Steuerrecht

Verfristete und somit unzulässige Klage in einem Asylverfahren

Aktenzeichen  M 25 K 17.35817

Datum:
27.6.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 74 Abs. 1
VwGO VwGO § 60 Abs. 1, Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg, weil sie wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig ist. Eine Wiedereinsetzung in die Klagefrist kommt vorliegend nicht in Betracht.
Das Verwaltungsgericht konnte über den Rechtsstreit aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 2017 entscheiden, obwohl die Beklagte nicht erschienen ist. Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 20. April 2017 ordnungsgemäß geladen. Die Beklagte hat aufgrund des Generalsverzichts vom 24. März 2016 und vom 25. Februar 2016 auf eine Ladung gegen Empfangsbekenntnis verzichtet.
1. Die Klage ist verfristet und somit unzulässig.
Die Klage gegen Entscheidungen nach dem Asylgesetz muss innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung erhoben werden (§ 74 Abs. 1 Halbs. 1 AsylG). Diese Frist hat der Kläger nicht eingehalten (1.1.). Gründe für eine Wiedereinsetzung in die Klagefrist gemäß § 60 VwGO hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht (1.2.).
1.1. Der Kläger hat die Klagefrist nicht gewahrt.
Der Klageschriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 23. März 2017 ging bei Gericht per Post am 27. März 2017 ein. Die nach §§ 57 Abs. 2 VwGO, 222 ZPO, 188 Abs. 2 BGB zu berechnende Klagefrist von zwei Wochen war jedoch schon am 16. März 2017 abgelaufen.
Der angegriffene Bescheid wurde dem Kläger ausweislich der Postzustellungsurkunde entsprechend § 3 Abs. 2 Satz 2 VwZG bei der Partnerfiliale im Rewe Supermarkt niedergelegt und eine schriftliche Mitteilung über diese Niederlegung in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise abgegeben, nämlich durch Einlegung in den Gemeinschaftsbriefkasten. Gemäß § 181 Abs. 1 Satz 4 ZPO gilt der Bescheid des Bundesamts mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung am 2. März 2017 als zugestellt. Anhaltspunkte für den Zugang des Dokuments unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften i.S.v. § 189 ZPO mit der Folge, dass die Zustellung erst im Zeitpunkt des tatsächlichen Zugangs als zugestellt gelten würde, sind vorliegend weder geltend gemacht noch aus der Akte ersichtlich. Die Klagefrist begann somit am 3. März 2017 zu laufen (vgl. § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1 BGB) und endete am 16. März 2017 um 24 Uhr (vgl. § 27 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB, § 193 BGB). Die erst am 27. März 2017 erhobene Klage ist somit verfristet.
1.2. Dem Kläger ist auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 Abs. 1 VwGO zu gewähren.
Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 60 Abs. 1 VwGO). Die Fristversäumnis ist vorliegend nicht unverschuldet (1.2.1.). Außerdem wurden die Tatsachen zur Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung weder bei der Antragstellung vorgetragen noch im Verfahren über den Antrag glaubhaft gemacht (§ 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO) (1.2.2.).
Weder der Prozessbevollmächtigte noch der Kläger selbst haben eine Wiedereinsetzung Wiedereinsetzung beantragt und auch keine Umstände vorgetragen, die eine Wiedereinsetzung als veranlasst erscheinen lassen. Auch der erstmalige Vortrag von Umständen durch die Mutter des Klägers als Beistand in der mündlichen Verhandlung lässt keine andere Beurteilung zu.
1.2.1. Die Fristversäumnis ist nicht unverschuldet. Die Beweislast dafür, dass eine Fristversäumnis nicht auf Verschulden beruht, trägt der säumige Beteiligte. Im vorliegenden Fall ist dafür nichts vorgetragen.
Nach den Angaben der Mutter des Klägers hat dieser den Bescheid am 15. März 2017 und – somit noch innerhalb der Klagefrist – erhalten, jedoch erst zwei Tage später – und somit nach Ablauf der Klagefrist – am 17. März 2017, den Prozessbevollmächtigten aufgesucht. Die Fristversäumnis ist damit nicht unverschuldet. Ist der gesamte Aufenthalt eines Asylbewerbers auf den Asylbescheid hin orientiert, ist es ihm zuzumuten, dass er sich bei Eingang eines erkennbar amtlichen Schreibens umgehend und intensiv darum bemüht, dessen Inhalt zu erkunden. Ein Asylbewerber muss damit rechnen, dass das amtliche Schreiben sein Verfahren betrifft und von großer Dringlichkeit ist. Es obliegt ihm, sich unverzüglich und mit allen ihm zumutbaren Nachdruck um eine rasche Aufklärung über den Inhalt des Schreibens zu bemühen (vgl. BVerfG, B.v. 2.6.1992 – 2 BvR 1401/91- juris Rn. 23). Der Kläger hätte bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt eines gewissenhaften und sachgemäß Prozessführenden unter Hinweis auf den drohenden Fristablauf auf einen früheren Termin beim Prozessbevollmächtigten drängen oder selbst Klage erheben müssen (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 13. Auflage, 2010, § 60 Rn 13).
1.2.2. Unabhängig von der Frage des Verschuldens ist weder die Zweiwochenfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO für den Tatsachenvortrag gewahrt noch wurden im Übrigen Tatsachen für die Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung glaubhaft gemacht. Auch aus diesem Grund kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht.
Zunächst hat der Prozessbevollmächtigte keinen – auch nicht innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des geltend gemachten Hindernisses – Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt. Allerdings wäre dies gemäß § 60 Abs. 2 Satz 4 VwGO voraussichtlich unschädlich.
Entscheidend ist, dass er keine Tatsachen vorgetragen hat, die zur Begründung eines Wiedereinsetzungsantrags dienen sollen, weder innerhalb der Antragsfrist des § 60 VwGO noch danach. Es war die Mutter des Klägers, die erstmals in der mündlichen Verhandlung am 22. Juni 2017 als Beistand des Klägers Umstände vorgetragen hat, die zur Begründung eines Wiedereinsetzungsantrags in Betracht kämen.
Diese Tatsachen wären jedoch, wenn sie – wie vorliegend – nicht offenkundig sind, spätestens innerhalb der Frist für den Wiedereinsetzungsantrag darzulegen gewesen (vgl. BVerwG U.v. 21.10.1975 – VI C 170.73 – juris OS, Rn. 14; Eyermann, VwGO, 13. Aufl., 2013, § 60 Rn. 23); nur die Glaubhaftmachung dieser geltend gemachten Umstände hätte womöglich auch noch zu einem späteren Zeitpunkt im Wiedereinsetzungsverfahren erfolgen können (vgl. § 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO).
Somit kommt auch unabhängig von der Frage des Verschuldens eine Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist vorliegend nicht in Betracht.
Der Prozessbevollmächtigte hat das Problem der Einhaltung der Klagefrist offenbar auch erkannt, denn er verweist im Schriftsatz vom 23. März 2017 darauf, dass der Kläger den Bescheid erst am 17. März 2017 erhalten habe, was indes mit dem Vortrag der Mutter des Klägers nicht zu vereinbaren ist. Das Datum der Zustellung am 2. März 2017, das den Fristablauf am 16. März 2017 zur Folge hatte, war ausweislich der Postzustellungsurkunde auf dem Umschlag des Schriftstücks vermerkt.
Somit hätte für den Prozessbevollmächtigten schon bei Klageerhebung und jedenfalls im Verlauf des Verfahrens Veranlassung bestanden, Gründe für die Versäumung der Klagefrist vorzutragen und glaubhaft zu machen, sofern der Kläger ihm solche Umstände mitgeteilt hat. Trotz anwaltlicher Vertretung wurden Wiedereinsetzungsgründe vor der mündlichen Verhandlung jedoch weder geltend, geschweige denn glaubhaft gemacht.
Somit bleibt die Klage unzulässig und ist abzuweisen.
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Klage wohl auch als unbegründet anzusehen wäre.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

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