Aktenzeichen 64 KLs 1105 Js 2306/19 jug
WaffG § 52 Abs. 3 Nr. 2 lit. a
Leitsatz
1. Ob eine bei dem Täter vorhandene sexuelle Devianz – etwa in Form einer Pädophilie – einen Ausprägungsgrad erreicht, der dem Eingangsmerkmal der schweren anderen seelischen Abartigkeit zugeordnet werden kann, ist aufgrund einer Gesamtschau der Täterpersönlichkeit und seiner Taten zu beurteilen. Dabei kommt es darauf an, ob die sexuellen Neigungen die Persönlichkeit des Täters so verändert haben, dass er nicht die zur Bekämpfung seiner Triebe erforderlichen Hemmungen aufzubringen vermag. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bringt der Täter ein ihm körperlich weit unterlegenes Kind zur Vornahme sexueller Handlungen in ein abgelegenes Waldstück, wo es ihm infolge der örtlichen und situativen Vereinzelung schutzlos ausgeliefert ist, und lässt es deshalb die sexuellen Handlungen über sich ergehen, verwirklicht der Täter die Qualifikation des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB. (Rn. 58) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Feststellung eines Hangs im Sinne von § 66 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 StGB setzt eine Gesamtwürdigung der die Persönlichkeit des Angeklagten prägenden Umstände einschließlich seiner psychischen Befindlichkeit voraus. Zur Beurteilung heranzuziehen sind neben den Symptomtaten weitere Vortaten, wobei die zeitliche Verteilung der Straftaten von besonderer Bedeutung ist, sowie nicht strafbare Verhaltensweisen, Herkunft, Sozialisation, Persönlichkeitsstruktur und Sozialverhalten des Angeklagten. Es handelt sich um eine wertende, auf eine Vergangenheitsbetrachtung abstellende Feststellung eines Persönlichkeitsmerkmals.(Rn. 127) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Hang im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB muss auf die Begehung „erheblicher Straftaten“ gerichtet sein, namentlich solcher, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, was eine Prüfung und Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erfordert. Mit Taten des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern ist im Hinblick auf die für die Tatopfer oftmals gewichtigen psychischen Auswirkungen unabhängig von körperlicher Gewaltanwendung typischerweise die Gefahr schwerwiegender psychischer Schäden verbunden. (Rn. 134) (redaktioneller Leitsatz)
5. Die hangbedingte Gefährlichkeit liegt vor, wenn sich aus dem Hang die bestimmte Wahrscheinlichkeit ergibt, dass von dem Täter weitere erhebliche rechtswidrige Taten ernsthaft zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Die Hangtätereigenschaft ist dabei nur ein – wenngleich wesentliches – Kriterium, das auf eine Gefährlichkeit des Angeklagten hindeutet und als prognostisch ungünstiger Gesichtspunkt in die Gefährlichkeitsprognose einzustellen ist. (Rn. 136) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Der Angeklagte ist schuldig des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei tatmehrheitlichen Fällen, in einem Fall davon in Tateinheit mit schwerer Vergewaltigung, im anderen Fall in Tateinheit mit Vergewaltigung, jeweils in Tateinheit mit einem Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht sowie des vorsätzlichen unerlaubten Führens einer Schusswaffe und des Diebstahls.
2. Er wird deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Jahren verurteilt.
3. Die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung wird
angeordnet.
4. Die Einziehung des Wertes des Tatertrages in Höhe von 400,00 EUR wird zugunsten des Kegelvereins S. angeordnet.
5. Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Nebenklägers zu tragen.
Gründe
Vorspann
Der zur Tatzeit 25-jährige Angeklagte, der nach Vollverbüßung einer mehrjährigen Jugendstrafe (u.a.) wegen eines Sexualverbrechens zum Nachteil eines Minderjährigen unter Führungsaufsicht stand, missbrauchte den zur Tatzeit 9-jährigen Schüler X, der vom Angeklagten als zufälliges Opfer zur rücksichtslosen Durchsetzung sexueller Triebhaftigkeit und Dominanz ausgewählt wurde, Anfang 2019 bei zwei Gelegenheiten oral und anal. Im Rahmen der Führungsaufsicht war der Angeklagte mit einem strafbewehrten Kontaktaufnahmeverbot hinsichtlich Personen unter 16 Jahren belegt.
Der Angeklagte passte am Morgen des 09.01.2019 den Geschädigten X auf seinem Schulweg ab und verbrachte ihn gegen seinen Willen in ein abgelegenes Waldstück. Der Aufforderung des Angeklagten, sich trotz winterlicher Temperaturen bis auf die Socken nackt auszuziehen und „seinen Schwanz zu lutschen, bis eine weiße Säure kommt“, kam der verängstigte Geschädigte gegen seinen erkennbaren Willen nach. Demgemäß ließ sich der Angeklagte von dem ihm schutzlos ausgelieferten Geschädigten (ungeschützt) zunächst oral bis zum Samenerguss befriedigen. Nach dem Oralverkehr führte der Angeklagte am Geschädigten überdies den ungeschützten Analverkehr durch, was für den Geschädigten, der sich zu diesem Zweck auf Geheiß des Angeklagten bücken musste, schmerzhaft war. Im Anschluss an den Geschlechtsverkehr zeigte der Angeklagte dem Geschädigten ein von ihm mitgeführtes Taschenmesser und eine von ihm mitgeführte Luftdruckpistole und bedeutete ihm unter Schaffung einer Drohkulisse, niemandem von der Tat zu erzählen.
Bei einer weiteren Gelegenheit an einem nicht mehr näher bestimmbaren Werktag im Zeitraum 10.01.2019 bis 04.02.2019 passte der Angeklagte den Geschädigten X ein weiteres Mal morgens auf dem Schulweg ab und verbrachte ihn zu einem zu diesem Zeitpunkt menschenleeren Sportplatz. An einer von außen kaum einsehbaren Stelle vor dem Sportheim vollzog er den ungeschützten oralen und analen Geschlechtsverkehr mit dem ihm schutzlos ausgelieferten Kind, das sich abermals trotz winterlicher Temperaturen nackt ausziehen musste, gegen dessen erkennbaren Willen, wobei der Angeklagte wiederum im Mund des Geschädigten zum Samenerguss kam. Weiterhin forderte er vom Geschädigten, beim nächsten Mal sein „Sparschwein“ mitzubringen.
Darüber hinaus beging der Angeklagte am 06.02.2019 ein Waffendelikt, indem er bei seiner Festnahme auf öffentlicher Straße ohne erforderliche waffenrechtliche Erlaubnis eine Luftdruckpistole samt CO₂-Kartusche und Munition mit sich führte.
Bereits am 20.09.2018 hatte der Angeklagte aus der verschlossenen Kasse eines Kegelvereins Bargeld in Höhe von 400,- EUR entwendet, um das Geld ohne Berechtigung für sich zu behalten.
Der Angeklagte, der das Waffendelikt vollumfänglich und den Diebstahl weitgehend einräumte, bestritt die Sexualtatvorwürfe und machte insoweit keine Angaben zur Sache. Die Kammer hat sich im Rahmen der mehrtägigen Beweisaufnahme von dem insofern festgestellten strafbaren Sachverhalt – zweifacher sexueller Missbrauch zum Nachteil des Kindes X durch den Angeklagten – Überzeugung verschafft, insbesondere aufgrund der für glaubhaft erachteten Angaben des für glaubwürdig befundenen Geschädigten X. Die konstanten, detailreichen und schlüssigen Tatschilderungen des Geschädigten hat die Kammer durch die Zeugen X (Mutter des geschädigten Kindes, der sich dieses am 05.02.2019 offenbarte) und KHKin E. (Vernehmungsbeamtin der polizeilichen Vernehmung des Kindes vom 06.02.2019) sowie durch Inaugenscheinnahme der ermittlungsrichterlichen Videovernehmung des Kindes vom 08.02.2019 in die Hauptverhandlung eingeführt. Die Aussage des geschädigten Kindes hat die Kammer mit Blick auf sein junges Alter, ausgehend von der Unschuldsvermutung, einer besonders kritischen Analyse und Überprüfung unterzogen, sie hat in ihr jedoch derart viele Realitätskennzeichen gefunden, dass die These, dass die Angaben der Geschädigten X nicht der Wahrheit entsprechen (Nullhypothese), widerlegt werden konnte. Beraten wurde die Kammer hierbei von der Sachverständigen Diplom-Psychologin D., die ein aussagepsychologisches Gutachten zur Glaubhaftigkeit der Angaben des geschädigten Kindes erstellt hat. Weiterhin sprachen eine Reihe weiterer Beweisergebnisse, insbesondere DNA-Spuren (in der zum Zeitpunkt der Festnahme vom Angeklagten getragenen Unterhose ist DNA des Geschädigten belegbar; an der Jacke des Geschädigten konnte DNA des Angeklagten festgestellt werden; an der vom Geschädigten beschriebenen Tatörtlichkeit Sportplatz wurden dem Angeklagten zuordenbare Blutanhaftungen aufgefunden), für eine Täterschaft des Angeklagten. Letztlich ergab eine umfassende und sorgfältige Gesamtwürdigung der Ergebnisse der durchgeführten Beweisaufnahme die Überzeugung der Kammer von den festgestellten Taten zum Nachteil des X, begangen durch den Angeklagten.
Der Angeklagte leidet unter einer dissozialen Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F60.2). Auch bestehen bei ihm pädophile Neigungen betreffend Minderjährige männlichen Geschlechts im präpubertären und pubertären Alter. Weder die dissoziale Persönlichkeitsstörung noch die pädophilen Neigungen sind indessen derart stark ausgeprägt, dass sie dem Eingangsmerkmal der schweren anderen seelischen Abartigkeit gleichzusetzen wären. Eine erhebliche Verminderung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit des Angeklagten im Sinne der §§ 20, 21 StGB war bei Begehung der festgestellten Taten nicht gegeben. Zu den entsprechenden Erkenntnissen gelangte die Kammer sachverständig beraten durch den erfahrenen und kompetenten psychiatrischen Sachverständigen Prof. Dr. V.
Demzufolge war der Angeklagte wie tenoriert schuldig zu sprechen.
Die Kammer hat neben der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Jahren die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet, da die formellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 (iVm Abs. 1 Satz 1 Nr. 3), Abs. 3 Satz 2 StGB vorlagen und die Gesamtwürdigung des Angeklagten und seiner Taten ergeben hat, dass er infolge seines Hanges zu erheblichen Straftaten zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist (§ 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB). Diese Erkenntnis der Kammer stimmt mit der Einschätzung des psychiatrischen Sachverständigen Prof. Dr. V. überein. In Ausübung pflichtgemäßen Ermessens nach § 66 Abs. 2, Abs. 3 StGB war mit Blick auf die vom Angeklagten ausgehende große Gefahr schwerwiegender Sexualstraften zum Nachteil von insbesondere minderjährigen Opfern von der Anordnung seiner Unterbringung in der Sicherungsverwahrung Gebrauch zu machen.
A. Persönliche Verhältnisse (…)
B. Sachverhalt
Der Angeklagte stand nach § 68f StGB unter Führungsaufsicht, die mit Beschluss des Amtsgerichts W. vom 14.08.2017, Az.: I VRJs 43/15, rechtskräftig seit 26.08.2017, näher ausgestaltet wurde. Der Führungsaufsichtsbeschluss ging dem mit seinem Inhalt vertrauten Angeklagten am 18.08.2017 zu. Der Angeklagte hatte am 10.08.2017 eine Einheitsjugendstrafe von 5 Jahren vollständig verbüßt, die mit Beschluss des Amtsgerichts N. vom 15.11.2013 nachträglich gebildet worden war. Einbezogen wurden hierbei eine Verurteilung zu einer Jugendstrafe von 4 Jahren durch das Landgericht B. vom 19.04.2013, Az. 1 KLs 123 Js 9304/12 jug, wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Jugendlichen sowie eine Verurteilung zu einer Jugendstrafe von 1 Jahr 6 Monaten durch das Amtsgericht B. vom 15.05.2013, Az. Ls 6 Js 12140/11, wegen gemeinschaftlichen Diebstahls in sechs Fällen, gemeinschaftlichen versuchten Diebstahls in drei Fällen und unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln. Dem Angeklagten wurde im vorerwähnten Führungsaufsichtsbeschluss des Amtsgerichts W. vom 14.08.2017 im Rahmen der unter Ziffer 3 Buchstabe g strafbewehrten Weisung untersagt, zu Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren Kontakt aufzunehmen, auch mittels moderner Medien, mit ihnen zu verkehren, sie zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen (§ 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 StGB). Die Weisung wurde damit begründet, dass damit der Schutz der Allgemeinheit vor der Begehung weiterer gravierender Straftaten bezweckt werden sollte. Im Beschluss wurde der Angeklagte auf die Strafbestimmung des § 145a StGB hingewiesen. Gegen die vorerwähnte Weisung verstieß der Angeklagte durch die nachfolgend unter Ziffern I.1 und II.2 geschilderten Kontaktaufnahmen zu dem Kind X, geboren am x, wissentlich und willentlich, wodurch der Zweck des Kontaktverbotes, die Gefahr von Straftaten des Angeklagten zum Nachteil von Minderjährigen zu beseitigen oder zu verringern, konkret gefährdet wurde. Strafantrag wurde hinsichtlich beider Verstöße durch die Leiterin der zuständigen Führungsaufsichtsstelle unter dem 13.03.2019 form- und fristgerecht gestellt.
I. Taten zum Nachteil des Schülers
1. Erste Vergewaltigung zum Nachteil des Kindes X
Am 09.01.2019 wurde das normal entwickelte und aufgeschlossene Kind X, geboren am x, morgens gegen 07:15 Uhr auf dem Schulweg – von der elterlichen Wohnung in der xstraße in x kommend – nahe dem xplatz von dem Angeklagten abgepasst und festgehalten. Der Schüler X wurde vom Angeklagten als zufälliges Opfer zur rücksichtslosen Durchsetzung seiner sexuellen Triebhaftigkeit und Dominanz ausgewählt. Der Angeklagte verbrachte den Geschädigten X sodann gegen seinen erkennbaren Willen in ein etwa 700 bis 1000 Meter entferntes, abgelegenes Waldstück in x, wobei er das Kind teilweise festhielt bzw. ihm den Mund zuhielt. Dort war das dem Angeklagten körperlich völlig unterlegene Kind – wie von ihm beabsichtigt – ihm schutzlos ausgeliefert. Seiner Aufforderung, sich trotz der winterlichen Temperaturen bis auf die Socken nackt auszuziehen und „seinen Schwanz zu lutschen, bis eine weiße Säure kommt“, kam der verängstigte Geschädigte gegen seinen erkennbaren Willen nach. Demgemäß ließ sich der Angeklagte, der währenddessen auf einem alten Autoreifen Platz nahm, von dem ihm schutzlos ausgelieferten Kind, das sich vor den Angeklagten hinknien musste, (ungeschützt) zunächst oral bis zum Samenerguss befriedigen, wobei er in den Mund des Kindes ejakulierte und es aufforderte, das Ejakulat zu schlucken. Ob der Geschädigte das Ejakulat – wie ihm geheißen wurde – (teilweise) schluckte oder gänzlich ausspuckte ist letztlich nicht aufklärbar. Während des Oralverkehrs hielt der Angeklagte den Geschädigten zum Teil am Kopf fest und führte seinen Kopf mit beiden Händen, um seine „Saug- und Lutschbewegungen“ zu beschleunigen. Nach dem Oralverkehr führte der Angeklagte mit seinem Geschlechtsteil am hilflosen Geschädigten überdies gegen dessen offensichtlichen Willen den ungeschützten Analverkehr durch. Dies war für den Geschädigten, der sich zu diesem Zweck auf Geheiß des Angeklagten bücken und „im Vierfüßlerstand“ auf den Reifen hinknien musste, äußerst schmerzhaft. Ob der Angeklagte hierbei ein weiteres Mal ejakulierte, ist nicht aufklärbar. Entweder der Geschädigte oder der Angeklagte oder beide zogen sich durch den Analverkehr blutende Verletzungen zu. Die sexuellen Handlungen dauerten insgesamt einige Minuten an. Anschließend „gestattete“ der Angeklagte dem durchgefrorenen Geschädigten, seine (zum Teil verschmutzten) Sachen wieder anzuziehen. Während der Vornahme der sexuellen Handlungen befanden sich, wie der Angeklagte wusste, ein silbernes Taschenmesser und eine schwarze Luftdruckpistole in seinem Rucksack griffbereit in Reichweite. Im Anschluss an die sexuellen Handlungen zeigte der Angeklagte dem Geschädigten das von ihm mitgeführte Taschenmesser und die von ihm mitgeführte Luftdruckpistole und bedeutete ihm unter Schaffung einer Drohkulisse, niemandem von der Tat zu erzählen. Der Angeklagte drohte dem eingeschüchterten kindlichen Geschädigten, welcher dessen Drohungen ernst nahm, dass er „die Polizei töte“, wenn der Geschädigte „was der Polizei sage“. Zur Verdeutlichung seiner Drohung hielt sich der Angeklagte die schwarze Luftdruckpistole, die der Geschädigte für eine „echte scharfe Schusswaffe“ hielt, an den Kopf und bedeutete dem Geschädigten, es sei seine Entscheidung „Messer oder Pistole“, wie er, der Angeklagte, die „Polizei töten würde“. Hiernach wurde der Geschädigte vom Angeklagten zurück zum M.platz geführt, von wo aus dieser zur Schule lief.
An der Schule erschien der Geschädigte, der bereits als vermisst gemeldet worden war, da er nicht pünktlich zu dem um 7.50 Uhr beginnenden Schulunterricht erschienen war, gegen 09.00 Uhr verstört, völlig durchfroren, mit Blutresten an der Nase und mit verschmutzter Kleidung. Als Begründung für sein Zuspätkommen gab er unter anderem an, er habe sich verlaufen, ein Mann hätte ihn gefunden und zum xplatz gebracht.
Der Angeklagte suchte nach 9.00 Uhr seine Bewährungshelferin auf, bei der er einen vereinbarten Termin um 11.00 Uhr hatte. Im weiteren Verlauf des 09.01.2018 begab er sich zur Fachambulanz für entlassene Sexualstraftäter nach W., nachdem er dort mehr als drei Monate keinen Termin mehr wahrgenommen hatte.
2. Zweite Vergewaltigung zum Nachteil des Kindes X Bei einer weiteren Gelegenheit an einem nicht mehr näher bestimmbaren Werktag im Zeitraum 10.01.2019 bis 04.02.2019, entweder am 10.-11.01., am 17.-18.01., am 23.-25.01., am 28.01.-01.02. oder am 04.02.2019, wohl am 23.01. oder 30.01.2019, verging sich der Angeklagte ein weiteres Mal am Kind X. Der Angeklagte passte den Geschädigten X am betreffenden Tattag ein weiteres Mal gegen 7.00 Uhr morgens auf dem Schulweg ab und verbrachte ihn gegen seinen ersichtlichen Willen zu dem zu diesem Zeitpunkt menschenleeren, etwa 400 Meter vom Schulweg des Geschädigten entfernten Sportplatz in x. Dort war der Geschädigte dem Angeklagten, wie von diesem beabsichtigt, wiederum hilflos ausgeliefert. In dem von außerhalb kaum einsehbaren Außenbereich der Sportanlage vor dem Sportheim vor dem Zugang zu den Herrentoiletten zog sich der eingeschüchterte Schüler X auf die Aufforderung des Angeklagten hin bis auf die Socken und Schuhe bei winterlichen Temperaturen nackt aus. Sodann vollzog der Angeklagte mit seinem Glied abermals den ungeschützten oralen und analen Geschlechtsverkehr mit dem ihm schutzlos ausgelieferten Kind gegen dessen erkennbaren Willen, wobei der Angeklagte abermals im Mund des Geschädigten zum Samenerguss kam. Ob der Geschädigte das Ejakulat – wie ihm seitens des Angeklagten geheißen wurde – schluckte oder ausspuckte, ist nicht aufklärbar. Zum Zwecke der Durchführung des Analverkehrs musste sich der Geschädigte „auf alle Viere“ hinknien, während der Angeklagte hinter ihm kniete, wobei der anschließende Analverkehr den Geschädigten wiederum schmerzte. Auch die Durchführung dieser sexuellen Handlungen dauerte einige Minuten an, war indes insgesamt kürzer als bei der ersten Tat im Waldstück. Entweder der Geschädigte oder der Angeklagte oder beide zogen sich durch den Analverkehr blutende Verletzungen zu. Ob der Angeklagte in Zusammenhang mit dem Analverkehr ein weiteres Mal ejakulierte, ist ebenfalls nicht aufklärbar. Weiterhin ist nicht sicher aufklärbar, ob der Angeklagte auch bei dieser Gelegenheit eine Luftdruckpistole oder ein Messer bei sich führte. Jedenfalls forderte der Angeklagte vom Geschädigten, beim nächsten Mal sein „Sparschwein“ mitzubringen. Nach der Vorstellung des Angeklagten sollte es in der Folgezeit zu weiteren Missbrauchstaten zum Nachteil des Geschädigten kommen, auch sollte dieser ihm sein „Erspartes“ überlassen, um sich auf diese Weise zu Unrecht auf Kosten des Geschädigten zu bereichern.
Im Anschluss an die Tat begab sich der Geschädigte zur Schule, wo er (noch) pünktlich erschien.
Bei mindestens einem der geschilderten sexuellen Übergriffe hielt der Angeklagten den Geschädigten am Rücken fest, während er an ihm mit seinem Geschlechtsteil den Analverkehr ausführte, da der Geschädigte in Ansehung der für ihn schmerzhaften analen Penetration hierbei „zappelte“.
3. Tatfolgen
In den Folgetagen nach den sexuellen Übergriffen hatte der Geschädigte nicht unerhebliche Schmerzen beim Stuhlgang und litt an Bauchschmerzen. Zudem war bei ihm im Januar/Februar 2019 ein schulischer Leistungsabfall zu verzeichnen und er zog sich während dieses Zeitraums in sich zurück (Beispielsweise versperrte der Geschädigte entgegen seiner Gewohnheit das Badezimmer, als er sich duschte). Außerdem wagt sich der Geschädigte seit den sexuellen Übergriffen nicht mehr, zur Schule zu laufen, was er bis dahin ohne Weiteres tat. Seither fahren ihn seine Eltern mit dem Auto zur Schule und holen ihn wieder ab. Nach Offenbarung der Vorfälle war der Geschädigte etwa drei Wochen nicht in der Schule. Insgesamt verhält sich X seit den Vorfällen – entgegen seinem vorherigen Verhalten – vermehrt „kleinkindlich“; auch nässte er sich während des Nachtschlafs wieder mehrere Male ein, was er zuvor nicht mehr tat. Zudem zeigten sich bei ihm Anzeichen für eine posttraumatische Belastungsstörung: er erlitt eine Panikattacke mit Schweißausbruch und starkem Zittern, wobei er sich für mehrere Minuten hinter einem Mülleimer zusammenkauerte. Weiterhin wagt er sich nicht mehr allein außer Haus und lehnt Kontakt zu fremden Personen ab. Seit März 2019 befindet er sich in psychotherapeutischer Behandlung, die ihn stabilisieren konnte. Weitere körperliche und psychische Tatfolgen für das Kind sind nicht absehbar. Eine vollständige Auf- und Verarbeitung der Taten wird voraussichtlich längere Zeit in 4. Offenbarung der Tat gegenüber Dritten und Gang des Verfahrens Der Geschädigte X vertraute sich zum ersten Mal im Verlauf des 05.02.2019 seiner Mutter X an, indem er ihr von dem (wahren) Grund für die Verspätung in der Schule Anfang Januar 2019 und dem ersten sexuellen Übergriff berichtete, namentlich, dass er damals von einem Mann mit Rucksack in den Wald „entführt“ wurde und einen „Schwanz lutschen musste, bis weiße Säure kam“.
Die Mutter X begab sich daraufhin noch am selben Tag zur Polizeiinspektion x, erstattet dort Anzeige und wurde – ebenso wie ihr Lebensgefährte x – im weiteren Verlauf des Tages kriminalpolizeilich vernommen. An diesem Tag offenbarte X seiner Mutter auch, dass es einen weiteren sexuellen Übergriff an einem Sportplatz gab.
Am Morgen des 06.02.2019 gegen 08.00 Uhr fuhr der Geschädigte mit seiner Mutter im Auto auf der S1. straße von x nach y. Während der Autofahrt erkannte X einen auf dem Fahrradweg entlang der Straße in Richtung y laufenden Mann als denjenigen Mann wieder, der ihn sexuell missbrauchte. Von der Mutter daraufhin hinzugerufene Polizeibeamte der Polizeiinspektion x nahmen sodann zeitnah den vom Geschädigten als Täter identifizierten Mann, den Angeklagten, fest.
Noch am 06.02.2019 wurde der Geschädigte X von KHKin E. von der ermittelnden KPI … ausführlich als Zeuge vernommen. In diesem Zusammenhang offenbarte der Geschädigte im Detail die Tat vom 09.01. sowie die weitere nachfolgende Tat. Auch führte der Geschädigte X die Polizeibeamtin KHKin E. zu den Tatörtlichkeiten.
Am 08.02.2019 wurde das Kind X von RiAG y (u.a. im Beisein der aussagepsychologischen Sachverständigen Dipl.-Psych. D.) ermittlungsrichterlich vernommen, wobei die Vernehmung audiovisuell aufgezeichnet wurde. X offenbarte auch in dieser Vernehmung die beiden sexuellen Übergriffe im Einzelnen.
In der Hauptverhandlung wurde die audiovisuell aufgezeichnete ermittlungsrichterliche Vernehmung des Geschädigten vorgespielt.
II. Verstoß gegen das Waffengesetz
Am 06.02.2019 um 08:07 Uhr führte der Angeklagte, der zu Fuß auf einem parallel zur S1. straße verlaufenden Radweg zwischen x und y unterwegs war, wissentlich und willentlich ohne die erforderliche waffenrechtliche Erlaubnis eine mitsamt Co2-Kartusche und Munition geladene Luftdruckpistole des Fabrikats Glock 17 außerhalb der eigenen Wohnung bzw. des eigenen befriedeten Besitztums auf offener Straße mit sich. Er hatte die Luftruckpistole bereits über 12 Kilometer mit sich geführt, seit er seine Wohnanschrift x verlassen hatte, um zu Fuß nach y zu laufen. Der mit der Waffe und einem Messer mit einer Klingenlänge von ca. 10 cm aufgegriffene Angeklagte leistete bei seiner Festnahme durch Polizeibeamte der Polizeiinspektion x keinen Widerstand.
III. Diebstahl zum Nachteil des Kegelvereins
Am Abend des 20.09.2018 war der Angeklagte bei Gewährung einer Vergütungspauschale in Höhe von 30,- EUR, die er sich aus dem Thekengeldbeutel nehmen durfte, als Thekenkraft im Vereinsheim seines Kegelvereins S. eingesetzt. Gegen 23:30 Uhr, nachdem die übrigen Vereinsmitglieder den Kegelverein verlassen hatten, entwendete er aus der in einem Schrank befindlichen verschlossenen Kasse des Kegelvereins S. einen Bargeldbetrag in Höhe von 400 Euro, indem er die Kasse mitnahm, aufbrach und das Geld ohne Berechtigung an sich nahm und für sich verwendete. Er wusste, dass er auf das Geld keinen Anspruch hatte. Anschließend entsorgte er die beschädigte Kasse am Ortsrand von x.
IV. Schuldfähigkeit während der Taten
Die Fähigkeit des Angeklagten, sein Verhalten entsprechend der erhaltenen Einsicht in das Unrecht seiner Taten zu steuern, war bei den vorbezeichneten Taten trotz dissozialer Persönlichkeitsstörung und pädophiler Neigungen weder aufgehoben noch erheblich vermindert. Der Angeklagte handelte voll schuldfähig.
V. Der Hang des Angeklagten und seine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit Der Angeklagte hat unter Berücksichtigung seiner dissozialen Persönlichkeitsstörung und seiner devianten sexuellen Neigungen eine eingeschliffene Neigung entwickelt, erhebliche Straftaten, namentlich schwerwiegende Sexualstraften zum Nachteil Minderjähriger (Vergewaltigungen) zu begehen, durch welche die minderjährigen Opfer seelisch oder körperlich schwer gezeichnet werden. Weder sein relativ junges Lebensalter in Verbindung mit der verhängten Freiheitsstrafe noch intensive therapeutische Maßnahmen im Strafvollzug oder ambulante Hilfen im Rahmen der Führungsaufsicht können bei ihm in der Zukunft die bestehende hohe Gefahr weiterer schwerwiegender (Sexual-)Straftaten in nennenswerter Weise reduzieren. Dabei erstreckt sich der potentielle Opferkreis insbesondere auch auf „Zufallsopfer“. Infolge seines Hanges zu gewichtigen (Sexual-)Straftaten mit schwerem Schädigungspotential für die hiervon Betroffenen ist er für die Allgemeinheit gefährlich.
VI. Strafverfolgungsbeschränkungen gemäß §§ 154, 154a StPO In ihrer Abschlussverfügung vom 05.06.2019 sah die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung in Betracht kommender weiterer schwerer sexueller Missbrauchshandlungen im Zeitraum 09.01.2019 bis 06.02.2019 seitens des Angeklagten zum Nachteil von X gemäß § 154 StPO ab.
Hinsichtlich des in Zusammenhang mit den angeklagten Tatvorwürfen zum Nachteil des X in Betracht kommenden tateinheitlichen Verstoßes gegen das Waffengesetz (vorsätzliches unerlaubtes Führen einer Schusswaffe) wurde mit Blick auf die weiteren im Raum stehenden Gesetzesverletzungen in der Hauptverhandlung mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft gemäß § 154a Abs. 1, Abs. 2 StPO von der Strafverfolgung abgesehen.
Hinsichtlich der in Zusammenhang mit dem Diebstahlsvorwurf zum Nachteil des Kegelvereins in Betracht kommenden tateinheitlichen Sachbeschädigung betreffend die entwendete und beschädigte Vereinskasse wurde mit Blick auf die weitere im Raum stehende Gesetzesverletzung wegen Diebstahls in der Hauptverhandlung mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft gemäß § 154a Abs. 1, Abs. 2 StPO von der Strafverfolgung abgesehen.
C. Beweiswürdigung
In der Hauptverhandlung hat keine Verständigung der Verfahrensbeteiligten im Sinne des § 257c StPO stattgefunden. Die getroffenen Feststellungen der Kammer beruhen auf dem Beweisergebnis der durchgeführten Hauptverhandlung. Der Angeklagte ließ sich im Ergebnis zu seiner Person nicht und zur Sache nur hinsichtlich des gegenständlichen Verstoßes gegen das Waffengesetz am Tag seiner Festnahme und des gegenständlichen Diebstahls zum Nachteil des Kegelvereins ein, indem er diese Verstöße über seinen Verteidiger pauschal einräumen ließ. Im Übrigen ließ er sich letztlich weder zur Person noch zur Sache ein, insbesondere beantwortete er keine Nachfragen der Kammer (…).
Feststellungen zu B.IV – Schuldfähigkeit
Die Kammer hat sich sachverständig beraten die Überzeugung davon verschafft, dass bei Begehung der gegenständlichen Taten weder die Einsichtsfähigkeit noch die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten im Sinne der §§ 20, 21 StGB erheblich vermindert oder gar aufgehoben waren. Entsprechendes hat die Kammer mit Blick auf die beim Angeklagten vorhandene dissoziale Persönlichkeitsstörung und die bei ihm bestehenden pädophilen Neigungen sorgfältig und kritisch geprüft. Insbesondere wurde im Ausgangspunkt nicht verkannt, dass die Annahme verminderter Schuldfähigkeit das Maßregelrecht dahingehend verschieben könnte, dass der Maßregel des § 63 StGB (Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus) grundsätzlich Vorrang vor der Maßregel des § 66 StGB (Unterbringung in der Sicherungsverwahrung) zukommt, sofern die Ursachen von psychischer Störung und Hang identisch sind (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 20. Mai 2010 – 5 StR 104/10 – Rn. 7 = NStZ-RR 2011, 170; BGH, Beschluss vom 14. Mai 2002 – 5 StR 138/02 – Rn. 13 m.w.N. = NStZ-RR 2002, 230-231). Gegen die von der Kammer geteilten Befunde des psychiatrischen Sachverständigen zur voll erhaltenen Schuldfähigkeit des Angeklagten wurde seitens der Beteiligten nichts erinnert.
a) Erhaltene Einsichtsfähigkeit
Die Kammer hat – ebenso wie der psychiatrische Sachverständige Prof. Dr. V. – nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür, dass die Einsichtsfähigkeit des Angeklagten in das Unrecht seines Tuns aufgehoben oder beeinträchtigt gewesen wäre. Hiergegen spricht durchgreifend, dass der Angeklagte wegen einer Sexualstraftat zum Nachteil eines Minderjährigen und mehrerer Eigentumsdelikte bereits eine mehrjährige Haftstrafe verbüßte. Er wusste daher genau um das Unrecht seiner gegenständlichen Taten, dementsprechend hat er auch gegenüber dem geschädigten Kind eine Drohkulisse aufgebaut, um dieses von einer Offenbarung der Taten abzuhalten.
b) Erhaltene Steuerungsfähigkeit
Für eine Aufhebung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten nach § 20 StGB fehlen indes – in Übereinstimmung mit dem diesbezüglichen Befund des psychiatrischen Sachverständigen – jegliche Anhaltspunkte, zumal der Angeklagte bei sämtlichen Taten, insbesondere bei den gegenständlichen Sexualstraftaten, planvoll und zielgerichtet vorging. Weiterhin ist die Kammer davon überzeugt, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten, d.h. die Fähigkeit entsprechend seiner Unrechtseinsicht zu handeln, nicht im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert war. Hierfür fehlt es unbeschadet der dissozialen Persönlichkeitsstörung und der pädophilen Neigungen bereits an der Verwirklichung eines Eingangsmerkmals nach § 20 StGB. Der Sachverständige Prof. Dr. V. führte insoweit fachkundig und schlüssig aus, dass keinerlei Anhaltspunkte für die Verwirklichung der Eingangsmerkmale krankhafte seelische Störung (wie sie bei schizophrenen oder affektiven Psychosen, schweren hirnorganischen Prozessen oder schweren Intoxikationen in Betracht käme), tiefgreifende Bewusstseinsstörung (worunter etwa Affekttaten oder Taten in dissoziativen Zuständen fallen könnten) und Schwachsinn vorlägen.
Kritisch zu prüfen ist mit Blick auf die dissoziale Persönlichkeitsstörung und die pädophilen Neigungen allein, ob diese psychischen Beeinträchtigungen – für sich genommen oder in der Gesamtschau – das Eingangsmerkmals der schweren anderen seelischen Abartigkeit im Sinne von § 20 StGB erfüllen. Dies ist zur Überzeugung der Kammer vorliegend indes zu verneinen, so dass bereits aus diesem Grund die Annahme einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit im Sinne von § 21 StGB ausscheidet.
aa) Maßstäbe
Im Ausgangspunkt können weder eine dissoziale Persönlichkeitsstörung noch deviantes Sexualverhalten ohne Weiteres einer schweren Persönlichkeitsstörung gleichgesetzt und damit unter das Eingangsmerkmal der schweren anderen seelischen Abartigkeit im Sinne von § 20 StGB subsumiert werden. Eine (vorliegend nicht einmal) festgestellte Pädophilie etwa kann im Einzelfall nur dann eine schwere andere seelische Abartigkeit und eine hierdurch (naheliegender Weise) beeinträchtigte Steuerungsfähigkeit begründen, wenn Sexualpraktiken zu einer eingeschliffenen Verhaltensschablone geworden sind, die sich durch abnehmende Befriedigung, zunehmende Frequenz der devianten Handlungen, Ausbau des Raffinements und gedankliche Einengung des Täters auf diese Praktik auszeichnen. Ob die sexuelle Devianz etwa in Form einer Pädophilie einen solchen Ausprägungsgrad erreicht, der dem Eingangsmerkmal der schweren anderen seelischen Abartigkeit zugeordnet werden kann, ist aufgrund einer Gesamtschau der Täterpersönlichkeit und seiner Taten zu beurteilen. Dabei kommt es darauf an, ob die sexuellen Neigungen die Persönlichkeit des Täters so verändert haben, dass er nicht die zur Bekämpfung seiner Triebe erforderlichen Hemmungen aufzubringen vermag (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Januar 2019 – 1 StR 574/18 -, Rn. 14, juris = NStZ-RR 2019, 168-169; BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2017 – 1 StR 395/17 – Rn. 10 f., juris = StV 2018, 210; Urteil vom 15. März 2016 – 1 StR 526/15 – Rn. 13/14 m.w.N., juris = StV 2017, 29-31). Im Allgemeinen besteht die richterliche Entscheidung, ob die Fähigkeit des Täters, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, bei der Begehung der jeweiligen Tat erheblich vermindert war, in einem aus mehreren Schritten bestehenden Verfahren. Zuerst ist die Feststellung erforderlich, dass bei dem Angeklagten eine psychische Störung vorliegt, die ein solches Ausmaß erreicht hat, dass sie unter eines der Eingangsmerkmale des § 20 StGB zu subsumieren ist. Sodann sind der Ausprägungsgrad der Störung und deren Einfluss auf die soziale Anpassungsfähigkeit des Täters zu untersuchen. Durch die festgestellten psychopathologischen Verhaltensmuster muss die psychische Funktionsfähigkeit des Täters bei der Tatbegehung beeinträchtigt worden sein. Die anschließende Frage der Erheblichkeit der Beeinträchtigung des Hemmungsvermögens (oder gar dessen Aufhebung) ist eine Rechtsfrage, die das Tatgericht selbst zu beantworten hat, nicht der Sachverständige (vgl. BGH, Urteil vom 25. März 2015 – 2 StR 409/14 -, Rn. 12 m.w.N., juris = NStZ 2015, 688 f.).
bb) Sachverständig beratene Einschätzung der Kammer Diese Maßstäbe berücksichtigend ist die Kammer im Einklang mit den Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen davon überzeugt, dass trotz vorhandener dissozialer Persönlichkeitsstörung und pädophiler Neigungen schon kein Ausmaß der psychischen Störung des Angeklagten vorliegt, das den Grad des Eingangsmerkmals der schweren anderen seelischen Abartigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB erreicht.
Die Feststellungen der Kammer zur (voll erhaltenen) Schuldfähigkeit des Angeklagten stehen in voller Übereinstimmung mit den überzeugenden Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen Prof. Dr. V., der seiner Würdigung zutreffende Anknüpfungstatsachen zugrunde legte und seine Ergebnisse fundiert und widerspruchsfrei herleitete. Insoweit wird zunächst zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen vollumfänglich auf die Ausführungen in der Beweiswürdigung zur psychischen Verfassung und zum Bestehen pädophiler Neigungen verwiesen.
(1) Keine relevante Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit trotz dissozialer Persönlichkeitsstörung Hiernach teilt die Kammer nach kritischer Würdigung die überzeugende Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. V. und geht davon aus, dass beim Angeklagten zwar von einer dissozialen Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F60.2) auszugehen ist, diese bei ihm jedoch nicht so stark ausgeprägt ist, dass die von strafbarem Verhalten unabhängigen Lebensbereiche hiervon nachhaltig und schwer beeinträchtigt werden, wie es beispielhaft bei Psychosen, schweren Abhängigkeiten oder hirnorganischen Bildern der Fall wäre. Letztlich sind die Auswirkungen der vorhandenen Persönlichkeitsstörung auf die Lebensgestaltung des Angeklagten nicht als gravierend zu qualifizieren, zumal zusätzliche belastende Faktoren wie Rauschmittelabhängigkeit oder soziale Depravation fehlen. Gegen eine wesentliche Deformation der Persönlichkeit des Angeklagten sprechen in Bezug auf die Phase nach seiner Haftentlassung bis zu seiner erneuten Inhaftierung anlässlich der gegenständlichen Taten insbesondere dessen Zusammenleben mit seinem Freund x in einer Art Wohngemeinschaft, der im Wesentlichen kontinuierlichen Ausübung sozialversicherungspflichtiger Erwerbstätigkeit (in Vollzeit) sowie sein auch auf sinnvolle Betätigungen ausgerichtetes Freizeitverhalten (Fußballverein und Kegelverein). Unter diesen Umständen erreicht die dissoziale Persönlichkeitsstörung des Angeklagten bereits nicht den Ausprägungsgrad einer rechtlich relevanten schweren anderen seelischen Abartigkeit nach § 20 StGB. Seine Schuldfähigkeit kann daher insoweit nicht relevant alteriert sein.
(2) Keine relevante Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit trotz pädophiler Neigungen Auch die pädophilen Neigungen des Angeklagten wirken sich auf die Steuerungsfähigkeit und damit Schuldfähigkeit des Angeklagten nicht in rechtlich relevanter Weise aus. Die Kammer teilt insofern zunächst die plausible Einschätzung des Sachverständigen, dass beim Angeklagten bereits keine Paraphilie bzw. Pädophilie von Krankheitswert (ICD-10: F65.4) besteht. Selbst wenn bei ihm eine Pädophilie im pathologischen Sinne unterstellt würde, erreicht diese jedoch keinesfalls einen Ausprägungsgrad, der dem Eingangsmerkmal einer schweren anderen seelischen Abartigkeit im Sinne des § 20 StGB zugeordnet werden könnte. In Übereinstimmung mit den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. V. steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die devianten sexuellen Neigungen des Angeklagten jedenfalls zu keiner schwerwiegenden suchtartigen Veränderung seiner Persönlichkeit führten, dass er nicht mehr zur Bekämpfung seiner Triebe in der Lage wäre. Für diese Annahme genügen die belegbaren drei Sexualstraftaten im August 2012 bzw. Anfang 2019 – ohne Verkennung der Verwahrungszeit des Angeklagten von September 2012 bis August 2017 – sowie der belegbare, letztlich im Umfang überschaubare Konsum von kinder- und jugendpornographischen Inhalten nicht. Gegen diese Annahme spricht namentlich, dass der Angeklagte im Zeitraum Ende 2017 bis Mitte 2018 sexuelle Kontakte ohne Auffälligkeiten mit dem Zeugen x unterhielt, der Angeklagte demnach in diesem Zeitraum zum Aus- und Erleben „normaler“ Sexualität ohne Devianz in der Lage war. Überdies haben die Zeugen x, y und z keine Anzeichen für sexuelle Devianz bzw. für den Konsum pornographischer Inhalte seitens des Angeklagten wahrgenommen. Auch war der Angeklagte bis zum 23. Januar 2019 im Wesentlichen kontinuierlich (voll-)erwerbstätig. Überdies weist der belegbare Umfang des Konsums pornographischer Inhalte nicht auf eine die Lebensumstände des Angeklagten wesentlich bestimmende, suchtartige Sexualpräferenzstörung hin. Eine gedankliche Einengung des Angeklagten im tatrelevanten Zeitraum Anfang 2019 auf deviante Sexualpräferenzen mit minderjährigen Sexualpartnern ist nach alledem nicht auszumachen, zumal er Anfang 2019 auch wieder seinen Terminen bei Bewährungshilfe und Fachambulanz nachkam. Letztlich ist eine überdurchschnittliche Triebanomalie beim Angeklagten nicht zu erkennen. Die Kammer ist daher davon überzeugt, dass die Entscheidungs- und Verhaltensoptionen des Angeklagten bei Begehung der gegenständlichen Sexualstraftaten zum Nachteil des geschädigten Kindes auch durch seine sexuell devianten Neigungen nicht erheblich eingeengt waren.
(3) Keine relevante Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit in der Gesamtschau Auch unter Berücksichtigung der Kombination von dissozialer Persönlichkeitsstörung und pädophilen Neigungen ist – entsprechend der Einschätzung des psychiatrischen Sachverständigen – ein Ausprägungsgrad der Beeinträchtigung der psychischen Funktionsfähigkeit des Angeklagten nicht erreicht, der das Eingangsmerkmal einer schweren anderen seelischen Abartigkeit erreichen würde. Hiergegen sprechen die vorstehenden Erwägungen, dass von den psychischen Beeinträchtigungen unabhängige soziale Lebensbereiche hiervon nicht gravierend betroffen waren. Der Angeklagte kam bei der Familie x unter, wohnte mit x, mit dem er über einen längeren Zeitraum von etwa einem dreiviertel Jahr eine „normale“ sexuelle Beziehung unterhielt, zusammen in einer „WG“, war im Wesentlich kontinuierlich erwerbstätig und zur sinnvollen Freizeitgestaltung (Fußball und Kegeln) in der Lage. Übermäßiger Konsum von Alkohol und Drogen war nicht zu verzeichnen. Überdies ist die kognitive Leistungsfähigkeit des Angeklagten nicht eingeschränkt. Vor diesem Hintergrund scheidet eine relevante Einengung des Angeklagten in seinen Entscheidungs- und Verhaltensoptionen infolge der psychischen Störungen (dissoziale Persönlichkeitsstörung und pädophile Neigungen) auch in der Gesamtschau aus.
Im Übrigen spricht – entsprechend den Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen – nichts für eine relevante Alteration der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der gegenständlichen Taten, wenn die Tatumstände, insbesondere in Zusammenhang mit den gegenständlichen Sexualstraftaten, isoliert betrachtet werden. Die vom Angeklagten bestimmten Tatumstände waren von planvollen, zielgerichteten Elementen geprägt, so suchte er bei beiden sexuellen Übergriffen das Kind gezielt auf, verbrachte es aktiv an einen nicht einsehbaren Ort, erteilte ihm klare Anweisungen, setzte die sexuellen Handlungen zielorientiert in Gestalt von zwei Akten (Oral- und Analverkehr) durch und schärfte ihm im Anschluss ein, von der Tat nicht zu erzählen. Auch in Zusammenhang mit dem Diebstahl ging der Angeklagte planmäßig und zielorientiert vor (Ausnutzen der Gelegenheit zum Diebstahl der Kasse, als die übrigen Vereinsmitglieder gegangen waren; Entsorgung der aufgebrochenen Kasse am Ortsrand). Die vorstehenden jeweiligen Tatmodalitäten offenbaren, dass der Angeklagte einsichtig und gesteuert handelte, betrachtet man Einsichts- und Steuerungsfähigkeit für sich genommen.
D. Rechtliche Würdigung
Der Angeklagte hat sich daher des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei tatmehrheitlichen Fällen, in einem Fall davon in Tateinheit mit schwerer Vergewaltigung, im anderen Fall in Tateinheit mit Vergewaltigung, jeweils in Tateinheit mit einem Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht sowie des vorsätzlichen unerlaubten Führens einer Schusswaffe und des Diebstahls gemäß §§ 145a, 176 Abs. 1, 176a Abs. 2 Nr. 1, 177 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 3, Abs. 6 Satz 2 Nr. 1, Abs. 7 Nr. 1 in der Fassung des am 10.11.2016 in Kraft getretenen Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung vom 04.11.2016 (BGBl. I S. 2460 ff.), 242, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 52, 53 StGB, § 52 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a WaffG i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 zum WaffG strafbar gemacht.
I. Taten zum Nachteil des Schülers X Zum Nachteil von X hat sich der Angeklagte des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei tatmehrheitlichen Fällen, in einem Fall davon in Tateinheit mit schwerer Vergewaltigung, im anderen Fall in Tateinheit mit Vergewaltigung, jeweils in Tateinheit mit einem Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht gemäß §§ 145a, 176 Abs. 1, 176a Abs. 2 Nr. 1, 177 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 3, Abs. 6 Satz 2 Nr. 1, Abs. 7 Nr. 1, 52 StGB strafbar gemacht.
1. Erste Vergewaltigung zum Nachteil des Kindes
Hinsichtlich der am 09.01.2019 begangenen Tat (oben B.I.1.) ist der Angeklagte des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit schwerer Vergewaltigung und mit einem Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht gemäß §§ 145a, 176 Abs. 1, 176a Abs. 2 Nr. 1, 177 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 3, Abs. 6 Satz 2 Nr. 1, Abs. 7 Nr. 1, 52 StGB schuldig.
Indem der Angeklagte mit seinem Geschlechtsteil oral und anal gegen den erkennbaren Willen des geschädigten Kindes in dieses eindrang, hat er die Tatbestände des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern nach §§ 176 Abs. 1, 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB und des sexuellen Übergriffs in Form des Regelbeispiels der Vergewaltigung nach § 177 Abs. 1, Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB verwirklicht. Zudem hat der Angeklagte, indem er das Kind zur Vornahme der sexuellen Handlungen in ein abgelegenes Waldstück verbrachte, die Qualifikation des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB erfüllt. Das ihm körperlich weit unterlegene Kind war dem ungehemmten Einfluss des Angeklagten – wie von ihm beabsichtigt – infolge der örtlichen und situativen Vereinzelung objektiv und subjektiv schutzlos ausgeliefert und ließ deswegen die sexuellen Handlungen „über sich ergehen“. Schutz- und Fluchtmöglichkeiten bestanden auch aus Sicht des betroffenen Kindes keine („Ich hatte keine Wahl“; „Als sie in den „finsteren“ Wald gegangen sind, habe ich gedacht, er würd mich ganz allein in den Wald reinbringen und dann abhauen“, vgl. zum Qualifikationstatbestand des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB in objektiver und subjektiver Hinsicht Fischer, StGB, 65. Aufl. 2018, § 177 Rn. 94 ff., 119). Weiterhin verwirklichte der Angeklagte die Qualifikation des § 177 Abs. 7 Nr. 1 StGB (Bei-Sich-Führen einer Waffe oder eines andere gefährlichen Werkzeugs), indem er während der Vornahme der sexuellen Handlungen ein Taschenmesser und eine Luftdruckpistole griffbereit in Reichweite in seinem Rucksack aufbewahrte.
Da er das Taschenmesser und die Luftdruckpistole erst im Anschluss an die Sexualkontakte dem Geschädigten, d.h. erst nach der Tatbegehung, zur Schaffung einer Drohkulisse vorzeigte, ist demgegenüber die (weitere) Qualifikation des § 177 Abs. 8 Nr. 1 StGB (Verwendung einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs bei der Tat) nicht erfüllt. Da nach der Rechtsprechung der Kammer § 177 Abs. 2 StGB hinter § 177 Abs. 1 StGB zurücktritt, kommt es auf die Frage der Einschlägigkeit von Tatbestandsvarianten des § 177 Abs. 2 StGB nicht mehr an (vgl. Fischer, a.a.O., § 177 Rn. 195). Schließlich ist § 176a Abs. 1, Abs. 6 Satz 1 StGB nicht einschlägig, da die sexualstraftatbezogene Vorverurteilung des Angeklagten (Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Jugendlichen gemäß §§ 177 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 a.F., 182 Abs. 1 Nr. 1, 52 StGB) keine tatbestandsmäßige Verurteilung im Sinne des § 176a Abs. 1 StGB (Straftat nach § 176 Abs. 1, Abs. 2 StGB – sexueller Missbrauch von Kindern) darstellt.
Im Rahmen der Binnenkonkurrenz der sexualbezogenen Verstöße gilt Folgendes: Das Grunddelikt des § 176 Abs. 1 StGB (Sexueller Missbrauch von Kindern) tritt hinter der Qualifikation des § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB (Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern) zurück. Das Grunddelikt des § 177 Abs. 1 StGB tritt hinter den Qualifikationen des § 177 Abs. 5 Nr. 3, 177 Abs. 7 Nr. 1 StGB zurück, wobei die Verwirklichung des Regelbeispiels des § 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB (Vergewaltigung) zur Tenorierung wegen „Vergewaltigung“ und die gleichzeitige Verwirklichung der Qualifikation des § 177 Abs. 7 Nr. 1 StGB zur Tenorierung „schwere Vergewaltigung“ führt (vgl. dazu Fischer, StGB, 65. Aufl. 2018, § 177 Rn. 161 und 165 jeweils m.w.N.).
Die Verstöße gegen § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB (Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern) und gegen §§ 177 Abs. 5 Nr. 3, Abs. 6 Satz 2 Nr. 1, Abs. 7 Nr. 1 StGB (Schwere Vergewaltigung) stehen in Tateinheit zueinander (Fischer, a.a.O., § 176 Rn. 44 und § 177 Rn. 196).
Zugleich verletzte der Angeklagte § 145a Satz 1 StGB, indem er wissentlich und willentlich entgegen der ihm bekannten strafbewehrten Führungsaufsichtsweisung des Amtsgerichts W. vom 14.08.2017 unter Ziffer 3 Buchstabe g) (vgl. § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 StGB) Kontakt zu dem zur Tatzeit neunjährigen Kind X aufnahm. Dass hierdurch der Zweck des Kontaktverbotes, die Gefahr von Straftaten des Angeklagten zum Nachteil von Minderjährigen zu beseitigen oder zu verringern, gefährdet wurde, ist in Ansehung der zum Schaden des Kindes begangenen zwei Sexualstraftaten offenkund. Die damit einhergehenden Verstöße gegen § 145a Satz 1 StGB sind verfolgbar, § 145a Satz 2 StGB, Strafantrag wurde wegen der gegenständlichen Weisungsverstöße im Rahmen der Führungsaufsicht von der Leiterin der Führungsaufsichtsstelle beim Landgericht Bamberg (§ 68a StGB) unter dem 13.03.2019 form- und fristgerecht gestellt.
Die Verletzung von § 145a Satz 1 StGB steht in Idealkonkurrenz zu den durchgreifenden Sexualverstößen (vgl. Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder StGB, 30. Auflage 2019, § 145a Rn. 13).
Soweit mit Blick auf das Mitsichführen der Luftdruckpistole zugleich ein tateinheitlicher Verstoß gegen das Waffengesetz (vorsätzliches unerlaubtes Führen einer Schusswaffe) in Betracht kam, wurde gemäß § 154a Abs. 1, Abs. 2 StPO von der Strafverfolgung abgesehen.
2. Zweite Vergewaltigung zum Nachteil des Kindes
Hinsichtlich der zu einem nicht mehr bestimmbaren Zeitpunkt im Zeitraum 10.01.2019 bis 04.02.2019 begangenen weiteren Sexualstraftat (oben B.II.2.) zum Nachteil des Schülers X ist der Angeklagte des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit Vergewaltigung und mit einem Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht gemäß §§ 145a, 176 Abs. 1, 176a Abs. 2 Nr. 1, 177 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 3, Abs. 6 Satz 2 Nr. 1, 52 StGB schuldig.
Insoweit gilt das soeben unter 1. Aufgeführte entsprechend, worauf zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen vollumfänglich Bezug genommen wird. Insbesondere hat der Angeklagte auch zur Durchführung des weiteren Sexualkontakts den Schüler X zu dem zu diesem Zeitpunkt menschenleeren Sportplatzgelände an eine von außerhalb kaum einsehbare Stelle verbracht, um das ihm dort hilf- und schutzlos ausgelieferte und unter seinem ungehemmten Einfluss stehende Kind „ungestört“ sexuell missbrauchen zu können. Auch aus Sicht des betroffenen Kindes bestanden keine Schutz- und Fluchtmöglichkeiten. Dies erfüllt die Qualifikation des § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB.
Einziger Unterschied in der rechtlichen Würdigung zur ersten Sexualstraftat zum Nachteil des Kindes X (oben 1.) ist, dass nicht mit hinreichender Sicherheit belegbar ist, dass der Angeklagte auch bei dieser Gelegenheit eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug im Sinne des § 177 Abs. 7 Nr. 1 StGB mit sich führte (oben C.IX1.j) bb). Die (weitere) Qualifikation des § 177 Abs. 7 Nr. 1 StGB ist damit nicht erfüllt, so dass es insoweit bei der Tenorierung „Vergewaltigung“ (in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern und mit Verstoß gegen Weisungen gegen die Führungsaufsicht) sein Bewenden hat.
IX Verstoß gegen das Waffengesetz
Indem der Angeklagte am 06.02.2019 um 08:07 Uhr auf öffentlicher Straße wissentlich und willentlich ohne die erforderliche waffenrechtliche Erlaubnis eine Luftdruckpistole des Fabrikats Glock 17 mitsamt einer Co2-Kartusche und Munition außerhalb der eigenen Wohnung bzw. des eigenen befriedeten Besitztums mit sich führte (oben B.II.), hat er sich des vorsätzlichen Verstoßes gegen § 52 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a WaffG xV.m. Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 zum WaffG strafbar gemacht. Zwar ist (u.a.) der Erwerb von Druckluftwaffen erlaubnisfrei, nicht jedoch das Führen, d.h. die Ausübung der tatsächlichen Gewalt hierüber außerhalb der eigenen Wohnung bzw. der eigenen Geschäftsräume bzw. des eigenen befriedeten Besitztums (vgl. dazu Anlage 1 Abschnitt 2 Nr. 4. zum WaffG sowie B. Heinrich, in: Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl. 2015, Rn. 33).
IIX Diebstahl zum Nachteil des Kegelvereins
Indem der Angeklagte am Abend des 20.09.2018 unberechtigt die verschlossene Kasse des S. aufbrach und das darin verwahrte Bargeld in Höhe von 400,- EUR unbefugt für sich verwendete, hat er sich des Diebstahls nach §§ 242, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StGB strafbar gemacht. Insbesondere hat er dadurch auch die tatbestandsähnlichen Voraussetzungen des Regelbeispiels des besonders schweren Falls des Diebstahls gemäß § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StGB verwirklicht.
Soweit im Hinblick auf den Aufbruch und die Entsorgung der Kasse (tateinheitliche Verwirklichung von) Sachbeschädigung gemäß §§ 303 Abs. 1, 303c StGB in Betracht kam, wurde gemäß § 154a Abs. 1, Abs. 2 StPO von der Strafverfolgung abgesehen (oben B.VI.).
IV. Konkurrenzen
Die unter Ziffer I.1./2., II., III. aufgeführten Gesetzesverletzungen stehen in Tatmehrheit zueinander, § 53 StGB.
V. Besitz kinder- und jugendpornographischer Inhalt nicht Anklagegegenstand Da nicht vom Anklagegegenstand umfasst, war keine dahingehende Prüfung veranlasst bzw. statthaft, ob sich der Angeklagte mit Blick auf die kinder- und jugendpornographischen Inhalte, die auf den ihm zuzuordnenden elektronischen Geräten (Mobiltelefon und Tablet) sichergestellt wurden, insoweit strafbar gemacht hat.
E. Rechtsfolgen
I. Strafe
Gegen den Angeklagten war im Ergebnis eine Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Jahren zu verhängen.
l. Tat B.X1. – Erste Vergewaltigung zum Nachteil des Kindes X
a) Strafrahmenbestimmung
Der für die Tat B.X1. nach § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB maßgebliche Regelstrafrahmen (schwerste Strafandrohung) des § 177 Abs. 7 Nr. 1 StGB sieht Freiheitsstrafe von 3 Jahren bis zu 15 Jahren vor (§ 38 Abs. 2 Hs. 1 StGB).
Die Kammer hat insoweit geprüft, ob ein minder schwerer Fall nach § 177 Abs. 9 letzter Hs. StGB vorliegt (vgl. dazu nur BGHSt 26, 97 (98 f.) = NJW 1975, 1174)., der in Bezug auf § 177 Abs. 7 StGB zu dem Rahmen Freiheitsstrafe von 1 Jahr bis zu 10 Jahren führen würde, die Heranziehung des Ausnahmestrafrahmen nach der gebotenen Gesamtschau jedoch in Ansehung des (offensichtlichen) Überwiegens der strafschärfenden Umstände (Vorstrafenbelastung, tateinheitliche Verwirklichung mehrerer Verbrechenstatbestände, ausgesprochen erniedrigendes Tatbild, Begehung mehrerer gewichtiger Taten binnen eines überschaubaren Zeitraums) abgelehnt (vgl. zur Prüfungsreihenfolge BGH, Beschluss vom 26.02.2019 – Az. 1 StR 14/19 -, Rn. 8/9 m. w.N., juris; BGH, Beschluss vom 09.08.2016 – Az. 1 StR 331/16 -, Rn. 5 m.w.N, juris; BGH, Beschluss vom 16. November 2017 – 2 StR 404/17 -, Rn. 2 m.w.N., juris; vgl. auch BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2017 – 1 StR 393/17 -, Rn. 16, juris; stRspr). Weiterhin liegen – mit Blick auf § 50 StGB subsidiär zu prüfende – gesetzlich vertypte Milderungsgründe nicht vor, insbesondere nicht der gesetzlich bestimmte Milderungsgrund nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB (oben B.IV. und C.IX4.).
Es hat daher beim herangezogenen Regelstrafrahmen des § 177 Abs. 7 Nr. 1 StGB (Freiheitsstrafe 3 Jahre bis zu 15 Jahren) sein Bewenden.
b) Strafzumessung
Innerhalb des hiernach maßgeblichen Regelstrafrahmens hat die Kammer bei der Abwägung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 46 StGB insbesondere die nachfolgend genannten Strafzumessungskriterien herangezogen, geprüft und bewertet.
Zugunsten des Angeklagten war zu berücksichtigen,
– dass seine Geburt (samt pränatale Vorgeschichte), Kindheit und Jugend von schwierigen Lebensumständen begleitet waren und bei ihm als Folge hiervon Entwicklungs- und Reiferückstände zu verzeichnen sind,
– dass bei ihm eine psychische Störung in Form von Dissozialität vorhanden ist, die jedoch nicht zu einer erheblichen Verminderung seiner Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit führte,
– dass er sich in der Hauptverhandlung mit der form- und ersatzlosen Einziehung der sichergestellten Waffe samt Zubehör, des sichergestellten Messers und der sichergestellten elektronischen Geräte (Mobiltelefon und Tablet) einverstanden erklärt hat, sowie
– dass er durch die neben der Freiheitsstrafe angeordnete Sicherungsverwahrung besonders belastet ist (vgl. dazu Fischer, a.a.O., § 46 Rn. 71 a.E.).
Zulasten des Angeklagten war demgegenüber zu werten,
– dass er zugleich gegen mehrere gewichtige Strafgesetze (schwerer sexueller Missbrauch von Kindern, sexueller Übergriff in Form einer schweren Vergewaltigung, Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht) verstoßen hat, die (überwiegend) ihrerseits Freiheitsstrafe von über einem Jahr vorsehen,
– das ausgesprochen erniedrigende Tatbild (der Angeklagte veranlasste das Kind sich bei winterlichen Temperaturen nahezu nackt auszuziehen, führte hiernach sexuelle Handlungen durch, die überaus erniedrigend und auch schmerzhaft für das neunjährige Opfer waren, indem er dieses zugleich oral und anal penetrierte, in dessen Mund zum Samenerguss kam, wobei das Opfer sogar das Ejakulat des Angeklagten schlucken sollte, und hielt das Opfer im Anschluss unter Drohung von Repressalien unter Verwendung einer Luftdruckwaffe und eines Messers – über das bloße Mitführen hinaus – dazu an, nichts von den Geschehnissen zu offenbaren),
– dass er erheblich vorbestraft ist, überdies einschlägig wegen eines schwerwiegenden Verstoßes gegen die sexuelle Selbstbestimmung eines Minderjährigen, und selbst die Vollverbüßung einer fünfjährigen Freiheitsstrafe ihn nicht von der Begehung der gegenständlichen Taten abhalten konnte,
– die Tatfolgen für das Opfer, das nach der Tat unter Schmerzen beim Stuhlgang sowie unter Bauchschmerzen litt und seitdem traumatisiert und in seiner Lebensführung stark eingeschränkt ist (sich etwa nicht mehr zur Schule zu laufen und allein das Haus zu verlassen wagt und eine Panikattacke erlitt), sowie
– dass er die gegenständlichen vier nicht unerheblichen Straftaten binnen eines überschaubaren Zeitraums (Mitte September 2018 bis längstens Anfang Februar 2019) beging und damit zugleich innerhalb eines Zeitraums von weniger als eineinhalb Jahren nach seiner Entlassung aus der Strafhaft bereits wieder mehrfach rückfällig wurde.
Unter Berücksichtigung dieser für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte sowie sämtlicher weiterer sich aus § 46 Abs. 1, Abs. 2 StGB ergebenden Strafzumessungsgründe ist nach Überzeugung der Kammer für die Tat B.I1. eine Freiheitsstrafe von 8 Jahren und 9 Monaten tat- und schuldangemessen. Eine solche stellt nach Auffassung der Kammer in jedem Fall das Mindestmaß schuldgerechten Ausgleichs dar.
2. Tat B.X2. – Zweite Vergewaltigung zum Nachteil des Kindes X
a) Strafrahmenbestimmung
Der für die Tat B.X2. nach § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB maßgebliche Strafrahmen (schwerste Strafandrohung) war § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB bzw. § 177 Abs. 6 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 StGB zu entnehmen, die gleichlautend Freiheitsstrafe von 2 Jahren bis zu 15 Jahren vorsehen (§ 38 Abs. 2 Hs. 1 StGB).
Auch insoweit hat die Kammer geprüft, ob ein minder schwerer Fall nach § 176a Abs. 4 Hs. 2 StGB, der Freiheitsstrafe von 1 Jahr bis zu 10 Jahren vorsieht, vorliegt bzw. ob gewichtige Schuldmilderungsgründe der Regelwirkung des nach § 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB verwirklichten Regelbeispiels entgegenstehen, die Heranziehung des Ausnahmestrafrahmens bzw. die Verneinung der Regelwirkung nach der gebotenen Gesamtschau jedoch in Ansehung des (offensichtlichen) Überwiegens der strafschärfenden Umstände (Vorstrafenbelastung, tateinheitliche Verwirklichung mehrerer Verbrechenstatbestände, ausgesprochen erniedrigendes Tatbild, Begehung mehrerer gewichtiger Taten binnen eines überschaubaren Zeitraums) abgelehnt. Nach § 50 StGB zu prüfende gesetzliche vertypte Milderungsgründe liegen ebenfalls nicht vor, insbesondere nicht der gesetzlich bestimmte Milderungsgrund nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB (oben 1.a).
Es hat daher beim herangezogenen Strafrahmen des § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB bzw. § 177 Abs. 6 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 StGB (Freiheitsstrafe 2 Jahre bis zu 15 Jahren) sein Bewenden.
b) Strafzumessung
Innerhalb des hiernach gefundenen Strafrahmens hat die Kammer die oben genannten für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsumstände unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 46 StGB gegeneinander abgewogen. Insoweit wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen (oben 1.b). Die Kammer hat dabei insbesondere nicht verkannt, dass der Angeklagte bei der Tat B.I.2. keine Waffe bzw. kein gefährliches Werkzeug mit sich führte (weshalb insoweit auch nicht § 177 Abs. 7 Nr. 1 StGB verwirklicht wurde). Auch ist zugunsten des Angeklagten in Ansehung der wiederholten Tatbegehung eine geringere Hemmschwelle in Rechnung zu stellen. Zudem war im Vergleich zum ersten sexuellen Übergriff die geringere zeitliche Dauer des zweiten Übergriffs zu berücksichtigen. Andererseits ist das Tatbild gleichermaßen ausgesprochen erniedrigend („Ausziehenlassen“ des Opfers trotz winterlicher Temperaturen, orale und anale Vergewaltigung, Samenerguss im Mund des Opfers, anschließende Aufforderung, beim nächsten Mal, das „Sparschwein“ mitzubringen). Auch ist die Rückfallgeschwindigkeit des Angeklagten seit seiner Haftentlassung beachtlich.
Unter Berücksichtigung der bestimmenden für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte sowie sämtlicher weiterer sich aus § 46 Abs. 1, Abs. 2 StGB ergebenden Strafzumessungsgründe ist nach Überzeugung der Kammer für die Tat B.X2. eine Freiheitsstrafe von 7 Jahren und 6 Monaten tat- und schuldangemessen. Eine solche stellt nach Auffassung der Kammer das Mindestmaß schuldgerechten Ausgleichs dar.
3. Tat B.II – Verstoß gegen das Waffengesetz
a) Strafrahmenbestimmung
Der für die Tat B.II. maßgebliche Regelstrafrahmen war § 52 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a WaffG zu entnehmen, der Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von 1 Monat (§ 38 Abs. 2 Hs. 2 StGB) bis zu drei Jahren vorsieht. Einen minder schweren Fall sieht das Gesetz für Verstöße gegen § 52 Abs. 2 WaffG nicht vor. Gesetzlich vertypte Milderungsgründe liegen auch insoweit nicht vor.
b) Strafzumessung
Innerhalb des hiernach maßgeblichen Regelstrafrahmens hat die Kammer bei der Abwägung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 46 StGB insbesondere die nachfolgend genannten Strafzumessungskriterien herangezogen, geprüft und bewertet.
Während zugunsten des Angeklagten seine schwierigen Lebensumstände, seine psychische Störung und der Umstand, dass er den diesbezüglichen Verstoß (pauschal) einräumen ließ, in Rechnung zu stellen sind, sprechen zu seinen Lasten die massive Vorstrafenlage, die tatgegenständliche Distanz (etwa 12 km), die er die geladene Waffe samt Munition außerhalb seiner Räumlichkeiten führte, dass er unter Führungsaufsicht stand, sowie, dass er binnen eines überschaubaren Zeitraums binnen überschaubarer Zeit seit seiner letzten Haftentlassung die gegenständlichen vier nicht unerheblichen Straftaten begangen hat.
Unter Berücksichtigung dieser für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte sowie sämtlicher weiterer sich aus § 46 Abs. 1, Abs. 2 StGB ergebenden Strafzumessungsgründe ist nach Überzeugung der Kammer für die Tat B.II. die Verhängung einer Freiheitsstrafe geboten, und zwar in concreto eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten tat- und schuldangemessen.
4. Tat B.IIX – Diebstahl zum Nachteil des Kegelvereins
a) Strafrahmenbestimmung
In Bezug auf die Tat B.III. findet der Strafrahmen des insoweit verwirklichten Regelbeispiels eines Diebstahls in einem besonders schweren Fall nach § 243 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 StGB Anwendung, der Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht. Gewichtige (schuldmildernde) Umstände, die der Indizwirkung des Regelbeispiels entgegenstehen würden, sind nicht vorhanden.
b) Strafzumessung
Innerhalb des hiernach maßgeblichen Strafrahmens des § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB hat die Kammer bei der Abwägung der für und gegen die Angeklagte sprechenden Umstände unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 46 StGB insbesondere die nachfolgend genannten Strafzumessungskriterien herangezogen, geprüft und bewertet.
Während zugunsten des Angeklagten abermals seine schwierigen Lebensumstände, seine psychische Störung sowie der Umstand, dass er den diesbezüglichen Verstoß mit der (widerlegten) Maßgabe, dass in der Kasse nur 100,- EUR vorhanden gewesen seien, einräumen ließ, zu berücksichtigen sind, sprechen zu seinen Lasten wiederum die massive (auch einschlägige) Vorstrafenlage, der nicht unerhebliche, aber auch nicht übermäßige Entwendungsschaden von 400,- EUR, der Umstand, dass er seine (Vertrauens-)Position als Thekendienst zur Begehung des Diebstahls ausgenutzt hat, dass er unter Führungsaufsicht stand, sowie, dass er binnen eines überschaubaren Zeitraums binnen überschaubarer Zeit seit seiner letzten Haftentlassung die gegenständlichen vier zum Teil schwerwiegenden Straftaten begangen hat.
Unter Berücksichtigung dieser für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte sowie sämtlicher weiterer sich aus § 46 Abs. 1, Abs. 2 StGB ergebenden Strafzumessungsgründe ist nach Überzeugung der Kammer für die Tat B.IIX die Verhängung einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten tat- und schuldangemessen. Eine solche stellt mit Blick auf den Vorstrafenkatalog wiederum das Mindestmaß schuldgerechten Ausgleichs dar.
5. Gesamtstrafenbildung
Im Hinblick auf die entsprechend Ziffer 1.-4. verwirkten Einzelstrafen liegen die Voraussetzungen für die Bildung einer Gesamtstrafe nach §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 Sätze 2 und 3, Abs. 2 StGB vor.
Nach nochmaliger Abwägung sämtlicher diese Taten betreffenden Strafzumessungsgesichtspunkte gemäß §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 Sätze 2 und 3 StGB, insbesondere berücksichtigend
– schuldmindernd die ungünstigen Lebensumstände in der Entwicklung des Angeklagten, dessen psychische Störung (Dissozialität) und die besondere Gesamtbelastung für den Angeklagten in Ansehung der zugleich angeordneten Maßregel der Sicherungsverwahrung,
– schulderschwerend die Vorstrafenlage und relativ schnelle Rückfälligkeit sowie die Vielzahl der gegenständlich verwirklichten Gesetzesverletzungen erachtet die Kammer – unter Erhöhung der Einsatzstrafe von 8 Jahren und 9 Monaten – die Verhängung einer Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Jahren für tat- und schuldangemessen. Nach Auffassung der Kammer stellt die erkannte Gesamtfreiheitsstrafe im Ergebnis das Mindestmaß schuldgerechten Ausgleichs dar.
IX Maßregeln der Besserung und Sicherung
1. Maßregeln nach den §§ 63, 64 StGB
Die Voraussetzungen der Maßregeln der § 63 StGB (Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus) und § 64 StGB (Unterbringung in einer Entziehungsanstalt), die sicher feststehen müssen, damit die entsprechende Maßregel angeordnet werden könnte, liegen nicht vor.
Im Hinblick auf § 63 Satz 1 StGB fehlt es bereits an der Eingangsvoraussetzung der Begehung einer (gegenständlichen) rechtswidrigen Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) oder der verminderten Zuständigkeit (§ 21 StGB). Die Kammer teilt insoweit die entsprechende Einschätzung des psychiatrischen Sachverständigen Prof. Dr. V.
Im Hinblick auf § 64 Satz 1 StGB fehlt es an den Eingangsvoraussetzungen Hang sowie an einem (etwaigen) Symptomcharakter der begangenen Taten in diesem Sinne. Auch insoweit macht sich die Kammer die überzeugenden Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen Prof. Dr. V. nach kritischer Würdigung zu Eigen. Der Sachverständige führte aus, dass in Ansehung des rückläufigen Konsums von Alkohol und Drogen seit seiner Haftentlassung im August 2017 keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür vorliegen würden, der Angeklagte weise zum Zeitpunkt der gegenständlichen Tatbegehungen einen Hang auf, Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Weiterhin sei ein innerer symptomhafter Zusammenhang zwischen hypothetischem (stofflichen) Hang und gegenständlichen Tatbegehungen nicht ansatzweise erkennbar. Auch aus Sicht der Kammer liegt in Anbetracht des im Wesentlichen sozialüblichen Konsums von Alkohol seitens des Angeklagten und des allenfalls gelegentlichen Konsums von Cannabisprodukten seit seiner Haftentlassung im Jahr 2017 die Annahme eines Hanges im Sinne des § 64 Satz 1 StGB fern. Noch weniger ist ein symptomatischer Zusammenhang zwischen (substanzmittelbezogenem) Hang und den gegenständlichen Straftaten erkennbar.
2. Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung Indessen hat die Kammer in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet, da sowohl die formellen als auch die materiellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 2, Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 4 StGB vorlagen.
a) Formelle Voraussetzungen
Die formellen Voraussetzungen der fakultativen Sicherungsverwahrung sowohl der Konstellation des § 66 Abs. 2 StGB als auch der (ihrerseits zu unterscheidenden) Konstellationen des § 66 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB und § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB liegen vor, wobei ausweislich § 66 Abs. 3 Satz 3 StGB hiervon § 66 Abs. 2 StGB unberührt bleibt. Die formellen Voraussetzungen der obligatorischen Sicherungsverwahrung des § 66 Abs. 1 StGB sind hingegen nicht verwirklicht.
aa) Nicht § 66 Abs. 1 StGB mangels Verwirklichung des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB Die formelle Voraussetzung des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB, der verlangt, dass der Täter wegen Straftaten der in § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 genannten Art, die er vor der neuen (Anlass-)Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, ist nicht erfüllt.
Vor der hiesigen Anlassverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Jahren (u.a.) wegen der zwei gegenständlichen Sexualstraftaten zum Nachteil des Kindes X, mithin Taten im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) StGB, war der Angeklagte nicht bereits zweimal wegen Taten im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden. Insoweit ist allein eine freiheitsstrafenbewährte Vorverurteilung wegen einer Straftat in diesem Sinne, namentlich die Verurteilung wegen Vergewaltigung vom 19.04.2013, zu verzeichnen. Die freihheitsstrafenbewährte Vorverurteilung (u.a.) wegen mehrfachen Diebstahls vom 15.05.2013 stellt keine Verurteilung wegen Taten im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB dar. Im Übrigen wären die Vorverurteilungen vom 19.04.2013 und 15.05.2013, aus denen nachträglich mit Entscheidung vom 15.11.2013 eine Einheitsjugendstrafe zu bilden war, entsprechend § 66 Abs. 4 Satz 1 StGB als einzige Verurteilung im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB zu behandeln.
bb) Formelle Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 StGB
Indessen sind die formellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 StGB, der verlangt, dass jemand drei Straftaten der in Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 genannten Art begangen hat, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt wird, erfüllt. Das für die Verhängung der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 2 StGB erforderliche Vorliegen von drei vorsätzlichen Taten setzt nicht voraus, dass diese Taten gemeinsam in der Entscheidung abgeurteilt werden, in der die Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 2 StGB angeordnet werden könnte. Vielmehr können eine oder zwei von diesen Taten schon vorher rechtskräftig abgeurteilt sein, sofern der Täter wenigstens eine der Symptomtaten als Erwachsener begangen hat (vgl. auch BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2001 – 2 StR 513/01, juris; BGH, Beschluss vom 12. Januar 2010 – 3 StR 439/09, Rn. 12 m.w.N., juris = NStZ-RR 2010, 142, 143; BGH, Urteil vom 15. Oktober 2014 – 2 StR 240/14 ., Rn. 21, juris = NStZ 2015, 510-512).
Hier hat der Angeklagte unter Berücksichtigung der Vorverurteilung wegen einer am 28.08.2012 begangenen Vergewaltigung vom 19.04.2013 und der gegenständlichen Verurteilung wegen Anfang 2019 begangener Vergewaltigung in zwei Fällen drei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) StGB begangen, derentwegen er zu (Einzel-)Freiheitsstrafen von 4 Jahren sowie (neu) 8 Jahren und 9 Monaten bzw. 7 Jahren und 6 Monaten verurteilt wurde. Die mit Blick auf die einschlägigen Sexualstraftaten zur Anwendung gelangende (verlängerte) fünfzehnjährige Rückfallverjährung nach § 66 Abs. 4 Satz 3 Hs. 2 StGB ist unfraglich nicht abgelaufen (vgl. zum Komplex Fischer, StGB, 65. Aufl. 2018, § 66 Rn. 41 ff., wonach die Rückfallverjährungsvorschriften des § 66 Abs. 4 StGB auch auf die Konstellationen des § 66 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 StGB Anwendung finden), zumal überdies der vorangegangene Verwahrungszeitraum vom 01.09.2012 bis 10.08.2017 herauszurechnen ist, § 66 Abs. 4 Satz 4 StGB (vgl. Fischer, a.a.O., Rn. 44). § 66 Abs. 2 StGB ist demnach formal erfüllt.
cc) Formelle Voraussetzungen des § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB Weiterhin sind die formellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB gegeben, der eine Verurteilung wegen der dort genannten Tat(en) zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren sowie eine Vorverurteilung wegen einer oder mehrerer solcher „Katalogtaten“ zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren und im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB einen Vorvollzug von mindestens zwei Jahren voraussetzt (vgl. dazu auch Kinzig, in: Schönke/Schröder Strafgesetzbuch, StGB, 30. Auflage 2019, § 66 Rn. 59 ff.).
Der Angeklagte wurde im gegenständlichen Verfahren wegen zweier Sexualstraftaten im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) StGB zu (Einzel-)Freiheitsstrafen von 8 Jahren 9 Monaten und 7 Jahren 6 Monaten verurteilt. Wegen einer weiteren Sexualstraftat in diesem Sinne war er mit Urteil vom 19.04.2013 zu einer einzelnen Jugendstrafe von mindestens drei Jahren, namentlich 4 Jahren (vor-)verurteilt worden. Wegen dieser „Katalogtat“ hat er unbeschadet der Einbeziehung dieser Vorverurteilung in die nachträglich gebildete Einheitsjugendstrafe von 5 Jahren gemäß Entscheidung vom 15.11.2013, in die überdies die am 15.05.2013 verhängte Jugendstrafe wegen „Nichtkatalogtaten“ (mehrfachen Diebstahls) von 1 Jahr und 6 Monaten einbezogen wurde, eine Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren (vor-)verbüßt. Selbst wenn (tätergünstig betrachtet) von der gebildeten Einheitsjugendstrafe von 5 Jahren die wegen Diebstahls verhängte Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten (vollständig) abgezogen würde, würden auf die wegen der „Katalogtat“ Vergewaltigung verhängte Freiheitsstrafe 3 Jahre und 6 Monate Verbüßung entfallen. Hinsichtlich des Nichteintritts der (fünfzehnjährigen und durch die frühere Verwahrung unterbrochenen) Rückfallverjährung nach § 66 Abs. 4 Satz 3 Hs. 2, Satz 4 StGB wird auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen (oben bb). Auch § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB ist damit formal erfüllt.
dd) Formelle Voraussetzungen des § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB Schließlich liegen die formellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB vor, wonach ohne Vorverurteilung oder früheren Freiheitsentzug die Sicherungsverwahrung angeordnet werden kann, wenn jemand zwei (oder mehr) Straftaten der in Abs. 3 Satz 1 bezeichneten Art begangen, hierfür jeweils Freiheitsstrafen von mindestens zwei Jahren verwirkt und eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren wegen einer oder mehrerer dieser Taten erhalten hat, wobei, die Freiheitsstrafe von drei Jahren oder mehr auch als Gesamtstrafe verhängt worden sein kann (vgl. dazu Kinzig, a.a.O., Rn. 64).
Im gegenständlichen Verfahren wurden gegen den Angeklagten wegen zwei Sexualstraftaten im Sinne des § 66 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) StGB Einzelstrafen von über 8 bzw. 7 Jahren verhängt, mithin § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB unfraglich verwirklicht, zumal auch die (auch auf § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB anzuwendende) Rückfallverjährung des § 66 Abs. 4 Satz 3 StGB mit Blick auf die binnen wenigen Wochen begangenen zwei gegenständlichen Sexualstraftaten offensichtlich nicht eingetreten ist.
b) Materielle Voraussetzungen
Darüber hinaus ist ein Hang des Angeklagten, Straftaten im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB, namentlich schwere Sexualstraftaten („Vergewaltigungen“) zum Nachteil Minderjähriger zu begehen, festzustellen. Infolge dieses Hanges ist der Angeklagte für die Allgemeinheit gefährlich. Die Kammer verkennt dabei insbesondere nicht, dass der Hang als eingeschliffenes Verhaltensmuster einen aufgrund einer umfassenden Vergangenheitsbetrachtung festzustellenden gegenwärtigen Zustand beschreibt, während die davon zu unterscheidende Gefährlichkeitsprognose die Wahrscheinlichkeit dafür einschätzt, ob sich der Angeklagte in Zukunft trotz seines Hangs erheblicher Straftaten enthalten kann oder nicht (vgl. BGH, Urteile vom 28. April 2015 – 1 StR 594/14, Rn. 29 f., juris; BGH, Urteil vom 13. September 2018 – 1 StR 611/17 -, Rn. 32 m.w.N., juris; BGH, Urteil vom 09. Mai 2019 – 4 StR 511/18 – Rn. 24, 29/33 m.w.N., juris).
aa) Hang
„Hang“ im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB verlangt einen eingeschliffenen inneren Zustand des Täters, der ihn immer wieder neue Straftaten begehen lässt. Hangtäter ist, wer dauernd zu Straftaten entschlossen ist, oder aufgrund einer fest eingewurzelten Neigung, deren Ursache unerheblich ist, bei sich bietender Gelegenheit immer wieder straffällig wird (BGHSt 50, 188, 196). Die Feststellung eines Hangs setzt eine Gesamtwürdigung der die Persönlichkeit des Angeklagten prägenden Umstände einschließlich seiner psychischen Befindlichkeit voraus. Zur Beurteilung heranzuziehen sind neben den Symptomtaten weitere Vortaten, wobei die zeitliche Verteilung der Straftaten von besonderer Bedeutung ist, nicht strafbare Verhaltensweisen, Herkunft, Sozialisation, Persönlichkeitsstruktur und Sozialverhalten des Angeklagten. Es handelt sich um eine wertende, auf eine Vergangenheitsbetrachtung abstellende Feststellung eines Persönlichkeitsmerkmals (vgl. zusammenfassend Fischer, StGB, 65. Aufl. 2018, § 66 Rn. 47 ff. m.w.N.; BGH, Urteil vom 09. Mai 2019 – 4 StR 511/18 – Rn. 30/31 und 33 jeweils m.w.N.; BGH, Beschluss vom 09. Januar 2019 – 5 StR 476/18 -, Rn. 5 m.w.N., juris; BGH, Urteil vom 29. November 2018 – 3 StR 300/18 -, Rn. 6 m.w.N., juris = NStZ-RR 2019, 140/142; BGH, Urteil vom 13. September 2018 – 1 StR 611/17 -, Rn. 28 und 32 m.w.N., juris; BGH, Urteil vom 28. April 2015 – 1 StR 594/14 – Rn. 29 m.w.N., juris).
Die Kammer ist unter Anwendung der genannten Kriterien und sachverständig beraten durch den erfahrenen und gerichtsbekannt sorgfältig arbeitenden psychiatrischen Sachverständigen Prof. Dr. V., der seiner Einschätzung zutreffende Anknüpfungstatsachen zugrunde gelegt hat, zu dem Ergebnis gelangt, dass bei dem Angeklagten ein solcher Hang, Straftaten zu begehen, gegeben ist.
(1) Einschätzung des Sachverständigen
Der Sachverständige Prof. Dr. V. führte hierzu zunächst aus, dass beim Angeklagten eine dissoziale Persönlichkeitsstörung bestehe, die besonders durch kaltes, rücksichtsloses Agieren zur Durchsetzung seiner (sexuellen) Interessen ausgeprägt sex Seitens des Angeklagten komme es immer wieder, wie seine strafrechtliche Vorgeschichte und die gegenständlichen Taten zeigten, zu Handlungen zum Nachteil anderer, die deren körperliche Integrität massiv beeinträchtigten. Selbst eine langjährige Haftstrafe samt Sozialtherapie für Sexualstraftäter noch Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht noch gezielte Gefährderansprachen (im HEADS-Programm) nach Ende der letzten Haft hätten den Angeklagten von der Begehung der gegenständlichen Taten abhalten können. Besonders eindrücklich im Sinne eines eingeschliffenen, sich rasch Bahn brechenden Verhaltens sei der rasche Rückfall in sexualdelinquentes Verhalten nach der Haftentlassung. Beim Angeklagten sei keine Einsicht in das Motivationsgefüge seines Handelns erkennbar, weshalb eine Modifikation der kriminellen Handlungsweisen nicht einsetze. In Ansehung zweier einschlägiger Sexualstraftaten zum Nachteil eines – im Vergleich zur Vorverurteilung – jüngeren Opfers könne sogar auf die Zunahme des Hanges geschlossen werden. Dieser Hang sei im Sinne der Durchsetzung eigener Dominanz an wehrlosen Opfern zu sehen. Dieses Dominanzverhalten scheine eine eingeschliffene Form des Ausagierens von Anspannung und Konflikten zu sein, gepaart mit sexuellem Triebverhalten. Zudem lägen bei dem Angeklagten – so der Sachverständige – die meisten der Kriterien (Zustimmende ichsyntone Delinquenz, Schuldzuweisung an Opfer und außenstehende Umwelteinflüsse, Fehlende psychosoziale Auslösefaktoren, Überwiegen von Phasen der Delinquenz gegenüber unauffälligen Lebensphasen, Progrediente Rückfallneigung und Missachtung von Auflagen, Aktive Gestaltung von Tatumständen bzw. Tat, Spezialisierung auf einen Delinquenztyp, Integration in eine kriminelle Subkultur, „Psychopathy“-Score nach Hare, Reizhunger/sozial unverbundene und augenblicksbedingte Lebensführung, Antisoziale Denkstile) vor, die nach einer wissenschaftlichen Untersuchung von Habermeyer und Saß (2004) eine zuverlässige Einschätzung sogenannter „Hangtäter“ im Sinne des § 66 StGB erlaubten. Beim Angeklagten sei zunächst eine zustimmende, ichsynthone Haltung zur Delinquenz zu erkennen. Aus den Schilderungen des Angeklagten zu seinen vorangegangenen Straftaten im Rahmen seiner Exploration gegenüber dem Sachverständigen sei zu schließen, dass beim Angeklagten letztlich keine Reue vorhanden sex In Bezug auf die begangenen Diebstahlstaten habe der Angeklagte Reue explizit abgelehnt. In Bezug auf die frühere Vergewaltigung zum Nachteil eines 14-jährigen Jungen habe er ausgeführt, dass er den „Bengel“ bestraft habe, weil ihm dieser auch noch „seine Probleme aufgehalst“ habe, die Tat sei also in den Augen des Angeklagten „gerechtfertigt“ gewesen. Weiterhin sei in der Einstellung des Angeklagten zu den Taten eine Schuldzuweisung an Opfer bzw. Umwelteinflüsse zu erkennen, was sich aus dem Vorstehenden ergebe, indem er dem Opfer seiner früheren Vergewaltigung zumindest eine Mitschuld gebe. Zudem habe der Angeklagte bekundet, er sei ein „Rebell“, er könne sich daher beispielsweise nicht an Weisungen (im Rahmen der Führungsaufsicht) halten. Weiterhin würden beim Angeklagten jedenfalls seit dem Jahr 2011 Phasen der Delinquenz gegenüber strafrechtlich unauffälligen Lebensphasen überwiegen, sofern er nicht in Verwahrung war. Überdies zeige sich eine progrediente Rückfallneigung, da die gegenständlichen Sexualstraftaten zum Nachteil des neunjährigen Kindes begangen seien, mithin das Opfer jünger sei, als der vierzehnjährige Junge, den der Angeklagte im Hinblick auf seine erste Sexualstraftat vergewaltigt habe. Ferner hätten den Angeklagten weder Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht noch Gefährderansprachen noch sozialpädagogische (Bewährungshelfer) und sexualtherapeutische Unterstützung (Fachambulanz) von der Begehung der gegenständlichen gewichtigen (Sexual-)Straftaten abhalten können. Tatbezogen sei beim Angeklagten eine aktive Gestaltung der Tatumstände, d.h. in Bezug auf Vorbereitung, Durchführung und Minimierung des Entdeckungsrisikos zu verzeichnen. Außerdem sei tendenziell eine Spezialisierung auf einen Delinquenztyp (Sexualstraftaten zum Nachteil Minderjähriger) mit ähnlichem Modus Operandi (Vereinzelung der Opfer, hiernach sexueller Missbrauch in Form von Penetration bis zum Samenerguss) auszumachen. Demgegenüber sei keine Integration in eine kriminelle Subkultur festzustellen. Andererseits erreiche der Angeklagte bei der wissenschaftlich anerkannten Checkliste „Psychopathy“ nach Hare einen Gesamtwert von 29, wobei ab einem Gesamtscore von größer als 25 von einer persönlichkeitsbezogenen sehr hohen Delinquenzträchtigkeit auszugehen sex Dass beim Angeklagten ein Reizhunger im Sinne einer sozial ungebundenen augenblicksbedingten Lebensführung bestehe, sei auf Basis der zur Verfügung stehenden Informationen indes nicht zu belegen. Jedoch seien beim Angeklagten eindeutige antisoziale Denkstile vorhanden, die auf eine situative Verführbarkeit zur Begehung von Straftaten bzw. auf kriminelle Verhaltensstile hinweisen würden. Nicht zuletzt während der durchgeführten Exploration habe der Angeklagte mit seinen früheren Straftaten gleichsam kokettiert und sein vergangenes delinquentes Verhalten etwa damit gerechtfertigt, dass er ein Rebell sei bzw. er bei seiner ersten Sexualstraftat den „Bengel bestraft“ habe; ein kritische Überprüfung seiner Verhaltensweisen finde beim Angeklagten nicht einmal in Ansätzen statt. Sowohl bei freier Betrachtung als auch bei Betrachtung strukturierter standardisierter Merkmalkategorien sei demnach beim Angeklagten aus psychiatrischer Sicht ein eingeschliffenes Verhaltensmuster festzustellen, immer wieder erhebliche Straftaten zu begehen, mithin sei die Hangeigenschaft zu bejahen.
(2) Einschätzung der Kammer
Auch die Kammer ist nach einer Gesamtbewertung aller festgestellten Persönlichkeitsmerkmale des Angeklagten sowie seines bisherigen Lebenslaufs und der bislang festgestellten Delinquenz aufgrund der Vielzahl an ungünstigen Faktoren davon überzeugt, dass der Angeklagte einen Hang aufweist, immer wieder straffällig zu werden. Hierfür sprechen zunächst sämtliche bereits durch den Sachverständigen Prof. Dr. V. aufgeführten Kriterien. Weiterhin ist zu konstatieren, dass bereits die Kindheit und Jugend des Angeklagten, insbesondere dessen Schulzeit, von dissozialem und bisweilen aggressivem Verhalten geprägt waren, weswegen etwa Pflegefamilien gewechselt werden mussten und der Angeklagte (von August 2007 bis Februar 2009) ein Anti-Gewalt-Training durchlief. Besonderes Gewicht bei der Gesamtbetrachtung kommt nach Auffassung der Kammer der Tatsache zu, dass der Angeklagte seit dem Jahr 2011 (in dem er volljährig wurde) zahlreiche delinquente Verhaltensweisen an den Tag legte, soweit er sich in Freiheit befand: Bereits kurze Zeit nach Begehung eines Einbruchdiebstahls im Mai 2011 und seiner diesbezüglichen Sanktionierung im August 2011 (Verurteilung zu einer Arbeitsauflage) beging er im November 2011 sechs vollende und drei versuchte Einbruchsdiebstähle sowie einen Betäubungsmittelverstoß. Wegen Nichterfüllung der Arbeitsauflage aus der Verurteilung vom August 2011 musste ein Jugendarrest für die Dauer von zwei Wochen verhängt werden. Im August 2012 beging er sodann eine schwerwiegende Sexualstraftat zum Nachteil eines vierzehnjährigen Jugendlichen, weswegen sich der Angeklagte ab 01.09.2012 in Haft befand, die bis August 2017 andauern sollte. Auch die Vollverbüßung der Jugendstrafe von 5 Jahren samt engmaschiger sozialtherapeutischer Maßnahmen seitens zweier Justizvollzugsanstalten und die anschließende Führungsaufsicht mit sozialtherapeutischer (Bewährungshilfe) und sexualtherapeutischer (Fachambulanz) Begleitung vermochten den Angeklagten nicht davon abzuhalten, den gegenständlichen Diebstahl im September 2018 und die gegenständlichen gewichtigen Sexualstraftaten Anfang 2019 zu begehen. Die Unbeeindruckbarkeit des Angeklagten von den bisherigen Sanktionen und seine Rückfallgeschwindigkeit sind mithin enorm. Diese Umstände weisen aus Sicht der Kammer dezidiert auf das Vorliegen eines eingeschliffenen inneren Zustands des Angeklagten hin, der ihn bei sich bietender Gelegenheit immer wieder neue Straftaten begehen lässt. Dies belegen nicht zuletzt beispielhaft die Tatumstände der gegenständlichen Diebstahlstat und die Haltung des Angeklagten hierzu: Der Angeklagte, der (so die Zeugen R. und B.) in das Vereinsleben integriert werden sollte und der – da er stets „knapp bei Kasse“ war – unter Gewährung einer Vergütung von 30,- EUR mit dem Thekendienst betraute wurde, nutzte als Thekenkraft die Gelegenheit, nachdem die anderen Vereinsmitglieder das Vereinsheim verlassen hatten, die versperrte Geldkassette mit Bargeldinhalt in Höhe von 400,- EUR zu stehlen. Obschon der Kegelverein ihm an sich „wohlgesonnen“ war, vermochte der Angeklagte dem Tatanreiz nicht zu widerstehen und nutzte die sich ihm bietende Gelegenheit zur Begehung des Gelddiebstahls aus. Im Anschluss hieran rechtfertigte er sich „ichsynton“ laut der Zeugin KHKin Mim Rahmen der Gefährderansprache am 14.01.2019 damit, dass er sich „einfach nur an den Leuten vom Verein rächen“ wollte, obwohl es – wie die Zeugen R. und B. glaubhaft bekräftigten – im Kegelverein keinerlei Streit oder Zerwürfnis mit dem Angeklagten gegeben hatte. Auch gegenüber dem polizeilichen Sachbearbeiter des Diebstahlsverfahrens, dem Zeugen POK S., habe der Angeklagte, so der Zeuge S., im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung im November 2018 den Diebstahls eingeräumt und damit „gerechtfertigt“, dass er sauer gewesen sei und die Leute im Ort ihn nicht leiden könnten.
bb) Hang bezogen auf erhebliche Straftaten
Der Hang im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB muss auf die Begehung „erheblicher Straftaten“ gerichtet sein, namentlich solcher, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, was eine Prüfung und Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erfordert (vgl. dazu BGH, Urteil vom 29. November 2018 – 3 StR 300/18 -, Rn. 10 m.w.N., juris = NStZ-RR 2019, 140-142; BGH, Urteil vom 25. April 2019 – 4 StR 478/18 -, Rn. 12 ff., juris; BGH, Urteil vom 26. April 2017 – 5 StR 572/16 -, Rn. 13 f.; juris = StraFo 2017, 246). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist mit Taten des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern im Hinblick auf die für die Tatopfer oftmals gewichtigen psychischen Auswirkungen unabhängig von körperlicher Gewaltanwendung typischerweise die Gefahr schwerwiegender psychischer Schäden verbunden. Vergewaltigungen zählen grundsätzlich zu den erheblichen Taten (vgl. vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2018 – 5 StR 202/18 – Rn. 13/14 m.w.N.; BGH, Beschluss vom 10. Januar 2019 – 1 StR 461/18 – Rn. 10, juris).
Vorliegend bezieht sich der Hang des Angeklagten – neben der Begehung von Eigentumsdelikten – (auch) darauf, schwerwiegende Sexualstraftaten zum Nachteil Minderjähriger in Gestalt von Penetrationen mit seinem Geschlechtsteil bis hin zum Samenerguss gegen deren erkennbaren Willen zu begehen, welche namentlich die Tatbestände des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern (§ 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB) bzw. der Vergewaltigung (§ 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB) erfüllen. Dies folgt zur Überzeugung der Kammer – in Übereinstimmung mit der auch insoweit überzeugenden Einschätzung des psychiatrischen Sachverständigen Prof. Dr. V. – aus der belegbaren Begehung von drei dergestalt gewichtigen Sexualdelikten zum Nachteil Minderjähriger durch den Angeklagten binnen eines überschaubaren Zeitraums der Freiheit: Ende August 2012 vergewaltigte der Angeklagte „zur Bestrafung“ einen vierzehnjährigen Jungen, weswegen er sich ab September 2012 bis August 2017 in Strafhaft befand. Anfang 2019 beging er – trotz engmaschiger Sozialtherapie für Sexualstraftäter in der JVA und trotz Führungsaufsicht mit ambulanter sozialpädagogischer und sexualtherapeutischer Begleitung – die zwei gegenständlichen Sexualdelikte zum Nachteil eines neunjährigen Kindes. Letztlich beging der Angeklagte demnach binnen eines Zeitraums von weniger als 1 ½ Jahren in Freiheit die vorbezeichneten drei schwerwiegenden Sexualstraftaten zum Nachteil Minderjähriger. Dabei vereinzelte der Angeklagte seine potentiellen Oper jeweils und penetrierte die ihm schutzlos ausgelieferten minderjährigen Opfer jeweils gegen deren erkennbaren Willen und in schmerzhafter Weise anal mit seinem Glied, wobei er sexuelle Handlungen jeweils bis zum Samenerguss durchführte (bei den gegenständlichen zwei Sexualstraftaten im Zusammenhang mit oraler Penetration). Im Anschluss drohte er den verängstigten minderjährigen Geschädigten jeweils mit Repressalien für den Fall der Offenbarung gegenüber Dritten. Durch den vorbezeichneten modus operandi, auf den sich der Hang des Angeklagten bezieht, werden die (minderjährigen) Opfer unfraglich seelisch und körperlich schwer geschädigt, insbesondere sind gerichtsbekanntermaßen die psychischen und physischen (Langzeit-)Folgen für die hiervon Betroffenen unabsehbar und die Aufarbeitung und Verarbeitung der Taten dauert – sofern dies überhaupt gelingt – oftmals viele Jahre.
cc) Hangbedingte Gefährlichkeit für die Allgemeinheit Gleichzeitig muss der Angeklagte infolge dieses Hangs zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich sein. Aus dem Hang muss sich eine ungünstige Prognose ergeben, nämlich die bestimmte Wahrscheinlichkeit, dass von dem Täter weitere erhebliche rechtswidrige Taten ernsthaft zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist, wobei eingedenk des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes der Anwendungsbereich des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB eng auszulegen ist. Im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose ist letztlich die Wahrscheinlichkeit dafür einzuschätzen, ob sich der Täter in Zukunft trotz Vorliegens eines Hangs erheblicher Straftaten enthalten kann oder nicht. Die Hangtätereigenschaft ist dabei nur ein – wenngleich wesentliches – Kriterium, das auf eine Gefährlichkeit des Angeklagten hindeutet und als prognostisch ungünstiger Gesichtspunkt in die Gefährlichkeitsprognose einzustellen ist (vgl. BGH, BGHSt 50, 188, 196; BGH, Urteil vom 13. September 2018 – 1 StR 611/17 – Rn. 32 m.w.N., juris; BGH, Urteil vom 09. Mai 2019 – 4 StR 511/18 – Rn. 32 m.w.N., juris; Fischer, StGB, 65. Aufl. 2018, § 66 Rn. 59 ff., 65 ff. m.w.N.). Erforderlich ist regelmäßig die zukunftsbezogene Feststellung einer aus den konkreten Umständen folgenden erheblichen Gefahr schwerer Gewalt- oder Sexualdelikte (vgl. Fischer, a.a.O.; vgl. zur Trennung der Kriterien des Hangs und der Gefährlichkeit BGH, Urteil vom 09. Mai 2019- 4 StR 511/18 – Rn. 24, 29/33 m.w.N., juris; BGH, Urteil vom 28. April 2015 – 1 StR 594/14 – Rn. 30/31 m.w.N., juris; BGH, Urteil vom 26. April 2017 – 5 StR 572/16 -, Rn. 13 f.; juris = StraFo 2017, 246). Gefährlichkeit eines Angeklagten für die Allgemeinheit liegt mithin vor, wenn infolge eines bei ihm bestehenden Hanges ernsthaft zu besorgen ist, dass er auch in Zukunft Straftaten begehen wird, die eine erhebliche Störung des Rechtsfriedens darstellen (BGH, Beschluss vom 10. Januar 2019 – 1 StR 461/18 – Rn. 10 m.w.N., juris).
Auch diese Voraussetzungen liegen hier vor.
(1) Einschätzung des Sachverständigen
Der Sachverständige Prof. Dr. V. führte überzeugend aus, bei dem Angeklagten läge eine überaus ungünstige Rückfallprognose vor. Zur Einschätzung des statistischen Rückfallrisikos des Angeklagten habe er zunächst wissenschaftlich entwickelte und anerkannte Prognoseinstrumente verwandt. Das Rückfallrisiko vergleichbarer Tätergruppen unter Berücksichtigung des Alters und der strafrechtlichen Vorgeschichte des Angeklagten ergebe anhand der ORGS (Offender Group Reconviction Scale) eine Basisrate von 37% Rückfallwahrscheinlichkeit innerhalb eines Jahres und von 55% innerhalb von zwei Jahren. Eine aktuarische Risikoeinschätzung unter Verwendung von standardisierten Prognoseverfahren, die ausschließlich auf empirisch gesicherten Risikofaktoren basierten und Durchschnittszusammenhänge zwischen Risikoprofil und späterer Legalbewährung abbilden würden (sog. VRAG – Violence Risk Appraisal Guide), ergebe in Bezug auf den Angeklagten unter Zugrundelegung zahlreicher individualbezogener Parameter (Zusammenleben mit beiden biologischen Eltern, schulische Verhaltensprobleme, Alkohol- oder Drogenproblematik in der Vergangenheit, Ehestatus, kriminelle Vergangenheit, Bewährungsversagen, Alter, frühere Inhaftierungen, Verhaltensstörung vor dem 15. Lebensjahr, Sexualdelikte in der Vorgeschichte, Antisozialität) eine Rückfallwahrscheinlichkeit von 76% bzw. 87% für ein erneutes Gewalt- bzw. Sexualdelikt in den nächsten 5 bzw. 12 Jahren. Insbesondere das Prognoseinstrument SORAG habe ein ungünstiges Bild und eine statistisch hohe Rückfallwahrscheinlichkeit für sexuelle Gewaltdelikte von 58% innerhalb von sieben und von 80% innerhalb von 10 Jahren nach einer Haftentlassung ergeben. Die statistischen Prognoseinstrumente Static-99 und LSI-R seien nur unwesentlich günstiger ausgefallen und änderten an der Gesamteinschätzung nichts. Betrachte man das individuelle Risikoprofil des Angeklagten nach dem standardisierten Verfahren HCR-20 (Historical-Clinical-Risk Management-20) ergebe sich bei einem Gesamtcore von 33 Punkten der Hinweis auf ein erhöhtes bis hohes Risiko für zukünftig gewalttätiges bzw. sexualdelinquentes Verhalten. Insgesamt zeige sowohl der Zugang über Basisraten als auch der aktuarische und individuelle Zugangsweg ein hohes bis sehr hohes Rückfallrisiko beim Angeklagten. Auch sei bereits in vorangegangenen Begutachtungen des Angeklagten (im Rahmen des Vorstrafenverfahrens, das in der Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen bzw. Vergewaltigung mündete) von einer ungünstigen Prognose ausgegangen worden. Die beim Angeklagten vorhandene dissoziale Persönlichkeitsstörung sowie die bei ihm bestehenden pädophilen Neigungen verstärkten seinen eingeschliffenen Hang zu delinquenten Verhaltensweisen, zumal keine Anzeichen dafür bestünden, dass der Angeklagte – trotz durchschnittlicher Intelligenz – zu einer selbstkritischen Reflexion des eigenen Verhaltens in der Lage sex In Ansehung der beim Angeklagten zu erkennenden besonderen individuellen Risikofaktoren, namentlich Mangel an Einsicht, erhebliche Neigung zu Sexualstraftaten und Empathiearmut, erhöhe sich das individuelle Rückfallrisiko beim Angeklagten deutlich über das statistisch gegebene Ausmaß hinaus. Somit sei von einer ausgesprochen hohen Rückfallgefahr auszugehen.
(2) Einschätzung der Kammer
Die Kammer teilt die Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. V. zu der bei dem Angeklagten bestehenden hohen Rückfallwahrscheinlichkeit für Straftaten, insbesondere in Gestalt von gewichtigen Sexualstraftaten zum Nachteil Minderjähriger. Die von Prof. Dr. V. als prognoserelevant bezeichneten (ungünstigen) Gesichtspunkte ordnet die Kammer entsprechend der Annahmen des Sachverständigen ein. Hinzu kommt, dass ein protektiver sozialer Empfangsraum für den Angeklagten, der über keine Berufsausbildung verfügt und der keinerlei verfestigte (familiäre oder freundschaftliche) soziale Kontakte hat, nicht ansatzweise erkennbar ist. Insoweit ist in Rechnung zu stellen, dass auch der gegenständlich gegebene soziale Empfangsraum (Unterkunft bei seinem Freund x nach der Haftentlassung im ländlichen Raum, Versuch der Integration des Angeklagten in die Familie durch y, sinnvolle Freizeitgestaltung in Fußball- und Kegelverein, im Wesentlich kontinuierliche Erwerbstätigkeit) den Angeklagten nicht im Sinne einer Legalbewährung positiv zu beeinflussen vermochte.
Im Ergebnis sieht die Kammer als besonders kritisch den extrem schnellen Rückfall des Angeklagten mit besonders schweren Sexualdelikten zum Nachteil des betroffenen Kindes, einem Zufallsopfer ohne vorherige Beziehung zum Angeklagten, und damit sowohl Rückfallgeschwindigkeit als auch Rückfallintensität an, zumal diese (zweifache orale und anale Vergewaltigung zum Nachteil eines neunjährigen Kindes) über die vorangegangene Sexualdelinquenz (anale Vergewaltigung zum Nachteil eines vierzehnjährigen Jugendlichen) hinausgeht. Die gegenständlichen schwerwiegenden Sexualstraftaten beging der Angeklagte unter Führungsaufsicht trotz Betreuung durch Bewährungshilfe und Sozialtherapie. Nach Begehung der ersten Sexualstraftat am 09.01.2019 suchte er sowohl die Bewährungshelferin als auch den Sozialtherapeuten auf, ohne sich etwas von der Tatbegehung anmerken zu lassen (so die Zeugen K. = Bewährungshelferin und M. = Therapeut). Auch das während der langjährigen Strafhaft durchgeführte Therapieprogramm für Sexualstraftäter vermochte den Angeklagten nicht von der Begehung der gegenständlichen (Sexual-)Straftaten abzuhalten, obwohl nach den glaubhaften Angaben der Zeugen L. und B. feststeht, dass es sich dabei um ein engmaschiges, komplexes und strukturiertes Therapieprogramm handelte, das auch die Erarbeitung eines Rückfallvermeidungsplanes beinhaltete. Letztlich ist daher aus Sicht der Kammer von einer vollständigen Wirkungslosigkeit der während der Strafhaft durchlaufenen Therapien sowie der nach Haftentlassung im Rahmen der Führungsaufsicht begleitenden unterstützenden Faktoren (Bewährungshilfe und Fachambulanz für haftentlassene Sexualstraftäter) auszugehen. Die gegenständlichen (Sexual-)Straftaten zeigen, dass der Angeklagte seiner dissozialen Persönlichkeit entsprechend weiterhin sich bietende Gelegenheiten, zu seiner eigenen Befriedigung und Frustbewältigung schwerste Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung anderer zu begehen, wahrnimmt.
Die Kammer geht nach alledem – ohne Verkennung des jungen Lebensalters des Angeklagten – davon aus, dass von ihm mit ausgesprochen hoher Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft die Begehung sexueller Straftaten zum Nachteil von (zufällig ausgewählten) minderjährigen Opfern, insbesondere Straftaten nach § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB bzw. § 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB, zu erwarten sind, und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Der Angeklagte hat, wenn man die Zeit seiner Inhaftierung herausrechnet, innerhalb eines Zeitraumes von weniger als 1 ½ Jahren drei Vergewaltigungen mit ähnlichem modus operandi zum Nachteil Minderjähriger begangen. Dieses eingeschliffene Verhaltensmuster lässt die Begehung weiterer gleichartiger Taten mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten. Die von dem Angeklagten zu erwartenden Straftaten der Vergewaltigungen zum Nachteil Minderjähriger stellen nach Auffassung der Kammer unfraglich erhebliche Straften im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 4 StGB dar.
c) Ermessensausübung
Die Unterbringung eines Angeklagten gemäß § 66 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 StGB liegt im Ermessen des Gerichts. Bei ihrer Ermessensentscheidung ist die Kammer davon ausgegangen, dass sie die Möglichkeit hat, sich auf die Verhängung einer Freiheitsstrafe zu beschränken, wenn erwartet werden kann, dass der Angeklagte sich ungeachtet seiner zum Zeitpunkt der Urteilsfällung bestehenden Gefährlichkeit die verhängte Freiheitsstrafe hinreichend zur Warnung dienen lässt. Deshalb hat das Tatgericht in seine Ermessensentscheidung insbesondere die voraussichtlichen Wirkungen des Strafvollzugs sowie die mit dem Fortschreiten des Lebensalters erfahrungsgemäß eintretenden Haltungsänderungen einzubeziehen (vgl. dazu Fischer, StGB, 65. Aufl. 2018, § 66 Rn. 66, 73 ff. m.w.N., vgl. auch BGH, Beschluss vom 10. Januar 2019 – 1 StR 461/18 -, Rn. 12, juris). Die Beurteilung, ob ein Angeklagter infolge seines Hanges zur Begehung schwerer Straftaten für die Allgemeinheit gefährlich ist, richtet sich indes nach der Sachlage im Zeitpunkt der Aburteilung (vgl. § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB). Ob der Angeklagte nach Strafverbüßung weiterhin für die Allgemeinheit gefährlich und daher der Vollzug der Sicherungsverwahrung geboten ist, bleibt der Prüfung nach § 67c StGB vorbehalten. Soweit indessen allein die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 2 oder 3 StGB in Betracht kommt, ist es dem Tatrichter grundsätzlich gestattet, bei der Ausübung seines Ermessens die zu erwartenden Wirkungen eines langjährigen Strafvollzugs auf die Gefährlichkeit des Angeklagten zu berücksichtigen. Ihm ist die Möglichkeit eröffnet, sich ungeachtet der hangbedingten Gefährlichkeit des Angeklagten zum Zeitpunkt der Urteilsfindung auf die Verhängung einer Freiheitsstrafe zu beschränken, sofern erwartet werden kann, dass sich der Angeklagte schon die Strafe hinreichend zur Warnung dienen lässt. Ein Absehen von der Verhängung der Sicherungsverwahrung bei Ausübung dieses Ermessens ist jedoch nur gerechtfertigt, wenn konkrete Anhaltspunkte erwarten lassen, dass dem Täter aufgrund der Wirkungen eines langjährigen Strafvollzugs und diesen begleitender resozialisierender sowie therapeutischer Maßnahmen zum Strafende eine günstige Prognose gestellt werden kann. Nur denkbare positive Veränderungen und Wirkungen künftiger Maßnahmen im Strafvollzug reichen nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 08. August 2017 – 5 StR 99/17 – Rn. 15/16 m.w.N., juris).
Auch unter Berücksichtigung dieser Aspekte und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (§ 62 StGB) hält die Kammer die Anordnung der Sicherungsverwahrung gegen den Angeklagten für erforderlich. Denn konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte durch den abermals angeordneten langjährigen Strafvollzug und sein dann fortgeschritteneres Lebensalter seine Haltung ändern wird, bestehen nicht. Zudem ist derzeit kein adäquater sozialer Empfangsraum ersichtlich. Der seinerzeit recht junge Angeklagte befand sich bereits von September 2012 bis zum August 2017 in Haft und durchlief währenddessen das Therapieprogramm sexualtherapeutischer Abteilungen, ohne hierdurch von den gegenständlichen Sexualstraftaten abgehalten worden zu sein. Nach Verbüßung der mit diesem Urteil verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Jahren wird der Angeklagte ca. 38 Jahre alt und damit in einem Alter sein, in dem weder seine Persönlichkeit noch sein Sexualtrieb nennenswerte Veränderungen im Vergleich zum Istzustand erfahren haben werden. Die bestehende vage Möglichkeit einer Haltungsänderung des Angeklagten – insbesondere für den Fall, dass der bislang einsichtslose und unaufrichtige Angeklagte in der Haft erneut an umfangreichen verhaltens- und sexualtherapeutischen Maßnahmen teilnimmt – vermag an der getroffenen Entscheidung nichts zu ändern, zumal demgegenüber das hohe Rückfallrisiko für die Begehung schwerwiegender Sexualstraften zum Nachteil von minderjährigen Opfern in Rechnung zu stellen ist. Auch kann die Anordnung der Sicherungsverwahrung nicht im Hinblick auf denkbare flankierende Maßnahmen nach der Haftentlassung des Angeklagten entfallen, da sich – wie die gegenständlichen Sexualstraftaten zeigen – die Führungsaufsicht mitsamt möglicher begleitender Maßnahmen (Bewährungshilfe, Fachambulanz) als wirkungslos erwies und prognostisch erweisen wird. Laut den überzeugenden Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen Prof. Dr. V. ist eine derart engmaschige Struktur, wie sie erforderlich wäre, um den Angeklagten vor der Begehung neuer gravierender (Sexual-)Straftaten abzuhalten, im Rahmen der Führungsaufsicht nicht herstellbar.
Eine (wider Erwarten) während der Haft eintretende tatsächliche Haltungsänderung wäre bei einer vor dem Ende des Strafvollzugs zu treffenden Entscheidung nach § 67 c Abs. 1 StGB zu berücksichtigen.
III. Anordnung von Wertersatz und Einziehung
Die Anordnung der Einziehung von Wertersatz zugunsten des geschädigten Kegelvereins S., im Umfang des nicht ausgeglichenen Entwendungsschadens in Höhe von 400,- EUR, der aus der Diebstahlstat B.III. herrührt, beruht auf den §§ 73 Abs. 1, 73c S. 1, 73d StGB und entspricht dem Wert des durch die Tat vom Angeklagten Erlangten.
IV. Einziehung der Waffen und elektronischen Geräte Da der Angeklagte sich in der Hauptverhandlung mit der form- und entschädigungslosen Einziehung der Luftdruckwaffe samt Zubehör, des Messers und der elektronischen Geräte (Mobiltelefon und Tablet), mit denen er kinder- und jugendpornographische Inhalte konsumierte, einverstanden erklärte, bedurfte es insoweit keiner förmlichen Einziehungsentscheidung.
F. Kosten (…)