Steuerrecht

Wertaufholung auf eine Beteiligung

Aktenzeichen  7 V 2254/17

Datum:
11.10.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 143661
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
KStG § 8b Abs. 2
GewStG § 7 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Vollziehung des Bescheids für 2015 über Körperschaftsteuer vom 25. April 2017 wird für die Dauer des Einspruchsverfahrens in Höhe von 246.833 € ausgesetzt.
2. Die Vollziehung des Bescheids für 2015 über den Gewerbesteuermessbescheid vom 25. April 2017 wird für die Dauer des Einspruchsverfahrens in Höhe von 57.593 € ausgesetzt.
3. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Streitig ist die Berücksichtigung einer Wertaufholung auf die Beteiligung der Antragstellerin an der … Limited.
Die Antragstellerin ist eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in München. Sie wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 7. August 2001 gegründet und am 12. September 2001 unter HRB … im Handelsregister beim Amtsgericht München eingetragen. Geschäftsführer war im Streitjahr 2015 M. Der Gegenstand ihres Unternehmens besteht in der Verwaltung eigenen Vermögens.
Da für das Jahr 2002 keine Steuererklärungen abgegeben worden waren, setzte das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen im Schätzungswege fest, der Gewinn aus Gewerbebetrieb wurde mit 7.000 € erfasst (vgl. Bescheide vom 30. August 2004), der Vorbehalt der Nachprüfung wurde am 3. Juni 2005 aufgehoben.
Im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2014 wurde eine Beteiligung an der … Limited mit einem Wert von 569.472,85 € ausgewiesen, der Gewinnvortrag wurde mit -1.343.435,33 € und der Jahresüberschuss mit – 11.926,46 € angegeben. Die Steuerfestsetzung für das Jahr 2014 erfolgte erklärungsgemäß am 3. Februar 2016, Einsprüche wurden nicht eingelegt.
In der dem Finanzamt am 30. November 2016 übermittelten Körperschaftsteuererklärung 2015 und dem Jahresabschluss zum 31. Dezember 2015 wurden in der Gewinn- und Verlustrechnung 2015 Gewinne i.S.d. § 8b Abs. 3 Satz 8 Körperschaftsteuergesetz (KStG) in Höhe von 1.782.171 € angegeben. Der Jahresüberschuss 2015 wurde mit 1.760.796,53 € und der Gewinnvortrag mit -1.355.361,79 € errechnet. Auf Anfrage des Finanzamts teilte die Antragstellerin mit, dass sie im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2002 – der dem Finanzamt nicht vorgelegt worden sei – unter dem Konto „Wertpapiere des Anlagevermögens“ eine Teilwertabschreibung von 1.732.170,01 € auf die Beteiligung … Limited erfolgswirksam in der Handelsbilanz vorgenommen habe. Diese Teilwertabschreibung sei aber in der Körperschaftsteuererklärung 2002 dem Einkommen wieder hinzugerechnet worden sei, so dass sich insgesamt keine Auswirkung auf das Einkommen ergeben hätten. Der Bilanzansatz der Beteiligung mit 569.472,85 € zum 31.12.2002 sei bis zum Bilanzabschluss 31.12.2014 zutreffend beibehalten worden. Zum 31.12.2015 sei eine Wertzuschreibung von 1.782.170,01 € zu berücksichtigen. Da die Teilwertabschreibung bei der Steuerfestsetzung des Veranlagungszeitraumes 2002 nicht berücksichtigt worden sei, komme die Steuerfreiheit nach § 8b Abs. 2 S. 3 KStG zur Anwendung.
Abweichend davon vertrat das Finanzamt jedoch die Ansicht, dass die Gewinne aus der Teilwertzuschreibung nicht i.S.d. § 8b Abs. 2 S. 3 KStG außer Ansatz zu lassen seien und setzte die Körperschaftsteuer 2015 und den Gewerbesteuermessbetrag 2015 mit den Bescheiden vom 25. April 2017 entsprechend fest. Der dagegen gerichtete Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde am 18. Mai 2017 abgelehnt, der dagegen gerichtete Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 20. Juli 2017 als unbegründet zurückgewiesen. Über die Einsprüche gegen die Bescheide jeweils vom 25. April 2017 zur Körperschaftsteuer 2015 und zum Gewerbesteuermessbescheid 2015 hat das Finanzamt noch nicht entschieden.
Mit ihrem beim Finanzgericht gestellten Antrag wiederholt die Antragstellerin ihren Vortrag aus dem Einspruchsverfahren. Im Jahresabschluss zum 31.12.2015 sei die vorgenannte Teilwertabschreibung des Jahres 2002 durch eine Teilwertzuschreibung wieder rückgängig gemacht worden und aufgrund eines Übertragungsfehlers mit 1.782.170 € statt mit 1.732.170 € und fälschlicherweise unter „Teilwertzuschreibungen auf Forderungen“ (§ 8b Abs. 3 Satz 8 KStG) angegeben worden. Richtigerweise hätte eine Erfassung als Vermögensmehrung gemäß § 8b Absatz 2 Satz 3 KStG erfolgen müssen. Wegen der fehlerhaften Zuordnung zu Zeile 15 der Anlage B sei versehentlich auch kein Ansatz pauschal nicht abziehbarer Ausgaben nach § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG („Gewinn im Sinne des Absatzes 2 Satz 3) in Zeile 13 der Anlage B in Höhe von 86.608 € (5% von 1.732.170 €) erfolgt.
Zu Unrecht vertrete das Finanzamt die Auffassung, dass aufgrund der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2002 im Jahr 2015 der Anwendungsbereich des § 8b Abs. 2 Satz 3 KStG nicht eröffnet sei. Die im Jahr 2002 vorgenommene Teilwertabschreibung sei nicht steuerwirksam geworden, da sie sich nicht auf die Höhe des vom Finanzamt geschätzten Steuerbilanzgewinns in Höhe von 7.000 € ausgewirkt habe und auch kein verbleibender Verlustabzug festgestellt worden sei. Insbesondere könnten nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die einzelnen unselbständigen Besteuerungsgrundlagen, die zum Gesamtbetrag der Einkünfte geführt haben, nicht in Bestandskraft erwachsen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Vollziehung der Bescheide jeweils vom 25. April 2017 zur Körperschaftsteuer 2015 in Höhe von 246.833 € und zum Gewerbesteuermessbescheid 2015 in Höhe von 57.593 € auszusetzen.
Das Finanzamt beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung verweist es im Wesentlichen auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 20. Juli 2017.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten und auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) ist begründet.
1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts u.a. ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen, wenn bei summarischer Prüfung neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (Beschluss des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182, seitdem ständige Rechtsprechung). Die AdV setzt nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (vgl. BFH-Beschluss vom 20. Mai 1997 VIII B 108/96, BFHE 183, 174, m.w.N.).
Die Entscheidung über einen Antrag auf AdV ergeht wegen der Eilbedürftigkeit aufgrund des Prozessstoffs, der sich aus den dem Gericht vorliegenden Unterlagen, insbesondere den Akten der Finanzbehörde und präsenten Beweismitteln ergibt (BFH-Beschluss vom 21. Juli 1994 IX B 78/94, BFH/NV 1995, 116).
2. Im Streitfall bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide jeweils vom 25. April 2017 zur Körperschaftsteuer 2015 und zum Gewerbesteuermessbescheid 2015.
Zu Unrecht ist das Finanzamt davon ausgegangen, dass der Gewinn aus der Teilwertzuschreibung auf die Beteiligung der Antragstellerin an der … Limited nicht unter den Anwendungsbereich des § 8b Abs. 2 Satz 3 KStG fällt.
Die grundsätzlich in § 8b Abs. 2 Satz 3 KStG angeordnete Steuerfreiheit des Gewinns aus einer Teilwertzuschreibung gemäß § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG gilt nicht, soweit der Anteil in früheren Jahren steuerwirksam auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben und die Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines höheren Werts ausgeglichen worden ist. Diese Vorschrift ist gemäß § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags maßgebend.
Steuerwirksam geworden ist eine Teilwertabschreibung, wenn sie sich auf den steuerlichen Gewinn ausgewirkt hat (Blümich/Rengers, 137. Aufl. 2017, KStG § 8b Rn. 251, Gosch KStG § 8b Rz. 235, 242; Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 27. November 2007 6 K 3380/00, EFG 2008, 980, a.A. Watermeyer in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 21. Aufl. 2006, 280. Lieferung 08.2017, § 8b KStG Rn. 94). Dabei ist unerheblich, wie lange die Teilwertabschreibung bereits zurückliegt, aus welchen Gründen sie vorgenommen wurde und ob sie zu Recht oder zu Unrecht erfolgte (vgl. auch Urteil des Finanzgerichts Münster vom 17. März 2009 9 K 1105/08, EFG 2009, 1051).
3. Im Streitfall wurde im Jahr 2002 jedoch keine steuerwirksame Teilwertabschreibung vorgenommen. Die Antragstellerin hat ausschließlich in ihrer Handelsbilanz zum 31.12.2002 eine Teilwertabschreibung von 1.732.170,01 € auf die Beteiligung vorgenommen, Steuererklärungen und ein Jahresabschluss bzw. eine Steuerbilanz wurden dem Finanzamt nicht vorgelegt. Bei summarischer Prüfung hat sich die im Jahr 2002 erfolgte Teilwertabschreibung daher nicht auf den steuerlichen Gewinn ausgewirkt, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie das Finanzamt im Rahmen der vorgenommenen Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach § 162 Abgabenordnung berücksichtigt hat. Voraussetzung für die Anwendung des § 8b Abs. 2 KStG ist nicht, welche steuerliche Behandlung zu einem früheren Zeitpunkt bei möglicherweise zutreffender rechtlicher Würdigung vorgenommen worden wäre, sondern vielmehr die tatsächliche Durchführung einer gewinnwirksamen Teilwertabschreibung.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus 135 Abs. 1 FGO.

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