Aktenzeichen M 7 K 15.4332
POG Art. 3 Abs. 1, Art. 15 Abs. 1 Nr. 2
BayVwVfG BayVwVfG Art. 28
TSG TSG § 1, § 8
Leitsatz
§ 81b Alt. 2 StPO ist eine Regelung der Strafverfolgungsvorsorge (Bestätigung von BVerwG BeckRS 2006, 21480); sie begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. (redaktioneller Leitsatz)
Die Verwendung eines falschen Vornamens durch die Behörde nach einer Geschlechtsumwandlung des Adressaten ändert nichts an der Bestimmtheit der Verfügung, wenn der Adressat durch andere Bezeichnungen (zB richtiger Geburtsname, Wohnanschrift) klar identifizierbar ist. (redaktioneller Leitsatz)
Da die Strafprozessordnung keine Regelung über die Zuständigkeit für Maßnahmen der Strafverfolgungsvorsorge nach § 81b Alt. 2 enthält, beurteilt sich die Zuständigkeit nach Landesrecht. In Anwendung des Art. 3 Abs. 1 POG sind Polizeivollzugsbeamte demgemäß insofern im gesamten bayerischen Staatsgebiet zuständig. (redaktioneller Leitsatz)
Die Einleitung einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81b Alt 2 StPO hängt davon ab, ob der Adressat formell Beschuldigter in einem Strafverfahren ist. Ob die Einleitung des Strafverfahrens materiell rechtmäßig erfolgt ist oder ob die Rechte des Betroffenen im Ermittlungsverfahren gewahrt wurden, ist unerheblich. Eine Geschlechtsumwandlung nach einer acht Jahre zurückliegenden erstmaligen erkennungsdienstlichen Behandlung kann dabei – wenn die übrigen Voraussetzungen und Grenzen des § 81b Alt. 2 StPO eingehalten werden – die erneute erkennungsdienstliche Behandlung erforderlich machen. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid vom 27. August 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Nach § 81 b 2. Alt. StPO dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden, soweit es für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist. Nach Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 PAG (so Berner/Köhler/Käß, PAG, 20. Aufl., Art. 15 Rn. 9) bzw. ebenfalls auf der Grundlage von § 81 b 2. Alt. StPO (so OVG Sachsen-Anhalt, B. v. 18. September 2007 – 2 O 218/07 – juris – Rn. 7) kann er zur Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung, wie hier geschehen, schriftlich vorgeladen werden.
Gegen die Regelung von Maßnahmen für erkennungsdienstliche Zwecke in der Strafprozessordung bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerwG, U. v. 9. Februar 1967 – I C 57.66 – juris Rn. 8; Krause in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2008, § 81 b Rn. 4). § 81 b 2. Alt. StPO ist keine Regelung im Bereich der Strafverfolgung, sondern eine Ermächtigung zu Maßnahmen der Strafverfolgungsvorsorge (vgl. BVerwG, U. v. 23. November 2005 – 6 C 2/05 – juris Rn. 18). Hierfür steht dem Bund nach obergerichtlicher Rechtsprechung eine Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG (konkurrierende Gesetzgebung für “das Strafrecht” und das “gerichtliche Verfahren”) zu, da diese Bestimmung keine Einschränkung dahin enthält, dass Maßnahmen, die sich auf zukünftige Strafverfahren beziehen, von der Zuweisung der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nicht erfasst sein sollen (BVerwG, a. a. O., Rn. 18 u. U. v. 19. Oktober 1982 – 1 C 29/79 – juris Rn. 30). Ferner ist verfassungsgerichtlich geklärt, dass § 81 b StPO den rechtsstaatlichen Erfordernissen der Normklarheit und Justitiabilität genügt (BVerfG, B. v. 14. Februar 1978 – 2 BvR 406/77 – juris Rn. 48).
Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Insbesondere ist die Polizeiinspektion G. gem. Art. 3 Abs. 1 POG örtlich, sachlich und funktionell zuständig. Der Polizeivollzugsbeamte ist im gesamten Staatsgebiet örtlich und sachlich allzuständig (vgl. Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, PAG/POG, 4. Aufl. 2014, Art. 3 POG Rn. 2, 3). Da die Strafprozessordnung keine Regelung über die Zuständigkeit für Maßnahmen der Strafverfolgungsvorsorge nach § 81 b 2. Alt. StPO enthält, beurteilt sich die Zuständigkeit nach Landesrecht (vgl. BVerwG, U. v. 23. November 2005 – 6 C 2/05 – juris Rn. 19; OVG HH, U. v. 11.4.2013 – 4 Bf. 141/11 – juris Rn. 65). Die nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG geforderte Anhörung war entbehrlich (Art. 28 Abs. 2 BayVwVfG). Nachdem die PI G. mit polizeilichem Schreiben vom 15. Januar 2015 die erkennungsdienstliche Behandlung gem. § 81 b 2. Alt. StPO angeordnet und die Prozessbevollmächtigte daraufhin um Erlass eines förmlichen Bescheides gebeten hatte, war klar, dass die Polizei die Absicht hatte, den Kläger zu präventiven Zwecken erkennungsdienstlich zu behandeln, und dass spätestens zu diesem Zeitpunkt die gegen eine förmliche Anordnung sprechenden Gründe vorzubringen waren. Es bestand damit Gelegenheit, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Schließlich ist der Bescheid auch nicht wegen der Verwendung eines zum Zeitpunkt des Erlasses nicht mehr geführten Vornamens des Klägers unbestimmt im Sinne von Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Aus der Verwendung seines richtigen Geburtsnamens, seiner damaligen Wohnanschrift und der Aufzählung der den Kläger betreffenden Strafverfahren war klar, dass er der Inhaltsadressat des Bescheides sein sollte, der ihm auch bekannt gegeben worden ist.
Ferner ist der Bescheid materiell rechtmäßig. Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung war zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses (BVerwG, B. v. 14. Juli 2014 – 6 B 2/14 – juris Rn. 4 m. w. N.; BayVGH, B. v. 2. April 2015 – 10 C 15.304 – juris Rn. 5 m. w. N.) durch das gegen den Kläger als Beschuldigten geführte Strafverfahren – 2 Ds 38 Js 14475/15 – veranlasst. Beschuldigter im Sinne des § 81 b 2. Alt. StPO ist, gegen wen aufgrund zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte (§ 152 Abs. 2 StPO) das Strafverfahren betrieben wird (BayVGH, B. v. 2. April 2015 – 10 C 15.304 – juris Rn. 5). Nicht erheblich ist, ob die Einleitung des Strafverfahrens nach materiellem Recht ordnungsgemäß erfolgt ist, oder die Rechte des Betroffenen im Ermittlungsverfahren gewahrt wurden. Mit § 81 b Alt. 2 StPO und Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 PAG stehen zwei Befugnisnormen für die Vornahme erkennungsdienstlicher Maßnahmen durch die Polizei zur Verfügung, deren Anwendungsbereich sich nur durch die Beschuldigteneigenschaft des Betroffenen abgrenzen lässt und die zueinander in Gesetzeskonkurrenz stehen (Berner/Köhler/Käß, PAG, 20. Aufl. 2010, Art. 14 Rn. 2, 9), so dass ausschließlich auf die formelle Einleitung des Strafverfahrens abzustellen ist (BayVGH, a. a. O., Rn. 6 m. w. N.).
Nach diesen Maßgaben kommt es nicht darauf an, ob der Kläger wegen eines von ihm behaupteten Verfahrensfehlers im Ermittlungsverfahren – hier der angeblich rechtswidrigen Nachschau in der Wohnung seiner Großmutter, die Teile des Diebesgutes in seinem Zimmer zutage gefördert hat – oder ob er wegen Schuldunfähigkeit infolge exzessiven Alkoholgenusses tatsächlich verurteilt werden könnte (vgl. BayVGH, a. a. O.). Dies hat keinen Einfluss auf die Beschuldigteneigenschaft (BayVGH, a. a. O.).
Die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81 b Alt. 2 StPO zu einem Zeitpunkt, in dem der Betroffene noch nicht wegen der ihm zur Last gelegten Straftat rechtskräftig verurteilt ist, widerspricht auch nicht der im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 2 EMRK) (BayVGH, B. v. 2. April 2015 – 10 C 15.304 – juris Rn. 7). Nach ständiger Rechtsprechung ist die erkennungsdienstliche Behandlung als präventiv-polizeiliche Maßnahme zur vorbeugenden Straftatenbekämpfung zwar von einem fortbestehenden hinreichenden Tatverdacht, nicht aber von einer (rechtskräftigen) strafgerichtlichen Schuldfeststellung abhängig. Die Feststellung eines Tatverdachts ist vielmehr etwas substanziell anderes als eine Schuldfeststellung (BayVGH, a. a. O.).
Weiter sind die angeordneten erkennungsdienstlichen Maßnahmen im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt von deren tatsächlicher Vornahme (BVerwG, U. v. 19. Oktober 1982 – 1 C 29/79 – juris Rn. 31 u. B. v. 14. Juli 2014 – 6 B 2/14 – juris Rn. 5) bzw. der mündlichen Verhandlung nach einer Bewertung der gesamten tatsächlichen Umstände des Einzelfalles für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig. Die Notwendigkeit der Anfertigung von erkennungsdienstlichen Unterlagen bemisst sich danach, ob der anlässlich eines gegen den Betroffenen gerichteten Strafverfahrens festgestellte Sachverhalt nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalles Anhaltspunkte für die Annahme bietet, dass der Betroffene künftig oder gegenwärtig mit guten Gründen als Verdächtiger in den Kreis potentieller Beteiligter an einer noch aufzuklärenden strafbaren Handlung einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen – entlastend oder überführend – fördern könnten (BayVGH, B. v. 16. November 2015 – 10 CS 15.1564 – juris Rn. 17 m. w. N.). Es hat stets eine Abwägung zu erfolgen, in die einerseits das Interesse der Öffentlichkeit an einer effektiven Verhinderung bzw. Aufklärung von Straftaten und andererseits das Interesse des Betroffenen einzustellen ist, entsprechend dem Menschenbild des Grundgesetzes nicht bereits deshalb als potentieller Rechtsbrecher behandelt zu werden, weil er sich irgendwie verdächtig gemacht hat oder angezeigt worden ist (BayVGH, a. a. O., m. w. N.). Typischerweise kommt die erkennungsdienstliche Behandlung bei gewerbs- oder gewohnheitsmäßig handelnden oder sonstigen Rückfalltätern in Betracht (Meyer-Goßner, a. a. O., § 81 b Rn. 12). Im Übrigen kommt es auf die Umstände des Einzelfalls, d. h. insbesondere Art, Schwere und Begehungsweise der dem Betroffenen im strafrechtlichen Anlassverfahren zur Last gelegten Straftaten, seine Persönlichkeit sowie den Zeitraum an, während dessen er strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten ist (vgl. BVerwG, U. v. 23. November 2005, a. a. O., Rn. 22). Bei offensichtlichem Fehlen einer Wiederholungsgefahr sind die Maßnahmen unzulässig (Meyer-Goßner, a. a. O., § 81 b Rn. 12).
Der unbestimmte Rechtsbegriff der Notwendigkeit unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung durch die Verwaltungsgerichte (BayVGH, B. v. 16. November 2015 – 10 CS 15.1564 – juris Rn. 17). Das Verwaltungsgericht ist deshalb nicht nur auf die Angaben des Beklagten im streitgegenständlichen Bescheid beschränkt, sondern darf seiner Entscheidung den gesamten Akteninhalt und danach bekannten Sachverhalt zugrunde legen (BayVGH, a. a. O., Rn. 18).
Die Umstände der Anlasstat (vgl. BayVGH, B. v. 18. Juli 2005 – 24 ZB 05.33 – juris Rn. 15 f.) und die in der Vergangenheit begangenen, rechtskräftig festgestellten Straftaten tragen die Prognose einer Wiederholungsgefahr. Des Rückgriffs auf diverse weitere strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen den Kläger bedarf es deshalb nicht.
Dem Antrag auf Einholung eines psychologischen Gutachtens musste das Gericht nicht nachkommen. Aufgrund der augenscheinlich fortgeschrittenen, nach Angaben des Klägers Ende 2012/Anfang 2013 begonnenen Geschlechtsumwandlung kann als wahr unterstellt werden, dass er bereits zuvor, in den Jahren bis 2010 in seiner Identitätsfindung und Persönlichkeitsentwicklung gestört war und dies sein Verhalten beeinflusst hat. Das entspricht allgemeiner Lebenserfahrung. Doch nachdem einerseits noch mehrere Operationen ausstehen und eine gerichtliche Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit nach § 8 TSG nicht vorliegt und es andererseits hinsichtlich der Wiederholungsgefahr auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ankommt, ist schon deshalb zweifelhaft, ob der Beweisantrag entscheidungserheblich ist. Denn es ist ungeklärt, ob, wie im Beweisantrag unterstellt wird, die Geschlechtsumwandlung abgeschlossen ist und damit die gezogene Schlussfolgerung auf ein geändertes Verhalten derzeit überhaupt gilt. Die beim Kläger bereits vorgenommene Änderung des Vornamens setzt nach § 1 Abs. 1 TSG jedenfalls keine abgeschlossene Geschlechtsumwandlung voraus. Diese Fragen können indes offen bleiben, weil der Kläger nach dem angeblichen Ende seines von einer „Identitätsfindungsstörung“ beeinflussten Verhaltens im Jahre 2010, nämlich am … 2015, eine weitere einschlägige Straftat begangen hat. Damit ist bereits widerlegt, dass alleinige Ursache für seine Delinquenz die Identitätsprobleme im Zusammenhang mit seinem Geschlecht bis zum Jahre 2010 sein können. Das Bestehen einer Wiederholungsgefahr schließlich ist eine durch das Gericht zu beantwortende Rechtsfrage und keine dem Beweis durch ein Sachverständigengutachten zugängliche Tatsache.
Nach dem Ergebnis der auf ein Video und das Auffinden des Diebesgutes im Zimmer des Klägers gestützten polizeilichen Ermittlungen und nach der Anklageschrift hat der Kläger in der Nacht des am … 2015 eine erhebliche Straftat begangen, nämlich in Mittäterschaft einen fremden Kellerraum aufgebrochen, daraus Gegenstände gestohlen, über mehr als eine Stunde das Diebesgut geborgen und den Kellerraum mit Farbe verwüstet. Letzteres lässt keinen anderen Schluss zu als den, dass ein möglichst großer Schaden hinterlassen werden sollte. Ein solches Verhalten offenbart erhebliche kriminelle Energie und spricht gegen die Annahme, dass der Kläger zwischenzeitlich Reiferückstände aufgeholt und der Strafvollzug eine „Zäsur“ in seinem Verhalten bewirkt habe. Es handelt es sich weder um ein Bagatelldelikt noch um eine „jugendtypische Verfehlung“, wobei diese Bewertung ohnehin nur zum Ausdruck bringt, dass derartige Taten von Jugendlichen im Vergleich zu Erwachsenen besonders häufig begangen werden und den Blick auf die hierfür bestehenden Gründe lenkt (vgl. Nds OVG, B. v. 20. November 2008 – 11 ME 297/08 – juris Rn. 15). Sie vermag weder das vorwerfbare Verhalten zu relativieren noch die Aussagekraft der Schlussfolgerung auf eine charakterliche Veranlagung und innere Einstellung gegenüber der Rechtsordnung zu schmälern (vgl. NdsOVG, a. a. O.). Schwere oder schwerste Straftaten setzt die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung zu präventiven Zwecken nicht voraus. Weiter ist nicht ersichtlich, dass der Kläger sich grundlegend geändert hätte. Einbrüche zum Zweck des Diebstahls hat er bereits als Heranwachsender begangen. Bei seinem Vorgehen hat er wenig Rücksicht gegenüber anderen gezeigt. Sein Verhalten ist durch Unbeherrschtheit, Aggressivität und ein hohes Gewaltpotenzial gekennzeichnet, was in den Körperverletzungsdelikten, den Einbrüchen und Sachbeschädigungen, aber auch massiven Beleidigungen zum Ausdruck gekommen ist. Auch seine persönlichen Lebensumstände, zuletzt der Beginn einer Ausbildung und die Anmietung einer eigenen Wohnung, haben sich nicht derart verändert, dass er die Gewähr dafür bieten würde, dass es nicht zu erneuten Straftaten kommt. Die Straffälligkeit in offener Bewährung und die nach der Inhaftierung im … 2015 wieder aktuelle Alkoholproblematik, die in dem anhängigen Strafverfahren Veranlassung bot, die Schuldfähigkeit des Klägers in Frage zu stellen, haben vielmehr deutlich gezeigt, dass ausreichend Anlass zu der Annahme besteht, dass er auch in Zukunft in den Kreis der Strafverdächtigen einbezogen werden kann.
Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung leidet schließlich auch nicht an einem Ermessensfehler im Sinne von § 114 Satz 1 VwGO. Der Beklagte hat erkannt, dass ihm gem. § 81 b 2. Alt. StPO ein Entschließungsermessen zukommt, das er unter Abwägung mit den persönlichen Interessen des Klägers im Sinne der Anordnung der Maßnahme ausgeübt hat. Dass der anordnende Beamte sich von sachfremden Erwägungen hätte leiten lassen und somit von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hätte, ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist eine erneute erkennungsdienstliche Behandlung nach nunmehr mehr als acht Jahren und der auch geschlechtsbedingten Veränderung des Aussehens wegen der eingeschränkten Verwertbarkeit der Unterlagen erforderlich (vgl. dazu VG Düsseldorf, U. v. 7. Februar 2014 – 18 K 5188/13 – juris Rn. 36).
Eine erkennungsdienstliche Behandlung des Klägers ist auch verhältnismäßig. In den vom Beklagten berücksichtigten Straftaten ist seine erhebliche Aggressivität und Gewalttätigkeit, insbesondere gegenüber Polizeibeamten, zutage getreten. In der Ausführung der Eigentumsdelikte, die überwiegend zur Nachtzeit und im Wege des Einbruchs begangen worden und daher schwer aufzuklären sind, hat sich erhebliche kriminelle Energie gezeigt. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte dem mit der erkennungsdienstlichen Behandlung verfolgten Zweck der Förderung möglicher künftiger Ermittlungen und damit indirekt auch eines eventuellen Opferschutzes höheres Gewicht beigemessen hat als dem durch die Maßnahme tangierten Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung. Die zu erhebenden Daten entsprechen dem kriminalistischen Standard. Sie sind geeignet und erforderlich, zur Feststellung oder zum Ausschluss einer Tatbeteiligung an potenziellen künftigen Straftaten beizutragen. Insoweit ist auch die Ausübung des Auswahlermessens nicht zu beanstanden.
Begegnet die Anordnung der Vornahme erkennungsdienstlicher Maßnahmen nach §81 b 2. Alt. StPO somit keinen Bedenken, ist auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte den Kläger gem. Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 PAG zur Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung vorgeladen hat.
Rechtmäßig, insbesondere verhältnismäßig, sind auch die Festsetzung von Zwangsgeldern nach Art. 56 PAG für den Fall, dass der Kläger dieser Vorladung nicht Folge leistet, und die Androhung unmittelbaren Zwangs nach Art. 58 PAG für den Fall, dass die Androhung von Zwangsgeld bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ohne Erfolg bleibt. Die Zwangsmittel sind gem. Art. 59 Abs. 1 Satz 1 PAG schriftlich angedroht und nach Art. 59 Abs. 2 S. 2 PAG mit dem Verwaltungsakt verbunden worden. Das Zwangsgeld bewegt sich der Höhe nach im Rahmen des Art. 56 Abs. 1 PAG (5 – 2.500,- EUR). Nach Art. 59 Abs. 3 PAG ist es zulässig, mehrere Zwangsmittel anzudrohen, sofern sich wie hier aus dem Bescheid ergibt, in welcher Reihenfolge die Zwangsmittel angewendet werden sollen. Die Anwendung unmittelbaren Zwangs als ultima ratio, wenn die Androhung von Zwangsgeld nicht zum Erfolg führt, wahrt das Gebot verhältnismäßigen Vorgehens.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 35.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.