Strafrecht

Bemessung des Gegenstandswertes

Aktenzeichen  3 Qs 127/18

Datum:
16.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
JurBüro – 2018, 596
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Kempten
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StPO § 111 e Abs. 1, § 111 j Abs. 1, § 152 Abs. 2
RVG § 33 Abs. 2 u. Abs. 3 S. 3, § 56 Abs. 2 S. 2 u. 3
ZPO § 916
BGB § 839
GG Art. 34

 

Leitsatz

Bei der Bemessung des Gegenstandswertes einer vorläufigen Maßnahme, wie sie der Arrest darstellt, ist ausgehend von dem zu sichernden Hauptanspruch ein Abschlag vorzunehmen, so dass der Gegenstandswert des Arrestverfahrens in der Regel unter dem Betrag des zu sichernden Hauptanspruchs liegt. Ein Abschlag von 2/3 ist nach h.M. angemessen.

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Staatskasse, vertreten durch die Bezirksrevisorin bei dem …, gegen den Beschluss des Amtsgerichts … vom 29.06.2018 wird dieser aufgehoben.
2. Der Streitwert für das Verfahren bezüglich der Aufhebung des Arrestbeschlusses vom 22.01.2018 und des anschließenden Beschwerdeverfahrens wird auf 53.508,33 EUR festgesetzt.
3. Die weitere Beschwerde wird nicht zugelassen.
4. Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.
Die Staatsanwaltschaft … führte gegen den Beschuldigten ein Ermittlungsverfahren wegen Geldwäsche, nachdem eine Mitteilung uber verdächtige Bareinzahlungen und Transaktionen erfolgte. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft erließ das Amtsgericht … – Ermittlungsrichter – am 22.01.2018 einen Beschluss nach §§ 111 e Abs. 1, 111 j Abs. 1 StPO, mit welchem ein Vermögensarrest von 160.525 EUR in das Vermögen des Beschuldigten angeordnet wurde.
Auf die Beschwerde des Verteidigers des Beschuldigten vom 05.02.2018 gegen den Arrestbeschluss hob das Amtsgericht … – Ermittlungsrichter – den Arrestbeschluss am 08.02.2018 auf. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Staatsanwaltschaft wurde durch Beschluss des Landgerichts … vom 09.02.2018 als unbegründet verworfen. Mit Verfügung vom 11.06.2018 stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten aus tatsächlichen Gründen gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein. Auf Antrag des Verteidigers des Beschuldigten setzte das Amtsgericht … den Streitwert für das Verfahren bezüglich der Aufhebung des Arrestbeschlusses und des anschließenden Beschwerdeverfahrens gemäß § 33 RVG i.V.m. Nr. 4142 VV RVG auf 160.525 EUR fest.
Gegen den Beschluss wendet sich die Staatskasse, vertreten durch die Bezirksrevisorin des … mit Schriftsatz vom 23.07.2018, eingegangen beim Amtsgericht am 24.07.2018. Zur Begründung trug die Beschwerdeführerin vor, dass hinsichtlich des Gegenstandswertes im Einklang mit der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts München ein Abschlag von 2/3 hinsichtlich des zu sichernden Hauptanspruchs vorzunehmen sei. Der Verteidiger trug hierzu vor, dass das Oberlandesgericht Frankfurt einen Abschlag nicht für gerechtfertigt halte. Diese Auffassung sei zutreffend, da ein Arrest für den Beschuldigten besonders belastend und damit besonders besprechungsintensiv sei
Der Beschwerde der Staatskasse hat das Amtsgericht … nicht abgeholfen.
II.
Die Beschwerde der Staatskasse ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Staatskasse war nach dem Aufhebungsbeschluss des Amtsgerichts erstattungspflichtiger Gegner des Antragstellers und deshalb gemäß § 33 Abs. 2 RVG antragsberechtigt. Eine Zustellung des Beschlusses an die Staatskasse erfolgte nicht, so dass die Beschwerdefrist des § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG noch nicht in Lauf gesetzt wurde.
Die Beschwerde ist auch begründet.
Die Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV ist eine reine Wertgebühr und berechnet sich nach dem Gegenstandswert. Das ist nach § 2 RVG der Wert, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat. Hierbei ist der objektive Wert maßgebend, das subjektive Interesse des Betroffenen ist ohne Belang (Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG, 23. A., VV 4142, Rdnr. 19 m.w.N.).
Bei der Bemessung des Gegenstandswertes einer vorläufigen Maßnahme, wie sie der Arrest darstellt, ist ausgehend von dem zu sichernden Hauptanspruch ein Abschlag vorzunehmen, so dass der Gegenstandswert des Arrestverfahrens in der Regel unter dem Betrag des zu sichernden Hauptanspruchs liegt. Ein Abschlag von 2/3 ist nach h.M. angemessen (OLG München Beschl. vom 16.8.2010 – 4 Ws 114/10, BeckRS 2010, 21631; OLG Hamm Beschl. vom 10.1.2008 – 3 Ws 323/07; OLG Köln Beschl. vom 10.9.2009 – 2 Ws 370/04; Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG, 23.A., VV 4142, Rdnr. 19; Hartung/Schons/Enders, RVG, 3.A. Nr. 4142 VV, Rdnr. 16).
Der entgegenstehenden Auffassung des OLG Frankfurt (Urt. v. 11.5.2017 – – 1 U 203/15, BeckRS 2017, 112750) schließt sich die Kammer nicht an. Sofern das OLG Frankfurt allein darauf abzielt, dass beim Arrest nach § 111 b StPO a.F. kein Arrestanspruch vorliegen müsse und auch nicht auf § 916 ZPO verwiesen werde, so dass die zivilrechtliche Praxis der Streitwertfestsetzung nicht vergleichbar sei, überzeugt dies nicht. Es handelt sich jedenfalls um eine vorläufige Maßnahme, zudem muss – ähnlich einem glaubhaft gemachten Arrestanspruch im Zivilprozess – aus den Akten ein Anfangsverdacht einer rechtswidrigen Tat, im Sinne von § 152 Abs. 2 StPO hervorgehen. Eine Vergleichbarkeit mit der zivilrechtlichen Praxis der Streitwertfestsetzung liegt damit vor.
Auch der Umstand, dass ein Arrest die wirtschaftliche Tätigkeit eines Beschuldigten zum Erliegen bringen kann, ändert an dem Gegenstandswert und an dem vorzunehmenden Abschlag nichts. Dies wäre lediglich bei Ansprüchen nach dem StrEG oder Amtshaftungsansprüchen gemäß § 839 BGB, Art. 34 GG zu berücksichtigen (OLG München, a.a.O.).
Demnach war der Gegenstandswert auf 1/3 der Hauptforderung von 160.525 EUR, mithin 53.508,33 EUR, festzusetzen.
III.
Die weitere Beschwerde war gemäß § 33 Abs. 6 Satz 1 RVG nicht zuzulassen, da das Oberlandesgericht München einen vergleichbaren Fall bereits entschieden hat (OLG München Beschl. vom 16.8.2010 – 4 Ws 114/10.
VI.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG.

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