Steuerrecht

Zweitwohnungsteuer

Aktenzeichen  M 10 K 15.1176, M 10 K 16.1716

Datum:
24.8.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AO AO § 169 Abs. 2 Nr. 2, § 170 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2
BayKAG BayKAG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1
Zweitwohnungssteuersatzung § 2, § 3 Abs. 1

 

Leitsatz

Die Erfüllung eines Zweitwohnungssteuertatbestandes setzt nicht die tatsächliche Nutzung durch den Wohnungsinhaber voraus, der Tatbestand ist auch erfüllt, wenn sich der Wohnungsinhaber die Möglichkeit der Eigennutzung offen hält. Bei einer Mischnutzung reicht auch eine kurzzeitige Eigennutzungsmöglichkeit für einen nicht völlig unerheblichen Zeitraum des Jahres aus, um die Steuerpflicht zu begründen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klagen werden abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten der Verfahren zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässigen Klagen bleiben in der Sache ohne Erfolg.
1. Die Klagen sind zulässig.
Dem Kläger wurde bezüglich des Verfahrens M 10 K 15.1176 mit Beschluss vom 18. August 2016 in der mündlichen Verhandlung Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist gemäß § 60 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 4 VwGO gewährt, da er unverschuldet die Einhaltung der Klagefrist (§ 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO) um zwei Tage versäumt hat.
2. Die danach zulässigen Klagen haben in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Die streitgegenständlichen Bescheide vom 3. November 2014, vom 12. Januar 2015 und vom 12. Januar 2016 und die Widerspruchsbescheide des Landratsamtes … vom 20. Februar 2015 und vom 14. März 2016 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
a. Die angefochtenen Bescheide finden ihre Rechtsgrundlage in den Bestimmungen der Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten vom 25. Januar 2010 und vom 7. Februar 2011 (im Folgenden: ZwStS). Die Satzungen beruhen auf Art. 22 Abs. 2 Bayerische Gemeindeordnung (GO) sowie auf Art. 2 Abs. 1 sowie Art. 3 Abs. 1 Bayerisches Kommunalabgabengesetz (KAG). Nach Art. 3 Abs.1 KAG können die Gemeinden örtliche Verbrauchs- und Aufwandsteuern erheben, solange und soweit diese nicht bundesrechtlich geregelten Steuern vergleichbar sind. Die Zweitwohnungsteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer nach Art. 105 Abs. 2a GG. Sie ist auch keiner bundesrechtlichen Steuer vergleichbar. Die grundsätzliche Zulässigkeit der Erhebung einer Zweitwohnungsteuer im Freistaat Bayern ist in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs geklärt (vgl. BayVGH, U. v. 4.4.2006 – 4 N 05.2249 – juris). Aufgrund dieser Ermächtigung hat die Beklagte am 25. Januar 2010 eine Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer erlassen, die am 1. Januar 2010 in Kraft trat und am 7. Februar 2011 eine Zweitwohnungsteuersatzung, die am 1. Januar 2011 in Kraft trat.
Die Regelungen der Zweitwohnungsteuersatzungen sind nicht zu beanstanden. Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen dieser Satzungen sowie gegen die materiell-rechtliche Wirksamkeit der entscheidungserheblichen Satzungsregelungen sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
b. Die streitgegenständlichen Veranlagungsbescheide der Beklagten sowie die Widerspruchsbescheide des Landratsamts … stützen sich in rechtmäßiger Weise auf die Bestimmungen der Zweitwohnungsteuersatzung; die tatbestandlichen Voraussetzungen der Satzungen liegen vor.
aa. Der Kläger hatte die Zweitwohnung im streitgegenständlichen Zeitraum neben seiner Hauptwohnung zur persönlichen Lebensführung gemäß § 2 ZwStS inne. Er ist gemäß § 3 Abs. 1 ZwStS zweitwohnungsteuerpflichtig.
Der Kläger ist Eigentümer des Ferienhauses „Haus …“. Für den Kläger, der seinen Hauptwohnsitz in … hat, handelt es sich um eine Zweitwohnung im Sinne von § 2 ZwStS.
Der Kläger hat die Wohnung auch zur persönlichen Lebensführung gemäß § 2 ZwStS inne. Nach § 2 ZwStS ist steuerpflichtige Zweitwohnung jede Wohnung im Gemeindegebiet der Beklagten, die eine Person, die in einem anderen Gebäude ihre Hauptwohnung hat „zu ihrer persönlichen Lebensführung oder der ihrer Familienangehörigen innehat“. Mit diesem Wortlaut greift die Satzung die Definition des Begriffs der Aufwandsteuer (Art. 105 Abs. 2a GG) auf, wie ihn das BVerfG in seiner ständigen Rechtsprechung geprägt hat. Demnach sind Aufwandsteuern Steuern auf die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (vgl. BVerwG, U. v. 15.10.2014 – 9 C 5/13 – juris Rn. 12; BVerwG, U. v. 27.10.2004 – 10 C 2/04 – juris Rn. 21; BayVGH, U. v. 27.6.2013 – 4 B 13.592 – juris Rn. 16). Ausschlaggebendes Merkmal ist der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustands, für den finanzielle Mittel aufgewendet werden. Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf neben der Hauptwohnung ist ein besonderer Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung finanzieller Mittel erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt (vgl. BVerwG, U. v. 15.10.2014 – 9 C 5/13 – juris Rn. 12). Das Innehaben der Zweitwohnung kann grundsätzlich und ohne Rücksicht auf die Dauer und den persönlichen Zweck des Gebrauchs Gegenstand der Aufwandsteuer sein (vgl. BVerwG, U. v. 10.10.1995 – 8 C 694 – juris Rn. 10; BayVGH, U. v. 27.6.2013 – 4 B 13.592 – juris Rn. 16).
Da nur der konsumtive Aufwand für den persönlichen Lebensbedarf Gegenstand der Besteuerung nach Art. 105 Abs. 2a GG ist, scheiden Zweitwohnungen als Gegenstand einer örtlichen Aufwandsteuer aus, die nicht Zwecken der persönlichen Lebensführung dienen, sondern vom Inhaber als reine Geld- oder Vermögensanlage in der Form des Immobiliarbesitzes – also ausschließlich zur Einkommenserzielung – gehalten werden (vgl. BVerwG, U. v. 10.10.1995 – 8 C 694 – juris Rn. 10; BayVGH, U. v. 27.6.2013 – 4 B 13.592 – juris Rn. 17).
Die Abgrenzung zwischen zweitwohnungsteuerfreier reiner Kapitalanlage und zweitwohnungsteuerpflichtiger Vorhaltung auch für die persönliche Lebensführung erfordert im Hinblick auf die Zweckbestimmung der Zweitwohnung eine umfassende Würdigung aller objektiven Umstände des Einzelfalls (vgl. BVerwG, U. v. 26.9.2001 – 9 C 1.01 – juris Rn. 28; VG München, U. v. 8.10.2015 – M 10 K 15.1135 – juris Rn. 34). In diesem Sinne ist die Satzung der Beklagten verfassungskonform auszulegen und anzuwenden (vgl. BVerwG, U. v. 10.10.1995 – 8C 694 – juris Rn. 12). Hierbei ist nicht die subjektive Zweckbestimmung des Zweitwohnungsinhabers maßgeblich, die unüberprüfbare innere Absicht muss vielmehr auf der Grundlage objektiver, nach außen in Erscheinung tretender, verfestigter und von Dritten nachprüfbarer Umstände überprüft werden (vgl. BVerwG, U. v. 15.10.2014 – 9 C 5/13 – juris Rn. 12; VG München, U. v. 8.10.2015 – M 10 K 15.1135 – juris Rn. 34).
Zur Beantwortung der Frage, wer eine Zweitwohnung innehat, ist schließlich darauf abzustellen, wer die tatsächliche Verfügungsmacht und die rechtliche Verfügungsbefugnis an der Zweitwohnung für einen gewissen Zeitraum hat (vgl. BayVGH, U. v. 5.3.2008 – 4 BV 07.2044 – juris Rn. 12; BayVGH, B. v. 3.5.2007 – 4 CS 07.642 – juris Rn. 13; VG München, U. v. 1.12.2011 – M 10 K 10.1227 – juris Rn. 31). Entscheidend ist die bei Entstehung der persönlichen Steuerpflicht vorhandene Möglichkeit der Nutzung der Zweitwohnung zur persönlichen Lebensführung; die tatsächliche Anwesenheit oder tatsächliche Nutzung ist für die Zweitwohnungsteuer grundsätzlich irrelevant (vgl. BayVGH, U. v. 5.3.2008 – 4 BV 07.2044 – juris Rn. 12). So hat das BVerwG in ständiger Rechtsprechung entschieden, die Erfüllung eines einschlägigen Zweitwohnungsteuertatbestands setze nicht die tatsächliche Nutzung durch den Wohnungsinhaber voraus, vielmehr genüge hierfür, wenn dieser sich die Möglichkeit der Eigennutzung offen halte (vgl. BVerwG, U. v. 10.10.1995 – 8 C 40/93 – juris Rn. 10; BVerwG, B. v. 17.8.2000 – 11 B 43/00 – juris Rn. 7). Dabei genügen das zeitweilige Offenhalten der rechtlichen Möglichkeit der Eigennutzung der Zweitwohnung während des Veranlagungszeitraums und das Vorhalten der Zweitwohnung für diesen Zweck.
Bei der Überprüfung des gesamten objektiven Sachverhalts auf die subjektive Zweckbestimmung der Zweitwohnung kann die steuererhebende Gemeinde zur Aufrechterhaltung einer nur durch Typisierung und Pauschalierung gewährleistbaren Praktikabilität von der tatsächlichen Vermutung der Vorhaltung der Zweitwohnung auch für Zwecke der persönlichen Lebensführung ausgehen, solange der Zweitwohnungsinhaber keine Umstände vorträgt, die diese tatsächliche Vermutung erschüttern (vgl. BayVGH, U. v. 27.6.2013 – 4 B 13.592 – juris Rn. 19). Gesichtspunkte, die die tatsächliche Vermutung der Vorhaltung einer Zweitwohnung für Zwecke der persönlichen Lebensführung erschüttern, können beispielsweise vorliegen, wenn ein gewerbliches Unternehmen mit der Vermietung der Wohnung ohne Vorbehalt der Eigennutzung sowie unter Nachweis ganzjähriger Vermietungsbemühungen ganzjährig beauftragt wurde, erzielte erhebliche Einnahmen auf eine dauerhafte erwerbsorientierte Vermietungsabsicht hindeuten und unwidersprochen vorgetragen oder nachgewiesen wurde, man habe die Wohnung weder selbst noch durch Angehörige genutzt. Weitere Gesichtspunkte sind bspw. die Lage der Hauptwohnung innerhalb desselben Feriengebiets wie die Zweitwohnung oder der Abschluss eines Dauermietvertrags mit einer natürlichen Person als Mieter (vgl. BVerwG, U. v. 10.10.1995 – 8 C 694 – juris Rn. 12; BVerwG, U. v. 26.9.2001 – 9 C 1.01 – juris Rn. 28; BayVGH, U. v. 27.6.2013 – 4 B 13.592 – juris Rn. 20; VG München, U. v. 8.10.2015 – M 10 K 15.1135 – juris Rn. 37). Erhobene Einwände kann die Gemeinde ihrerseits gegebenenfalls entkräften und dadurch die ursprüngliche tatsächliche Vermutung zugunsten des Steuertatbestands wiederherstellen (vgl. VG München, U. v. 8.10.2015 – M 10 K 15.1135 – juris Rn. 37; VG Oldenburg, B. v. 24.11.2008 – 2 B 2554/08 – juris Rn. 14). Ergibt die gebotene Würdigung, dass der Berechtigte über eine rechtlich gesicherte Eigennutzungsmöglichkeit von mindestens zwei Monaten im Jahr verfügt, darf er so gestellt werden, als ob er die Zweitwohnung zum Zwecke der persönlichen Lebensgestaltung ganzjährig vorhalte (vgl. BVerwG, U. v. 26.9.2001 – 9 C 1.01 – juris Rn. 28).
Auch in den Fällen der Mischnutzung, in denen der Zeitwohnungsinhaber die Wohnung sowohl selbst nutzt als auch zur Erzielung von Einkünften vermietet, gilt für die zweitwohnungssteuerrechtliche Bewertung der Leerstandstage im Grundsatz nichts anderes. Zwar ist die Steuer erhebende Gemeinde – wie oben bereits ausgeführt – von Verfassungs wegen gehalten, solche Wohnungen von der örtlichen Aufwandsteuer auszunehmen, die ausschließlich der Erzielung von Einkünften durch Vermietung und Verpachtung dienen und damit als “reine Geld- oder Vermögensanlage” gehalten werden (vgl. BVerwG, U. v. 27.10.2004 – 10 C 2/04 – juris Rn. 22). Steht indes, wie hier, die Mischnutzung der Zweitwohnung und damit ihre Nutzung zumindest auch zur persönlichen Lebensführung fest, bedarf es der Einzelfall bezogenen Abgrenzung zur “reinen Kapitalanlage” nicht (mehr). Für diese Fälle ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass Bundesrecht lediglich aus Gründen der Verhältnismäßigkeit die Bestimmung der Eigennutzungszeiten im Veranlagungsjahr fordert, um eine, gemessen an der Eigennutzungsmöglichkeit, unverhältnismäßige Steuerbelastung auszuschließen (vgl. BVerwG, U. v. 30.6.1999 – 8 C 6/98 – juris Rn. 17), und dass hierbei Zeiten eines Wohnungsleerstandes, für die eine Eigennutzungsmöglichkeit rechtlich nicht ausgeschlossen worden ist, von Sonderkonstellationen abgesehen, den Zeiträumen zuzurechnen sind, in denen die Wohnung für Zwecke des persönlichen Lebensbedarfs vorgehalten wird (vgl. BVerwG, U. v. 27.10.2004 – 10 C 2/04 – juris Rn. 22; U. v. 26.9.2001 – 9 C 1.01 – juris Rn. 28; U. v. 15.10.2014 – 9 C 5/13 – juris Rn. 13).
Bei einer Mischnutzung ist also auch eine kurzzeitige Eigennutzungsmöglichkeit für einen nicht völlig unerheblichen Zeitraum des Jahres ausreichend, um eine Steuerpflicht für das ganze Jahr zu begründen, solange der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt wird (vgl. BVerwG, U. v. 26.9.2001 – 9 C 1.01 – juris Rn. 28; VG München, U. v. 8.10.2015 – M 10 K 15.1135 – juris Rn. 37).
Zwar verlangt, wie ausgeführt, auch die Zweitwohnungssteuer vor dem Hintergrund des sie legitimierenden Aufwandsbegriffs die Unterscheidung danach, welchem Zweck eine Wohnung dient. Ist aber geklärt, dass sie jedenfalls auch zu Zwecken der eigenen Lebensführung genutzt wird, steht die Zweitwohnungssteuerpflicht im Grundsatz fest. Im Rahmen der Zweitwohnungssteuererhebung ist bei gemischt genutzten Zweitwohnungen – von hier nicht in Rede stehenden Sonderkonstellationen abgesehen – jede Leerstandszeit, für die der Wohnungsinhaber die Eigennutzungsmöglichkeit rechtlich nicht ausgeschlossen hat, Ausdruck der Einkommensverwendung zur persönlichen Lebenshaltung; der Wohnungsinhaber kann ungeachtet seiner Vermietungsabsicht auf die Wohnung zugreifen und sie selbst nutzen. Das hat zur Folge, dass solche Leerstandstage einen Bezug zu beiden Steuertatbeständen aufweisen. Sie sind einerseits Ausdruck des mit dem Innehaben der Zweitwohnung getriebenen besonderen Aufwandes für die private Lebensführung und können andererseits nach der für das Einkommensteuerrecht maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gemäß der hierfür vorgesehenen pauschalierenden Zuordnung als durch die Vermietungsbemühungen veranlasst anzusehen sein (vgl. BVerwG, U. v. 27.10.2004 – 10 C 2/04 – juris Rn. 25).
Unter Berücksichtigung dieser in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Innehaben einer Wohnung ist davon auszugehen, dass der Kläger die Wohnung im streitgegenständlichen Zeitraum gemäß § 2 ZwStS inne hatte. Die gebotene Gesamtwürdigung aller Umstände ergibt, dass die veranlagte Wohnung des Klägers nicht als reine Kapitalanlage anzusehen ist, vielmehr nutzt der Kläger die streitgegenständliche Wohnung auch für persönliche Zwecke.
Zwar wird die Wohnung des Klägers, die in einem Feriendorf liegt, ganzjährig zur Vermietung angeboten, so dass davon auszugehen ist, dass der Kläger die Wohnung auch zur Erzielung von Einkünften – also als Kapitalanlage – betreibt und eine dauerhafte erwerbsorientierte Vermietungsabsicht hat. Die Tatsache, dass der Kläger einer Vermietung an wechselnde Urlaubsgäste wohl zu saisonal attraktiven Preisen anstrebt und nicht einen ganzjährigen Dauermietvertrag abschließt, steht per se der Nutzung der Wohnung als reine Vermögensanlage nicht entgegen. Vielmehr kommt in der saisonalen Vermietung der Charakter der Zweitwohnung als Kapitalanlage besonders zum Ausdruck (vgl. BVerwG, U. v. 10.10.1995 – 8 C 694 – juris Rn. 11).
Jedoch wird durch die private Vermietung an wechselnde Feriengäste die Eigennutzungsmöglichkeit des Klägers nicht ausgeschlossen. Vielmehr kann er trotz seiner – wie er vorträgt – intensiven Vermietungsbemühungen lediglich eine Auslastung des Ferienhäuschens von ca. 40% jährlich erreichen. Im Übrigen räumt der Kläger ein, dass eine Eigennutzung der Wohnung tatsächlich stattfindet (vgl. auch Schreiben des Klägers vom 13. Oktober 2014, Seite 5 (Rückseite) der Behördenakte im Verfahren M 10 K 15.1176). Der Einwand, dass der Kläger bei einem Aufenthalt in dem Ferienhaus überwiegend mit Renovierungs- oder Gartenarbeiten beschäftigt sei, ändert an der Eigennutzung nichts. Insbesondere ist der Zweck des Aufenthalts für die Erfüllung des Steuertatbestands unerheblich (vgl. VG München, U. v. 1.12.2011 – M 10 K 10.1227 – juris Rn. 31; VG München, U. v. 8.10.2015 – M 10 K 15.1135 – juris Rn. 43).
Damit sind auch die Tage, an denen das Häuschen nicht vermietet ist, sondern leer steht und in denen der Kläger die Wohnung rechtlich nutzen könnte, seiner persönlichen Lebensführung zuzurechnen.
Im Ergebnis hatte der Kläger die Wohnung im streitgegenständlichen Zeitraum der Jahre 2010 bis 2016 trotz gelegentlicher bzw. zwischenzeitlicher Vermietung als Zweitwohnung i. S. v. § 2 ZwStS inne.
bb. Die Steuer ist gemäß § 5 Abs. 1 ZwStS in voller Höhe zu erheben. Die Voraussetzungen für die Ermäßigung des Steuersatzes liegen nicht vor, da kein Fall des § 5 Abs. 2 ZwStS gegeben ist.
Nach § 5 Abs. 2 ZwStS ermäßigt sich die Steuerschuld, wenn die Verfügbarkeit der Zweitwohnung für Zwecke der persönlichen Lebensführung aufgrund eines Vertrages mit einer Vermietungsagentur, einem Hotelbetrieb oder einem vergleichbaren Betreiber zwecks Weitervermietung zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld zeitlich begrenzt ist.
Die Beschränkung der Ermäßigungstatbestände auf die vorgenannten Fälle begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Grundsätzlich ist es der Beklagten als Satzungsgeberin unbenommen, unter Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes Ermäßigungs- oder Befreiungstatbestände vorzusehen (vgl. BayVGH, U. v. 5.8.2011 – 4 BV 10.1509 – juris Rn. 18).
Dass der Kläger das Ferienhaus tatsächlich nur an wenigen Tagen pro Jahr selbst genutzt hat, wobei sich die Eigennutzung meist überwiegend auf Renovierungsarbeiten oder Gartenarbeit beschränkt haben soll, führt zu keinem anderen Ergebnis, da es im Rahmen des Innehabens einer Wohnung gerade nicht auf den tatsächlichen Aufenthalt, sondern auf die Möglichkeit, die Wohnung selbst zu nutzen, ankommt. Ferner ist – wie oben bereits ausgeführt – der Aufenthaltszweck für die Erfüllung des Steuertatbestands unerheblich (vgl. VG München, U. v. 1.12.2011 – M 10 K 10.1227 – juris Rn. 31; VG München, U. v. 8.10.2015 – M 10 K 15.1135 – juris Rn. 43).
cc. Die Höhe der mit Bescheiden vom 3. November 2014, vom 12. Januar 2015 und vom 12. Januar 2016 festgesetzten Zweitwohnungsteuer in Höhe von insgesamt 2.231,51 Euro ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keine Einwände gegen die Höhe der Steuer erhoben, Zweifel an der zutreffenden Berechnung drängen sich dem Gericht nicht auf.
dd. Der Steuerfestsetzung für den Zeitraum 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2014 steht auch die Festsetzungsverjährung nicht entgegen. Für die Zweitwohnungsteuer als kommunale Abgabe finden nach Maßgabe von Art. 3 Abs. 1, Art. 10 Nr. 1, Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb und cc KAG die Vorschriften der AO über die Festsetzungsverjährung (§§ 169, 170 AO) Anwendung. Die Festsetzungsverjährung beträgt gemäß § 170 Abs. 2 Nr. 2 AO vier Jahre und beginnt frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist (§ 170 Abs. 1 AO). Entstehungszeitpunkt der Zweitwohnungsteuer ist gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 ZwStS der 1. Januar eines Jahres. Die Frist für das Veranlagungsjahr 2010 endete damit nach § 170 Abs. 1 i. V. m. § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO zum 31. Dezember 2014, für das Veranlagungsjahr 2011 zum 31. Dezember 2015, für das Veranlagungsjahr 2012 endet sie zum 31. Dezember 2016, für das Veranlagungsjahr 2013 zum 31. Dezember 2017 und für das Veranlagungsjahr 2014 zum 31. Dezember 2018.
Die Festsetzung der Steuer in den Bescheiden vom 3. November 2014 für die Veranlagungsjahre 2010 bis 2014 erfolgte daher rechtzeitig.
ee. Die Festsetzung verstößt nicht gegen rechtstaatliche Grundsätze, insbesondere nicht gegen das Gebot des Vertrauensschutzes. Nach ständiger Rechtsprechung sowie nach den Regelungen des Gesetzgebers ist eine Nacherhebung von kommunalen Abgaben bis zur materiell-rechtlich richtigen Höhe bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung zulässig und sogar geboten (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2009 – 22 ZB 07.819 – juris Rn. 8; VG München, U. v. 12.11.2013 – M 10 K 13.1370 – juris Rn. 60; BVerwG, U. v. 18.3.1988 – 8 C 115/86 – juris Rn. 16). Denn es besteht gerade kein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass im Verlauf eines Veranlagungszeitraums, für den bereits eine Festsetzung der Steuer erfolgt ist, eine Steuer keine Erhöhung erfährt, ebenso wenig darauf, dass überhaupt keine Steuererhebung erfolgen wird. Auch dass der Fehler in der Festsetzung der Zweitwohnungsteuer bei der vorangegangenen Veranlagung in den Jahren 2005 bis 2007 bei der Beklagten lag, da sie für diese Jahre fälschlicherweise die Zweitwohnungsteuerbescheide aufgehoben hat und in den Veranlagungsjahren 2008 und 2009 wohl keine Zweitwohnungsteuer festgesetzt hat, hat keinen Vertrauensschutz dergestalt zur Folge, dass der Fehler nicht mehr im Rahmen der Verjährungsvorschriften korrigiert werden und vom Kläger keine Steuer im Gegensatz zu anderen Zweitwohnungsinhabern gefordert werden dürfte. Ein Festhalten an der bisherigen Praxis würde vielmehr einen Verstoß gegen den Grundsatz der Steuergerechtigkeit darstellen (vgl. OVG Münster, U. v. 1.10.1990 – 22 A 1393/90 – juris Rn. 51; VG München, U. v. 8.10.2015 – M 10 K 15.1135 – juris Rn. 53).
Abweichungen von diesem Grundsatz sind nur zulässig, wenn dem früheren Bescheid ein zusätzlicher Regelungsgehalt dahingehend zu entnehmen wäre, eine höhere Festsetzung werde trotz eines weitergehenden Steueranspruchs nicht erfolgen (vgl. VG München, U. v. 12.11.2013 – M 10 K 13.1370 – juris Rn. 61). Hierfür gibt es keine Anhaltspunkte.
Die Veranlagungsbescheide wie die Widerspruchsbescheide sind damit rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 2.231,51 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-),
wobei auf das Verfahren M 10 K 15.1176 1.572,81 EUR und auf das Verfahren M 10 K 16.1716 658,70 EUR entfallen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

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