Aktenzeichen 14 O 314/16
GG GG Art. 34
Leitsatz
Einer Geschäftsführerin obliegt es, bei einem durch ihre Mitarbeiter erlittenen Unfall Erkundigungen zum Schadenshergang einzuholen und soweit auszudehnen, dass eine rechtzeitige Geltendmachung der Ansprüche (hier Einhaltung der Frist des Art. 6 Abs. 1 AG-NTS) sichergestellt ist. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.
III. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Der Streitwert wird auf 2.789,37 € festgesetzt.
Gründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
I.
Insbesondere ist das Landgericht Amberg auf Grund der Verweisung durch das Amtsgericht nach vorangegangenem Antrag des Klägers und Rüge der Beklagten sachlich und örtlich zuständig, §§ 281 Abs. 1 ZPO, 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG i.V.m. Art. 34 GG, § 839 BGB.
II.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch aus § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG zu wegen Versäumung der dreimonatigen Frist zur Geltendmachung der Ansprüche. Gemäß Art. 6 Abs. 1 AG-NTS sind Ansprüche innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt geltend zu machen, in dem der Geschädigte von dem Schaden und von den Umständen Kenntnis erlangt hat, aus denen sich ergibt, dass ein Mitglied oder Bediensteter einer Truppe den Schaden verursacht hat.
Zwar wurde die Geschäftsführerin … erst am 19.02.2015 detailliert über den Unfall in Kenntnis gesetzt, jedoch hat sie selbst bereits mit dem von ihr am 23.01.2015 unterzeichneten Unfallbericht, der von einem „Militärfahrzeug“ spricht, Kenntnis von dem Unfallhergang. Gerade einer Geschäftsführerin obliegt es, Erkundigungen zum Schadenshergang einzuholen und soweit auszudehnen, dass eine rechtzeitige Geltendmachung der Ansprüche sichergestellt ist. Dass der Unfallbericht von ihr lediglich unterzeichnet und nicht verfasst worden ist, ist insoweit unerheblich. Als Unterzeichnende macht sie sich den Inhalt des Schriftstücks zu Eigen.
Aber auch die Kenntnis der Geschäftsführerin ist dann nicht maßgeblich, wenn dem eingetragenen Verein das Wissen seiner Mitarbeiter zuzurechnen ist. Nach den Umständen des konkreten Einzelfalles und unter Berücksichtigung der Organisationsstruktur des Vereins im vorliegenden Fall, bei dem gerade keine Zuweisung einzelner Aufgaben innerhalb des Vereins an bestimmte Personen erfolgt, kommt es auf die Kenntnis und den Wissensstand jedes Mitarbeiters an. Denn ohne eine bestimmte Aufgabenzuweisung muss sich der Verein das Wissen der Mitarbeiterin zurechnen lassen. … hatte als Mitarbeiterin und Unfallbeteiligte am 22.01.2015 bereits Kenntnis von der Beteiligung eines sandfarbenen Militärfahrzeugs, das so nur von den US-Streitkräften gefahren wird.
Damit wird dem Kläger als Geschädigtem das Wissen der … zugerechnet. Kenntniserlangung ist am 22.01.2015, die Frist beginnt gem. § 187 Abs. 1 BGB am 23.01.2015 und endet am 22.04.2015, § 188 Abs. 2 BGB.
Innerhalb dieser Frist wurde kein Antrag gestellt.
Die Zuleitung der Ermittlungsakten durch den Polizeibeamten … am 24.04.2015 stellt keinen wirksamen Antrag dar. Es fehlt bereits an einer detaillierten Geltendmachung der jeweiligen Ansprüche. Es obliegt nicht der Schadensregulierungsstelle, potentielle Ansprüche von sich aus zu ermitteln.
Sie trifft keine Untersuchungs- und Kontrollpflicht, da gerade die Geltendmachung etwaiger Ansprüche von Grundsatz der Privatautonomie gedeckt ist.
Auch das Telefonat am 24.04.2015 zwischen … und … stellt keinen wirksamen Antrag dar und hindert demnach nicht den Ablauf der Frist.
Der schriftliche Antrag vom 06.05.2015, eingegangen am 07.05.2015 in dem Entschädigung und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt wurden, ist verfristet.
Auch ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht, da kein tauglicher Wiedereinsetzungsgrund vorliegt. Die bloße Unkenntnis der Geltendmachung eines Anspruches bei Beteiligung eines US-Militärs innerhalb von drei Monaten stellt keinen tauglichen Grund dar.
III.
Der Kläger als unterliegende Parteien hat die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zu tragen.
IV.
Der Beklagte vollstreckt lediglich seine Prozesskosten gem. §§ 708 Nr. 11 Alt. 2, 711 ZPO.