Steuerrecht

Zulässigkeit eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung bei unzulässigem Einspruch

Aktenzeichen  7 V 1843/17

Datum:
15.9.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 143659
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
AO § 355 Abs. 1
FGO § 135

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Die Antragstellerin ist eine GmbH, Gegenstand ihres Unternehmens ist der An- und Verkauf von Immobilien sowie die Verwaltung von Immobilien und Grundstücken aller Art und alle damit im Zusammenhang stehenden Geschäfte.
Da die Antragstellerin für den Veranlagungszeitraum 2014 keine Steuererklärungen abgegeben hatte, erließ das Finanzamt am 7. Oktober 2016 Schätzungsbescheide zur Körperschaftsteuer und zum Gewerbesteuermessbetrag sowie zur Umsatzsteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Am 25. Oktober 2016 reichte die Antragstellerin die Steuererklärungen für das Jahr 2014 beim Finanzamt ein. Diese konnten jedoch der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden. Der Aufforderung des Finanzamts, weitere Sachverhaltsfragen zu klären (vgl. Schreiben des Finanzamts vom 4. Januar 2017), wurde nicht nachgekommen. Das Finanzamt nahm daraufhin die Abzinsung der unverzinslichen Verbindlichkeiten vor und erhöhte die Besteuerungsgrundlage bei der Körperschafts- und Gewerbesteuer entsprechend, im Rahmen der Umsatzsteuerveranlagung wurde der beantragte Vorsteuerabzug versagt (Änderungsbescheide vom 19. April 2017).
Mit Schreiben vom 22. Mai 2017 legte die Antragstellerin Einspruch gegen den Umsatzsteuerbescheid 2014 ein, den sie mit Schreiben vom 21. Juni 2017 unter dem Betreff „Einspruchsbegründung wegen UST 14/15 und Körperschaftsteuer 14 und Gewerbesteuer 14“ weiter begründete. Nachdem das Finanzamt die Antragstellerin darauf hingewiesen hatte, dass bislang nur gegen den Umsatzsteuerbescheid 2014 Einspruch eingelegt worden war, teilte die Antragstellerin mit Schreiben vom 12. Juli 2017 mit, dass von Anfang gegen alle Festsetzungen 2014 Einspruch erhoben worden sei. Mit Schreiben vom 30. Juni 2017 wurde „nochmal“ Einspruch gegen die Bescheide über Körperschaft- und Gewerbesteuer 2014 eingelegt. Der ebenfalls gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde vom Finanzamt mit Verfügung vom 12. Juli 2017 abgelehnt, da die Einsprüche gegen die Bescheide über Körperschaft- und Gewerbesteuer 2014 nicht fristgemäß erhoben worden seien. Über die Einsprüche hat das Finanzamt noch nicht entschieden.
Im vorliegenden Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung macht die Antragstellerin geltend, dass es aufgrund eines Gesellschafter- und Geschäftsführerwechsel im Mai 2016 zu Schwierigkeiten bei der Beschaffung der Buchführungsunterlagen und damit zur verspäteten Erstellung der Steuererklärungen gekommen sei. Außerdem sei es in den Jahren 2014 und 2015 zu Rückabwicklungen von Kaufverträgen über Wohn-Gewerbeimmobilien gekommen.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Körperschaftsteuerbescheid 2014 sowie den Gewerbesteuermessbescheid 2014 jeweils vom 19. April 2017 von der Vollziehung auszusetzen.
Das Finanzamt beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Wegen des weiteren Sachverhalts und hinsichtlich des weiteren rechtlichen Vortrags wird auf die vom Finanzamt vorgelegten Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze und Unterlagen Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist unbegründet und deshalb abzulehnen.
Nach § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) soll die Vollziehung eines Steuerbescheides ausgesetzt werden, wenn und soweit entweder ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen oder die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel sind anzunehmen, wenn bei überschlägiger Prüfung neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen sie sprechende Gründe zutage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen bewirken.
Zur Prüfung, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheides bestehen, kann es jedoch dann nicht mehr kommen, wenn derselbe bestandskräftig ist bzw. wenn der gegen ihn gerichtete Rechtsbehelf unzulässig ist. In einem solchen Fall ist der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung unbegründet, ohne dass der Steuerbescheid auf seine Rechtmäßigkeit hin überprüft werden kann. Entsprechendes gilt, wenn als Aussetzungsgrund das Vorliegen einer unbilligen Härte geltend gemacht wird. Die Aussetzung der Vollziehung wegen unbilliger Härte ist dann ausgeschlossen, wenn der gegen den angefochtenen Steuerbescheid sich richtende Rechtsbehelf unzulässig ist (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 23. November 1944 I S 8/94, BFH/NV 1995, 888 m. w. N.).
Im Streitfall sind die angefochtenen Bescheide zur Körperschaft- und Gewerbesteuer 2014 bestandskräftig. Der gegen die Bescheide vom 19. April 2017 eingelegte Einspruch vom 30. Juni 2017 wurde nicht innerhalb der einmonatigen Einspruchsfrist nach Bekanntgabe der Verwaltungsakte (§ 355 Abs. 1 Abgabenordnung – AO) erhoben und ist damit unzulässig. Umstände, dass der Antragstellerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO) zu gewähren wäre, sind weder vorgetragen noch erkennbar.
Soweit im Schreiben vom 30. Juni 2017 ausgeführt wurde, dass „nochmal“ Einspruch eingelegt werde bzw. im Schreiben vom 21. Juni 2017 unter dem Betreff auch auf Einsprüche zur Körperschaft- und Gewerbesteuer 2014 Bezug genommen wird, ergeben sich weder aus den vorliegenden Akten noch aus dem Vorbringen der Beteiligten konkrete Anhaltspunkte, dass tatsächlich eine fristgerechte Einspruchserhebung auch gegen die Bescheide zur Körperschaft- und Gewerbesteuer 2014 stattgefunden hat. Vielmehr ergibt sich aus dem Schreiben der Antragstellerin vom 22. Mai 2017 sowohl aus dem Betreff als auch aus dem Schreiben selbst, dass ausschließlich gegen den Umsatzsteuerbescheid 2014 Einspruch eingelegt wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO.

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