Steuerrecht

Wartezeit für vorgezogene Altersrente

Aktenzeichen  S 2 R 650/13

Datum:
15.2.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB VI SGB VI § 235, § 236a
AtG AtG § 2, § 3 Abs. 1 Nr. 1
SGB X SGB X § 31, § 34

 

Leitsatz

1 Eine beamtenrechtliche Altersteilzeit stellt keine Altersteilzeitarbeit iSd § 235 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 SGB VI dar, die zum vorzeitigen Rentenbeginn berrechtigt. (Rn. 17 – 18) (redaktioneller Leitsatz)
Rentenauskünfte stellen weder einen Bescheid noch eine Zusicherung dar. (Rn. 19 – 26) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtlich Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Berufung wird zugelassen.

Gründe

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig aber nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf einen Rentenbeginn 01.07.2013.
Der Kläger erfüllt in den streitbetroffenen Monaten Juli, August 2013 noch nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen für die begehrte Regelaltersrente.
Das Gericht verweist insoweit zunächst auf die zutreffende Begründung des Widerspruchsbescheides vom 31.7.2013 und macht sich diese zu eigen, § 136 Abs. 3 SGG.
Ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass der 1948 geborene Kläger die für den Bezug einer Regelaltersrente nach § 35 Satz 1 SGB VI erforderliche Regelaltersgrenze nach Maßgabe der Übergangsvorschrift des § 235 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI erst mit 65 Jahren und 2 Monaten, das heißt am 08.2013 erreicht hatte und deshalb nach dieser Vorschrift die Regelaltersrente erst ab dem 01.09.2013 beziehen konnte. Ab diesem Zeitpunkt ist sie ihm von der Beklagten auch zuerkannt worden.
Die Ausnahmeregelung des Satz 3 der genannten Vorschrift erfasst den Kläger nicht. Danach ist von einer Anhebung der Regelaltersgrenze Abstand zu nehmen sofern Versicherte vor dem 01.01.1955 geboren sind und vor dem 01.01.2007 Altersteilzeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des AtG vereinbart haben. Der Kläger ist als Beamter nicht als Arbeitnehmer im Sinne der §§ 2 und 3 des AtG anzusehen (vgl. auch §§ 5 Abs. 2 Arbeitsgerichtsgesetz).
Die Vorschrift des § 235 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB VI ist dem Wortlaut nach nur auf Arbeitnehmer anzuwenden, welche eine Teilzeitvereinbarung nach dem Altersteilzeitgesetz mit ihrem Arbeitgeber geschlossen haben (vgl. SG Potsdam vom 21.06.2011, S 36 R 6/09 und LSG Niedersachsen-Bremen vom 29.01.2014, L 2 R 332/13).
Es liegt auch keine verbindliche Zusicherung im Sinne des § 34 SGB X vor. Die Mitteilung eines Versicherungsträgers hinsichtlich einer Vertrauensschutzregelung ist – jedenfalls solange noch kein Rentenantrag gestellt ist – kein feststellender Verwaltungsakt oder Zusicherung durch welchen eine unklare Rechtslage geklärt wird, sondern eine Wissenserklärung und damit eine Auskunft. Bei der Rentenauskunft vom 16.07.2009 sowie den nachfolgenden handelt es sich weder in formeller noch in materieller Hinsicht um einen Verwaltungsakt, es liegt auch keine Zusicherung im Sinne des § 34 Abs. 1 des X. Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) vor.
Schon der Form nach handelt es sich bei den genannten Schreiben lediglich um eine Auskunft. Deutlich und unmissverständlich bringt dies die fettgedruckte Überschrift „Rentenauskunft – kein Rentenbescheid“ zum Ausdruck. Angesichts dieser Überschrift fehlt es nicht nur an der Kennzeichnung des Schriftstücks als Verwaltungsakt, vielmehr wird dem unbefangenen Versicherten durch diese Überschrift suggeriert, es handele sich gerade nicht um eine der Bindungswirkung fähige Verwaltungsentscheidung. Eine solche Rentenauskunft ist bereits nach § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB VI nicht rechtsverbindlich.
Bei einer Auskunft handelt es sich nach allgemeiner Auffassung lediglich um eine individuelle Tatsachenmitteilung oder unverbindliche Rechtsmitteilung einer Verwaltungsbehörde.
Es handelt sich hierbei auch nicht um eine Zusicherung im Sinne des § 34 Abs. 1 SGB X. Nach dieser Vorschrift bedarf eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Die Zusicherung wird weitgehend wie ein Verwaltungsakt behandelt und ist von der Auskunft abzugrenzen. Während sich eine Verwaltungsbehörde durch eine Rechtsauskunft nicht zum Erlass späterer Verwaltungsakte verpflichtet, liegt eine bindende Zusicherung nur dann vor, wenn eine entsprechende Erklärung als hoheitliche Selbstverpflichtung mit Bindungswillen zu einem Tun und/oder Unterlassen in der Zukunft abgegeben wird. Die Auskunft als Wissenserklärung hingegen erschöpft sich in der Mitteilung von Wissen, sie lässt nur erkennen, wie die Behörde den Fall regeln würde, wenn sie darüber zu befinden hätte. Bei einer Zusicherung hingegen, die in ihren Wirkungen dem Verwaltungsakt nahe kommt, ist ein auf die Setzung einer Rechtsfolge gerichteter Regelungswille vorhanden. Die Behörde verpflichtet sich bereits vorab, den Fall später in der zugesicherten Weise zu regeln. Hiervon ist vorliegend nicht auszugehen. Die Beklagte hatte gerade keinen entsprechenden Regelungswillen, da ein solcher nicht möglich ist wenn er sich auf eine Rentengewährung bezieht die vom Kläger noch nicht einmal beantragt ist.
Auch im Hinblick auf den Empfängerhorizont kommt es vorliegend zu keinem anderen Ergebnis, da der Kläger als Dipl. Rechtspfleger gerade nicht davon ausgehen konnte, dass sich die Beklagte ohne Rentenantragsstellung zu einem bestimmten Rentenbeginn verpflichten wollte. Dies wird auch dadurch gestützt, dass die Änderung der Rentenauskunft vom 31.01.2013 auf Initiative des Klägers erfolgte, der in einem Telefonat um Überprüfung bat, ob im Hinblick auf seinen Beamtenstatus die gespeicherte Vertrauensschutzregelung zutreffend sei.
Auch der Umstand, dass die begehrte Rentenauskunft vom 16.7.2009 erst nach Intervention und Hinweis des Klägers auf die von ihm abgeschlossene Altersteilzeitvereinbarung mit der Bejahung des Vertrauensschutzes erfolgte, vermag am Rechtscharakter der Rentenauskunft nichts zu ändern. Die Beklagte hatte keinerlei Verpflichtungswillen gerichtet auf den späteren Erlass eines Verwaltungsaktes.
Die Vermittlung von Wissen als Ausgangspunkt für künftige Entscheidungen ist jedoch typisch für eine Auskunftserteilung. Eine Regelung im Sinne einer Rechtsfolgenanordnung ist darin nicht zu erkennen (so auch Bay. Landessozialgericht 07.10.2014, L 14 R 973/09).
Bei der dem Kläger erteilten Rentenauskunft gemäß § 109 SGB VI handelt es sich demnach um eine Wissenserklärung (Kasseler Kommentar Polster § 109 SGB VI, Rd.-Nr. 7). Sie erschöpft sich in der Mitteilung des Wissens und unterscheidet sich vom Verwaltungsakt durch das Fehlen eines Regelungswillens. Rentenansprüche können daraus nicht hergeleitet werden, auch nicht im Hinblick auf einen möglichen Beginn.
Damit besteht kein Anspruch auf einen früheren Rentenbeginn für die beantragte Regelaltersrente. Der angefochtene Bescheid ist rechtlich nicht zu beanstanden, sodass die Klage abzuweisen war.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG.
Ein Gerichtsbescheid war gemäß § 105 SGG möglich; die Beteiligten wurden vorab auf die beabsichtigte Form der Entscheidung hingewiesen und haben hierzu ihr Einverständnis erklärt.

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