG seit 2006 zunächst als steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Dieser Betrachtung schloss sich das FA an und erfasste im Streitjahr (2011) als Beteiligungsergebnis einen Gewinn von 101.082 €. Dementsprechend setzte das FA die Körperschaftsteuer für das Streitjahr in Höhe von 14.412 € fest. Dagegen wandte sich die Klägerin infolge des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. Mai 2011 I R 60/10 (BFHE 234, 59, BStBl II 2011, 858) mit ihrem Einspruch und machte die Steuerfreiheit der Beteiligungseinkünfte geltend.
6
Die Klage war erfolgreich: Das Finanzgericht (FG) hob in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 111 veröffentlichten Urteil die Körperschaftsteuerfestsetzung für das Streitjahr auf. Die Klägerin sei durch § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung des Streitjahres (KStG) von der Steuer befreit. Ihre Beteiligung an der gewerblich nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG geprägten KG führe nicht zu einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i.S. des § 14 der Abgabenordnung (AO), weil es sich dabei der Sache nach um Vermögensverwaltung handele. Etwas anderes ergebe sich nicht daraus, dass die KG zuvor als Schuhhändlerin originär gewerbliche Einkünfte erzielt habe.
7
Hiergegen richtet sich die Revision des FA: Die ursprünglich originär gewerbliche Tätigkeit der KG sei bis zur endgültigen Auflösung der im Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven fortgeführt worden. Die Beteiligung einer gemeinnützigen Stiftung an einer zuvor gewerblich tätigen Personengesellschaft müsse solange dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zugeordnet werden, bis die während der gewerblichen Tätigkeit gebildeten stillen Reserven aufgedeckt und der Besteuerung zugeführt würden.
8
Das FA beantragt sinngemäß,das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
9
Die Klägerin beantragt,die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
10
Die fiktionalen gewerblichen Einkünfte auf der Ebene der KG seien auf der Ebene des gemeinnützigen Gesellschafters –der Klägerin– aufgrund der ausschließlich vermögensverwaltenden Tätigkeit der KG nicht von § 14 AO erfasst. Überdies könne auch eine gewerblich tätige Gesellschaft ein Betriebsgrundstück einer gemeinnützigen Stiftung zum Buchwert zuwenden.

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