Aktenzeichen 2 K 599/17
Leitsatz
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Gründe
II.
Die Klage ist unbegründet. Die Zahlungen des Klägers zugunsten der Klägerin auf deren Altersvorsorgevertrag haben auf der privaten Vermögensebene stattgefunden und sind Einkommensverwendung.
1. Die Zahlungen des Klägers auf den Altersvorsorgevertrag der Klägerin stehen in den Streitjahren in keinem konkreten und unmittelbaren Zusammenhang mit einer Abfindung wegen eines Versorgungsausgleichsanspruchs der Klägerin gegenüber dem Kläger wegen des Bestehens seiner Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung und seiner Anrechte aus der gesetzlichen Rentenversicherung und stellen damit keine Werbungskosten dar.
a) Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Voraussetzung für die Abziehbarkeit der Aufwendungen als Werbungskosten ist, dass sie in einem ausreichend bestimmten wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Einkunftsart stehen.
Ausgleichszahlungen zur Abfindung eines Versorgungsausgleichsanspruchs wegen des Bestehens einer Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung können zwar seit der Neuregelung des Versorgungsausgleichs zum 1. September 2009 durch das VersAusglG mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Zusammenhang stehende Werbungskosten sein. Denn nach § 10 VersAusglG ist nunmehr der Grundsatz der internen Realteilung eingeführt worden, wonach jedes Versorgungsanrecht separat, innerhalb seines Versorgungssystems, zwischen den Ehegatten aufzuteilen ist. Als Ausnahme zu dem Prinzip der internen Teilung ist in §§ 14 ff. VersAusglG die externe Teilung vorgesehen. Hierbei wird der Ausgleichswert an einen anderen als den gegenwärtigen, also einen externen unternehmensfremden Versorgungsträger übertragen, der hieraus eine angemessene Versorgung zu gewähren hat.
Sowohl im Falle der internen Teilung (§ 3 Nr. 55a EStG) als auch bei externer Teilung (§ 3 Nr. 55b EStG) muss nicht mehr der Ausgleichspflichtige, sondern der Ausgleichsberechtigte die Leistungen versteuern. Diese Realteilung und die damit verbundene Einkünfteverlagerung auf seine geschiedene Ehefrau hat der Kläger durch die in der Scheidungsfolgenvereinbarung vereinbarte Ausgleichszahlung verhindert.
Der Werbungskostenabzug in den Fällen von Aufwendungen zur Erhaltung eigener Versorgungsansprüche nach § 19 EStG ist nach § 10 Abs. 1 1. Halbsatz EStG auch vorrangig gegenüber einem eventuellen Sonderausgabenabzug (vgl. Urteil des FG Münster vom 11. November 2015 7 K 453/15 E, EFG 2016, 114).
b) Jedoch fehlt es im Streitfall an einem hinreichend konkreten Zusammenhang zwischen den Ausgleichszahlungen und der Verpflichtung des Klägers zum Versorgungsausgleich.
Abziehbare Werbungskosten liegen nicht bereits deshalb vor, weil die zu beurteilenden Zahlungen im sachlichen Zusammenhang mit Versorgungsanwartschaften stehen. Vielmehr ist allein maßgebend, ob eine Pflicht zum Ausgleich von Versorgungsanwartschaften besteht und diese zur Folge hätte, dass dem Versorgungsberechtigten niedrigere Versorgungsbezüge i.S. des § 19 Abs. 2 EStG zufließen als ohne eine solche Ausgleichsverpflichtung. Entscheidend ist mithin allein, ob die vorliegend zu beurteilenden Zahlungen dazu dienen, eine Verringerung der sonst im Scheidungsfall dem Kläger zufließenden Versorgungsbezüge zu verhindern. Fließen dem Ausgleichspflichtigen auch im Scheidungsfall die ungekürzten Versorgungsbezüge zu, betrifft eine Vereinbarung, die den dinglichen Versorgungsausgleich durch eine andere Regelung ersetzt, auch dann nicht den Bereich der Einkunftserzielung -in dem allein Werbungskosten anfallen könnten-, sondern den der Einkommensverwendung, wenn der Ausgleichspflichtige einen Teil der Versorgungsbezüge an den ausgleichsberechtigten Ehegatten weiterleiten muss (vgl. BFH-Urteile vom 17. Juni 2010 VI R 33/08, BFH/NV 2010, 2051; vom 15. Juni 2010 X R 23/08, BFH/NV 2010, 1807 betreffend betriebliche Altersversorgung; vom 22. August 2012 X R 36/09, BStBl II 2014, 109; vom 24. März 2011 VI R 59/10, BFH/NV 2011, 1123; und vom 8. März 2006 IX R 107/00, BStBl II 2006, 446). Nichts Anderes kann der jüngeren finanzgerichtlichen Rechtsprechung entnommen werden (vgl. BFH-Urteile vom 23. November 2016 X R 60/14, BFH/NV 2017, 890; X R 41/14, BFH/NV 2017, 773; X R 48/14, BStBl II 2017, 383; Urteile des FG Münster in EFG 2016, 1242, und in EFG 2016, 114).
Im Streitfall besteht in den Streitjahren keine Ausgleichspflicht des Klägers von Versorgungsanwartschaften gegenüber seiner Ehefrau, der Klägerin.
Der Versorgungsausgleich ist eine Folgeentscheidung im Rahmen eines Scheidungsverfahrens. Nach § 1587 BGB findet nach Maßgabe des VersAusglG zwischen geschiedenen Ehegatten ein Ausgleich von im In- oder Ausland bestehenden Anrechten statt, insbesondere aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus anderen Regelsicherungssystemen wie der Beamtenversorgung oder der berufsständischen Versorgung, aus der betrieblichen Altersversorgung oder aus der privaten Alters- und Invaliditätsvorsorge.
Die Kläger sind nicht geschieden und sind in den Streitjahren antragsgemäß zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden.
Entgegen der Auffassung der Kläger liegt auch dem Urteil des BFH (in BStBl II 2014, 109) der Fall eines geschiedenen und damit in Bezug auf seine Versorgungsanwartschaften ausgleichspflichtigen Klägers zugrunde.
Im Streitfall fließen dem Kläger als Inhaber des Anspruchs auf betriebliche Altersversorgung wegen des im Ehevertrag geregelten Ausschlusses des Versorgungsausgleichs keine niedrigeren steuerpflichtigen Versorgungsbezüge i.S. des § 19 Abs. 2 EStG zu.
Die streitgegenständlichen Zahlungen des Klägers sind in den Streitjahren nicht zum Ausgleich eines Versorgungsausgleichs im Zusammenhang mit einer Scheidung erfolgt, sondern haben einen Ausgleich für die auf Erwerbseinkommen verzichtende Klägerin dargestellt.
2. Die streitgegenständlichen Zahlungen des Klägers auf den Altersvorsorgevertrag der Klägerin sind auch keine Sonderausgaben i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG.
Danach sind Ausgleichszahlungen im Rahmen des Versorgungsausgleichs nach den §§ 20, 21, 22 und 26 VersAusglG, §§ 1587f, 1587g, 1587i BGB und § 3a des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich Sonderausgaben, soweit die ihnen zu Grunde liegenden Einnahmen bei der ausgleichspflichtigen Person der Besteuerung unterliegen, wenn die ausgleichsberechtigte Person unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.
Im Streitfall scheitert der Sonderausgabenabzug schon an der Ausgleichspflicht der Versorgungsanwartschaften des Klägers.
3. Da die streitgegenständlichen Zahlungen des Klägers bei den Einkommensteuerveranlagungen 2012 bis 2014 bei ihm weder als Werbungskosten noch als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG zu berücksichtigen sind, kann dahinstehen, ob bei der Klägerin in gleicher Höhe steuerpflichtige Einnahmen zu erfassen sind.
4. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Übrigen auf die zutreffende weitere Begründung des FA in der Einspruchsentscheidung (vgl. § 105 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung -FGO-) verwiesen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
6. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO erkennbar nicht erfüllt sind.