Aktenzeichen 11 CS 19.1832
FeV § 11 Abs. 7 , Anl. 4 Nr. 9.1
Leitsatz
Ausgehend von der angefochtenen Entscheidung muss der Beschwerdeführer konkret aufzeigen, in welchen Punkten und weshalb sie aus seiner Sicht nicht tragfähig und überprüfungsbedürftig ist, was voraussetzt, dass er den Streitstoff prüft, sichtet und rechtlich durchdringt und sich mit den Gründen des angegriffenen Beschlusses befasst. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 26 S 19.3469 2019-08-20 Bes VGMUENCHEN VG München
Tenor
I. Die Beschwerde wird verworfen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen B, BE, C1, C1E, L, M und S.
Im März 2019 wurde der Antragsgegnerin bekannt, dass ein Polizeibeamter bei einer Durchsuchung des Antragstellers am 17. Februar 2019 in dessen Socken 2,7 g Kokain gefunden und der Antragsteller hierzu erklärt hatte, er konsumiere ab und zu mit seiner Frau Kokain. Er nehme es aber nur, wenn er betrunken sei und Lust auf Feiern habe. Er habe seine Frau heute Abend nach Kokain gefragt. Sie habe geantwortet „Mach dir was“. Kurz darauf habe er sie im Bad am Boden sitzend mit Kokain aufgefunden. Er habe dann mit dem Finger einige auf dem Boden liegende Brocken Kokain aufgenommen und vom Finger abgeleckt.
Mit Schreiben vom 17. April 2019 hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller zur Entziehung der Fahrerlaubnis an. Dieser ließ durch seinen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 6. Mai 2019 vortragen, er werde an einem Drogenkontrollprogramm teilnehmen, und um Einräumung einer Jahresfrist bitten. Er sei beruflich dringend auf den Führerschein angewiesen.
Mit Bescheid vom 15. Juli 2019 entzog die Antragsgegnerin dem Antragsteller gestützt auf § 11 Abs. 7 FeV, Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV die Fahrerlaubnis und forderte ihn unter Androhung eines Zwangsgelds auf, seinen Führerschein unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche, bei der Antragsgegnerin abzugeben. Ferner ordnete sie die sofortige Vollziehung dieser Verfügungen an.
Am 22. Juli 2019 beantragte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht München, die sofortige Vollziehung des Bescheids vom 15. Juli 2019 auszusetzen. Er habe kein Kokain konsumiert. Ihm sei die Ein-Jahresfrist einzuräumen. Gegenüber der Polizei habe er zwar eingeräumt, das Kokain oral „probiert“ zu haben. Dabei habe er jedoch nur testen wollen, um was für eine Substanz es sich gehandelt habe. Eine orale Einnahme dieser geringen Menge löse keinen Rauschzustand aus. Er habe gewusst, dass Kokain gewöhnlich durch die Nase konsumiert werde. Am 1. August 2019 ließ der Antragsteller Anfechtungsklage (M 26 K 19.4167) erheben.
Das Verwaltungsgericht legte den Antrag als Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO aus und lehnte diesen mit Beschluss vom 20. August 2019 ab. Zur Begründung ist ausgeführt, die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs genüge den Anforderungen von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Entziehung der Fahrerlaubnis sei rechtmäßig. Aufgrund der nicht substantiiert bestrittenen Angaben des Antragstellers gegenüber der Polizei stehe mit der erforderlichen Sicherheit fest, dass er bis kurz vor dem 17. Februar 2019 ab und zu Kokain konsumiert habe und dies auch an jenem Tag habe tun wollen. Es komme nicht darauf an, ob es am 17. Februar 2019 zu einem Konsum gekommen sei und ob der orale Konsum einer geringen Menge Kokain als Konsumvorgang in diesem Sinne zu werten sei. Denn der Antragsteller habe von einem gelegentlichen Konsum in der Gegenwart und nicht in der Vergangenheit gesprochen und unmissverständlich eingeräumt, dass er auch am 17. Februar 2019 habe Kokain konsumieren wollen. Daraus ergebe sich ohne weiteres, dass bis kurz vor diesem Zeitpunkt ein Konsum stattgefunden habe und sich der beabsichtigte Konsum nahtlos in die Gewohnheit gelegentlichen Konsums einfüge, über die der Antragsteller glaubhaft und nachvollziehbar berichtet habe. Es sei daher fernliegend, dass der letzte Konsum bereits längere Zeit zurückgelegen habe. Die Glaubhaftigkeit der Angaben des Antragstellers werde dadurch unterstrichen, dass er bei seinem Aufgriff durch die Polizei eine geringe eigenkonsumtypische Menge Kokain bei sich geführt habe. Auch sonst sei nichts dafür ersichtlich, weshalb er gegenüber der Polizei einen gelegentlichen Kokainkonsum hätte einräumen sollen, wenn ein solcher gar nicht stattgefunden hätte. Es sei auch nichts für einen Ausnahmefall im Sinne der Vorbemerkung Nr. 3 der Anlage 4 zur FeV ersichtlich. Seine Ausführungen, er sei beruflich auf seine Fahrerlaubnis angewiesen und im Straßenverkehr nie im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln auffällig geworden, genügten hierfür nicht. Auch habe er die Fahreignung nicht wiedererlangt, was entsprechend Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV regelmäßig den Nachweis einer Abstinenz von einem Jahr und eines motivational gefestigten Verhaltens- und Einstellungswandels erfordere.
Mit seiner Beschwerde beantragt der Antragsteller, den Beschluss des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die sofortige Vollziehung auszusetzen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Antragsteller konsumiere kein Kokain. Die orale Einnahme könne nicht als Konsum gewertet werden, da Kokain üblicherweise durch die Nase konsumiert werde und bei oraler Einnahme geringer Mengen keine Rauschwirkung auslöse. Die Einnahme von Kokain sei auch nicht polizeilich festgestellt. Der Antragsteller sei hier unter erheblichem Druck gestanden. Seine Aussage sei im Übrigen völlig unergiebig. Es bleibe dabei, dass der Antragsteller, der auch kein Fahrzeug geführt habe, den Einwand der Abstinenz weiterhin vorbringe.
Die Antragsgegnerin hält die Beschwerde für unzulässig. Die erneute Stellung eines prozessual falschen Antrags auf Aussetzung der Vollziehung bestätige, dass sich der Antragsteller mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht auseinandergesetzt habe. Im Übrigen wäre der Antrag auch unbegründet.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde war als unzulässig zu verwerfen, weil die Begründung nicht den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügt (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO).
Der Antragsteller hat den Ausführungen des Verwaltungsgerichts lediglich sein erstinstanzliches Vorbringen entgegengesetzt, ohne auch nur ansatzweise auf die Gründe des Beschlusses inhaltlich einzugehen. Wie die Antragsgegnerin zutreffend geltend gemacht hat, reicht es nicht aus, wenn sich ein Beschwerdeführer darauf beschränkt, sein Vorbringen aus der ersten Instanz zu wiederholen, oder sich mit pauschalen oder formelhaften Rügen begnügt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 146 Rn. 22a f.; Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 146 Rn. 77). Die Gründe der angefochtenen Entscheidung geben den Beschwerdegründen den Inhalt vor (Happ, a.a.O.). Ausgehend von der Entscheidung muss der Beschwerdeführer konkret aufzeigen, in welchen Punkten und weshalb sie aus seiner Sicht nicht tragfähig und überprüfungsbedürftig ist, was voraussetzt, dass er den Streitstoff prüft, sichtet und rechtlich durchdringt und sich mit den Gründen des angegriffenen Beschlusses befasst (Guckelberger, a.a.O. Rn. 76). Aus den fristgerecht dargelegten Gesichtspunkten muss sich die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Beschlusses und die Notwendigkeit seiner Aufhebung ergeben (Guckelberger, a.a.O. Rn. 78).
Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zu verwerfen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1, Nr. 46.3 und Nr. 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).