Aktenzeichen 3 O 910/16
BGB BGB § 204 Abs. 1 Nr. 13, § 254 Abs. 1
Leitsatz
Der Mandant kann Schadensersatz wegen einer vom Steuerberater erstellten unrichtigen Steuererklärung für die gesonderte Festsetzung der Besteuerungsgrundlagen mangels überwiegendem Mitverschulden schon dem Grunde nach nicht geltend machen, wenn er seine steuerlichen Interessen wegen der zu hohen Festsetzung des Gewinns gegenüber dem Finanzamt nur zögerlich und ohne die gebotene Entschlossenheit verfolgt und den Steuerberater über mehrere Jahre auch nicht über die diesem nunmehr angelasteten Versäumnisse informiert hat. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Klage ist zumindest bei sehr wohlwollender Auslegung zulässig, das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Die Klagepartei hat erst in der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2016 vorgetragen, dass sie ihren Schaden derzeit mit … € beziffert. Nachdem eine Abweisung der vorliegenden Klage als unzulässig wohl erfordert hätte, dass das Gericht sicherheitshalber diesbezüglich noch einen rechtlichen Hinweis erteilt und eine Frist zur Stellungnahme setzt, geht das Gericht von der Zulässigkeit der Klage aus.
Die Klage ist jedoch aus mehreren Gründen unbegründet. Die Klägerin hat gegenüber den Beklagten keinen Schadensersatzanspruch aus dem ehemaligen Steuerberatungsvertrag, auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Schutzwirkung zugunsten Dritter. Verjährt sind mögliche Schadensersatzansprüche jedenfalls nicht. Nachdem die Klägerin unbestritten am 30.12.2015 einen Antrag nach § 36 ZPO gestellt hat, war der Ablauf der Verjährungsfrist gemäß § 204 Abs. 1 Ziff. 13 BGB bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung Mitte März 2016 gehemmt.
Die Klage ist aus mehreren Gründen unbegründet. Sie dürfte schon deshalb unschlüssig sein, weil die Klägerin – trotz mehrfacher Aufforderungen durch die Beklagten – nicht vorgetragen hat, durch welche konkreten Handlungen und Maßnahmen sie versucht hat, den Eintritt eines Schadens ganz zu verhindern oder zumindest der Höhe nach zu verringern. Gegen den Bescheid vom 08.12.2010 hat sie erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung Einspruch eingelegt. Ansonsten hat die Klägerin zwar vorgetragen, welche Maßnahmen sie teilweise unternommen hat, doch ergibt dies nicht das Gesamtbild einer schlüssigen und zielgerichteten Vorgehensweise gegen die unstreitigen Versäumnisse der Beklagten. Die Klägerin hätte hierzu dezidiert und im Einzelnen vortragen müssen, wann genau ihr welche Bescheide zugestellt wurden und wann und wie sie gegen welche Bescheide vorgegangen ist. Darauf hat der Beklagtenvertreter bereits mehrfach und frühzeitig hingewiesen, so dass es eines entsprechenden richterlichen Hinweises nicht mehr bedurfte. Ebenso ist nicht recht nachvollziehbar, in welcher Höhe der Klägerin ein Schaden entstanden sein soll. Hierzu hat die Klagepartei erst in der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2016 Ausführungen gemacht. Dies führt jedoch nicht dazu, dass der Eintritt eines Schadens damit schlüssig dargelegt ist, auch die Kausalität zwischen diesem Schadenseintritt und den behaupteten oder tatsächlichen Versäumnissen der Beklagten ist nicht schlüssig dargelegt. Weiter ist darauf hinzuweisen, was der Beklagtenvertreter schon frühzeitig und zutreffend vorgetragen hat, dass zwischen der Klägerin und den Beklagten, insbesondere den Beklagten zu 1) und 2), keine vertraglichen Beziehungen bestanden und die Klägerin als ehemalige Kommanditistin der Beklagten zu 3) auch nicht in den Schutzbereich des Steuerberatervertrages einbezogen ist.
Letztlich kann all dies dahinstehen, weil Schadensersatzansprüche jedenfalls an dem weit überwiegenden Mitverschulden der Klägerin gemäß § 254 Abs. 1 BGB scheitern. Der Beklagtenvertreter hat zutreffend darauf hingewiesen, dass dann, wenn später ein Änderungsbescheid ergeht, ein Einspruch gegen diesen Änderungsbescheid nur den Gegenstand der mit diesem Bescheid getroffenen Änderungen wirksam angreifen kann. Dies versteht sich eigentlich von selbst und sollte der Klägerin, deren Gesellschafter und Geschäftsführer wohl über eine entsprechende Sachkunde verfügen, bekannt sein. Für das Gericht ist ebenso wie für den Beklagtenvertreter nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin nicht sogleich bei Kenntnis des Körperschaftssteuerbescheides (Anlage K6) gegen den in diesem Bescheid ausdrücklich als Änderungsgrundlage genannten Feststellungsbescheid vom 08.12.2010 (Anlage B1) Einspruch eingelegt hat. Jeder sorgfältig handelnde steuerliche Berater hätte vorsorglich diesen Einspruch umgehend eingelegt, zumindest hätten dies die Beklagten zu 1) und 2) gemacht. Diese wurden über einen Zeitraum von 3 Jahren von der Klägerin über die ihnen nunmehr angelasteten Versäumnisse nicht informiert. Die Klägerin ist damit nach Auffassung des Gerichtes gleich in mehrfacher Hinsicht für die Ergebnisse ihres eigenen Handelns und ihrer eigenen Unterlassungen in vollem Umfang verantwortlich. Dies gilt sowohl für das eigene Vorgehen gegen die Bescheide der zuständigen Finanzämter als auch hinsichtlich der über einen Zeitraum von 3 Jahren unterbliebenen diesbezüglichen Mitteilungen an die Beklagten zu 1) und 2). Auch wenn schuldhafte Pflichtverletzungen der Beklagten weder ersichtlich noch nachgewiesen sind, würden diese hinter dem weit überwiegenden Mitverschulden der Klägerin zurücktreten. Dies führt zu dem Ergebnis, dass die Klägerin dem Grunde nach gegenüber den Beklagten keine Schadensersatzansprüche geltend machen kann. Einer Auseinandersetzung mit der möglichen Schadenshöhe bedarf es deshalb nicht, vielmehr war die Klage insgesamt als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 2 ZPO.