Aktenzeichen VI R 59/13
Leitsatz
NV: Eine Wohnung dient dem Wohnen am Beschäftigungsort, wenn sie dem Arbeitnehmer ungeachtet von Gemeinde- oder Landesgrenzen ermöglicht, seine Arbeitsstätte täglich aufzusuchen. Die Entscheidung darüber, ob eine solche Wohnung so gelegen ist, dass der Arbeitnehmer in zumutbarer Weise täglich von dort seine Arbeitsstätte aufsuchen kann, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das Finanzgericht (Anschluss an BFH-Urteil vom 19. April 2012 VI R 59/11, BFHE 237, 449, BStBl II 2012, 833) .
Verfahrensgang
vorgehend FG Münster, 27. Juni 2013, Az: 3 K 4315/12 E, Urteil
Tatbestand
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I. Streitig ist, ob ein Wohnen am Beschäftigungsort im Sinne einer doppelten Haushaltsführung vorliegt.
2
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute und wurden für die Streitjahre (2010 und 2011) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist Professor für … an der Hochschule in X und bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Klägerin bezieht als angestellte Buchhändlerin im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses ebenfalls Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Beschäftigungsort der Klägerin und Familienwohnsitz der Kläger mit den beiden gemeinsamen Kindern ist Y.
3
Bereits im Jahr 2007 wechselte der Kläger von A an die Universität nach X, als er dort die Möglichkeit erhielt, vertretungsweise einen Lehrstuhl zu übernehmen. Um sich mit den Gepflogenheiten in X und der Universität vertraut machen zu können, nahm er eine Wohnung in der Nähe der Universität. Parallel zur Lehrstuhlvertretung durchlief der Kläger ein Berufungsverfahren für eine andere Professur an der Universität in X, die er dann im Herbst 2007 erhielt. Bereits im Spätsommer 2007 kündigte der Kläger seine Wohnung in X und suchte nach einer für sich geeigneten Wohnung in Z. Er entschied sich für Z deshalb, weil dort die …bibliothek und auch die …bibliothek ansässig sind, die im Fachbereich des Klägers sehr gut ausgestattet sind. In seinem Fachgebiet “…” besteht die Arbeit des Klägers im Wesentlichen im Literaturstudium. Die Bibliotheken sucht er dabei im Schnitt drei bis fünf Mal im Monat auf, wobei die Nutzung entsprechend seines Arbeitsfortschritts unterschiedlich intensiv ist. Maßgeblich ist aus Sicht des Klägers der schnellstmögliche Zugriff.
4
Die Lehrverpflichtungen des Klägers belaufen sich im Schnitt auf fünf Veranstaltungen pro Woche. Außerdem ist er geschäftsführender Direktor eines Instituts und so mit bestimmten Verwaltungsaufgaben und Verpflichtungen, z.B. an Fachbereichssitzungen teilzunehmen, betraut.
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Die Entfernung der vom Kläger bewohnten Wohnung in Z zum Familienwohnsitz nach Y beträgt 47 km, die Entfernung zur Arbeitsstätte in X 83 km.
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Die Wohnung in Z ist in einer Entfernung von ca. vier Kilometern zur …bibliothek belegen. Die Autobahn nach X ist schnell zu erreichen.
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In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machte der Kläger Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten geltend. Für 2010 beliefen sich die Aufwendungen auf insgesamt 9.164 € und für 2011 auf 8.078 €. Im Wesentlichen handelte es sich um die Kosten der Unterkunft des Klägers in Z, diverse Einrichtungsgegenstände und die Aufwendungen für die Heimfahrten nach Y. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) lehnte den geltend gemachten Werbungskostenabzug ab, weil die Wohnung in Z zu weit von der Arbeitsstelle in X entfernt sei und deshalb nicht als Wohnung am Beschäftigungsort des Klägers anerkannt werden könne.
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Die dagegen gerichtete Klage war aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 1744 veröffentlichten Gründen erfolgreich.
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Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
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Es beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.