Strafrecht

Brandstiftung mit Todesgefahr

Aktenzeichen  63 KLs 1105 Js 20586/18 jug

Datum:
25.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 41328
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StGB § 306a, § 306b Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Für die Annahme der erforderlichen konkreten Todesgefahr genügt nicht allein der Umstand, dass sich Menschen in enger räumlicher Nähe zur Gefahrenquelle befanden. Die Tathandlung muss vielmehr über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus im Hinblick auf einen bestimmten Vorgang in eine kritische Situation für das geschützte Rechtsgut geführt haben; in dieser Situation muss – was nach der allgemeinen Lebenserfahrung aufgrund einer objektiv nachträglichen Prognose zu beurteilen ist – die Sicherheit einer Person so stark beeinträchtigt worden sein, dass es nur noch vom Zufall abhing, ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht (Bestätigung von BGH BeckRS 2018, 21890).                                                      (Rn. 189) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Annahme einer Gefahr wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Schaden ausgeblieben ist, weil sich der Gefährdete noch in Sicherheit bringen konnte. Erforderlich ist ein Geschehen, bei dem ein unbeteiligter Beobachter zu der Einschätzung gelangt, dass „das noch einmal gut gegangen sei“ (Bestätigung von BGH BeckRS 2018, 21890).                                                           (Rn. 189) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Angeklagte F ist schuldig der versuchten besonders schweren Brandstiftung in Tateinheit mit versuchtem Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion zugleich mit gefährlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit Betrug.
2. Der Angeklagte F wird deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren 6 Monaten verurteilt.
3. Der Angeklagte M ist schuldig der versuchten besonders schweren Brandstiftung in Tateinheit mit versuchtem Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion zugleich mit gefährlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen zugleich mit Beihilfe zum Betrug.
4. Der Angeklagte M wird deswegen zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt.
5. Die Angeklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Adhäsionsklägerin …, Schmerzensgeld in Höhe von 800,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.07.2019 sowie einen weiteren Betrag in Höhe von 574,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.07.2019 zu bezahlen.
6. Es wird festgestellt, dass die in Ziffer 5 festgestellten Forderungen aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung herrühren.
7. Die Angeklagten haben die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Nebenklägerin sowie gesamtschuldnerisch die durch den Adhäsionsantrag der Adhäsionsklägerin vom 15.07.2019 angefallenen besonderen gerichtlichen Kosten und notwendigen Auslagen zu tragen.
8. Das Urteil ist für die Adhäsionsklägerin in Ziffern 5 und 7 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Angewandte Vorschriften:
Beim Angeklagten F:
§§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2, 263 Abs. 1, 306 Abs. 1 Nr. 1, 306a Abs. 1 Nr. 1, 306b Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1, 308 Abs. 1, 22, 23, 25 Abs. 2, 52 Abs. 1, Abs. 2, 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 S. 2, S. 3, Abs. 2 StGB.
Beim Angeklagten M:
§§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2, 263 Abs. 1, 306 Abs. 1 Nr. 1, 306a Abs. 1 Nr. 1, 306b Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1, 308 Abs. 1, 22, 23, 25 Abs. 2, 27 Abs. 1, Abs. 2, 52 Abs. 1, Abs. 2 StGB, §§ 1, 105 JGG.

Gründe

A. Übersicht
Den beiden weitläufig bekannten Angeklagten – der Neffe des Angeklagten F ist mit der Tante des Angeklagten M verheiratet – wurden für schuldig befunden, gemeinschaftlich versucht zu haben, den vom Angeklagten F betriebenen Imbiss-Laden in der H-straße in K in der Nacht vom 16.11.2018 auf den 17.11.2018 in Brand zu setzen und mittels einer Propangasflasche in die Luft zu sprengen, wobei aufgrund der Rauchentwicklung Personenschäden bei Hausbewohnern hervorgerufen wurden. Ziel war die Erlangung einer Versicherungssumme in Höhe von 50.000,00 EUR, wobei es in der Folgezeit zur Auszahlung eines Teilbetrages an den Angeklagten F kam.
Die Kammer hat sich in der Hauptverhandlung bezüglich der Tat vom 16./17.11.2018 von der mittäterschaftlichen Begehung durch die beiden Angeklagten überzeugt, wobei sie diese nach den getroffenen Feststellungen für beide Angeklagten als versuchte besonders schwere Brandstiftung (unter dem Gesichtspunkt der Absicht der Ermöglichung einer anderen Straftat) in Tateinheit mit versuchtem Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion zugleich mit gefährlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen rechtlich bewertet hat. Hinsichtlich des Angehens der Versicherung hat die Kammer die Tathandlung des Angeklagten F entsprechend der Anklage als Betrug, bezüglich des Angeklagten M dagegen als Beihilfe zum Betrug bewertet.
Die Überzeugung der Kammer von der Täterschaft der beiden Angeklagten beruht maßgeblich auf den teilgeständigen Angaben der Angeklagten M und F (die Tatplanung betreffend) sowie dem Ergebnis der sonstigen polizeilichen Ermittlungen, insbesondere einer Reihe von Indizien, durch welche die mittäterschaftliche Tatbegehung der Angeklagten Bestätigung gefunden hat.
Im Mittelpunkt der Beweisaufnahme stand die Frage, ob einer der Angeklagten, die sich wechselseitig die Tatbegehung anlasteten, von dem von beiden eingeräumten ursprünglichen Tatplan im Vorfeld Abstand genommen hat und die Tatausführung lediglich durch einen der beiden Angeklagten (gegen den Willen des anderen) erfolgte.
Die Kammer hat insbesondere im Hinblick auf die Aussageentwicklung der beiden Angeklagten, die zunächst jegliche Beteiligung abstritten und sich gegenseitig Alibis gaben und sich erst später gegenseitig belasteten, an der mittäterschaftlichen Begehung der versuchten besonders schweren Brandstiftung in Tateinheit mit versuchter Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion keinen Zweifel. Die jeweils behauptete Abstandnahme von der Tatausführung wird als Entlastungsversuch gewertet, nachdem der Versuch, den Verdacht auf einen dritten – unbekannten – Täter zu schieben, scheiterte. Verschiedene technische Untersuchungen sowie die Einvernahme einer Vielzahl von Zeugen führten zu keinen anderen Erkenntnissen. Die Gefährlichkeit der Tatbegehung wurde insbesondere durch die Ausführungen des Sachverständigen W belegt.
B. Zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten
I. Angeklagter F
1. Lebenslauf
2. Strafrechtliches Vorleben
Der Auszug aus dem Bundeszentralregister des Angeklagten weist keine Eintragung auf.
3. Haftdaten
II. Angeklagter M
1. Lebenslauf
2. Strafrechtliches Vorleben
Der Angeklagte M ist strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten.
3. Haftdaten
C. Sachverhalt
I. Vorgeschichte
Zur Tatörtlichkeit Der Angeklagte F betrieb – wie ausgeführt – seit 01.08.2018 als Pächter den „F-Imbiss“ in der H-straße xx in K. Die entsprechenden Räumlichkeiten hatte er von dem Eigentümer des Anwesens, …,, gemietet. Die vereinbarte Mietzeit begann nach dem Mietvertrag vom 21.05.2018 am 01.08.2018 und war auf die Dauer von 5 Jahren festgelegt. Die vereinbarte monatliche Miete inkl. MWSt und Nebenkostenvorauszahlung betrug 452,20 EUR.
Bei dem Anwesen H-straße xx handelt es sich um ein älteres zweigeschossiges Gebäude im westlichen Ortskern der Gemeinde K an der Ortsdurchfahrt von P Richtung G und ist durch einen Gehweg und einen Parkstreifen von der Straße getrennt. Es liegt mit weiteren Wohn- und Wirtschaftsgebäuden in einem Straßendreieck H-straße-S-straße zur H-gasse und H-gasse. Das Gebäude südwestlich ist direkt angebaut. Zwischen dem Anwesen und dem nordöstlich gelegenen Haus verläuft ein schmaler Brandschutzgang, der an den nordwestlich quergebauten Häusern endet und von der H-gasse aus nicht erreichbar ist.
Im Erdgeschoss befinden sich die Räumlichkeiten des „F-imbiss“ sowie ein gesondert zugänglicher Wohnraum, der durch eine Leichtbauwand vom Imbiss abgetrennt ist. Dort wohnen die Zeugen H… und … Y… Im ersten Obergeschoss befindet sich die Wohnung der Zeugen x… und … W… bzw. … B…, im Dachgeschoss liegt die von der Zeugin … F… angemietete Wohnung. An der Frontseite des Hauses befinden sich jeweils Eingangstüren zum Imbiss (mittig gelegen) und zum Wohnraum (rechts gelegen), sowie ein mit einem Metallgitter und einer Metalltür verschließbarer Zugang (links gelegen) unterhalb des zur Wohnung im ersten Obergeschoss gehörigen Balkons. Der Zugang führt zur Hauseingangstür und zum Treppenhaus, über welches die Wohnungen im ersten Obergeschoss und im Dachgeschoss erreicht werden. In diesem Durchgang befindet sich an der südwestlichen Hausseite ein zweiflügeliges Fenster mit Holzrahmen und Doppelverglasung (123 x 122 cm) zum F-imbiss. Der Abstand vom Boden zur Oberkante Fenster beträgt ca.108 cm.
Der Geschäftsbereich bzw. Gastbereich des Imbisses ist etwa 3 Meter breit, die Entfernung vom Eingang zur Verkaufstheke beträgt ca. 4,50 m, die Räume sind 2,43 cm hoch, der Boden ist durchgängig gefliest. Die Verkaufstheke ist 175 cm breit, daneben befindet sich ein ca. 126 cm breiter Durchgang. Dort steht bei regulärem Geschäftsbetrieb ein 75 cm breiter Kassenrollwagen. Hinter dem etwa 3 m langen Verkaufsbereich befindet sich nach einem 90 cm breiten Durchgang der Küchenbereich. Hinter dem Durchgang befindet sich eine quergebaute Leichtbaumauer mit Durchreiche, so dass ein kurzer etwa 138 cm breiter Gang besteht, der links und rechts zur eigentlichen Küche führt. Diese erstreckt sich über den gesamten hinteren Bereich des Erdgeschosses über die ganze Hausbreite. Vom Gastraum her kommend rechts führt die erste Tür in die Toilette, die zweite Tür in einen kleinen Abstellraum. Die Einrichtung der Küche besteht aus Einbauschränken, Öfen, Teigmaschine und sonstigen Küchengeräten.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschaffenheit des Gebäudes H-straße xx wird ergänzend gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die in der Akte befindlichen Lichtbilder auf Bl. 724-736 d.A., den 3D-Scan (Bl. 1083 d.A.) sowie die der Akte beiliegenden Baupläne (Sonderheft Versicherungsunterlagen u.a., Lasche „Grundrisspläne Imbiss“) Bezug genommen.
Im Küchenbereich des Anwesens befanden sich (zur Tatzeit) Küchengeräte sowie sonstiges Inventar im Neuwert von etwa 19.500,00 EUR, einen Teil der Küchengeräte hatte der Angeklagte vom vormaligen Inhaber des F-imbiss am 21.05.2018 für 7.000,00 EUR gekauft.
Zu Beginn des Mietverhältnisses hatte der Angeklagte F bei der A-Versicherungs-AG eine Inventarversicherung mit einer erstattungsfähigen Höchstsumme von 50.000,00 EUR auf Neuwertbasis abgeschlossen. Bestandteil der Versicherung war darüber hinaus eine Betriebsausfallversicherung, ebenfalls mit einer maximalen Erstattungssumme von 50.000,00 EUR.
Seitens des Hauseigentümers … bestand eine Gebäudeversicherung, ebenfalls bei der A-Versicherungs-AG
1. Zur Finanziellen Situation des Angeklagten F
Neben den o.g. Schulden bei der Zeugin O… und den offenen Leasingraten waren die Einnahmen des Angeklagten F… aus dem Imbissbetrieb seit September 2018 rückläufig. Im August 2018 belief sich die EinnahmeÜberschuss-Rechnung auf 4.700,44 EUR und sank im September 2018 auf 579,90 EUR, im Oktober 2018 auf 940,39 EUR jeweils vor Steuern. Die Auswertung für November 2018 war infolge des Brandes noch nicht abgeschlossen. Zum 30.11.2018 verlor der Angeklagte F seine Nebentätigkeit als LKW-Fahrer. Am 04.07.2018 hat der Angeklagte F eine eidesstattliche Versicherung hinsichtlich seiner Vermögensverhältnisse abgegeben.
2. Fassung des Tatplans
Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt etwa 2 Wochen vor dem 16.11.2018 kamen die Angeklagten überein, die Räumlichkeiten des F-Imbiss in Brand zu stecken. Hierzu sollten dort befindliche Pizzakartons in Brand gesteckt werden und eine Gasflasche, welche üblicherweise zum Betrieb des Döner-Grills bzw. eines Herdes genutzt wird, aufgedreht werden, damit es zu einer Explosion kommt. Damit der Brand nicht zu groß wird, vereinbarten die Angeklagten den Großteil der in den Räumlichkeiten des F-Imbiss befindlichen Gasflaschen auf den zur Wohnung der … F… gehörigen Balkon im Dachgeschoss des Anwesens H-straße xx in K zu transportieren. Zwei Gasflaschen sollten dabei in der Küche verbleiben. Um einen Verdacht von sich abzulenken, kamen die Angeklagten weiter überein, das im Durchgang des Erdgeschosses neben der Metallgittertür befindliche Fenster, welches zu den Räumlichkeiten des F-imbiss führt, einzuschlagen und zu öffnen und hierbei einen Einbruch vorzutäuschen.
Den Angeklagten kam es dabei darauf an, das Inventar des F-Imbiss zu zerstören, um eine Versicherungssumme von 50.000,00 EUR aus der seitens des Angeklagten F abgeschlossenen Inventarversicherung bei der A-Versicherungs-AG zu kassieren. Dabei war nicht näher aufklärbar, ob auch M einen Anteil hieraus erhalten sollte.
Nach der Tat wollten sich beide Angeklagte gegenseitig ein Alibi für die Tatzeit geben.
II. Tatgeschehen vom 16. / 17.11.2018
In Umsetzung des Tatplans transportierten die Angeklagten im Vorfeld, vermutlich am Vormittag des 16.11.2018, insgesamt 7 teils gefüllte, teils leere Gasflaschen vom Erdgeschoss auf den zur Wohnung der … F…r im Dachgeschoss gehörigen Balkon.
Zwischen dem 16.11.2018 um 23:45 Uhr und dem 17.11.2018 um 03:00 Uhr wurde der weitere Tatplan umgesetzt, wobei nicht aufklärbar war, welchem der Angeklagten die einzelnen Tathandlungen zuzuordnen sind. Entsprechend dem gemeinsamen Plan wurde die oben näher beschriebene Fensterscheibe des „F-Imbisses“ eingeschlagen, um einen Einbruch vorzutäuschen.
Einer der Angeklagten oder beide zusammen schoben im Innenraum des Imbissladens die auf einem Rollwagen befindliche Kasse und Pizzakartons in einen Küchendurchgang neben eine dort befindliche Gasflasche und zündeten die Kasse und die Pizzakartons an, um das gesamte Gebäude und das Inventar des Imbisses in Brand zu setzen. Die Angeklagten schraubten den Druckminderer einer in unmittelbarer Nähe der Kasse befindlichen Gasflasche ab und drehten die Gasflasche auf, so dass Propangas aus der Flasche entweichen konnte und entwich.
Im Tatzeitraum befanden sich mehrere Personen in dem Gebäudekomplex. Im ersten Obergeschoss des Gebäudes befanden sich zu diesem Zeitpunkt L… und … W… sowie … B…. Im Erdgeschoss des Gebäudes hielten sich … und … Y… auf. Im zweiten Obergeschoß des Gebäudes hielten sich … F… und … F…, die Mutter des Angeklagten F, … S…, sowie zeitweise beide Angeklagte auf.
Die Kasse verbrannte und verschmorte hierbei vollständig, zu einer Explosion und zu einem Übergreifen des Feuers auf das gesamte Gebäude kam es nicht. Dabei war es allein dem Zufall zu verdanken, dass das aus der geöffneten Flasche ausströmende Gas, etwa 2,5 kg, infolge der Vermischung mit Sauerstoff nicht zur Explosion führte. Es bestand Explosionsgefahr mit der Gefahr einer gesundheitlichen Beeinträchtigung jedenfalls der in der nur durch eine Leichtbauwand vom Imbissgeschäft abgetrennten ErdgeschossWohnung befindlichen … und … Y….
Soweit einer der beiden Angeklagten nicht selbst handelte, billigte er das Handeln des jeweils anderen wie eigenes Tun.
Nach der Brandlegung hielten sich die Angeklagten in der Wohnung der … F… im Dachgeschoss des Anwesens H-straße xx auf und warteten auf eine Brandentdeckung durch andere Bewohner. Infolge eines ausgelösten Rauchmelders in der Wohnung der Familie W… im ersten Obergeschoss des Anwesens alarmierte der Zeuge … W… die Angeklagten sowie die übrigen im Dachgeschoss und im Erdgeschoss befindlichen Personen und forderte den Angeklagten F anschließend auf, die Feuerwehr zu alarmieren.
Im Rahmen eines um 03:13:45 Uhr abgesetzten Notrufs gab der Angeklagte F gegenüber dem Telefonteilnehmer der Notrufzentrale an, sie hätten auch „zwei Gasflaschen drin“.
Die zwischen 03:30 Uhr und 04:00 Uhr eingetroffenen Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr K … H. und … K… löschten den Brand auf dem Rolltisch mit einigen Wasserstößen und transportierten die in den Räumlichkeiten befindlichen beiden Gasflaschen auf den Gehweg vor dem Anwesen. Dort drehte … K… den Hahn der geöffneten Gasflasche ab, da er erst zu diesem Zeitpunkt das ausströmende Gas bemerkte.
III. Folgen der Brandlegung
Bei diesem Vorfall erlitten die Nebenklägerin … B… sowie das Kind …l F… durch die Rauchentwicklung aufgrund des Feuers, wie von den Angeklagten vorhergesehen und zumindest billigend in Kauf genommen, Rauchgasvergiftungen, die ambulant behandelt wurden. Die Nebenklägerin B… litt bis Januar 2019 unter persistierendem Husten und leidet bis heute an einer Posttraumatischen Belastungsstörung.
Durch das Eindringen von Rauch in das erste Obergeschoss des Anwesens H-straße xx und eine damit verbunden Rußentwicklung wurde das Bett und die Bettmatratze sowie eine Jalousie der Nebenklägerin B… irreparabel beschädigt. Durch die Neuanschaffung entstand … B… ein Schaden in Höhe von 574,00 EUR (Polsterbett: 551,51 EUR; Jalousie: 22,49 EUR).
Strafantrag wurde von … B… am 18.01.2019 schriftlich gestellt.
Die Staatsanwaltschaft hat im Übrigen ein besonderes öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung bejaht und ein Einschreiten von Amts wegen für geboten erachtet.
Dem Hauseigentümer … … entstand infolge des Brandes ein Gebäudeschaden in Höhe von insgesamt 30.525,12 EUR, der vollständig von der A-Versicherungs-AG übernommen wurde.
Durch den Brand wurde in den Räumlichkeiten des F-Imbiss darüber hinaus Inventar und Einrichtungsgegenstände im Gesamtneuwert von mindestens 19.500,00 EUR beschädigt
V. Tatgeschehen vom 21.11.2018 / 22.11.2018
Die A-Versicherungs-AG wurde über den Brand im Anwesen H-straße xx erstmals am 17.11.2018 über … informiert, welcher seinerseits vom Zeugen …, seinem Vater, vom Brand erfuhr. Im Rahmen eines Besichtigungstermins vom 21.11.2018 am „F-Imbiss“ schilderte der Angeklagte F als Versicherungsnehmer gegenüber dem Regulierungsbeauftragten der A-Versicherungs-AG … G… bewusst wahrheitswidrig, dass in den Imbiss eingebrochen worden sei und die Täter sein Inventar angezündet hätten. Er forderte die Auszahlung der Versicherungssumme von 50.000,00 EUR, obwohl er wusste dass er aufgrund der gemeinschaftlichen Brandlegung mit dem Angeklagten M entsprechend der Versicherungsbedingungen hierauf keinen Anspruch hatte.
Am 22.11.2018 zeigte der Angeklagte F nochmals schriftlich den Schaden gegenüber der A-Versicherungs-AG an, und stellte den Vorfall erneut bewusst wahrheitswidrig als Einbruchsereignis dar. Der Vorgang wurde bei der A-Versicherungs-AG unter der Schadensnummer … erfasst. In der Folge kam es durch die Versicherung zu einer Teilauszahlung der Versicherungssumme mit einem Vorschussbetrag von 4.000 Euro an den Angeklagten F, der von diesem am 25.02.2019 zurückgezahlt wurde.
Die Firma S., welche ein Sanierungskonzept hinsichtlich der Einrichtungsgegenstände des F-Imbiss erstellt hatte, bezifferte die Schäden auf 22.096,47 EUR netto und erledigte in der Folgezeit erste Notreinigungsmaßnahmen. Seitens der AVersicherung wurde an diese ein anteiliger Betrag in Höhe von 6.449,00 EUR netto direkt ausgezahlt. Der Angeklagte F schloss am 25.06.2019 mit der A-Versicherungs-AG eine Ratenrückzahlungsvereinbarung, wonach er monatlich 50,00 EUR auf die ausgezahlten Beträge zurückerstattet. Bis zum 19.06.2019 zahlte er hierauf insgesamt 100,00 EUR.
D. Beweiswürdigung
I. Keine Verfahrensabsprache
In der Hauptverhandlung hat keine Verständigung zwischen den Verfahrensbeteiligten im Sinne des § 257c StPO stattgefunden. Der festgestellte Sachverhalt beruht auf dem Ergebnis der Beweisaufnahme.
II. Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen beruhen im Wesentlichen auf den Angaben der Angeklagten in der Hauptverhandlung, sowie den Angaben der Jugendgerichtshilfe betreffend den Angeklagten M. Hinsichtlich der finanziellen Verhältnisse des F wird auf die sogleich folgenden Feststellungen zur Sache (s.u. D. IV.) verwiesen.
Die Feststellungen zu der Vorstrafenfreiheit ergeben sich aus den beiden Bundeszentralregisterauskünften vom 07.06.2019, die in der Hauptverhandlung verlesen und von den Angeklagten für zutreffend befunden wurden.
Die Feststellungen zur Haft wurden dem Akteninhalt entnommen und von den Angeklagten als zutreffend anerkannt.
III. Feststellungen zum Tatgeschehen am 16./17.11.2018
Die Feststellungen der Kammer zu dem eigentlichen Tatgeschehen in der Nacht vom 16.11. auf den 17.11.2018 sowie zu den vorangegangenen Geschehnissen beruhen auf den teilgeständigen Einlassungen der Angeklagten zur Tatplanung im Rahmen der Hauptverhandlung.
Die Kammer hat sich nach der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass keiner der beiden Angeklagten vor Beginn der Tatausführung von der Tatplanung Abstand genommen hat. Die wechselseitige Belastung erachtet die Kammer als untaugliche Entlastungsversuche, die in der Beweisaufnahme keine Bestätigung gefunden haben. Vielmehr bestätigte eine Vielzahl von Indizien sowie die Angaben von Zeugen, die allesamt uneidlich vernommen wurden und sonstige Beweismittel die mittäterschaftliche Begehung durch die beiden Angeklagten. Bei den Zeugen, die ihre Aussagen ruhig, besonnen und nachvollziehbar tätigten, war jeweils kein Belastungseifer festzustellen. Ausnahmen hiervon waren insbesondere der Zeuge … und in geringerem Maße … W… und die Nebenklägerin … B…, bei denen erkennbar war, dass diese angesichts der materiellen und immateriellen Schäden der Nebenklägerin ein gewisses Eigeninteresse am Verfahrensausgang – … und … W… sind dabei dem Lager der Nebenklägerin zuzuordnen – hatten. Da insoweit aber insbesondere … W… auch offen von kleineren hausinternen Streitigkeiten mit der Familie F berichtete und seine Abneigung deutlich machte, und die seitens der … B…r im Raum stehenden finanziellen Forderungen sich lediglich im unteren Bereich bewegten, vermochte die Kammer auch die Angaben dieser Zeugen für glaubhaft befinden.
1. Übereinstimmende Angaben der Angeklagten F und M
Sowohl der Angeklagte F als auch der Angeklagte M gaben in der Hauptverhandlung an, gemeinsam eine Brandlegung in dem vom Angeklagten F betriebenen F-imbiss geplant zu haben.
a) Der Angeklagte F gab an, etwa zwei Wochen vor dem Brand von dem Angeklagten M angesprochen worden zu sein, dass es „Sinn machen könne“ das Ladengeschäft anzuzünden, um sodann die Versicherungssumme ausbezahlt zu bekommen. Dabei habe er M auf Nachfrage auch die Höhe der Inventarversicherung mitgeteilt. M habe vorgeschlagen, sich durch Inbrandsetzung des Ladens die Versicherungssumme zu sichern. Er, F, habe das Vorhaben nach anfänglichem Insistieren für gut befunden und es sei ein entsprechender Plan entwickelt worden.
b) Die gemeinsame Tatplanung wird durch die Angaben des Angeklagten M in der Hauptverhandlung bestätigt, lediglich mit der Abweichung, dass die „eigentliche Idee“ vom Angeklagten F stamme. M gab an, der Plan sei ein paar Wochen (etwa 2 bis 3 Wochen) vor dem Brand entstanden. Demnach sollte der Imbiss in Brand gesteckt werden und die Versicherung kassiert werden. Er habe zunächst abgelehnt, sich dann aber bereit erklärt mitzumachen.
c) Übereinstimmend gaben die beiden Angeklagten auch an, dass vor der Tatausführung ein Großteil der Gasflaschen vom Lager in den Räumlichkeiten des F-imbisses im Erdgeschoss des Anwesens auf den zur Wohnung der … F… gehörigen Balkon im Dachgeschoss transportiert wurden, obgleich sie hierfür abweichende Gründe anführten (s.u.) und der Zeitpunkt divergierte. Während M – in seinen Angaben in der Hauptverhandlung – den Transport auf den Vormittag des 16.11.2018 datierte, verortete F dies – im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung vom 13.12.2019, welche durch den Vernehmungsbeamten KHK S in die Hauptverhandlung eingeführt wurde – auf einen längere Zeit vor dem Brand gelegenen Zeitraum.
d) Angesichts dieser übereinstimmend geschilderten Fakten – es gab keinen Grund diese in Zweifel zu ziehen – konnte sich die Kammer bereits die Überzeugung bilden, dass die Angeklagten F und M die Brandlegung im F-imbiss gemeinsam geplant haben und die ersten Vorbereitungshandlungen durch Transport von Gasflaschen vom Lagerraum im Imbiss auf den Balkon im Dachgeschoss des Anwesens bereits gemeinsam durchgeführt hatten.
2. Weiter gehende Angaben des Angeklagten F
a) Angaben in der Hauptverhandlung
Abweichend von der übereinstimmend durch die Angeklagten geschilderte Tatplanung erklärte der Angeklagte F, er habe schon vor Tatbeginn von der Tatausführung Abstand genommen. Die Umsetzung des Planes sei ursprünglich für den Abend des 17.11.2018 vorgesehen gewesen, weil er mit seiner Lebensgefährtin, deren Kinder und seiner Mutter an diesem Tag nicht im Haus gewesen wäre und er so ein gutes Alibi für die Tat gehabt hätte und zudem ein Risiko für seine Familie ausgeschlossen gewesen wäre.
Er habe jedoch vor dem 16.11.2018 bemerkt, dass das Vorhaben unsinnig sei. Die Inbrandsetzung des Ladenlokals stelle ein unkalkulierbares Risiko dar, auch für die anderen Mitbewohner in dem Haus. Zum anderen habe er gemerkt, dass es keinen wirtschaftlichen Vorteil bringe, Geräte abzubrennen, die Versicherungssumme hierfür abzugreifen, um dann von diesem Geld wieder neue Geräte anzuschaffen. Er habe das Geschäft fortführen wollen. Seine finanzielle Situation hätte sich durch den Brand nicht geändert. Ihm sei klar geworden, dass der gemeinsam mit M entwickelte Plan nur Risiken, aber keine Chancen enthalte. Daher habe er zu diesem klar und deutlich gesagt, dass sie das nicht ausführen würden. Er habe sich von dem Vorhaben klar distanziert und die Idee verworfen.
M habe ein eigenes Interesse an der Tatausführung gehabt, da sie darüber gesprochen hätten, dass für den Fall, dass die Versicherungssumme gezahlt werde, er einen Teil des Geldes bekomme. Obwohl er von dem Plan Abstand genommen und M angewiesen habe, den Plan nicht auszuführen, sei es in der Nacht vom 16.11.2018 auf den 17.11.2018 zu dem Brand gekommen. Damit habe er nichts zu tun gehabt. Weder sei der Brand von seinem Willen getragen gewesen, noch habe er überhaupt gewusst, dass M den Brand lege. Dieser sei am Abend des 16.11.2018 in die Wohnung gekommen und habe grinsend gesagt, er habe Feuer in der Gaststätte gelegt. Er, F, sei dann aus der Wohnung in die Gaststätte gerannt und habe gesehen, dass ein paar Pizzakartons gebrannt hätten, der Brand sich jedoch nicht weiter verbreitet habe. Zurück in der Wohnung habe er M zur Rede gestellt, er sei auf diesen „stinksauer“ gewesen und habe ihm mitgeteilt, er könne nicht mehr in seiner Familie bleiben. M habe die Wohnung verlassen und den Brand erneut gelegt. Diesmal habe er die Gasflaschen dazu gestellt, damit das Geschäft tatsächlich Feuer fange. Unklar sei laut F, ob M immer noch beabsichtigt habe, später eine Versicherungssumme für sich zu behalten, oder ob er sich für die klaren Worte von ihm, F, habe rächen wollen.
b) Angaben im Ermittlungsverfahren
aa) Zeugenvernehmung vom 17.11.2018
Der Vernehmungsbeamte KHK H konnte im Rahmen seiner uneidlichen Vernehmung ausführen, dass der Angeklagte bei seiner ersten Vernehmungen als Zeuge, noch in der Brandnacht am 17.11.2018, ordnungsgemäß belehrt, keine eigene Beteiligung an der Tatplanung bzw. Ausführung einräumte und auch keinen Hinweis auf M als Täter gab.
bb) Zeugenvernehmung vom 19.11.2018
Gleiches gilt für seine weitere Vernehmung als Zeuge vom 19.11.2018, über welche der Leiter der Ermittlungen, KHK M, als Vernehmungsperson im Rahmen seiner uneidlichen Zeugenaussage angab, F habe seine finanzielle Situation eher beschönigend dargestellt. F habe geschildert, der Imbissladen laufe ganz gut. Hinsichtlich der Gasflaschen habe F widersprüchliche Angaben dahingehend getätigt, dass diese bei Verlassen des Ladens immer geöffnet gewesen seien, obgleich der Koch, der Zeuge C…, ihm – M – Gegenteiliges schilderte.
cc) Beschuldigtenvernehmungen vom 13.12.2018
(1) Im Rahmen der durch Vernehmung des Polizeibeamten KHK M in die Hauptverhandlung eingeführten ersten Beschuldigtenvernehmung vom 13.12.2018 bestritt F erneut jegliche Tatbeteiligung. Gegenüber KHK M gab er an, er habe nach Ladenschluss den Koch, den Zeugen C.i, zunächst nach Hause gefahren und diesem den Schlüssel abgenommen. Wegen der Einladung zu einer Hochzeit sollte der Imbiss am Samstag geschlossen bleiben. Hinsichtlich der Tochter der … F… erklärte er, abweichend zu seiner vormaligen Vernehmung als Zeuge, diese habe sich am Freitagabend in Nürnberg befunden. Er habe zwischen 00:00 Uhr und 03:00 Uhr das Haus zum Zigarettenholen verlassen, der Automat habe jedoch keine Scheine angenommen, Münzgeld habe er keines dabei gehabt. Auch seinen Ausweis habe er nicht dabei gehabt. Später habe der Nachbar W. unten geklingelt und habe gesagt, „deine Bude brennt“.
Er, F., sei dann erst selbst runter gegangen, dann …, dann habe er … geholt, später seine Mutter. Der Nachbar W… habe ihn auf das kaputte Fenster aufmerksam gemacht. Es stimme jedoch nicht, dass er diesem gegenüber gesagt habe, erst vor einer Viertelstunde im Laden gewesen zu sein. Er habe Angst gehabt reinzugehen, weil etwas explodieren könne. Er habe den Imbiss aufgesperrt, als die Polizei gekommen sei, hierzu habe er den Schlüssel geholt. Hinsichtlich der Gasflaschen habe F erklärt, diese seien schon seit längerem hochgebracht worden, unten sei es zu gefährlich. Es habe ein Gespräch mit dem Lieferanten hierzu gegeben, seitdem stünden die Flaschen oben. Er sei auch von der Lebensmittelkontrolle aufgefordert worden, die Gasflaschen woanders zu lagern. Es stimme auch nicht, dass die Flaschen immer abgedreht würden.
Er, F, habe weiter von 50.000,00 EUR privaten Schulden bei einer „Freundin aus der Schweiz“ berichtet, worauf er 300-500 EUR im Monat abbezahle, er denke bislang 1.000,00 EUR zurückgezahlt zu haben. Es bleibe finanziell beim F-Imbiss schon etwas übrig, was auch die Steuerberaterin bestätigen könne. Er bestritt, um 01:44 Uhr ein Telefonat mit seinem Mobiltelefon geführt zu haben.
(2) Hinsichtlich der zweiten Vernehmung vom 13.12.2018, die nach Unterbrechung geführt wurde, berichtete KHK M, der Angeklagte F habe seine Aussage, konfrontiert mit den zwischenzeitlich erfolgten Angaben des Angeklagten M, welcher seinerseits F belastete, nicht korrigiert. M lüge, den Grund hierfür wisse er nicht. Er könne einzig wegen seiner Schuldensituation nicht als Verdächtiger dargestellt werden.
dd) informatorische Angaben vom 14.12.2018
Der uneidlich vernommene Zeuge KHK E erklärte, im Vorfeld der ermittlungsrichterlichen Vernehmung am 14.12.2018 habe F über seinen Verteidiger informatorisch mitgeteilt, er werde beim Ermittlungsrichter angeben, F habe von den Plänen des M gewusst, den Imbiss in Brand stecken zu wollen. Er habe ihm gesagt, er solle das nicht machen und habe den Plan nicht ernst genommen. Die Umsetzung des Plans in die Tat habe er dann erst durch das Feuer mitbekommen. Entsprechendes habe der Angeklagte F auch schon vor Eintreffen seines Verteidigers angedeutet.
ee) Ermittlungsrichterliche Vernehmung vom 14.12.2018
Vor dem Ermittlungsrichter am 14.12.2018 machte der Angeklagte sodann keine weiteren Angaben.
ff) Schriftliche Einlassung vom 18.03.2019
Am 18.03.2019 gab der Angeklagte F über seinen Verteidiger eine schriftliche Einlassung ab, welche inhaltlich identisch mit der im Rahmen der Hauptverhandlung abgegebenen ist.
c) Würdigung der Angaben des Angeklagten F
Angesichts des seitens des Angeklagten F an den Tag gelegten zögerlichen Aussageverhaltens was die Brandlegung in der Nacht vom 16.11.2018 auf den 17.11.2018 betrifft, kam die Kammer zum Schluss, dass die Schilderung des Angeklagten in der Hauptverhandlung von massiven Entlastungstendenzen gekennzeichnet war. Insbesondere ist eine Belastung des M zu einem relativ späten Zeitpunkt im Ermittlungsverfahren nicht nachvollziehbar, wenn er diesen – seinen Angaben zufolge – schon am Tattag aus der Familie verstoßen haben will. Eine Abstandnahme von der eingeräumten Tatplanung im Vorfeld der Tatausführung erachtet die Kammer angesichts dessen für unglaubhaft. Im Übrigen – hinsichtlich des Vorwurfs des Betrugs – äußerte sich der Angeklagte nicht.
3. Weiter gehende Angaben des Angeklagten M
a) Angaben in der Hauptverhandlung
Der Angeklagte M erklärte darüber hinaus, am Vormittag des 16.11.2018 habe er mit F „wegen des Plans“ die Gasflaschen (mit Ausnahme von 2 Stück), die normalerweise im Imbiss im Erdgeschoss gelagert werden, nach oben auf den Balkon getragen zu haben. Die Idee stamme von F, der gesagt habe, es wäre besser wenn die Gasflaschen oben bleiben, sonst wäre der Brand sehr groß gewesen. Es sollte auch ein Fenster im Imbiss eingeschlagen werden, um den Eindruck zu erwecken, dass eingebrochen wurde. Es sei dabei auch darüber gesprochen worden, dass Gasflaschen aufgedreht werden, wovon er ihn noch habe abhalten wollen. Auch … F… sei in den Plan eingeweiht gewesen. Mit Ausnahme des Aufdrehens der Gasflasche sei sie mit dem Plan einverstanden gewesen. Nach der Inbrandsetzung sei geplant gewesen, dass einer der Nachbarn den Brand entdecken und die Hausbewohner alarmieren sollte. Nach dem Transport der Gasflaschen habe es einen ganz normalen Betrieb gegeben, F habe dann den Koch nach Hause gefahren, er habe alles sauber gemacht, abgeschlossen und sei nach oben in die Wohnung der … F…. Der Angeklagte F sei schon oben gewesen. Später sei F nach unten in den Imbiss gegangen und habe den Plan in die Tat umgesetzt. Er selbst sei nicht mehr unten gewesen. Er habe auch gewusst, was F unten mache und nicht mehr weiter nachgefragt. 20 Minuten später sei F erneut für 2 bis 3 Minuten nach unten gegangen, da ihm beim ersten Mal die Brandlegung nicht gelungen sei. Sie seien dann bereit gewesen, um bei einer Alarmierung durch Nachbarn gleich aus dem Haus zu gehen. Kurz nachdem F zum zweiten Mal nach oben gekommen sei, hätten die Nachbarn sie alarmiert.
Anders als der Angeklagte F erklärte M, es sei über eine Aufteilung der Versicherungssumme nicht gesprochen worden, er hätte hiervon nichts erhalten sollen. Seine Hochzeit habe damit überhaupt nichts zu tun. Er habe auch gewusst, dass F unter Geldmangel leide, dieser habe ca. 50.000,00 EUR Schulden.
Von einer Kontaktaufnahme des F zur Versicherung habe er nichts mitbekommen, er habe auch nichts ge- oder unterschrieben.
Er habe sich mit F abgesprochen, bei der Polizei zu sagen, sie wüssten nichts von dem Feuer und hätten damit nichts zu tun.
b) Angaben im Ermittlungsverfahren
aa) Zeugenvernehmung vom 19.11.2018
In der ersten Zeugenvernehmung vom 19.11.2018, die wegen Verständigungsproblemen abgebrochen wurde, ein Dolmetscher war zu diesem Zeitpunkt noch nicht hinzugezogen worden, machte der Angeklagte M nur knappe Angaben. Er habe in der Brandnacht im Imbiss gearbeitet, sei dann nach oben und habe mit F You-Tube-Videos geschaut. Der Mann der unten wohne, habe gerufen, dass ein Feuer sei. Dann seien sie auf die Straße runtergegangen. Der Koch, der auch im Imbiss gearbeitet habe, sei von F nach Hause gefahren worden. Es gebe zwei Schlüssel, neben F habe einen der Koch ….
bb) Zeugenvernehmung vom 13.12.2018
Die Vernehmung vom 13.12.2018, welche mit M zunächst als Zeuge geführt wurde, ist über die Einvernahme des Vernehmungsbeamten KHK S sowie durch Vorhalt an den Angeklagten M in die Hauptverhandlung eingeführt worden.
Gegenüber dem Polizeibeamten gab M – als Zeuge vernommen – an, er habe zwei bis drei Wochen vor dem Brand im Imbiss mitgeholfen und bei F in der Wohnung über dem Imbiss geschlafen. Der Döner-Grill und der Herd würden mit Gas betrieben, die Flaschen hätten der Koch … oder er selbst mit der Zange angeschlossen. Zunächst erklärte er, teils hätten sich acht bis neun Flaschen im Imbiss befunden. Zwei Gasflaschen seien immer unten, der Rest aus Sicherheitsgründen im Wechsel oben auf dem Balkon. Auf spätere nochmalige Nachfrage durch den Ermittlungsbeamten gab M dann an, dass dies so nicht stimme. Die Gasflaschen wären erst ein bis zwei Tage vor dem Brand von … und … nach oben gebracht worden, damit es nicht so gefährlich werde, wenn es brenne.
Die Kasse werde nie abgesperrt, der Schlüssel stecke. Er habe von 11:00 Uhr bis 23:30 Uhr gearbeitet, aus Respekt jedoch keinen Lohn genommen. Am 16.11.2018 sei gegen 23:00/23:30 Uhr Schluss gewesen, F habe … nach Ku… gefahren, gemeinsam hätten sie abgeschlossen, seien nach oben und hätten das Geld mitgenommen. Zunächst erklärte M, am Samstag hätte normaler Betrieb sein sollen, man habe alles für Samstag fertig gemacht. Auf Vorhalt, es hätte doch eine Hochzeit stattfinden sollen, korrigierte M seine Aussage dahingehend, dass der Laden am Samstag zugemacht werden sollte.
Er habe geduscht, gegessen und Fernsehen geschaut. Es sei keiner mehr aus der Wohnung gegangen. Dann habe der Nachbar geklingelt und gesagt, es brenne. Sie seien dann zusammen runter, … F… habe die Kinder gleich mitgenommen, F habe die Feuerwehr gerufen, er selbst habe oben noch Fs Mutter geholt. Er habe Gasgeruch in der Nase gehabt. Das Fenster sei kaputt gewesen, was jedem gleich aufgefallen sei. Die Kinder hätten geweint, … F… habe ihn gebeten mit ihnen zur Oma nach E… zu fahren. Er sei mit dem Mitsubishi gefahren. F habe später angerufen, sie sollten zurückkommen. Er sei dann mit …, den Kindern, der Oma und … zurückgefahren. Auf Nachfrage korrigierte er die Aussage dahingehend, dass nur der Sohn der … F… dabei gewesen sei. F habe dann seinen Bruder M… F angerufen, der sei sofort zum Helfen gekommen.
Der Imbiss des F laufe gut, die Tageseinnahmen haben sich auf 300,00 bis 500,00 EUR belaufen.
cc) Beschuldigtenvernehmung vom 13.12.2018
Nach Fortführung der Vernehmung als Beschuldigtenvernehmung gab M, ordnungsgemäß belehrt, gegenüber dem Vernehmungsbeamten KHK S an, F habe etwas geplant, er habe ihn abhalten wollen, habe nicht mit hineingezogen werden wollen. F habe dann damit aufgehört, später aber wegen Geldsorgen wieder damit angefangen. F habe am Vorabend die Tochter der … F… zu deren Mutter gebracht. Dann hätten Fund … F… die Planung gemacht, hätten vor ihm geredet, ihn von unten geholt und in die Sache eingeweiht. Das sei abends am 16.11.2018 zwischen 20:00 Uhr und 21:00 Uhr gewesen. M habe gesagt, mit 22 kg Gas bringe er alle um, F sei sich aber sicher gewesen, er habe ihn nicht davon abhalten können. F habe gewollt, dass es in dem Imbiss brenne, er sei sich sicher gewesen, dass mit dem Gas nichts passiere. Er habe nur einen kleinen Brand mit Pizzaschachteln und Gefriertruhen gewollt und habe das Gas aufdrehen wollen. … F… habe davon abgeraten. F habe die Tat dann wie geplant ausgeführt. Nachdem dieser den Koch heimgefahren habe, sei er nochmals vorbei gekommen, zusammen hätten sie den Laden abgeschlossen. Er sei dann nach oben zum Duschen, F sei runter und „habe es getan“. Um ca. 00:30 Uhr sei er wieder hoch gekommen und habe gesagt: „Ich hab´s erledigt!“. M habe aus Angst vor der Explosion weg gewollt, F und … F… hätten ihn aber überredet zu bleiben. Dass F das Gas genutzt habe, habe er von der Feuerwehr erfahren, da die Rede von einer Explosionsgefahr gewesen sei. F habe dies gemacht, weil er Geld von der Versicherung wollte. Wegen des Familienzusammenhalts habe er keine Hilfe geholt. F sei noch einmal runter, um zu schauen, wie weit das Feuer sei, er habe dann gesagt, der Plan sei nicht aufgegangen. Es habe nach einem Einbruch aussehen sollen, F habe die Beschädigung eines Fensters geplant. Auch … F… habe große Angst gehabt, den … F… aber auch nicht gestoppt. Von einem Telefonat des Angeklagten F und … F… wisse er nichts. Sonst habe keiner von der Tat gewusst, das Geheimnis sollte „bis ins Grab“ genommen werden. Die Gasflaschen seien normalerweise unten, am Mittwoch / Donnerstag seien sie von … und … F… nach oben gebracht worden, weil es unten wegen des Plans zu gefährlich gewesen sei.
dd) Ermittlungsrichterliche Vernehmung vom 14.12.2018
In der ermittlungsrichterlichen Vernehmung, die durch die Angaben des Ermittlungsrichter RiAG F… in die Verhandlung eingeführt wurde, bestritt M, an der Brandstiftung des F beteiligt gewesen zu sein. Er habe während der Tatausführung im ersten Stock geduscht, was er nicht getan hätte, wenn er eine Gasexplosion erwartet hätte. Die auf den Gasflaschen befindlichen Fingerabdrücke habe M damit erklärt, dass er in der Küche auch gearbeitet habe. Er halte seine Angaben bei der Polizei aufrecht, bestreite aber eine Beteiligung.
c) Würdigung der Angaben des Angeklagten M
Die Kammer ist aufgrund ihres in der Hauptverhandlung gewonnen Eindrucks vom Angeklagten nach kritischer und eingehender Prüfung zu der Überzeugung gekommen, dass im Hinblick auf die Tatplanung und den Beginn der Tatausführung (Transport der Gasflaschen auf den Balkon) an der Glaubwürdigkeit des Angeklagten M keine Zweifel bestehen und seine Angaben glaubhaft sind. Die Kammer erachtet auch Ms Angaben zur Tatplanung, die über die mit F übereinstimmenden Angaben im Rahmen der Hauptverhandlung hinausgehen für glaubhaft, d.h. das geplante Aufdrehen einer Gasflasche und das Zerschlagen eines Fensters zum Imbiss zur Vortäuschung des Einbruchs einer dritten Person, auch wenn er hinsichtlich der Personen die die Gasflaschen auf den Balkon im Dachgeschoss transportierten zunächst abweichende Angaben machte. Es ist kein Grund ersichtlich, warum sich M mit den Angaben zur Planung (inklusive der Nutzung einer Gasflasche) zu Unrecht erheblich selbst belasten sollte.
Die Kammer verkennt dabei jedoch nicht, dass die Angaben des M zu den Handlungen in der Tatnacht vom 16./17.11.2018 ebenso wie bei F von massiven Entlastungstendenzen geprägt sind. Eine vollständige Abstandnahme des M von der Tatausführung erachtet die Kammer jedoch nicht für glaubhaft, da anderenfalls nicht erklärbar ist, warum M zunächst dem F ein Alibi für die Tatzeit hätte geben sollen.
d) Zwischenergebnis
Wie bereits oben dargestellt sind die Angaben beider Angeklagten jeweils von klaren Entlastungstendenzen zu Gunsten der eigenen Person geprägt.
Zu Beginn der Ermittlungen lenkte F den Verdacht zunächst auf einen Dritttäter, verstrickte sich hier jedoch, wie der Ermittlungsleiter KHK M im Rahmen seiner uneidlichen Zeugenaussage berichtete, bereits in Widersprüche, etwa die Lagerung der Gasflaschen betreffend. Konfrontiert mit dem Lagerort auf dem Balkon im ersten Dachgeschoss versuchte F diesen zunächst mit einer entsprechenden Empfehlung des Gaslieferanten zu erklären. Die Flaschen dürften nicht alle zusammen gelagert werden, weil es sonst zu gefährlich sei. Auf den Vorhalt in der Beschuldigtenvernehmung, die Flaschen würden oben doch auch alle zusammen lagern, versuchte der Angeklagte F dies damit zu erklären, dass oben kein Feuer sei. Diese würden auch trocken stehen. Er habe keinen anderen Lagerplatz.
Auch in der Beschuldigtenvernehmung vom 13.12.2018 bestritt der Angeklagte F seine eigene Tatbeteiligung, mithin zu einem Zeitpunkt, als er seitens des ermittelnden Beamten KHK M auf seine eigenen widersprüchlichen Angaben bei den vorangegangenen Zeugenvernehmungen hingewiesen wurde und sich außerdem anhand der Spurenlange am Fenster (hierzu sogleich unten) bereits massive Zweifel am Eindringen eines „dritten“ Täters ergeben hatten. Noch in dieser Beschuldigtenvernehmung belastete F den jetzigen Mitangeklagten M nicht, sondern wies jede Beteiligung von sich.
Selbst konfrontiert mit der zwischenzeitlichen Aussage des M, der den Angeklagte F als Alleintäter belastete, bezichtigte er den M lediglich der Lüge, ohne diesen seinerseits als Täter zu benennen.
Erst im Rahmen der späteren schriftlichen Einlassung nach der Inhaftierung änderte F seine Aussage dahingehend, dass tatsächlich ursprünglich eine gemeinschaftliche Brandlegung geplant gewesen sei, er hiervon aber Abstand genommen habe und M den Plan allein ausgeführt habe.
Anhand der Entwicklung der Angaben und des Aussageverhalten des Angeklagten Fr, der auch nach Einschätzung des polizeilichen Sachbearbeiters KHK M, erst nach und nach „mit der Sache rausgerückt“ ist, vermochte die Kammer die eigenen Entlastungstendenzen des Angeklagten F nachzuvollziehen, zumal dieser etwa zum Vorwurf des Betruges keine Angaben getätigt hat (abgesehen von der Mitteilung der Rückzahlung des Vorschusses und der Ratenzahlungsvereinbarung hinsichtlich der Direktzahlungen an das Sanierungsunternehmen).
Während sich die Angeklagten zunächst absprachegemäß ein gegenseitiges Alibi gegeben haben, indem sie angaben, gemeinsam in der Wohnung der … F… gesessen und fern- bzw. You-Tube gesehen zu haben, erklärte der Angeklagte F später im Rahmen der Hauptverhandlung (bzw. der schriftlichen Einlassung) an, er habe den M aus der Familie verstoßen.
Mit einem derartigen Aussageverhalten bzw. einer Aussageentwicklung wäre bei Richtigkeit dieser letztgenannten Angaben (dem Verstoßen aus der Familie) jedoch nicht zu rechnen gewesen, zumal F noch zu einem Zeitpunkt, als er bereits von M belastet wurde, jegliche eigene Beteiligung bzw. Beteiligung des M zurückwies.
Die Kammer ist daher davon überzeugt, dass F sein zuletzt dargestelltes eigenes Verhalten am Tatabend, erst zu einem Zeitpunkt so fasste, als die Täterschaft eines Dritten faktisch auszuschließen war und er selbst dringend durch M verdächtigt wurde.
Die Kammer schließt zudem eine Alleintäterschaft des Angeklagten M aus. Dies ergibt sich zum einen bereits aus der übereinstimmend von den Angeklagten geschilderten „Rollen- und Altersverteilungen“ innerhalb der „Großfamilie“. F wird dabei von M als „Quasi-Onkel“ und Respektsperson angesehen. M war lediglich wenige Wochen zu Besuch und verrichtete geringfügige Tätigkeiten im Imbiss des F, für welche er nach eigenen Angaben aus Respekt gegenüber der Familie kein Geld nahm. Anderes ergab auch das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht. Die Behauptung einer Tatausführung durch M trotz Intervention des F – wie letzterer dies darstellte – wird von der Kammer als fernliegend angesehen.
Umgekehrt gelangte die Kammer zur Überzeugung, dass die Tat nicht allein durch den Angeklagten F begangen wurde. Insoweit räumte der Angeklagte M selbst in der Hauptverhandlung ein, einen Großteil der Gasflaschen mit dem Mitangeklagten F – als Teil des Tatplans – nach oben in die Dachgeschosswohnung transportiert zu haben. Dass der Angeklagte M in der Folgezeit von einer weiteren Tatausführung Abstand genommen hätte, ergaben sich in der Hauptverhandlung keine Anhaltspunkte. Dass vielmehr im weiteren Verlauf alles dem Tatplan folgend ablief, wird dabei insbesondere dadurch belegt, dass M dem Mitangeklagten F im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen zunächst ein Alibi für die Tatzeit gab. Im Übrigen wäre es auch kaum nachvollziehbar, dass sich der Angeklagte M – sofern er sich tatsächlich vom Plan distanziert hätte – ohne Not den erheblichen Gefahren eines Brandes und einer Explosion ausgesetzt hätte.
3. Bestätigung des getroffenen Ergebnisses durch weitere Beweismittel und Indizien
a) Reaktion der Angeklagten auf die Alarmierung durch Nachbarn:
Die Reaktion des Angeklagten F auf das Klingeln durch den Zeugen … W… an der Hausklingel stellt ein gewichtiges Indiz für die Tatbeteiligung des F an der Brandlegung dar. Der Zeuge … W… schilderte glaubhaft und nachvollziehbar, der Angeklagte F sei quasi sofort an der Sprechanlage gewesen. Hieraus vermochte die Kammer zwanglos den Rückschluss ziehen, dass der Angeklagte F entsprechend der Tatplanung nach der Brandlegung auf ein Entdecken des Brandes durch einen Anwohner wartete und schnellstmöglich reagieren wollte, um sich und seine Familie in Sicherheit zu bringen. Anderenfalls ist eine derart auffällige schnelle Antwort über die Haussprechanlage nachts zwischen 03:00 Uhr und 03:30 Uhr nicht erklärbar, selbst am Wochenende, da üblicherweise zu dieser Zeit nicht mit einem Klingeln an der Haustür zu rechnen ist. Gleiches gilt für den Angeklagten M, welcher nach den Angaben des Zeugen … W… ebenfalls schnell ins Erdgeschoss ging.
Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Angaben des Zeugen W… – wie bereits oben ausgeführt – teils von einem gewissen Belastungsinteresse geprägt waren, was die Kammer auf die Nebenklägereigenschaft der Stieftochter des Zeugen, N… B… zurückführt, welche im Hinblick auf den Adhäsionsantrag ein eigenes zumindest wirtschaftliches Interesse am Verfahrensausgang hat. Gleiches gilt für die vom Zeugen berichteten Streitigkeiten wegen Lärmbelästigung und Unstimmigkeiten, weil der Zeuge W… in der Vergangenheit F Vorhaltungen deshalb machte, da dieser – so W… – des Öfteren die Gittertür im Erdgeschoss zur Nachtzeit nicht verschlossen habe. Die Angaben des … W… zum Klingeln und der Reaktion der Angeklagten, insbesondere des F waren jedoch ersichtlich erlebnisbasiert und detailorientiert, so dass die Kammer an der Richtigkeit insofern keine vernünftigen Zweifel hatte.
Dass die Angeklagten ein Abwarten in der Wohnung der … F… und eine Brandentdeckung durch Nachbarn geplant hatten, findet darüber hinaus Bestätigung in den Angaben des Angeklagten M selbst.
b) Verbringen der Gasflaschen auf den Balkon des Dachgeschosses:
Das einvernehmlich von beiden Angeklagten geschilderte Verbringen eines Großteils der Gasflaschen auf den zur Wohnung der … F. im Dachgeschoss des Anwesens befindlichen Balkon stellt nach Dafürhalten der Kammer ein ebenfalls starkes Indiz dafür dar, dass beide Angeklagten genau wussten, wie die Tat ablaufen sollte. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Transport am Vormittag des Tattages oder bereits einige Tage zuvor erfolgte. Die Kammer ist aufgrund der getroffenen Feststellungen in der Hauptverhandlung jedenfalls davon überzeugt davon, dass das Verbringen der Gasflaschen aus dem Lager im Imbiss einzig dazu dienen sollte, dass eine etwaige Gasexplosion nicht ein zu großes Ausmaß erreicht und dass der Abtransport zumindest im nahen zeitlichen Zusammenhang mit der Tatausführung stand.
Aufgrund der Angaben der Zeugin T…, die als Lebensmittelkontrolleurin beim Landratsamt F… tätig ist und die Räumlichkeiten des F-Imbiss zweimal zeitnah vor der Tat inspizierte, ergaben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Transport der Gasflaschen nach oben mit einer entsprechenden behördlichen Weisung – wie der Angeklagte F in den Raum stellte – zusammenhing. Derartiges sei laut der Zeugin T. nie angeordnet worden, hierfür sei sie zudem überhaupt nicht zuständig. Gasflaschen seien nie ein Thema gewesen, alles was beanstandet werde, komme in ihren Bericht, der eben keinen Hinweis auf Gasflaschen enthalte.
Das entsprechende Vorbringen des Angeklagten F in seiner Vernehmung diente daher zur Überzeugung der Kammer lediglich dazu, den Tatverdacht von seiner Person abzulenken.
c) Handyauswertung
Anhand der in der Hauptverhandlung verlesenen, teils durch den Dolmetscher Y übersetzten, Whats-App Chatverläufe zwischen dem Angeklagten F und M ergaben sich darüber hinaus keine Anhaltspunkte dafür, dass F M aus der Familie verstoßen hätte (wie er in seiner Einlassung angab). Vielmehr verabredeten sich beide noch nach der Tat zu einem Treffen. So schrieb M am 30.11.2018 an F, wann er morgen vorbeikomme und ob er ihn nicht morgen abholen komme, damit er ihm helfen könne.
Der umfangreiche Chat-Verlauf zwischen beiden Angeklagten ist nach Überzeugung der Kammer zwanglos dahingehend zu verstehen, dass ein Zerwürfnis zwischen diesen gerade nicht stattgefunden hat. Anderenfalls wäre ein anderes Verhalten, als die Vereinbarung von Treffen, das Angebot von Mithilfe u.ä. zu erwarten gewesen, nämlich ein Kontaktabbruch oder eine etwaige Abreise des M. Nach Dafürhalten der Kammer hat der Angeklagte F diesbezüglich die Unwahrheit berichtet. Dies stellt wiederum ein deutliches Indiz dafür dar, dass er sich entgegen seiner in der Hauptverhandlung getätigten Angaben nicht von der Tatausführung distanzierte.
d) Auswertung der TKÜ-Maßnahmen
Gleiches gilt für die Auswertung der TKÜ-Maßnahmen, die ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür ergaben, dass es zu einem Zerwürfnis zwischen den beiden Angeklagten gekommen wäre. Der Polizeibeamte KHK M schilderte zudem, dass in Telefongesprächen deutlich die finanziellen Probleme des Angeklagten F thematisiert wurden (siehe hierzu sogleich unten).
e) Eindringen in die Räumlichkeit / Ausschluss eines „dritten“ Täters
Die Spurenlage an dem im Erdgeschoss des Anwesens H-straße xx befindlichen Fenster, welches sich zwischen Flur und Imbiss befindet, erbrachte keine Hinweise darauf, dass ein dritter Täter durch das Fenster in den Bereich des Imbissladens eingestiegen ist. Der mit der Spurensicherung vor Ort betraute Zeuge KHK P berichtete, es seien keine Spuren von Händen bzw. Schuhen gefunden worden, die normalerweise hinterlassen werden, wenn man durch ein Fenster einsteige. Hierzu habe man den Bereich des Fensters im Schräglicht mit einer Taschenlampe ausgeleuchtet. Es seien am Fensterrahmen Spurensicherungen vorgenommen worden. Zur Sicherung von DNA-Spuren seien Abklebungen vorgenommen worden. Außerdem sei im Fensterbereich eine kleine Faserspur festgestellt worden. Die Untersuchung beider Spuren erbrachten, keine weiteren Erkenntnisse. Der Sachverständige Dr. H vom Bayerischen LKA berichtete bei der Faser sei kein Rückschluss auf ein bestimmtes Kleidungsstück möglich gewesen, es liege eher eine Kontamination vor. Die Sachverständige Dipl.-Biol. S berichtete hinsichtlich der DNA an Fenstergriff und Lochrand der Fensterscheibe sowie am Fensterrahmen) seien deutlich abgrenzbare Spurenhauptkomponenten nicht detektierbar gewesen.
Letztlich ergaben sich aus diesen Spuren keine eindeutigen Hinweise darauf, dass jemand überhaupt über das Fenster eingestiegen sei, da insoweit keine Spuren hinterlassen worden seien. Dies wird durch die Untersuchungen des Sachverständigen Dr. H bestätigt, der ausführte, er folgere anhand der Spurenlage, dass durch das Loch in der Scheibe nicht durchgegriffen worden sei.
Anhand der Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. E vom Bayerischen LKA zur Bruchbeschädigung an der Scheibe ergibt sich nichts anderes. Dieser schilderte Kratzspuren, die typisch für einen Rädchenglasschneider seien. Das Schadensbild deute auf ein Einschlagen bzw. Einwerfen hin, ohne dass das hierzu verwendete Werkzeug konkreter eingegrenzt werden könne. Das Einwerfen könne er damit erklären, dass bei einem Einritzen mit einem Glasschneider auf der einen Seite, zum Heraustrennen der Scheiben Druck von der anderen Seite hätte erfolgen müssen.
Die Kammer schließt aufgrund der Angaben des Polizeibeamten KHK P sowie der beiden Sachverständigen ein Eindringen eines dritten Täters vollständig aus – dies lag auch nach den Angaben der beiden Angeklagten ohnehin fern. Letztendlich decken sich aber die Erkenntnisse aus der Spurensicherung mit den Angaben des Angeklagten M, es sei geplant gewesen, einen Einbruch vorzutäuschen, um den Verdacht auf einen Dritten zu lenken.
Zu berücksichtigen war weiterhin, dass die Tür zum Imbiss beim Eintreffen der Einsatzkräfte verschlossen war und erst durch F aufgesperrt wurde, wie dieser selbst angab. Im Zusammenhang mit der Spurenlage am Fenster ergibt sich somit zwanglos der Rückschluss, dass der Täter mit einem Schlüssel in die Räumlichkeiten des Imbiss gelangt ist. F gab an, dem Koch dessen Schlüssel am Freitag Abend abgenommen zu haben. Für eine Beteiligung des Brötchenlieferanten, der ebenfalls einen Schlüssel zum Imbiss hatte, haben sich weder im Ermittlungsverfahren noch in der Hauptverhandlung auch nur ansatzweise Anhaltspunkte ergeben. Auch aus diesem Grund schließt die Kammer die Tatausführung durch einen dritten Täter aus.
Der Angeklagte M hatte ebenfalls keinen Schlüssel, sondern hätte diesen allenfalls leihweise von … F… oder dem Angeklagten F erhalten können.
Die Einlassung des Angeklagten F, er habe von einem erstem Brand mitbekommen, diesen gelöscht, M sei dann nochmal runter und habe den Brand erneut gelegt ist auch deshalb widerlegt, da M ohne einen Schlüssel nicht in die Imbissräume gelangen hätte können. Wenn es tatsächlich ein Zerwürfnis zwischen beiden Angeklagten gegeben hätte, wie F schilderte, wäre es naheliegend gewesen, M keinen Schlüssel zu geben, um in den Imbiss zu gelangen oder diesen – sofern er einen hatte – sofort einzufordern.
Die Spurenlage vor Ort indiziert vielmehr eine gemeinsame Tatausführung durch die beiden Angeklagten.
f) Verhalten des F gegenüber dem Sachbearbeiter der A-Versicherung G…
Die Angaben des Zeugen Ga…, welcher mit der Schadensabwicklung seitens der A Versicherungs-AG betraut war, belasten den Angeklagten F erheblich. G… schilderte in der Hauptverhandlung, F habe bereits im Rahmen der Besichtigung vor Ort am 21.11.2018 vehement die Auszahlung der Versicherungssumme von 50.000,00 EUR verlangt. Es sei eine der wenigen Fragen des F gewesen, wann er denn die 50.000,00 EUR nun erhalte. Der Zeuge G. erachtete diese Nachfrage für ungewöhnlich, da die wenigsten Versicherungsnehmer wüssten, wie der genaue Versicherungsumfang sei. Die meisten Kunden würden vielmehr wünschen, dass möglichst schnell etwas gemacht werde. Er habe F dann auf eine vorrangige Reinigung verwiesen und eine Auszahlung abgelehnt. Eine Bereicherung des F schloss er nicht aus. Dies ergibt sich auch aus dem in der Hauptverhandlung verlesenen Besichtigungsbericht vom 21.11.2018. Er, G…, habe wegen der direkten Forderung von 50.000,00 EUR nochmals näher über den Vorgang nachgedacht und einen internen Ermittlungsauftrag vergeben. Er habe das Gefühl gehabt, F kenne sich mit den Modalitäten der Versicherung aus, da er gleich eine Summe genannt habe, andererseits habe er hinsichtlich des ebenfalls versicherten Ertragsausfalls offenbar keine Kenntnisse gehabt, das habe er erst angesprochen.
Der seitens der A Versicherungs-AG mit internen Ermittlungen betraute Zeuge … K. konnte – anders als der Zeuge G… – von keinen weiteren Erkenntnissen berichten, die eine Tatausführung durch den Angeklagten F nahelegen. Ihm kam lediglich „komisch“ vor, dass das vor dem Flur im Erdgeschoss des Anwesens H-straße xx befindliche Eisengittertor nach den Angaben des F, welchen er hierauf angesprochen habe, wegen der Kinder geöffnet sei, vor allem nachts.
Die durch den Zeugen G2. geschilderte prompte Forderung der vollen Versicherungssumme stellt ein deutliches Indiz für eine Täterschaft des F dar. Die Kammer ist aufgrund dieser Feststellungen davon überzeugt, dass es das klare Ziel des F war, durch die Brandlegung an die volle Neuwertversicherungssumme zu gelangen. Dies wird durch seine Einlassung, er hätte hierdurch keinen wirtschaftlichen Vorteil erlangen können nicht widerlegt, da der Zeuge G… nachvollziehbar und glaubhaft schilderte, dass F erst im Rahmen der mit ihm geführten Besichtigung von einem Vorrang von Reinigungsmaßnahmen erfahren habe.
g) Betriebswirtschaftliche Auswertung / finanzielle Situation des F Aus der im Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingebrachten betriebswirtschaftlichen Auswertung des F-Imbiss für die Monate August, September, Oktober und November (hier nur bis zum 16.11.2018) ergibt sich zwar nur ein geringer Erkenntnisgewinn, da der Monat November nicht abgeschlossen war und die Personalkosten für den Koch teils verspätet gebucht wurden. Allerdings belegt die Auswertung, dass nach anfänglichen ordentlichen Einnahmen nach Geschäftseröffnung im August 2018 eine sinkende Tendenz der Einnahmen und des damit einhergehenden Gewinns eintrat. Im Zusammenhang mit der Schuldensituation des F (siehe hierzu sogleich unten) ergibt sich hieraus jedenfalls ein Motiv des Angeklagten F, aus einem vorgetäuschten Versicherungsfall einen finanziellen Vorteil zu ziehen.
h) Telefonat M – R…
Eine Täterschaft des M wird auch aufgrund des im Rahmen der Telekommunikationsüberwachung festgestellten und durch Vernehmung des Ermittlungsbeamten KHK M in die Hauptverhandlung eingeführten Telefonats vom 13.12.2018, 12:31 Uhr zwischen dem Angeklagten M und der Zeugin … indiziert. Im Rahmen des Telefonats erklärte R… dem M, er solle gegenüber der Polizei schildern, er sei in Deutschland, weil er der R…, der es nicht gut gehe und keinen Mann habe, helfen wolle. Im Rahmen der Vernehmung vom 13.12.2018 stritt M dann auch ab, wegen der geplanten Hochzeit der … R. in Deutschland gewesen zu sein. Anhand dessen ergibt sich für die Kammer ein Indiz dafür, dass M entweder bewusst seine bevorstehende Hochzeit verschweigen wollte, um ein Tatmotiv (benötigtes Geld für die anstehende Hochzeit) zu verheimlichen oder dass mit diesen Angaben die tatsächliche Verbindung zwischen ihm und dem Angeklagten F (Mithilfe im Imbiss) verdeckt werden sollte.
i) Zwischenergebnis:
Diese Vielzahl von Indizien bestätigten in ihrer Gesamtschau zur Überzeugung der Kammer, dass die beiden Angeklagten F und M von ihrer eingeräumten gemeinsamen Tatplanung jeweils nicht Abstand genommen haben, sondern die Tat wie geplant gemeinsam ausführten. Insbesondere aus den Angaben des Zeugen G… zur prompten Forderung der Versicherungssumme durch den Angeklagten F, der Verbringung der Gasflaschen auf den Balkon im Dachgeschoss sowie der Spurenlage vor Ort schließt die Kammer auf eine gemeinsame Tatausführung durch beide Angeklagten.
4. Keine weiteren Erkenntnisse aus der Auswertung der Funkzellen und Standortdaten Aufgrund der Auswertung der Standortdaten des Mobiltelefons des Angeklagten F ergab sich, dass sich dieses während des gesamten Tatzeitraums im Bereich des Anwesens Hstraße xx in K befand, wie der leitende Ermittler KHK M im Rahmen seiner Zeugenaussage berichtete.
Aufgrund der vom Zeugen KHK M ebenfalls erläuterten Funkzellenauswertung, welche ergab, dass das Mobiltelefon des F im Tatzeitraum teils bei keinem der drei Funkmasten eingeloggt war, welche den Standort K versorgen, konnte die Kammer keine Feststellungen treffen, die zu Lasten des Angeklagten F berücksichtigt werden können, da nicht unwiderlegbar ausgeschlossen werden kann, dass das Mobiltelefon des Angeklagten F von einer anderen Funkzelle außerhalb von K versorgt wurde, welche ein stärkeres Signal sendete.
5. Keine weiteren Erkenntnisse aufgrund sonstiger Beweismittel
a) DNA-Gutachten
Die durch die Sachverständige Dipl.-Biol. S im Rahmen der Hauptverhandlung erläuterten DNA-Gutachten erbrachten keinen weiteren Erkenntnisgewinn bezüglich der Zuordnung konkreter Tathandlungen zur Person des Angeklagten M. Diese berichtete zwar, dass an dem Ventil der aufgedrehten Gasflasche (Polizeispur 0.5), die durch die Feuerwehr nach außen transportiert wurde, am Druckminderer (Polizeispur 0.7) und am Stecker am Rollwagen (Polizeispur 0.9) eine DNA-Spur von M als Mitverursacher festgestellt wurde. Dies ist jedoch insofern nicht aussagekräftig, als M sich im F-imbiss zumindest aufgehalten hat und nicht auszuschließen ist, dass er Gasflaschen im Rahmen seiner Aushilfstätigkeit berechtigt berührte, obgleich der Zeuge C., der sichtlich zu Gunsten des Angeklagten F aussagte, angab, einzig er habe die Gasflaschen auf- und abgedreht. Jedenfalls wird auch durch die Angaben des Zeugen C. nicht ausgeschlossen, dass eine berechtigte Berührung durch M im Rahmen von Reinigungsarbeiten o.ä. erfolgte.
Umgekehrt entlasten die Feststellungen der Sachverständigen S, wonach am Drehventil der Gasflasche, Druckminderer und Stecker am Rollwagen keine signifikanten DNA-Mengen des Angeklagten F gefunden wurden, diesen nicht. Zum einen führt nach den Angaben der Sachverständigen nicht jede Berührung mit den bloßen Händen zu einer DNA-Anhaftung, im Übrigen könne sie natürlich auch keine DNA-Anhaftungen feststellen, wenn bei der Tatausführung seitens des Täters Handschuhe getragen worden wären.
b) Auswertung Computer und Navigationsgerät F
KHK M berichtete weiterhin, dass die Auswertung des im Rahmen der Durchsuchung bei F sichergestellten Computers ebenso wie die Auswertung des in seinem Fahrzeug aufgefundenen Navigationsgeräts keine weiteren Erkenntnisse erbrachte.
c) Kleidung der Angeklagten in der Tatnacht
Aus der Kleidung (Schlafanzug oder Straßenkleidung), welche die beiden Angeklagten nach Alarmierung durch den Zeugen W. bis zum Eintreffen der Rettungskräfte nachts vor dem Anwesen H-straße trugen, haben sich ebenfalls keine weiteren Erkenntnisse ergeben. Anhand der Zeugenaussagen konnte seitens der Kammer die getragene Kleidung nicht sicher rekonstruiert werden, da diese stark divergierten und sogar die Polizeibeamten, welche für den Erstzugriff vor Ort zuständig waren, teils keine genauen Erinnerungen hatten.
Der Zeuge … W… sprach hinsichtlich F von verwaschenen Jeans, grünem Parka und einer Jacke. … W. schilderte insbesondere … F… als „top angezogen“, mit Jeans-Hose, Rock, Kopftuch und Jacke, „als ob man schon darauf gewartet hätte, dass es losgeht“. F habe Jeans-Hose und vielleicht eine Jacke getragen, bei M könne sie sich nicht erinnern, ob es eine Jeans oder Jogginghose gewesen sei. Sie habe keinen Schlafanzug gesehen. … B… konnte sich bei F und M nicht mehr an die Kleidung erinnern. Der Zeuge … Y… beschrieb demgegenüber, F habe ein schwarzes Unterhemd und eine Schlafanzughose, jedoch keine Jacke angehabt. Auch … Y… sprach von einem Schlafanzug.
Der Polizeibeamte KHK H (KPI Bamberg), der die ersten Spuren in der Tatnacht aufnahm, konnte sich an die Kleidung von F nicht erinnern. Fotos von diesem seien nicht gemacht worden. Gleiches gilt für die Beamten, die den Erstzugriff durchführten. Der Polizeibeamte PHM Ha (PI E-stadt) konnte sich bei F lediglich an eine Warnweste erinnern und konnte nicht angeben, ob er M überhaupt gesehen habe. PHK M (PI E-stadt) erklärte, F habe wahrscheinlich eine Jeanshose getragen. Der Polizeibeamte G konnte sich an die Kleidung der Angeklagten nicht erinnern, er konnte auch nicht sicher sagen, ob F eine Warnweste getragen habe.
d) Verhalten der Angeklagten in der Tatnacht
Auch zum Verhalten der Angeklagten in der Tatnacht vor dem Anwesen liegen widersprüchliche Angaben der Zeugen vor. Ein eindeutiges Bild ergab sich hieraus nicht.
Der Zeuge … W… schilderte den Angeklagten F in der Tatnacht als völlig ruhig und teilnahmslos (Eindruck „es ging ihm am Arsch vorbei“). Mehrmals habe er ihn auffordern müssen, die Feuerwehr zu verständigen. … W… schilderte als Zeugin vom Hörensagen, ihr Mann habe berichtet, F habe fast kein Interesse gezeigt. … B… konnte dagegen von keinem eigenen Eindruck von den Angeklagten berichten, sie könne nicht sagen, ob F aufgeregt war. Dieser sei nur etwas wütend gewesen, weil er nach dem Brand mit dem Vermieter eine Diskussion gehabt habe.
Nach den Angaben des Zeugen PHK M verhielt sich F gefasst und ruhig, habe nicht aufgeregt gewirkt. PHM Ha beschrieb F dagegen als sehr aufgeregt. KHK H erklärte, F habe sich nicht außergewöhnlich benommen, sondern ganz normal, weder auffällig ruhig, noch unruhig, habe aber schon betroffen gewirkt. Der Polizeibeamte G, berichtete von einem ruhigen und gefassten Eindruck, den er vom Angeklagten F hatte. Lediglich ein Gespräch zwischen den beiden Angeklagten sei auffallend aufgeheizt und nicht entspannt gewesen. Er habe leichte Hektik und Nervosität bei den Angeklagten empfunden. F sei dabei bei weitem nicht so aufgebracht gewesen wie M.
Hinweise, die eine Täterschaft des F und M indizieren, ergaben sich aufgrund dieser Feststellungen letztlich nicht.
e) Jobsuche des Angeklagten F kurz vor Tat:
Soweit der Zeuge KHK M davon berichtete, F habe am 16.11.2018 über sein Mobiltelefon Suchanfragen nach verschiedenen anderen Jobs (H-Versand, Kurierfahrer) getätigt, stuft die Kammer dies als ambivalent ein. Einerseits kann F auf der Suche nach einer neuen Arbeitsstelle gewesen sein, da er seine Tätigkeit als LKW-Fahrer zu verlieren drohte oder er wollte einen neuen Job suchen, weil er schon wusste, dass er in der Nacht den Imbiss anzünden wird. Zwingende Rückschlüsse können hieraus jedenfalls nicht gezogen werden.
f) Aufenthalt der eigenen Angehörigen im Haus bei Brandlegung:
Auch aus der Tatsache, dass sich während der Tat trotz erheblicher Gefahren Angehörige, insbesondere der Sohn der … F… im Dachgeschoss aufhielten, stellt kein maßgebliches Indiz für oder gegen eine Täterschaft der Angeklagten dar. Zum einen befanden sich mit den beiden Angeklagten die Täter selbst im Haus, zum anderen kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte F das Risikopotential einer Gasexplosion unterschätzte, was letztlich auch die Ausführungen des Angeklagten M nahelegen.
g) Angaben der Zeugen Y…
Auch aufgrund der Aussagen der Brüder Y… ergaben sich keine weitergehenden Erkenntnisse oder Indizien, zumal diese erst zu einem relativ späten Zeitpunkt aus dem Anwesen geholt wurden.
6. Zusammenfassende Würdigung
Unter Berücksichtigung der oben dargestellten Angaben der beiden Angeklagten, der Würdigung der geschilderten Zeugenaussagen und umfassender Bewertung der für eine Tatbegehung durch beide Angeklagten sprechenden Indizien haben sich für die Kammer keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Angeklagten maßgeblich von ihrem ursprünglich etwa 2 Wochen vor der Tatbegehung gefassten gemeinsamen Tatplan abgewichen wären. Soweit Lücken in der sonst übereinstimmenden Schilderung der Tatplanung auftraten, konnten diese durch die insoweit glaubhaften und nachvollziehbaren Angaben des M geschlossen werden. Die Kammer ist davon überzeugt, das entsprechend der Schilderung des M, die Angeklagten auch geplant hatte, jedenfalls eine Gasflasche aufzudrehen und durch Einschlagen der Scheibe des zum Imbiss führenden Fensters den Verdacht auf einen dritten Täter zu lenken.
Die Kammer hat sich aufgrund einer Vielzahl von Indizien (s.o.), die in ihrer Gesamtschau gewürdigt wurden, die Überzeugung gebildet, dass keiner der beiden Angeklagten von der gemeinsamen Tatplanung Abstand genommen hat. Hinsichtlich des Angeklagten F beruht dies insbesondere auf der massiven Forderung der Auszahlung der Versicherungssumme von 50.000,00 EUR gegenüber dem Zeugen G… zeitnah im Zusammenhang zur Tatbegehung.
IV. Feststellungen zur finanziellen Situation des Angeklagten F, zum Motiv der Angeklagten und zum subjektiven Tatbestand:
1. Soweit die Kammer Feststellungen zum Motiv und zum subjektiven Tatbestand getroffen hat, beruhen diese zunächst auf den eigenen Angaben der beiden Angeklagten zu ihrer einvernehmlichen Tatplanung. Daraus ergibt sich zwanglos, dass Ziel der Brandlegung das Kassieren der Neuwertversicherung in Höhe von 50.000,00 EUR durch den Angeklagten F war. Dabei konnte letztlich abschließend nicht mehr geklärt werden, ob auch M – möglicherweise für seine anstehende Hochzeit – einen Anteil aus der Versicherungssumme bekommen hätte, wie F in den Raum stellte. Die Kammer hat festgestellt, dass der Angeklagte F seit längerer Zeit unter finanziellen Problemen litt, die sich kurz vor Tatbegehung massiv verschärften.
Die Feststellungen zum Motiv der Angeklagten, die Versicherungssumme zu kassieren, werden vollumfänglich bestätigt durch die Angaben des Zeugen G…, welcher – wie oben bereits dargestellt – anschaulich schilderte, wie F bereits im ersten Gespräch mit ihm vehement die Auszahlung eines Betrages von 50.000,00 EUR forderte.
Daran vermag – wie oben bereits dargestellt – die Einlassung des Angeklagten F nichts ändern, er habe vom Plan Abstand genommen, da er wegen des Vorrangs von Reinigungsarbeiten aus der Tatausführung keinen finanziellen Vorteil erlangt hätte. Die Kammer ist aufgrund der Angaben des Zeugen G… davon überzeugt, dass F hiervon – entgegen seiner Angaben – erst im Rahmen des ersten Besichtigungstermins mit G… am 21.11.2018 erfuhr.
2. Die Feststellungen zur finanziellen Situation des Angeklagten F beruhen neben dessen eigenen Angaben aus umfangreichen Finanzermittlungen, insbesondere den Angaben des Zeugen KHK M, der Zeugin O., dem Zeugen D., sowie der im Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführten betriebswirtschaftlichen Auswertung des F-imbiss, den in Augenschein genommenen bzw. verlesenen Kontoauszügen hinsichtlich der Überweisungen der Zeugin O…, einem undatierten Bestätigungsschreiben der Zeugin O… und den Unterlagen zum Fahrzeugleasing vom 04.09.2018.
Die Zeugin O… berichtete in der Hauptverhandlung von der erheblichen Schuldensituation des Angeklagten F. Sie habe diesem im Vertrauen auf eine Rückzahlung immer wieder Geld in Einzelbeträgen von meist 5.000,00 EUR geliehen, damit er sich sein Geschäft aufbauen kann. Insgesamt habe sie F bzw. … F… mindestens 99.500,00 EUR geliehen. Dabei sei eine ratierliche Rückzahlung von 500,00 EUR vereinbart gewesen, nachdem F nicht mehr als LKW-Fahrer tätig war, habe man eine Reduzierung auf 350,00 EUR besprochen, wobei bislang lediglich eine Rate von 350,00 EUR gezahlt wurde. Zwar habe sie auf F keinen besonderen Druck zur Rückzahlung ausgeübt, habe ihm 2017 oder 2018 jedoch gesagt, es werde langsam Zeit, dass „monatlich etwas reinkommt“. Sie habe Kontakt mit ihm aufnehmen wollen, eine Operation sei jedoch dazwischen gekommen.
Auch der Zeuge D…, Vorstand des TSV Ku bestätigte eine zumindest angespannte finanzielle Situation des Angeklagten F. F habe die Pacht für das dort von ihm bewirtschaftete Sportheim nie pünktlich gezahlt. Die Pacht sei erst später nach und nach gezahlt worden. Es seien derzeit allerdings keine Rückstände offen, er habe sich mit F über die restliche Miete geeinigt. F habe seines Wissens nach Verbindlichkeiten wegen der Küchengeräte aus dem Betrieb in Ku mitgenommen.
Demgegenüber ergaben die Angaben des Zeugen D…, dem Brötchenlieferanten des F kaum relevante Erkenntnisse. Dieser schilderte lediglich eine offene Rechnung über 234,50 EUR, welche jedoch zwischenzeitlich beglichen sei. Persönlichen Kontakt habe er mit F nicht gehabt.
Der Zeuge KHK M gab an, im Rahmen der Ermittlungen habe sich ergeben, dass F, am 13.11.2018 noch zur Zeit seiner Tätigkeit als LKW-Fahrer bei der Fa. Spedition M nach einem Gehaltsvorschuss in Höhe von 1.500,00 EUR gefragt habe, was der dortige Chef … abgelehnt habe. Das Arbeitsverhältnis sei demnach infolge von 2 Krankheitstagen im Oktober und 20 Krankheitstagen im November 2018 einvernehmlich zum 30.11.2018 aufgehoben worden.
Aus alledem ergibt sich, dass der Angeklagte F unter erheblichem finanziellem Druck stand. Seine Zahlungsfähigkeit hatte sich nach anfänglichen guten Einnahmen im August hinsichtlich des F-imbiss zunehmend verschlechtert. Anhand aufgefundener handschriftlichen Aufzeichnungen habe sich – wie KHK M in seiner Einvernahme berichtete – statt der seitens des Angeklagten F angegebenen 300 bis 500 EUR
Tageseinnahmen lediglich solche von 100 bis 200 EUR täglich errechnet. Die hohen Privatschulden bei der Zeugin O… wurden zwar nicht in voller Höhe eingefordert, eine Bezahlung der vereinbarten Raten war F jedoch auch nur einmal möglich. Die Schuldensituation verschärfte sich darüber hinaus durch das Leasen eines Fahrzeugs kurz nach Eröffnung des F-imbiss. Die monatlichen Leasingraten von 1.000,00 EUR schmälerten die ohnehin geringen Einnahmen aus dem Imbissbetrieb. Aufgrund seiner Fehltage musste F mit einer baldigen Entlassung hinsichtlich seiner Tätigkeit als LKW-Fahrer rechnen. Er hatte, wie KHK M berichtete, bereits im Juli 2018 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben. Die Anfrage nach einem Gehaltsvorschuss bei seinem Arbeitgeber M. trotz einer erst vor wenigen Monaten begonnenen Tätigkeit belegt, dass er seine Möglichkeiten einer Geldbeschaffung nahezu ausgeschöpft hatte.
3. Die Kammer ist aufgrund dieser Feststellungen davon überzeugt, dass F gemeinsam mit M den F-imbiss anzündete um die finanziellen Schwierigkeiten des F zu beheben. Daran ändert die Tatsache, dass eine Bargeldauszahlung selbst bei erfolgreicher Tatumsetzung nicht erfolgt wäre – wie oben dargestellt – nichts an der Motivlage der beiden Angeklagten.
V. Feststellungen zu den baulichen Verhältnissen, dem Mietverhältnis und der Inventar- und Betriebsausfallversicherung und dem Wert des Inventars
Soweit die Kammer Feststellungen zu den baulichen Verhältnissen der Tatörtlichkeit und des gesamten Anwesens H-straße in K getroffen hat, beruht dies auf den Angaben der Zeugen KHK W und Sch (BayLKA) in der Hauptverhandlung, der in Augenschein genommenen Lichtbilder, Grundrisse und Baupläne des Anwesens und der 3D- Tatortanalyse.
Die Feststellungen zum Mietverhältnis bezüglich des F-imbiss und der Wohnung im Dachgeschoss des Anwesens H-straße ergeben sich aus den Angaben des Angeklagten F, des Zeugen … S…, dem in Augenschein genommenen bzw. verlesenen schriftlichen Mietvertrag bezüglich des Ladengeschäfts vom 21.05.2018 und der verlesenen Auskunft aus dem Gewerberegister der Verwaltungsgemeinschaft Kirchehrenbach vom 28.11.2018.
Hinsichtlich der Inventar- und Betriebsausfallversicherung ergeben sich die Feststellungen der Kammer aus den Angaben des Angeklagten F, der Zeugen … S… und … G… sowie den in Augenschein genommenen bzw. verlesenen Versicherungsunterlagen der A Versicherungs-AG.
Den Wert des Inventars des F-imbisses hat die Kammer aufgrund der Angaben des Angeklagten F, der Zeugen … dem in Augenschein genommenen „Kaufvertrag über gebrauchte Ladenausstattung“ vom 21.05.2019 und den verlesenen Inventarlisten vom 28./29.11.2018 festgestellt. Gegen die dort genannten Beträge wurden dabei von keinem der Angeklagten Einwendungen erhoben.
VI. Feststellungen zum Verlauf des Brandes und der erforderlichen Löschmaßnahmen Die Feststellungen der Kammer zum Verlauf des Brandes und insbesondere den erforderlichen Löschmaßnahmen beruhen maßgeblich auf den Angaben der in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen H. und K., welche als Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Kirchehrenbach als erste am Tatort eintrafen.
Die Polizeibeamten der PI E-stadt PHM Ha und PHK M schilderten anschaulich die ersten Eindrücke bei Eintreffen am Tatort unmittelbar nach Durchführung der Löscharbeiten.
KHK P, KHK W sowie der Polizeibeamte G berichteten von der Spurensicherung am Tatort (zu den Einzelheiten s.o.). Sie stellten im Einzelnen die im Spurensicherungsbericht vom 19.12.2018 enthaltenen Feststellungen dar und erläuterten diese anhand der gefertigten und gemeinsam in Augenschein genommenen Lichtbilder.
VII. Feststellungen zum Nachtatverhalten
Soweit die Kammer Feststellungen zum Verhalten der beiden Angeklagten nach der Tat (Aufenthalt in der Wohnung, Abwarten des Entdeckens des Brandes durch Nachbarn und Verlassen des Anwesens) getroffen hat, beruhen diese auf den Angaben der beiden Angeklagten selbst, sowie den Erklärungen der Zeugen … und … W… sowie der Nebenklägerin … B.
Insbesondere der Zeuge … W… schilderte bei seiner Einvernahme in der Hauptverhandlung, dass seine Ehegattin … W… ihn am 17.11.2018 gegen 03:00 Uhr wegen des Rauchmelders geweckt habe. Er habe in der Wohnung Rauch gesehen. Er sei dann raus, da er gedacht habe, jemand habe vergessen etwas auszumachen. Außen auf der Straße habe er dann Feuer im Laden gesehen und habe dann von unten an der Hausklingel bei allen geklingelt. Als er bei F geklingelt habe, sei dieser „eigentlich sofort“ an der Sprechanlage gewesen, worüber er kurz mit diesem gesprochen habe. F sei dann gleich runter gekommen. Später seien dann auch … F…, M und die Mutter des Angeklagten F nach unten gekommen. Erst später, als sie schon draußen vor der Volksbank gestanden seien, sei ihm eingefallen, dass sich unten noch die Brüder Y. in der Erdgeschosswohnung neben dem Laden befinden, die er zusammen mit dem Angeklagten F durch Klopfen an der Wohnungstür alarmierte.
Die Feststellungen der Kammer zum Inhalt des durch F abgesetzten Notrufs beruhen auf der Notrufaufnahme vom 17.11.2018, welche in der Hauptverhandlung angehört wurde.
VIII. Feststellungen zur Brandursache und zu den aus der Brandstiftung resultierenden Gefahren
Die durch die Kammer getroffenen Feststellungen zu den Brandursachen und den aus der Brandstiftung resultierenden Gefahren beruhen auf den Angaben des Sachverständigen W. vom BayLKA in der Hauptverhandlung, den Angaben der Feuerwehrleute Hü. und Kr. sowie den in Augenschein genommenen Lichtbildern von den aus dem Imbissladen transportierten Gasflaschen.
Aufgrund der gut nachvollziehbaren Angaben des Sachverständigen W, denen die Kammer folgt, ergibt sich, dass der Brand keine technische Brandursache hatte, da die auf dem Rollwagen (auf welchen sich der Brand im Wesentlichen beschränkte) befindliche Registrierkasse nicht an das Stromnetz angeschlossen war und auch andere am Stromnetz zu betreibende elektrische Geräte nicht vorhanden gewesen seien. Der Sachverständige konnte dabei keine näheren Feststellungen dazu treffen, ob der Rollwagen im Verkaufsraum in Brand gesetzt worden war und dann brennend in die Küche geschoben wurde, oder ob dieser erst in die Küche geschoben wurde und dann in Brand gesetzt worden war. Die Brandlegung sei durch Abbrennen der Materialien auf dem Rollwagen erfolgt, Hinweise für einen Brandbeschleuniger hätten sich dabei nicht ergeben. Aufgrund der Rußanhaftungen im offenen Durchgang zwischen Verkaufs- und Küchenbereich ergebe sich, dass das Abrennen der Materialien auf dem Rollwagen im Küchenbereich erfolgt sei.
Der Zeuge K. schilderte, wie bereits oben dargestellt, eine der von ihm aus dem Gebäude verbrachte Gasflasche sei geöffnet gewesen, er habe diese mit 1,5 Umdrehungen geschlossen. Der Sachverständige W erläuterte hierzu anschaulich, dass eine Öffnung um 1,5 Umdrehungen zum freien Ausströmen des Gases ausreiche. In der Praxis sei die Flasche damit völlig geöffnet. Er habe einen Restinhalt von 2,8 kg Propan in der Flasche festgestellt. Mangels Kenntnis des Füllstands bei Aufdrehen der Flasche könne er keine Angaben zur Gesamtmenge des entwichenen Gases treffen maximal seien – ausgehend von der handelsüblichen Befüllung mit einem Nenninhalt von 11 kg – 8,2 kg ausgeströmt. Dass ein Ausströmen von Gas erfolgt sei, werde durch den Eisrand im unteren Bereich der Gasflasche bestätigt, wovon sich die Kammer durch Inaugenscheinnahme von Lichtbildern selbst überzeugt hat. Hintergrund sei laut dem Sachverständigen ein Abkühlen des ausströmenden Gases bis fast zum Siedepunkt von Propan d.h. -44 Grad Celsius. Die Abkühlung werde durch eine Verdampfung des flüssigen Propans verursacht.
Der Druckminderer sei nicht an das Flaschenventil angeschraubt gewesen. Der Schlauch sei kurz nach dem Druckminderer durchgebrannt, beide seien getrennt aufgefunden worden.
Der Sachverständige W erläuterte ferner, er sei bei der groben Abschätzung des explosionsfähigen Gas-Luft-Gemisches von einer ausgeströmten Propanmenge von 2,5 kg ausgegangen, da diese Menge erforderlich sei, die Temperatur auf unter -40 Grad Celsius absinken zu lassen (s.o. „Eisrand“ an einer Flasche). Es sei aber zu berücksichtigen, dass die exakt ausgeströmte Menge nicht bekannt sei, es könne bei längerer Ausströmdauer auch etwas mehr als 2,5 kg ausgeströmt sein. Bei einer abgekühlten Flasche strömten etwa 50 bis 100 g/min kontinuierlich aus der geöffneten Flasche, was bei unterstellten 2,5 kg ein Volumen von 1,25 m³ gasförmiges Propan ergebe. Die untere Explosionsgrenze liege bei 2,1 Vol% in Luft. Aus der ausgeströmten Menge von unterstellt 2,5 kg Propangas resultiere eine maximale Menge an explosionsfähigem Propangas-Luft-Gemisch von etwa 60 m³.
Zur erforderlichen Konzentration eines explosionsfähigen Gas-Luft-Gemisches (welches sich auf 2-10% beläuft) erläuterte der Sachverständige nachvollziehbar, dass direkt am Ausströmort zwar eine 100%-ige Gaskonzentration bestehe, bis zu einem weiter entfernten Bereich von 0% jedoch stets ein Bereich mit einer Konzentration zwischen 2 und 10% existiere.
Eine Explosionsgefahr habe durch das letztlich nicht erfolgte Erreichen des zündfähigen Gas-Luft-Gemisches durch die offene Flamme bestanden. Der Sachverständige konnte dabei nicht genau erklären, warum dies trotz einer Entfernung von lediglich 1,5 Metern zwischen Gasflasche und den offenen Flammen der Brandstelle nicht erfolgt sei. Möglicherweise sei dies dem Umstand zu verdanken, dass die Öffnung des Flaschenventils Richtung Küche, also vom Brandherd weggezeigt habe. Letztlich sei es jedoch nur ein Zufall, dass es nicht zu einer Zündung gekommen sei.
Auch nach dem Löschen des Brandes durch die Feuerwehr habe weiter eine Explosionsgefahr durch andere Zündquellen, z.B. in Betrieb befindliche Kühlgeräte mit einem Thermostat bestanden. Erst nach Verbringen der Gasflaschen aus dem Gebäude und Durchlüftung sei die Gefahr nach etwa einer halben Minute beseitigt, wenn ein vollständiger Durchzug – wie seitens der Feuerwehr angegeben – hergestellt werde.
Diese oben dargestellte Menge an explosionsfähigem Gas-Luft-Gemisch würde nach den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen bei einer Zündung in der Küche des Imbisses zu schweren Gebäudeschäden führen, wodurch Fenster und Zwischenwände zerstört würden. Ein Einstürzen tragender Wände könne nicht ausgeschlossen werden, wobei selbst ein Einstürzen oder teilweises Einstürzen tragender Wände nicht zwingend, sondern lediglich im ungünstigsten Fall zu einer Gefährdung der in den oberen Stockwerken befindlichen Hausbewohnern geführt hätte. Demgegenüber wäre mit Sicherheit die Leichtbauwand im Erdgeschoss, welche die Wohnung der Brüder Y. von den Räumlichkeiten des Imbisses abtrennt, eingestürzt. Gefährdet seien auch die Feuerwehrleute gewesen, da bei Betreten des Anwesens jederzeit eine Explosion erfolgen hätte können.
Es habe aber neben der Einsturzgefahr auch eine thermische Gefahr durch eine heiße Gaswolke bestanden. Personen die sich in der Nähe einer solchen Gaswolke aufhalten, würden hierdurch häufig schwere bis schwerste Brandverletzungen davontragen.
Eine Gefährdung habe weiterhin durch die Rauchentwicklung bestanden. Der Rauch sei schon in das obere Stockwerk eingedrungen, eine weitere Ausbreitung sei nur durch das Löschen in einem frühen Stadium verhindert worden. Da das Treppenhaus der einzige Zugang zum Obergeschoss sei, hätte eine Verqualmung des Treppenhauses die Flucht der Bewohner aus den oberen Stockwerken gefährlich bzw. unmöglich gemacht, so dass eine Rettung nur über die Außenfenster bzw. die Feuerwehr möglich gewesen wäre.
Die Kammer schließt sich den gut nachvollziehbaren und plausiblen Ausführungen des Sachverständigen W, an dessen grundsätzlicher Sachkunde angesichts seiner 37-jährigen Berufserfahrung und der Begutachtung von etwa 2.500 Brandstellen und 300 Explosionen keine Zweifel bestehen, vollumfänglich an und macht sich diese nach kritischer Prüfung zu Eigen.
IX. Feststellungen zu den Folgen der Tat
1. Sachschaden
Die Feststellungen zum materiellen Schaden am Gebäude H-straße in K sowie am Inventar des F-imbiss, den erfolgten Vorschuss- und Auszahlungen bezüglich der Sachschäden beruhen auf den Angaben der Zeugen … (Eigentümer des Anwesens), … (Mitarbeiter der A Versicherungs AG) sowie dem verlesenen Sanierungsangebot der Firma S vom 22.11.2018, der Rechnung der Firma S vom 18.12.2018 über 6.449,13 EUR netto, des verlesenen Angebots der Firma I vom 04.12.2018, der verlesenen Inventarliste vom 29.11.2018 und dem verlesenen Schreiben der A vom 26.02.2019 (Gebäudeschaden). Hinsichtlich des Sachschadens am Inventar wurde (entgegen dem Sanierungsangebot S) zu Gunsten des Angeklagten der niedrigere Wert aus der Schätzung in der Inventarliste, d.h. ca. 19.500,00 EUR angenommen.
Soweit die Kammer Feststellungen zum Sachschaden getroffen hat, der der Nebenklägerin … B… entstanden ist, beruht dies auf den in der Hauptverhandlung verlesenen Rechnungen vom 27.07.2019 sowie deren eigenen Angaben.
2. Gesundheitsbeeinträchtigungen der Nebenklägerin … B… und des Geschädigten … F
Die Feststellungen der Kammer zu den Gesundheitsbeeinträchtigungen der Nebenklägerin B… ergeben sich aus deren Angaben in der Hauptverhandlung sowie den verlesenen ärztlichen Attesten der Ärztin Z (Klinikum F) vom 17.11.2018 betreffend die Rauchgasinhalation und des Arztes G vom 05.07.2019 betreffend den Husten und die Posttraumatische Belastungsstörung sowie aufgrund deren eigener Angaben.
Die Kammer erachtet die Angaben der Nebenklägerin B. für glaubhaft und nachvollziehbar, zumal diese jeweils durch die Vorlage von Attesten belegt sind. B… erklärte, sie habe bis Januar 2019 an Husten gelitten hat. Sie schilderte in der Hauptverhandlung ferner die psychischen Beeinträchtigungen, unter welchen sie seit der Brandlegung leidet. So gab sie an, sie nehme seit Juni 2019 einmal täglich vor dem Einschlafen Antidepressiva (50 mg Opipramol). Sie leide unter Schlafstörungen, wache häufig auf, habe Angstzustände (es könne wieder brennen) und sei in ihrer Arbeitstätigkeit beeinträchtigt, da sie „Heulanfälle“ habe. Deswegen stehe sie auf der Warteliste einer Psychologin.
Die Feststellungen zu den Gesundheitsbeeinträchtigungen des … F ergeben sich aus dem verlesenen Bericht der Ärzte Prof. Dr. R und H (Klinikum E) vom 04.01.2019.
X. Feststellungen zum Tatgeschehen vom 21.11.2018 (Betrug)
Die Feststellungen der Kammer zum Tatgeschehen vom 21.11.2018 beruhen zunächst auf den Angaben des Angeklagten F, welcher einräumte, den Schaden an seinem Inventar der A Versicherungs-AG gemeldet zu haben sowie der in der Hauptverhandlung verlesenen und vom Angeklagten F unterzeichneten Schadensmitteilung an die A Versicherungs-AG vom 22.11.2018, dem verlesenen Sanierungsangebot der Firma S vom 22.11.2018, der Rechnung der Firma S vom 18.12.2018 über 6.449,13 EUR netto, des verlesenen Angebots der Firma I vom 04.12.2018, der verlesenen Inventarliste vom 29.11.2018 und des verlesenen Schreibens der A vom 26.02.2019 (Gebäudeschaden) sowie den Angaben der Zeugen … und … S. und der Zeugen G. und K. Bereits aufgrund seiner eigenen Einlassung steht fest, dass der Angeklagte F wusste, dass die Brandlegung nicht durch einen unbekannten dritten Täter erfolgte.
Dies findet Bestätigung durch die Angaben des Zeugen … S. Dieser erklärte, er habe am 17.11.2018 über seinen Vater, den Zeugen … S. vom Brand erfahren und auch die sog. „Erstanlage“ des Schadens im System der A Versicherungs-AG vorgenommen (Der Screenshot aus dem „A-System“ wurde in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen). Zusammen mit dem Angeklagten F habe er später die Inventarliste erstellt und diesem teils bei der Einschätzung des Schadens bzw. Neuwerts geholfen zu haben. Soweit die Kammer Feststellungen zur Auszahlung eines Vorschusses in Höhe von 4.000,00 EUR direkt an den Angeklagten F getroffen hat, ergibt sich dies aufgrund dessen eigener Einlassung sowie der in Augenschein genommenen Mitteilung der A Versicherungs-AG vom 10.12.2018. Die Feststellungen zur Rückzahlung dieses Betrages beruhen ebenfalls auf der eigenen Einlassung des Angeklagten F, welche durch die in Augenschein genommene Quittung vom 25.02.2019 bestätigt wird.
Darüber hinaus bestätigte der Zeuge G., wie oben bereits dargestellt, dass F bereits im Rahmen des ersten Besichtigungstermins vehement eine Auszahlung der Versicherungssumme von 50.000,00 EUR forderte und dass er – G. – eine Bereicherung des F nicht ausschließen könne.
Die Feststellungen der Kammer zur Auszahlung des Teilbetrages von 6.449,00 EUR an die Fa. S beruhen auf der verlesenen Rechnung vom 18.12.2018 und den Angaben des Zeugen G4. Soweit Feststellungen zur Ratenrückzahlungsvereinbarung an die A Versicherungs-AG getroffen wurden, ergeben sich diese aus dem verlesenen Schreiben der Allianz vom 25.06.2019 Über die mittäterschaftliche Begehung der versuchten besonders schweren Brandstiftung in Tateinheit mit versuchter Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion hinaus liegt kein weiterer Beitrag des Angeklagten M zur Betrugshandlung des F vor. Die Beweisaufnahme hat insoweit ergeben, dass die o.g. Schadensmitteilung an die A-Versicherungs-AG vom 22.11.2018, allein von F unterzeichnet wurde. Soweit auf der letzten Seite der Mitteilung der Name „M“ aufgeführt ist, bezieht sich dies auf die dort angeführte Frage „Wer hat als Letzter das Geschäft wann verlassen?“ und wurde vom Angeklagten F mit „Ich – … M“ beantwortet.
E. Rechtliche Würdigung
Die Angeklagten haben sich durch die Tathandlungen in den unter B. geschilderten Fällen, der Angeklagte M dabei als Heranwachsender (§§ 1, 105 JGG), der versuchten besonders schweren Brandstiftung zugleich mit versuchter Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion zugleich mit vorsätzlicher gefährlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2, 230, 306 Abs. 1 Nr. 1, 306a Abs. 1 Nr. 1, 306b Abs. 2 Nr. 2, 308 Abs. 1, 22, 23, 25 Abs. 2, 52 StGB schuldig gemacht.
In Tatmehrheit hierzu (§ 53 StGB) hat sich der Angeklagte F des Betruges gem. § 263 Abs. 1 StGB, der Angeklagte M tateinheitlich (§ 52 StGB) der Beihilfe zum Betrug gemäß §§ 263 Abs. 1, 27 StGB schuldig gemacht.
Die Angeklagten handelten hinsichtlich des Tatkomplexes vom 16./17.11.2018 gemeinschaftlich. Die mittäterschaftliche Begehung ergibt sich daraus, dass die beiden Angeklagten die Brandstiftung gemeinschaftlich im bewussten und gewollten Zusammenwirken geplant haben und gemeinsam einen Teil der in den Räumlichkeiten des „F-imbiss“ befindlichen Gasflaschen auf den Balkon der Wohnung der … F… im Dachgeschoss des Anwesens transportierten. Beide Angeklagte haben sich nach der Tat in gleicher Weise gegenseitig ein Alibi gegeben; lediglich die Zuordnung einzelner Tathandlungen im Rahmen der Brandlegung konnte nicht aufgeklärt werden.
Hinsichtlich des Betruges ist dem Angeklagten M dagegen lediglich eine Gehilfentätigkeit zur Last zu legen.
Im Einzelnen sind die getroffenen Feststellungen der Kammer wie folgt rechtlich zu qualifizieren:
I. Tatgeschehen vom 16. / 17.11.2018
1. §§ 306 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1, 22, 23 StGB
Das Restaurant „F-imbiss“ ist unfraglich ein Gebäude im Sinne des § 306 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 StGB, da es sich um einen umschlossenen Raum handelt, der dem Aufenthalt von Menschen dient. Das Gebäude war für den Angeklagten F auch fremd, da es im fremden Eigentum des … S. steht.
2. §§ 306a Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1, 22, 23 StGB
Die Angeklagten haben gemeinschaftlich handelnd den Tatbestand der versuchten schweren Brandstiftung gem. §§ 306a Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1, 22, 23 StGB verwirklicht.
Bei dem Anwesen H-straße in K handelt es sich um ein einheitliches zusammenhängendes Gebäude, das zum Teil Räumlichkeiten enthält, die zum zeitweisen Aufenthalt von Menschen dienen. Die Räume des „F-imbiss“ selbst dienen zwar nicht der Wohnung von Menschen, jedoch der im Erdgeschoss befindliche Teil, bewohnt von den Zeugen Y1. sowie die Räumlichkeiten im 1. Obergeschoss und im Dachgeschoss.
Erforderlich ist, dass zwischen den verschiedenen Gebäudeteilen eine Verbindung besteht, beispielsweise durch ein gemeinsames Treppenhaus, einen gemeinsamen Flur oder ineinander übergehende Räume. Gegen ein einheitliches Gebäude kann das Vorhandensein einer Brandmauer, besonderer sonstiger Brandschutzvorschriften oder einer nur ausnahmsweise, unter Beseitigung besonderer Schutzvorrichtungen benutzbaren Verbindung sprechen (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 15.09.2010, Az. 2 StR 236/10, NStZ 2011, 214, bei juris Rn. 6; BGH, Urteil vom 17.04.1991, Az. 2 StR 52/91, NStZ 1991, 433, bei juris Rn. 7, jeweils m.w.N.).
Nach den Feststellungen der Kammer handelt es sich vorliegend um ein einheitliches Gebäude. Die Wohnung der Brüder Y. war von den Räumlichkeiten des „F-imbiss“ lediglich durch eine Leichtbauwand abgetrennt. Die Wohnungen im ersten Obergeschoss sowie im Dachgeschoss sind über einen gemeinsamen Flur bzw. ein gemeinsames Treppenhaus erreichbar.
Die Tat ist allerdings im Versuchsstadium (§§ 22, 23 StGB) stecken geblieben, da kein wesentlicher Gebäudeteil entzündet wurde. Nach den Feststellungen der Kammer brannte bei Eintreffen der Feuerwehr „nur“ die auf einem Rollwagen befindliche Kasse nebst Pizzakartons, ein Übergreifen auf Gebäudebestandteile, oder Einrichtungsgegenstände, die mit dem Gebäude fest verbunden sind (z.B. Fußboden, Fensterrahmen, Wände), hat noch nicht stattgefunden (vgl. hierzu Fischer, StGB, 65. Auflage 2018, § 306 Rn. 14 ff. m.w.N.).
Auch eine Vollendung der Tatbestandsalternative der „teilweise Zerstörung durch die Brandlegung“ ist nicht gegeben. Ein teilweises Zerstören in diesem Sinne ist anzunehmen, wenn Bestandteile des Tatobjekts, die zu einem selbständigen Gebrauch bestimmt sind, gänzlich vernichtet werden, ein für die ganze Sache zwecknötiger Teil unbrauchbar oder das Tatobjekt wenigstens für einzelne seiner Zweckbestimmungen unbrauchbar gemacht wird (BGH, Beschluss vom 14.11.2013, Az. 3 StR 336/13, NStZ 2014, 404, bei juris Rn. 10). Dies ist vorliegend nach den Feststellungen der Kammer nicht der Fall. Der Brand blieb – mit Ausnahme der Ruß- und Rauchentwicklung (dazu sogleich) – auf den Rollwagen und die darauf befindlichen Pizzakartons und Kasse beschränkt. Gebäudeteile wurden nicht unbrauchbar gemacht.
Auch ist keine teilweise Zerstörung durch erhebliche Verrußungen bei Bränden in zu Wohnzwecken genutzten Häusern bzw. bei gemischt genutzten Gebäuden (zuletzt im Einzelnen BGH, Beschluss vom 14.01.2014, Az. 1 StR 628/13, NJW 2014, 1123, bei juris Rn. 9 ff.; BGH, Beschluss vom 06.03.2013, Az. 1 StR 578/12, NStZ 2014, 647, bei juris Rn. 12 f.) gegeben. Es liegt nach den Feststellungen der Kammer – insbesondere aufgrund der Inaugenscheinnahme des 3D-Scans und den Angaben des Zeugen S. keine Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Nutzbarkeit für die Bewohner vor. Die Rauch- und Rußentwicklung im 1. Obergeschoss des Anwesens beschränkte sich nach Angaben der Zeugen … und … W… bzw. der Nebenklägerin … B… auf deren Zimmer. Der Imbiss hätte durch eine schnelle Reinigung der Rußanhaftungen nach kurzer Zeit wieder in Betrieb genommen werden können. Die dort befindlichen Geräte haben neben einer Beschmutzung durch Ruß keine Schäden im Hinblick auf ihre grundsätzliche Tauglichkeit genommen.
Die Angeklagten handelten vorsätzlich, da ihnen bekannt war, dass das Gebäude, dass sie anzuzünden versuchten der Wohnung von Menschen dient.
Die Angeklagten sind auch nicht strafbefreiend vom Versuch zurückgetreten (§ 24 StGB). Dass die Brandlegung nicht zu einem Übergreifen des Feuers auf wesentliche Gebäudeteile und auch nicht zu einer ganzen oder teilweisen Zerstörung des Gebäudes führte, resultierte nicht aus einer freiwilligen Aufgabe der Tatausführung der beiden Angeklagten oder aus einer Verhinderung der Vollendung. Die Angeklagten haben keine Löschversuche unternommen und auch nicht rechtzeitig die Feuerwehr informiert.
3. §§ 306b Abs. 1, 22, 23 StGB
Die Angeklagten haben demgegenüber nicht den Tatbestand der versuchten besonders schweren Brandstiftung gem. §§ 306b Abs. 1, 22, 23 StGB verwirklicht, da durch die versuchte Brandstiftung nach § 306a StGB keine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen verursacht wurde.
Der Begriff der schweren Gesundheitsschädigung reicht zwar weiter als der der schweren Körperverletzung nach § 226 StGB und umfasst daneben insbesondere auch langwierige ernsthafte Erkrankungen sowie den Verlust oder eine erhebliche Einschränkung im Gebrauch der Sinne, des Körpers und der Arbeitsfähigkeit. Der Begriff ist im Hinblick auf die hohe Mindeststrafe nicht weit auszulegen (vgl. Thomas Fischer, StGB, 65. Auflage 2018, § 306b Rn. 4 m.w.N.).
Dies ist weder bei dem verletzten … F, bei welchem neben einem eintägigen stationären Behandlung im Klinikum Erlangen wegen einer Rauchgasinhalation keine länger andauernden Folgen aufgetreten sind, noch bei der Nebenklägerin B… der Fall. Letztere litt zwar bis Januar 2019 an einem persistierenden Husten, wie das vorgelegte Attest (s.o.) belegt, der jedoch zwischenzeitlich abgeklungen ist. Eine langwierige ernsthafte Erkrankung ist dadurch nicht gegeben. Gleiches gilt hinsichtlich der Posttraumatischen Belastungsstörung unter welcher die Nebenklägerin seit der Tat leidet. Die Nebenklägerin kommt nach den Feststellungen der Kammer mit gering dosierten, obgleich verschreibungspflichtigen Antidepressiva aus, eine stationäre psychiatrische Behandlung hat bislang nicht stattgefunden, die Nebenklägerin steht lediglich auf der Warteliste für eine ambulante psychologische Behandlung.
Jedenfalls kann nicht nachgewiesen werden, dass die beiden Angeklagten eine schwere Gesundheitsschädigung der Hausbewohner billigend in Kauf nahmen, zumal sie den Großteil der Gasflaschen aus den Räumlichkeiten des F-imbiss entfernten, um die Explosionsgefahr gering zu halten.
4. § 306b Abs. 2 Nr. 1, 22, 23 StGB
Auch der Straftatbestand des § 306b Abs. 2 Nr. 1 StGB ist nicht erfüllt. Hiernach ist erforderlich, dass der Täter in den Fällen des § 306a StGB einen anderen Menschen durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
Für die Annahme einer konkreten Todesgefahr genügt nicht allein der Umstand, dass sich Menschen in enger räumlicher Nähe zur Gefahrenquelle befanden (Fischer, StGB, 65. Auflage 2018, § 306b Rn. 7 m.w.N.). Die Tathandlung muss jedenfalls über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus im Hinblick auf einen bestimmten Vorgang in eine kritische Situation für das geschützte Rechtsgut geführt haben; in dieser Situation muss – was nach der allgemeinen Lebenserfahrung aufgrund einer objektiv nachträglichen Prognose zu beurteilen ist – die Sicherheit einer Person so stark beeinträchtigt worden sein, dass es nur noch vom Zufall abhing, ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht (BGH NStZ 2019, 32 mwN). Umgekehrt wird die Annahme einer Gefahr aber auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Schaden ausgeblieben ist, weil sich der Gefährdete noch in Sicherheit bringen konnte. Erforderlich ist ein Geschehen, bei dem ein unbeteiligter Beobachter zu der Einschätzung gelangt, dass „das noch einmal gut gegangen sei“ (Heinegg, in: BeckOK StGB/Heintschel-Heinegg, 42. Edition 01.05.2019, StGB § 306b Rn. 15).
Nach den Feststellungen der Kammer lag bei keinem der Hausbewohner eine konkrete Todesgefahr im Sinne dieser Vorschrift vor.
Hinsichtlich der im ersten Obergeschoss und im Dachgeschoss des Anwesens H-straße befindlichen Hausbewohner ist die Gefahr eines Einsturzes tragender Wände seitens des Sachverständigen W (s.o.) als nicht sehr wahrscheinlich eingestuft worden. Diese hätten sich auch nicht in unmittelbarer Nähe einer potentiellen auftretenden heißen Gaswolke befunden. Eine Todesgefahr durch Ersticken infolge der Rauchgasentwicklung erachtet die Kammer unter Berücksichtigung der Erläuterungen des Sachverständigen W. angesichts der im Hausanwesen angebrachten Rauchmelder (Wohnung W…) für äußerst unwahrscheinlich, zumal auch die Angeklagten im Dachgeschoss wach blieben.
Auch hinsichtlich der Brüder Y. hat die Kammer eine konkrete Todesgefahr nicht feststellen können. Zwar befand sich deren Wohnung hinter einer durch eine in Leichtbauweise gefertigten Trennwand im Erdgeschoss des Anwesens H-straße in K. Eine tatsächlich nicht stattgefundene Explosion des ausströmenden Gas-Luft-Gemisches hätte nach den oben bereits dargestellten Ausführungen des Sachverständigen W – zwar zu einem Einsturz der Leichtbauwand im Erdgeschoss geführt, so dass die dort befindlichen Zeugen Y2. durch den Einsturz aber auch die thermische Gefahr einer heißen Gaswolke und Rauchentwicklung gefährdet waren. Allerdings reichen die Feststellungen des Sachverständigen für die unter Berücksichtigung des oben dargestellten strengen Prüfungsmaßstabes des § 306b Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht aus, um eine konkrete Todesgefahr anzunehmen.
Darüber hinaus ist auch ein bedingter Vorsatz hinsichtlich der konkreten Todesgefahr weder bei dem Angeklagten F noch dem Angeklagten M gegeben.
5. § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB
Die Angeklagten haben demgegenüber den Straftatbestand gemäß § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB verwirklicht, da sie „in den Fällen des § 306a“ in der Absicht handelten, eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken.
Nach den Feststellungen der Kammer entschied sich der Angeklagte F für die Brandstiftung in den Räumen des F-imbiss, da er aufgrund seiner wirtschaftlichen Situation dringend auf Geld angewiesen war. Der Plan des Angeklagten F sah zwingend vor, dass auch das sachversicherte Inventar (insbesondere Küchengeräte) durch das Feuer zerstört würden. Er war von Beginn an (auch) gewollt, nach dem Brand die Sachversicherung bei der A Versicherungs-AG unter Vortäuschung eines durch einen unbekannten Dritten zu verantwortenden Einbruch und Brandanschlag in Anspruch zu nehmen. F wollte sich den Schaden an dem Inventar regulieren lassen und den erhaltenen Betrag für sich zu verwenden.
Der Angeklagte M wusste ebenfalls von der Versicherung und handelte in Fremdbereicherungsabsicht.
6. §§ 308 Abs. 1, 22, 23 StGB
Die Angeklagten haben sich ferner einer versuchten Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion schuldig gemacht.
Tathandlung ist des § 308 Abs. 1 StGB ist das Herbeiführen einer Explosion, d.h. die plötzliche Auslösung von Druckwellen außergewöhnlicher Beschleunigung, namentlich durch Sprengstoff, d.h. einen Stoff, der bei Entzündung zu einer plötzlichen Ausdehnung von Flüssigkeiten oder Gasen und dadurch zu einer Sprengwirkung führt (vgl. § 1 Abs. 1, Abs. 2, 2, 3 SprengG). Darunter fallen neben Explosionen durch Sprengstoff auch solche durch beliebige andere Mittel, die geeignet sind, die Wirkung einer Explosion herbeizuführen (z.B. Mischungen von Natriumchlorat und Zucker, Gasgemische, Wasserdampf) (vgl. Fischer, StGB, 65. Auflage 2018, § 308 Rn. 3 m.w.N.).
Dies ist vorliegend durch das Anzünden der Pizzakartons auf dem Rollwagen durch die Angeklagten und das Aufdrehen einer in unmittelbarer Nähe befindlichen Propangasflasche der Fall, wodurch – wie die Kammer aufgrund der Angaben des Sachverständigen W feststellte (s.o.) – ein explosionsfähiges Gas-Luft-Gemisch herbeigeführt wird, wodurch Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet wird.
Mangels tatsächlicher Explosion ist auch dieser Tatvorwurf im Versuchsstadium stecken geblieben. Das Auslösen einer Explosion und die Gefährdung der im Haus befindlichen Anwohner nahmen die Angeklagten dabei billigend in Kauf.
7. §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2, 230 StGB
Darüber hinaus haben sich die Angeklagten auch der vorsätzlichen Körperverletzung an der Nebenklägerin … B… und … F schuldig gemacht. Eine Körperverletzung ist infolge der kausal auf die Brandlegung zurück zu führenden Rauchgasvergiftung gegeben. Die Angeklagten nahmen auch billigend in Kauf, dass es bei den sich in dem Anwesen H-straße in K aufhaltenden Bewohner durch Rauchentwicklung zu körperlichen Beeinträchtigungen kommen kann.
Auch der Qualifikationstatbestand der gefährlichen Körperverletzung gem. § 224 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 StGB ist durch beide Angeklagte erfüllt, da die Körperverletzung durch andere gesundheitsschädliche Stoffe begangen wurde.
Hierunter fallen auch solche Stoffe, die auf mechanischem oder thermischem Wege wirken. Die Gesundheitsschädlichkeit des Stoffes kann sich aus der Art der Anwendung oder Zuführung des Stoffes, seiner Menge oder Konzentration ergeben. Dabei ist zu fordern, dass die Substanz nach ihrer Art und dem konkreten Einsatz zur erheblichen Gesundheitsschädigung geeignet ist (vgl. Fischer, StGB, 65. Auflage 2018, § 224 Nr. 5).
Dies ist bei einer Brandlegung mit der Folge einer Rauchgasentwicklung zwanglos der Fall. Die Gesundheitsschädlichkeit war beiden Angeklagten bewusst, diese nahmen sie billigend in Kauf.
8. Konkurrenzen
Die versuchte schwere Brandstiftung nach § 306a Abs. 2 StGB verdrängt im Wege der Spezialität die versuchte einfache Brandstiftung nach § 306 Abs. 1 StGB (Radtke, in: Münchener Kommentar zum StGB, 2. Auflage, § 306 Rn. 70). Das Gleiche hat nach Dafürhalten der Kammer für das Verhältnis zwischen § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB und § 306a Abs. 1 StGB zu gelten (anders wohl Radtke, a.a.O., § 306b Rn. 43).
II. Tatgeschehen vom 21.11.2019
1. § 263 Abs. 1 StGB
Infolge der Meldung des Brandschadens gegenüber der A Versicherungs-AG in Kenntnis der eigenen Brandlegung hat der Angeklagte F darüber hinaus den Straftatbestand des Betruges verwirklicht. Aufgrund seiner falschen Angaben kam es zur Auszahlung eines ersten Teilbetrages von 4.000,00 EUR sowie zur Direkterstattung der Kosten für Reinigungsarbeiten an die Firma S. Der Betrugstatbestand war damit bereits vollendet, ein Rücktritt war weder durch Rückzahlung des Vorschussbetrages von 4.000,00 EUR noch durch die Ratenzahlungsvereinbarung hinsichtlich der direkt an die Firma S erstatteten Beträge möglich.
Die Tathandlung des Angeklagten M war demgegenüber lediglich als Beihilfehandlung gem. § 27 StGB einzustufen. Da sich dessen Gehilfentätigkeit in der mittäterschaftlichen Ausführung der versuchten besonders schweren Brandlegung erschöpfte, steht die Beihilfe zum Betrug bei M hierzu in Tateinheit (§ 52 StGB).
2. 263 Abs. 3 Nr. 5 StGB
Ein besonders schwerer Fall des Betruges nach § 263 Abs. 3 Nr. 5 StGB liegt demgegenüber nicht vor, da dies Vollendung des Brandstiftungsdelikts als Vortat voraussetzt (vgl. Hefendehl, in: Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2019, § 263 StGB Rn. 987 m.w.N.).
F. Rechtsfolgen
I. Angeklagter F
1. Strafrahmen
a) Das hinsichtlich der versuchten besonders schweren Brandstiftung anwendbare Strafgesetz des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB sieht als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von 5 Jahren bis zu 15 Jahren vor. Da ein minder schwerer Fall vom Gesetz nicht vorgesehen ist, erübrigt sich eine entsprechende Prüfung. Ein Fall der tätigen Reue nach § 306e Abs. 1 StGB ist nicht gegeben.
Ausgehend von diesem Strafrahmen führt die Heranziehung der den gesetzlich vertypten Milderungsgrund des Versuchs (§§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB) verwirklichenden Umstände unter besonderer Würdigung der im vorliegenden Fall schuldverringernden, versuchsbezogenen Gesichtspunkte zu dem Ergebnis, dass die Anwendung des Regelstrafrahmens hinsichtlich des vorliegend im Versuchsstadium gebliebenen Delikts aus Sicht der Kammer verfehlt wäre.
Dabei hat die Kammer zum einen berücksichtigt, dass seitens der Angeklagten „nur“ die auf dem Rollwagen befindlichen Pizzakartons angezündet wurden und bis auf … F und … B… keiner der Anwohner Gesundheitsschäden durch die Brandlegung erlitten hat. Zudem half F, die im Anwesen verbliebenen Brüder Y… zu wecken und ohne Gesundheitsschäden aus dem Gebäude zu verbringen.
Unter Berücksichtigung der Milderung nach §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 StGB ist somit von einem Strafrahmen von 2 Jahren bis zu 11 Jahren 3 Monaten auszugehen.
Ein strafbefreiender Rücktritt vom Versuch gem. § 24 StGB liegt nicht vor (s.o.).
b) Für den zweiten Tatkomplex ergibt sich der Regelstrafrahmen aus § 263 Abs. 1 StGB, welcher Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vorsieht. Milderungen wurden seitens der Kammer nicht vorgenommen.
c) Die Voraussetzungen für einen Täter-Opfer-Ausgleich gem. § 46a, 49 Abs. 1 StGB liegen bei keinem der beiden Tatkomplexe vor.
aa) Zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 46a Nr. 1 StGB muss der Täter im Bemühen, einen Ausgleich mit dem Opfer zu erreichen, die Tat „ganz oder zum überwiegenden Teil wieder gutgemacht“ haben, wobei es aber ausreichend sein kann, dass der Täter dieses Ziel ernsthaft erstrebt. Das „Bemühen“ setzt grundsätzlich einen kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer voraus, der auf einen umfassenden, friedensstiftenden Ausgleich der durch die Straftat verursachten Folgen angelegt sein muss. Dafür ist eine von beiden Seiten akzeptierte, ernsthaft mitgetragene Regelung Voraussetzung. Das Bemühen des Täters muss Ausdruck der Übernahme von Verantwortung sein und das Opfer muss die Leistung des Täters als friedensstiftenden Ausgleich akzeptieren. Das einseitige Wiedergutmachungsbestreben ohne den Versuch der Einbeziehung des Opfers genügt dazu nicht. Es genügt also regelmäßig nicht, wenn sich der Täter für die Tat entschuldigt (vgl. Heintschel-Heinegg in: Beck´scher Onlinekommentar zum StGB, 41. Edition, Stand: 01.02.2019, § 46a Rn. 20 m.w.N.).
Hier hat der Angeklagte F zwar – wie oben dargestellt – den seitens der A Versicherungs-AG erhaltenen Vorschussbetrag bereits zurückgezahlt und eine Ratenrückzahlungsvereinbarung hinsichtlich der direkt an die Firma S erfolgten Zahlungen geschlossen. Allerdings fehlt es insofern an jeglichem kommunikativen Prozess, zwischen F und dem hinsichtlich der Gebäudeschäden betroffenen Zeugen … S.
bb) Auch die Voraussetzungen des § 46a Nr. 2 StGB liegen nicht vor. Zahlungen auf immaterielle Schadensersatzansprüche (Schmerzensgeld) der Nebenklägerin sind nicht erfolgt. An einem kommunikativen Prozess, der über die Entschuldigung bei der Geschädigten hinausgeht, fehlt es ohnehin.
2. Strafzumessung
Bei der Abwägung der für und gegen den Angeklagten F sprechenden Umstände hat die Kammer innerhalb der Strafrahmen des 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB einerseits und des § 263 Abs. 1 StGB anderseits unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 46 StGB folgendes erwogen:
Zugunsten des Angeklagten F ist zu berücksichtigen, dass sein Auszug aus dem Bundeszentralregister keine Eintragungen enthält und er zumindest einen Teilbetrag des Schadens wieder gut gemacht hat, indem er den Vorschuss von 4.000,00 EUR zurückzahlte und mit der A Versicherungs-AG hinsichtlich des an S ausgezahlten Betrages eine Ratenrückzahlungsvereinbarung schloss, auf welche er bis zum 19.06.2019 insgesamt 100,00 EUR zurückzahlte. Außerdem hat er zumindest die Brüder Y., die in der Wohnung im Erdgeschoss verblieben waren, geweckt und so weiteren Personenschaden verhindert hat. Er hat sich hinsichtlich der Tatplanung jedenfalls teilgeständig eingelassen. Der Angeklagte F hat bis zur Inhaftierung sozial eingeordnet gelebt und ist zahlreichen beruflichen Verpflichtungen nachgegangen. Die bei … F hervorgerufenen Gesundheitsbeeinträchtigungen sind nicht schwerwiegend und ohne Dauerfolgen geblieben.
Andererseits muss zu Lasten des Angeklagten F in Rechnung gestellt werden, dass er durch die Brandstiftung einen nicht unerheblichen Sachschaden an der Inneneinrichtung und am Gebäude verursacht hat. Das Vortäuschen eines Einbruchs zeigt zudem ein hohes Maß an krimineller Energie und ein planvolles Vorgehen auf, es handelte sich nicht um eine Spontantat. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass er mehrere Delikte tateinheitlich verwirklicht hat.
Unter Berücksichtigung dieser für und gegen den Angeklagten F sprechenden Umstände sowie sämtlicher weiterer sich aus § 46 Abs. 1, Abs. 2 StGB ergebenden Strafzumessungsgründe sind nach Überzeugung der Kammer folgende Einzelstrafen tat- und schuldangemessen:
C. II.: Freiheitsstrafe von 5 Jahren
C. III.: Freiheitsstrafe von 1 Jahr
Unter nochmaliger Abwägung sämtlicher Strafzumessungsgesichtspunkte gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2, 3 StGB, wobei zugunsten des Angeklagten F insbesondere seine bisherige Straffreiheit und zu seinen Lasten das Vorgehen mit erheblicher krimineller Energie zu würdigen ist, ist nach Überzeugung der Kammer eine Gesamtfreiheitsstrafe von
5. Jahren und 6 Monaten tat- und schuldangemessen.
II. Angeklagter M
1. Anwendung von Erwachsenenrecht
Der Angeklagte M war bei Begehung der Tat 18 Jahre und 7 Monate alt und damit Heranwachsender. Entgegen den Ausführungen der Jugendgerichtshilfe hat die Kammer bei dem Heranwachsenden Erwachsenenstrafrecht zur Anwendung gebracht. Die Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 JGG liegen bei dem Angeklagten M nicht vor.
Die Kammer hat bei dem Angeklagten keine Reife- und Entwicklungsdefizite feststellen können. Er ging vor seinem mehrwöchigen Aufenthalt in Deutschland, den er alleine und ohne Eltern bestritt, in … bereits einer geregelten Arbeitsstelle nach und verdiente etwa 350,00 EUR, was dort einem durchschnittlichen Monatsverdienst entspricht. Der Angeklagte M beabsichtigte die derzeit noch minderjährige … … zu heiraten. Er verfügte daher über gefestigte Zukunftspläne, die ebenfalls für überlegtes Handeln ohne Reifeverzögerungen sprechen. Die Tat an sich stellt sich als keine jugendtypische dar, sondern vielmehr als hochkriminelles planvolles Vorgehen.
Auch in der Hauptverhandlung konnte die Kammer keine Umstände feststellen, die es nahelegen würden, dass der Angeklagte M in seiner Entwicklung einem Jugendlichen gleichzustellen wäre.
2. Strafrahmen
Auch bezüglich des Angeklagten M folgt der Strafrahmen aus § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB, welcher als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von 5 Jahren bis zu 15 Jahren vorsieht. Ein minder schwerer Fall ist von Gesetzes wegen nicht vorgesehen, ein Fall der tätigen Reue nach § 306e Abs. 1 StGB ist nicht gegeben.
Ausgehend von diesem Strafrahmen führt die Heranziehung der den gesetzlich vertypten Milderungsgrund des Versuchs (§§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB) verwirklichenden Umstände unter besonderer Würdigung der im vorliegenden Fall schuldverringernden, versuchsbezogenen Gesichtspunkte auch bei dem Angeklagten M zu dem Ergebnis, dass die Anwendung des Regelstrafrahmens hinsichtlich des vorliegend im Versuchsstadium gebliebenen Delikts aus Sicht der Kammer verfehlt wäre.
Dabei hat die Kammer zum einen berücksichtigt, dass seitens der Angeklagten „nur“ die auf dem Rollwagen befindlichen Pizzakartons angezündet wurden und bis auf …l F und … B… keiner der Anwohner Gesundheitsschäden durch die der Brandlegung erlitten hat.
Unter Berücksichtigung der Milderung nach §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 StGB ist somit von einem Strafrahmen von 2 Jahren bis zu 11 Jahren 3 Monaten auszugehen.
Ein strafbefreiender Rücktritt vom Versuch gem. § 24 StGB liegt nicht vor (s.o.).
3. Strafzumessung
Bei der Abwägung der für und gegen den Angeklagten M sprechenden Umstände hat die Kammer innerhalb des Strafrahmen des 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 46 StGB folgendes erwogen:
Zugunsten des Angeklagten M ist zu berücksichtigen, dass er jedenfalls hinsichtlich der Tatplanung ein Teilgeständnis abgelegt hat. Er hat sich bislang straffrei geführt und ist aufgrund seiner mangelnden Deutschkenntnisse als besonders haftempfindlich einzustufen.
Zu seinen Lasten ist demgegenüber in Rechnung zu stellen, dass er durch die Brandlegung einen nicht unerheblichen Sachschaden an der Inneneinrichtung und am Gebäude verursacht hat. Das Vortäuschen eines Einbruchs zeigt zudem ein hohes Maß an krimineller Energie und ein planvolles Vorgehen auf, es handelte sich nicht um eine Spontantat. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass er mehrere Delikte tateinheitlich verwirklicht hat.
Unter Berücksichtigung dieser für und gegen den Angeklagten M sprechenden Umstände ist nach Überzeugung der Kammer eine Freiheitsstrafe von
4. Jahren tat- und schuldangemessen.
III. Keine Maßregeln nach §§ 63, 64 StGB
Maßregeln nach §§ 63, 64 StGB kamen nicht in Betracht. An der voll erhaltenen Schuldfähigkeit der Angeklagten, die eine Einschränkung oder Aufhebung auch zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht haben, bestehen für die Kammer nach der durchgeführten Hauptverhandlung keine vernünftigen Zweifel.
G. Adhäsionsausspruch
Die Nebenklägerin stellte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 15.07.2019 einen Adhäsionsantrag gemäß § 404 StPO, der den Angeklagten am 16.07.20109 zugestellt wurde. Zugleich beantragte die Nebenklägerin ihr für den Adhäsionsantrag Prozesskostenhilfe zu gewähren.
I.
Der Schmerzensgeldanspruch der Nebenklägerin gegen den Angeklagten beruht auf § 823 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 StGB sowie § 253 Abs. 2 BGB.
1. Die Voraussetzungen des § 823 Abs. 1 BGB sind erfüllt. Die Angeklagten haben durch die abgeurteilten Taten die Gesundheit der Nebenklägerin vorsätzlich und widerrechtlich verletzt. Unter Verletzung der Gesundheit in diesem Sinne versteht man eine medizinisch erhebliche Störung der körperlichen, geistigen oder seelischen Lebensvorgänge in einem Menschen. Diese Störung kann u.a. physisch oder psychisch verursacht worden sein. Vorliegend führten die abgeurteilten Taten – wie bereits ausgeführt – jedenfalls zu einer gesundheitlichen Schädigung der Nebenklägerin in Form einer Rauchgasinhalation, einem bis Januar 2019 persistierenden Husten und einer andauernden posttraumatischen Belastungsstörung.
Durch die brandbedingten Rußanhaftungen an Bett und Jalousie der Nebenklägerin liegt darüber hinaus eine Eigentumsverletzung gem. § 823 Abs. 1 BGB vor.
Daneben liegen die anspruchsbegründenden Voraussetzungen des § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 StGB vor.
2. Der Anspruch der Adhäsionsklägerin auf Zahlung eines Schmerzensgeldes richtet sich hinsichtlich der Höhe nach § 253 Abs. 2 BGB. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes hat die Kammer die Folgen der Tat, den Verschuldensgrad der Angeklagten und deren finanzielle Verhältnisse berücksichtigt.
Unter Berücksichtigung all dieser Umstände erscheint – unter Berücksichtigung der Rechtsprechung der Kammer in vergleichbaren Fallgestaltungen – ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 800,00 EUR billig und angemessen und liegt damit innerhalb des im Antrag vorgetragenen Rahmen der Nebenklägerin (800 – 1.200 EUR).
Der ersatzfähige materielle Schaden (Bett und Jalousie) beläuft sich gem. § 249 Abs. 1 BGB auf 574,00 EUR, welcher durch entsprechende Quittungen (s.o.) nachgewiesen und der Höhe nach seitens der Angeklagten nicht bestritten wurde.
3. Der Nebenklägerin steht auch ein Anspruch auf Feststellung zu, dass die in Ziffer 5 festgestellten Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung resultieren. Ein diesbezügliches Feststellungsinteresse besteht, da die Feststellung des Haftungsgrundes im Tenor eine Erleichterung der Vollstreckung für die Nebenklägerin gem. § 850 f Abs. 2 ZPO bewirkt und ferner im Falle einer etwaigen Privatinsolvenz der Angeklagten Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung privilegiert behandelt werden (keine Restschuldbefreiung, § 302 ZPO).
4. Der Zinsausspruch beruht auf den §§ 286, 288 BGB; Zinsen stehen der Nebenklägerin ab dem auf die Rechtshängigkeit des Zahlungsanspruchs folgenden Tag zu (vgl. BGH, Beschluss vom 02.12.2015, Az. 4 StR 411/15, bei juris).
II.
Da die Angeklagten hinsichtlich der Adhäsionsanträge verurteilt wurden, haben sie gemäß § 472a Abs. 1 StPO die insoweit entstandenen (besonderen) gerichtlichen und die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu tragen.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 406 StPO i.V.m. § 709 ZPO.
H. Kostenentscheidung
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 464 Abs. 1, Abs. 2, 465 Abs. 1, 466, 472a Abs. 1 StPO.

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