Strafrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis nach Kokainkonsum

Aktenzeichen  M 26 S 19.3469

Datum:
20.8.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 20280
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
StVG § 3 Abs. 1
FeV § 11 Abs. 5, § 46 Abs. 1, Anlage 4 Vorbemerkung Nr. 3, Nr. 9.1

 

Leitsatz

1. Bei der Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) entfällt die Fahreignung unabhängig von der Häufigkeit des Konsums, von der Höhe der Betäubungsmittelkonzentration, von einer Teilnahme am Straßenverkehr in berauschtem Zustand und vom Vorliegen konkreter Ausfallerscheinungen beim Betroffenen. Dementsprechend ist die Entziehung der Fahrerlaubnis bereits dann gerechtfertigt, wenn eine einmalige Einnahme so genannter harter Drogen nachgewiesen ist (Anschluss an VGH München BeckRS 2019, 6040 Rn. 11 mwN). (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei den in der Anlage 4 zur FeV aufgeführten Regelfällen handelt es sich um verbindliche Wertungen, von denen nur abgewichen werden kann, wenn in der Person des Betäubungsmittelkonsumenten Besonderheiten bestehen, die darauf schließen lassen, dass seine Fähigkeit, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher, umsichtig und verkehrsgerecht zu führen, sowie sein Vermögen, zwischen dem Konsum von Betäubungsmitteln und der Teilnahme am Straßenverkehr zuverlässig zu trennen, nicht erheblich herabgesetzt sind. Hierfür genügt weder die bloße Beteuerung des Betroffenen, es habe sich um einen “einmaligen Ausrutscher” bzw. eine einmalige Einnahme gehandelt, die sich aus einer schwierigen persönlichen Lebenssituation und einem singulären Anlass heraus entwickelt habe, und er konsumiere keinerlei Betäubungsmittel mehr, noch sein Einwand, er sei bisher niemals im Straßenverkehr auffällig geworden, insbesondere auch nicht nach der Einnahme des Betäubungsmittels (Anschluss an VGH München BeckRS 2019, 8667 Rn. 16 f.). (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf Euro 5.000,- festgesetzt.

Gründe

I.
Der 1977 geborene Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis. Dem streitgegenständlichen Bescheid zufolge war er Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klassen BE und C1E einschließlich Unterklassen.
Laut einer polizeilichen Mitteilung vom … März 2019 wurde am Sonntag, … Februar 2019, gegen ein Uhr eine Polizeistreife in die gemeinsame Wohnung des Antragstellers und seiner Ehefrau beordert, weil dem Antragsteller vorgeworfen wurde, seine Frau bedroht, physisch verletzt und vergewaltigt zu haben. Im Rahmen der eingeleiteten Fahndung nach dem Antragsteller in der Umgebung sei dieser draußen zu Fuß aufgegriffen worden. Bei einer Durchsuchung der Person auf der Polizeidienststelle sei im Socken des Antragstellers eine geringe Menge Kokain (mit Verpackung ca. 4 Gramm auf der nicht geeichten Wage) aufgefunden worden. In seiner Vernehmung als Beschuldigter habe der Antragsteller angegeben, er konsumiere ab und zu Kokain. Wenn er – wie heute – etwas getrunken habe, dann bekomme er Lust auf Essen, Rauchen und Kokain. Er habe dann seine Frau nach Kokain gefragt, die ihm geantwortet habe, er könne sich was machen. Kurz darauf habe er seine Frau im Bad am Boden sitzend mit Kokain aufgefunden. Er habe dann kurz mit dem Finger einige Brocken Kokain genommen und den Finger mit dem Kokain abgeleckt. Die restliche Tüte mit dem Kokain habe er an sich genommen. Zum Streit mit seiner Frau sei es gekommen, weil diese das Kokain wieder haben wollte.
Nach vorheriger Anhörung entzog die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 15. Juli 2019 die Fahrerlaubnis und forderte ihn unter Androhung eines Zwangsgeldes auf, seinen Führerschein innerhalb einer Woche nach Zustellung abzugeben.
Am 22. Juli 2019 stellte der Antragsteller einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz; er beantragt,
Die sofortige Vollziehung des Bescheids der Antragsgegnerin vom 15. Juli 2019 wird ausgesetzt.
Zur Begründung wurde ausgeführt, der Antragsteller habe kein Kokain konsumiert. Zwar habe er gegenüber der Polizei eingeräumt, dass er oral das Kokain „probiert“ habe. Dabei habe der Antragsteller aber lediglich testen wollen, um was es sich bei der Substanz handele. Ein Konsum habe demnach nicht stattgefunden. Eine orale Einnahme dieser geringen Menge an Kokain löse keinen Rauschzustand aus, was der Antragsteller auch gewusst habe. Kokain werde gewöhnlich durch die Nase konsumiert. Der antragsteller sei bereit, an einem einjährigen Drogenkontrollprogramm teilzunehmen. Er sei als selbständiger A* … beruflich dringend auf den Führerschein angewiesen.
Die Antragsgegnerin legte die Akten vor und beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Am 1. August 2019 ließ der Antragsteller darüber hinaus Klage gegen den Bescheid vom 15. Juli 2019 erheben, die unter dem Aktenzeichen M 26 K 19.4167 anhängig ist.
Die Verwaltungsstreitsache wurde durch Beschluss der Kammer zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO bleibt ohne Erfolg.
Nach Auslegung des gestellten Antrags (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO) ist davon auszugehen, dass der Antragsteller neben der Aussetzung der Vollziehung die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die in Nummer eins des Bescheids vom 15. Juli 2019 verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis und gegen die in Nummer zwei enthaltene Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins sowie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die kraft Gesetzes sofort vollziehbare Zwangsgeldandrohung begehrt.
Der so verstandene Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung in Nr. 4 des Bescheids vom 15. Juli 2019 genügt den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Dabei hat die Behörde unter Würdigung des jeweiligen Einzelfalls darzulegen, warum sie abweichend vom Regelfall der aufschiebenden Wirkung, die Widerspruch und Klage grundsätzlich zukommt, die sofortige Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes angeordnet hat. An den Inhalt der Begründung sind dabei allerdings keine zu hohen Anforderungen zu stellen (Schmidt in: Eyermann, VwGO,, 15. Aufl. 2018, § 80 Rn. 43).
Dem genügt die Begründung im streitgegenständlichen Bescheid. Die Fahrerlaubnisbehörde hat dargelegt, warum sie konkret im Fall des Antragstellers im Interesse der Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs die sofortige Vollziehung anordnet. Im Übrigen ergibt sich im Bereich des Sicherheitsrechts das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung – so auch hier – bereits aus den Gesichtspunkten, die für den Erlass des Verwaltungsaktes maßgebend waren (BayVGH, B.v. 10.3.2008 – 11 CS 07.3453-; BayVGH, B.v. 10.8.2011 – 11 CS 11.1271 – juris).
2. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessenabwägung.
Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, hier also der Zeitpunkt des Erlasses bzw. der Zustellung des Bescheids vom 15. Juli 2019. Nach summarischer Prüfung erweisen sich die im streitgegenständlichen Bescheid getroffenen Entscheidungen der Entziehung der Fahrerlaubnis, der Ablieferungsverpflichtung des Führerscheins und der Zwangsgeldandrohung zu diesem Zeitpunkt als rechtmäßig, so dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Bei dieser Sachlage überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse das Suspensivinteresse des Antragstellers.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV gilt dies insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Nr. 9.1 Anlage 4 FeV entfällt bei Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) die Fahreignung. Dies gilt unabhängig von der Häufigkeit des Konsums, von der Höhe der Betäubungsmittelkonzentration, von einer Teilnahme am Straßenverkehr in berauschtem Zustand und vom Vorliegen konkreter Ausfallerscheinungen beim Betroffenen (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 5.2.2018 – 11 ZB 17.2069 – juris Rn 10 m.w.N.). Dementsprechend ist die Entziehung der Fahrerlaubnis bereits dann gerechtfertigt, wenn eine einmalige Einnahme harter Drogen nachgewiesen ist (vgl. BayVGH, B.v. 26.3.2019 – 11 CS 18.2333 – juris Rn. 11 m.w.N.). Hintergrund für die in Nr. 9.1 der Anlage 4 FeV getroffene Anordnung ist, dass Personen, die Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes einnehmen, charakterlich-sittliche Mängel offenbaren, die den Schluss rechtfertigen, dass der betreffende Konsument bereit ist, die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit eigenen Interessen unterzuordnen und dabei die sich hieraus ergebenden Gefahren im Straßenverkehr in Kauf zu nehmen. Die im Betäubungsmittelgesetz genannten Stoffe sind auch wegen des durchaus typischen Ausmaßes der missbräuchlichen Verwendung der Drogen und auch wegen ihrer Toxizität gefährlich und schlecht kontrollierbar. Mit erheblicher Wahrscheinlichkeit besteht ferner die Gefahr, dass sich problematische Konsummuster bilden, die mehr oder weniger zum Verlust der Verhaltenskontrolle führen können (BayVGH, B.v. 8.11.2006 – 11 CS 05.2688 – m.w.N.).
a) Im vorliegenden Fall steht aufgrund der eigenen Angaben des Antragstellers gegenüber der Polizei mit der erforderlichen Sicherheit fest, dass der Antragsteller bis kurz vor dem … Februar 2019 ab und zu Kokain konsumiert hat und dass er auch am … Februar 2019 jedenfalls Kokain konsumieren wollte. Diese Angaben hat der Antragsteller weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren substantiiert bestritten, so dass er sich hieran festhalten lassen muss. Auf die Frage, ob es am … Februar 2019 zu einem Konsum gekommen ist und ob der orale Konsum einer geringen Menge Kokain als Konsumvorgang in diesem Sinne zu werten ist, kommt es angesichts der Einlassungen des Antragstellers, er konsumiere ab und zu Kokain und habe auch am … Februar 2019 etwas nehmen wollen, nachdem er nach Hause gekommen sei, nicht an. Da der Antragsteller von dem gelegentlichen Konsum in der Gegenwart und nicht etwa in der Vergangenheit gesprochen und unmissverständlich eingeräumt hat, dass er auch am … Februar 2019 Kokain konsumieren wollte, ergibt sich ohne weiteres, dass ein Konsum bis kurz vor diesem Zeitpunkt stattgefunden hat und sich der beabsichtigte Konsum nahtlos in diese gelegentlichen Konsumgewohnheiten einfügt. Der Antragsteller hat glaubhaft und nachvollziehbar von den diesbezüglichen Gewohnheiten, mit denen sich die Konsumabsicht am … Februar 2019 deckt, berichtet. Es ist daher fernliegend, dass der letzte Kokainkonsum bereits längere Zeit vor dem … Februar 2019 stattgefunden hatte. Vor dem Hintergrund der Einlassungen des Antragstellers gegenüber der Polizei, er konsumiere ab und zu Kokain, und der kundgetanen Konsumabsicht am … Februar 2019 hätte dies einer substantiierten Darlegung mit einem schlüssigen Vortrag bedurft, wann der letzte Konsum stattgefunden hat, dass und weshalb es danach zu einer Konsumpause gekommen war und dass und weshalb der Antragsteller gerade am … Februar 2019 seine gelegentlichen Konsumgewohnheiten wieder aufnehmen wollte. Dass der letzte Konsum vor dem … Februar 2019 zeitlich nicht präzise bestimmbar ist, ist daher im vorliegenden Einzelfall unschädlich. Unterstrichen werden die Glaubhaftigkeit und Nachvollziehbarkeit der Angaben des Antragstellers schließlich durch den Umstand, dass der Antragsteller bei seinem Aufgriff durch die Polizei eine geringe, eigenkonsumtypische Menge Kokain bei sich hatte. Es ist auch sonst nichts dafür ersichtlich, weshalb der Antragsteller gegenüber der Polizei einen gelegentlichen Kokainkonsum einräumen sollte, wenn ein solcher gar nicht stattgefunden hat.
b) Dass im Fall des Antragstellers ein Ausnahmefall im Sinne der Vorbemerkung Nr. 3 zur Anlage 4 FeV vorliegt, ist nicht ersichtlich. Bei den in Anlage 4 zur FeV aufgeführten Regelfällen handelt es sich um verbindliche Wertungen (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, § 11 FeV Rn 19), von denen nur in Ausnahmefällen abgewichen werden kann, nämlich wenn in der Person des Betäubungsmittelkonsumenten Besonderheiten bestehen, die darauf schließen lassen, dass seine Fähigkeit, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher, umsichtig und verkehrsgerecht zu führen, sowie sein Vermögen, zwischen dem Konsum von Betäubungsmitteln und der Teilnahme am Straßenverkehr zuverlässig zu trennen, nicht erheblich herabgesetzt sind (vgl. Vorbem. 3 S. 2 Anlage 4 FeV: besondere menschliche Veranlagung, Gewöhnung, besondere Einstellung oder besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen, durch die z.B. die Kompensation drogenbedingter Einschränkungen erfolgen kann. Nicht: rein äußere Umstände). Die bloße Beteuerung, es habe sich um einen „einmaligen Ausrutscher“ bzw. eine einmalige Einnahme gehandelt, die sich aus einer schwierigen persönlichen Lebenssituation und einem singulären Anlass heraus entwickelt habe, und der Betroffene konsumiere keinerlei Betäubungsmittel mehr, genügt insoweit nicht. Auch der Einwand, der Betroffene sei bisher niemals im Straßenverkehr auffällig geworden, insbesondere auch nicht nach der Einnahme des Betäubungsmittels, stellt keinen Nachweis für eine Fähigkeit zur besonderen Verhaltenssteuerung dar (vgl. BayVGH, B.v. 30.4.2019 – 11 CS 19.415). Die Folgen der Fahrerlaubnisentziehung, die den Fahrerlaubnisinhaber nach seiner Darstellung unverhältnismäßig treffen, begründen keinen Ausnahmefall im Sinne der Vorbemerkung Nr. 3 der Anlage 4 zur FeV, es sei denn sie stehen in einem sachlichen Zusammenhang mit der Fähigkeit, ein Kraftfahrzeug sicher, umsichtig und verkehrsgerecht zu führen, und dem Vermögen, zwischen dem Konsum von Betäubungsmitteln und der Teilnahme am Straßenverkehr zuverlässig zu trennen.
Demnach vermögen die Ausführungen des Antragstellers, er sei beruflich auf seine Fahrerlaubnis angewiesen und sei im Straßenverkehr nie im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln auffällig geworden, keinen Ausnahmefall im dargelegten Sinn zu begründen. Offenbleiben kann, ob bei einem nur einmaligen oralen Probierkonsum einer geringen Menge Kokain ein Ausnahmefall im Sinne der Vorbemerkung drei Anlage vier FeV angenommen werden kann, weil eine verkehrsrelevante Wirkung des Betäubungsmittels hierbei womöglich generell auszuschließen ist. Denn wie bereits ausgeführt liegt beim Antragsteller kein nur einmaliger oraler Probierkonsum vor, sondern er hat in der Zeit vor dem … Februar 2019 generell ab und zu Kokain konsumiert.
c) der Antragsteller hat sich nach alledem als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Er hatte die Fahreignung zum für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses nicht wiedererlangt. Nach Nr. 3.14.1 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung vom 27. Januar 2014 (VkBl. S. 110; Stand: 24.5.2018), die nach § 11 Abs. 5 FeV i.V.m. Anlage 4a Grundlage für die Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen sind, können beim Konsum von Drogen die Voraussetzungen zum Führen von Kraftfahrzeugen nur dann wieder als gegeben angesehen werden, wenn der Nachweis geführt wird, dass kein Konsum mehr besteht. Dies ist bei einem Drogenkonsumenten nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV entsprechend Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV regelmäßig dann der Fall, wenn eine Abstinenz von einem Jahr und ein motivational gefestigter Verhaltens- und Einstellungswandel nachgewiesen werden (stRspr vgl. BayVGH, B.v. 14.11.2018 – 11 CS 18.963 – juris Rn. 14 m.w.N.; B.v. 9.1.2017 – 11 CS 16.2561 – DAR 2017, 341 = juris Rn 11 f. m.w.N.). Da im Zeitpunkt des Erlasses des Entziehungsbescheids seit dem letzten nachgewiesenen Konsum noch kein Jahr vergangen war, konnte der Antragsteller die Fahreignung noch nicht wiedererlangt haben. Unabhängig hiervon hat der Antragsteller eine Abstinenz aber auch nicht schlüssig und substantiiert behauptet, sondern bislang lediglich pauschal bestritten, dass überhaupt ein Konsum stattgefunden hat, und sich bereit erklärt, an einem Drogenkontrollprogramm teilzunehmen. Ein Abstinenzbeleg wurde jedoch bis zum Bescheiderlass nicht vorgelegt.
3. Nach alledem erweisen sich die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Ablieferungsverpflichtung des Führerscheins (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG) nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung als rechtmäßig. Gleiches gilt für die Zwangsgeldandrohung, die ihre Rechtsgrundlage in Art. 29, 30, 31 und 36 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes findet.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit den Empfehlungen in Nrn. 1.5, 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

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